Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Erstes Vierteljahr.Der Zusammenhang von äußerer und innerer Politik ii allen Tonarte" wird heute die "produktive" Arbeit und die Aber noch von andrer und gewichtigerer Seite her hat die bezeichnete Grenzbow, I 1897 71
Der Zusammenhang von äußerer und innerer Politik ii allen Tonarte» wird heute die „produktive" Arbeit und die Aber noch von andrer und gewichtigerer Seite her hat die bezeichnete Grenzbow, I 1897 71
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0569" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/224815"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341865_224245/figures/grenzboten_341865_224245_224815_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Der Zusammenhang von äußerer und innerer Politik</head><lb/> <p xml:id="ID_1717"> ii allen Tonarte» wird heute die „produktive" Arbeit und die<lb/> Vermehrung des Kapitals als der Weisheit letzter Schluß ge¬<lb/> priesen, und die Sache hört sich so angenehm und lieblich an,<lb/> daß es nicht zu verwundern ist, wenn alles — Männlei» und<lb/> Weiblein — dem Sirenengesänge lauscht und bald mit in den<lb/> allgemeinen Chorus einstimmt. Namentlich die Presse — d. h> die Tages¬<lb/> zeitungen, die sich schlechthin als Vertreter des gedruckte» Wortes fühle» —<lb/> ist es, die heute in der Vertretung materieller Interessen beinahe aufgeht und<lb/> bei jeder Einschränkung dieser Interessen vom Standpunkte einer höhern Ge¬<lb/> meinschaft aus über den Ruin des Wohlstandes und die Verletzung der Freiheit<lb/> zetert. Man wird das nicht besonders tragisch nehmen dürfen: die Zeitungen<lb/> sind eben nicht in der Lage, unangenehme Wahrheiten sagen zu können, denn<lb/> wie stolz sie sich auch nach außen als „öffentliche Meinung" oder „Stimme<lb/> des Volkes" in die Brust werfen, so sind sie doch von ihrer Parteigefolgschaft<lb/> so abhängig, daß sie ihr jeden Morgen einige Schmeicheleien sagen oder Be¬<lb/> weise dafür liefern müssen, wie mannhaft ihre besondern Interessen als Volks¬<lb/> interessen vertreten werde». Die Zeitungen sind da in der Rolle des Höflings<lb/> ihrem Souverän gegenüber, und gerade dieser Souverän hat unter allen<lb/> Souveränen die geringste Neigung, unangenehme Wahrheiten zu hören.</p><lb/> <p xml:id="ID_1718" next="#ID_1719"> Aber noch von andrer und gewichtigerer Seite her hat die bezeichnete<lb/> Richtung wesentliche Förderung erfahrein Die Fortschritte der Nationalökonomie<lb/> gehöre» zu de» erfreulichste» Erscheinunge» der neuesten Zeit; die Früchte der<lb/> verhältnismäßig jungen Wissenschaft werden erst reifen, wenn sie sich in<lb/> Praktische Staatskunst umzusetzen vermag, aber man wird gerade auf diesem<lb/> schwierigen Gebiete zusammengesetzter Erscheinungen vor Einseitigkeit auf der</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzbow, I 1897 71</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0569]
[Abbildung]
Der Zusammenhang von äußerer und innerer Politik
ii allen Tonarte» wird heute die „produktive" Arbeit und die
Vermehrung des Kapitals als der Weisheit letzter Schluß ge¬
priesen, und die Sache hört sich so angenehm und lieblich an,
daß es nicht zu verwundern ist, wenn alles — Männlei» und
Weiblein — dem Sirenengesänge lauscht und bald mit in den
allgemeinen Chorus einstimmt. Namentlich die Presse — d. h> die Tages¬
zeitungen, die sich schlechthin als Vertreter des gedruckte» Wortes fühle» —
ist es, die heute in der Vertretung materieller Interessen beinahe aufgeht und
bei jeder Einschränkung dieser Interessen vom Standpunkte einer höhern Ge¬
meinschaft aus über den Ruin des Wohlstandes und die Verletzung der Freiheit
zetert. Man wird das nicht besonders tragisch nehmen dürfen: die Zeitungen
sind eben nicht in der Lage, unangenehme Wahrheiten sagen zu können, denn
wie stolz sie sich auch nach außen als „öffentliche Meinung" oder „Stimme
des Volkes" in die Brust werfen, so sind sie doch von ihrer Parteigefolgschaft
so abhängig, daß sie ihr jeden Morgen einige Schmeicheleien sagen oder Be¬
weise dafür liefern müssen, wie mannhaft ihre besondern Interessen als Volks¬
interessen vertreten werde». Die Zeitungen sind da in der Rolle des Höflings
ihrem Souverän gegenüber, und gerade dieser Souverän hat unter allen
Souveränen die geringste Neigung, unangenehme Wahrheiten zu hören.
Aber noch von andrer und gewichtigerer Seite her hat die bezeichnete
Richtung wesentliche Förderung erfahrein Die Fortschritte der Nationalökonomie
gehöre» zu de» erfreulichste» Erscheinunge» der neuesten Zeit; die Früchte der
verhältnismäßig jungen Wissenschaft werden erst reifen, wenn sie sich in
Praktische Staatskunst umzusetzen vermag, aber man wird gerade auf diesem
schwierigen Gebiete zusammengesetzter Erscheinungen vor Einseitigkeit auf der
Grenzbow, I 1897 71
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |