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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Erstes Vierteljahr.

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Zur Linkommensteuervercinlagung in Preußen

nächstjährigen Veranlagung aufgeklärt werden können, weil die knappe Zeit
eine wirksame Sichtung und Verarbeitung der bei der Veranlagung, namentlich
bei Erörterung von Berufungen usw. gewonnenen Materialien vereitelt.

Bei Einführung zweijähriger Perioden würde der Geschäftsgang langsamer
werden, im ersten Jahre könnte die Festsetzung der Steuer durch die Behörden
der ersten Instanz (in Kreis und Stadt) erfolgen, im zweiten Jahre die Er¬
örterung und Entscheidung der Berufungs- und Revisionssachen erledigt werden.
Damit würde eine sachgemäße, erschöpfende und befriedigende Aufklärung zweifel¬
hafter Dinge ermöglicht werden, die Steuerpflichtigen würden viel weniger be¬
lästigt, und die zur Mitarbeit in den Kommissionen berufnen Laien würden
seltner in unliebsamer Weise ihrem Berufe entzogen werden und dann gewiß
freudiger, thatkräftiger und erfolgreicher eingreifen.

Die in der Tagespresse verlangten dreijährigen oder gar fünfjährigen
Perioden verbieten sich aus fiskalischen und Gerechtigkeitsrücksichten, wegen der
technischen Schwierigkeiten und der im Fortschreibungsverfahren (Ab- und Zu¬
gang steuerpflichtiger Personen, Besteuerung bei Erbanfällen, Erlaß bei Verlust
von Einnahmequellen) zu befürchtenden Verwirrung.

Was die Ergänzungssteuer betrifft, so müßte selbstverständlich auch für
sie eine zweijährige statt der gesetzlich vorgeschriebnen dreijährigen Periode ein¬
geführt werden. Sie wird ja, solange kein Zwang zur Vermögensdeklaration
besteht, in vielen Fällen, ja bei der Schätzung des Kapitalvermögens fast durch¬
weg, nur nach der Einkommensdeklaration bemessen werden können. Die Be¬
wertung von Grundstücken brauchte vielleicht nur aller vier Jahre einer genauern
Nachprüfung unterzogen zu werden, sodaß eine Mehrbelastung der sogenannten
Schätzungsausschüsse vermieden bliebe.

Was die übrigen direkten Steuern betrifft, die alljährlich erhoben werden,
so kommt eigentlich nur die Gewerbesteuer in Frage; da sie aber für die Staats¬
kasse nicht in Betracht kommt, sondern nur als Grundlage der Kommunal¬
besteuerung dient, so würde für sie auch eine zweijährige Periode genügen,
und auch hier würde eine Mindcrbelastung der Behörden und eine größere
Freudigkeit und Fruchtbarkeit der Mitarbeit der Laien die Folge sein.




Zur Linkommensteuervercinlagung in Preußen

nächstjährigen Veranlagung aufgeklärt werden können, weil die knappe Zeit
eine wirksame Sichtung und Verarbeitung der bei der Veranlagung, namentlich
bei Erörterung von Berufungen usw. gewonnenen Materialien vereitelt.

Bei Einführung zweijähriger Perioden würde der Geschäftsgang langsamer
werden, im ersten Jahre könnte die Festsetzung der Steuer durch die Behörden
der ersten Instanz (in Kreis und Stadt) erfolgen, im zweiten Jahre die Er¬
örterung und Entscheidung der Berufungs- und Revisionssachen erledigt werden.
Damit würde eine sachgemäße, erschöpfende und befriedigende Aufklärung zweifel¬
hafter Dinge ermöglicht werden, die Steuerpflichtigen würden viel weniger be¬
lästigt, und die zur Mitarbeit in den Kommissionen berufnen Laien würden
seltner in unliebsamer Weise ihrem Berufe entzogen werden und dann gewiß
freudiger, thatkräftiger und erfolgreicher eingreifen.

Die in der Tagespresse verlangten dreijährigen oder gar fünfjährigen
Perioden verbieten sich aus fiskalischen und Gerechtigkeitsrücksichten, wegen der
technischen Schwierigkeiten und der im Fortschreibungsverfahren (Ab- und Zu¬
gang steuerpflichtiger Personen, Besteuerung bei Erbanfällen, Erlaß bei Verlust
von Einnahmequellen) zu befürchtenden Verwirrung.

Was die Ergänzungssteuer betrifft, so müßte selbstverständlich auch für
sie eine zweijährige statt der gesetzlich vorgeschriebnen dreijährigen Periode ein¬
geführt werden. Sie wird ja, solange kein Zwang zur Vermögensdeklaration
besteht, in vielen Fällen, ja bei der Schätzung des Kapitalvermögens fast durch¬
weg, nur nach der Einkommensdeklaration bemessen werden können. Die Be¬
wertung von Grundstücken brauchte vielleicht nur aller vier Jahre einer genauern
Nachprüfung unterzogen zu werden, sodaß eine Mehrbelastung der sogenannten
Schätzungsausschüsse vermieden bliebe.

Was die übrigen direkten Steuern betrifft, die alljährlich erhoben werden,
so kommt eigentlich nur die Gewerbesteuer in Frage; da sie aber für die Staats¬
kasse nicht in Betracht kommt, sondern nur als Grundlage der Kommunal¬
besteuerung dient, so würde für sie auch eine zweijährige Periode genügen,
und auch hier würde eine Mindcrbelastung der Behörden und eine größere
Freudigkeit und Fruchtbarkeit der Mitarbeit der Laien die Folge sein.




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[0485] Zur Linkommensteuervercinlagung in Preußen nächstjährigen Veranlagung aufgeklärt werden können, weil die knappe Zeit eine wirksame Sichtung und Verarbeitung der bei der Veranlagung, namentlich bei Erörterung von Berufungen usw. gewonnenen Materialien vereitelt. Bei Einführung zweijähriger Perioden würde der Geschäftsgang langsamer werden, im ersten Jahre könnte die Festsetzung der Steuer durch die Behörden der ersten Instanz (in Kreis und Stadt) erfolgen, im zweiten Jahre die Er¬ örterung und Entscheidung der Berufungs- und Revisionssachen erledigt werden. Damit würde eine sachgemäße, erschöpfende und befriedigende Aufklärung zweifel¬ hafter Dinge ermöglicht werden, die Steuerpflichtigen würden viel weniger be¬ lästigt, und die zur Mitarbeit in den Kommissionen berufnen Laien würden seltner in unliebsamer Weise ihrem Berufe entzogen werden und dann gewiß freudiger, thatkräftiger und erfolgreicher eingreifen. Die in der Tagespresse verlangten dreijährigen oder gar fünfjährigen Perioden verbieten sich aus fiskalischen und Gerechtigkeitsrücksichten, wegen der technischen Schwierigkeiten und der im Fortschreibungsverfahren (Ab- und Zu¬ gang steuerpflichtiger Personen, Besteuerung bei Erbanfällen, Erlaß bei Verlust von Einnahmequellen) zu befürchtenden Verwirrung. Was die Ergänzungssteuer betrifft, so müßte selbstverständlich auch für sie eine zweijährige statt der gesetzlich vorgeschriebnen dreijährigen Periode ein¬ geführt werden. Sie wird ja, solange kein Zwang zur Vermögensdeklaration besteht, in vielen Fällen, ja bei der Schätzung des Kapitalvermögens fast durch¬ weg, nur nach der Einkommensdeklaration bemessen werden können. Die Be¬ wertung von Grundstücken brauchte vielleicht nur aller vier Jahre einer genauern Nachprüfung unterzogen zu werden, sodaß eine Mehrbelastung der sogenannten Schätzungsausschüsse vermieden bliebe. Was die übrigen direkten Steuern betrifft, die alljährlich erhoben werden, so kommt eigentlich nur die Gewerbesteuer in Frage; da sie aber für die Staats¬ kasse nicht in Betracht kommt, sondern nur als Grundlage der Kommunal¬ besteuerung dient, so würde für sie auch eine zweijährige Periode genügen, und auch hier würde eine Mindcrbelastung der Behörden und eine größere Freudigkeit und Fruchtbarkeit der Mitarbeit der Laien die Folge sein.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_224245/485>, abgerufen am 27.09.2024.