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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr.

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Bibliophilie

Personen gegangen sind oder gar ihr Wappen oder einige Widmungszeilen
von ihrer Hand tragen, sind viel geschützter, als gleiche Exemplare ohne diesen
Vorzug. Wo handschriftliche Bemerkungen fehlen, geben Bücherzeichen, die auf
die innere Seite der vordern Einbanddecke eingeklebt wurden, Aufschluß über
die Person des früher" Besitzers. Selbst diese Blättchen, die oft kunstvoll
ausgeführt waren, Wappen und Sinnsprüche trugen, die von namhaften
Künstlern entworfen wurden, sind heute Gegenstand eifrigen Sammelus und
eingehenden Studiums. Es hat sich sogar ein Verein gebildet, dessen Zweck
ausschließlich in dem Studium dieser Bücherzeichen besteht, und der seine
eigne Zeitschrift hat.*)

Außer dem schou erwähnte" Olties as l-i Loirminv seines, das besonders
den darin enthaltenen Widmungen der fürstlichen Personen seinen hohen Preis
verdankt, kann hier unter vielen ander" Heliodors ^sMoxic-g, Li^oria (Basel.
1552) genannt werden; das Buch, das sonst durchaus nicht zu den besonders
gesuchten Büchern zählt, wurde seines Einbandes wegen, der das Wappen
Heinrichs II. und das der Diana von Poitiers trug, auf der Auktion Techner
im Jahre 1876 für 12000 Franks nach Amerika verkauft. Ebenso wurde
Thomas Morus vssorixtion ein roz^uns ä'Moxis (Paris, 1550), weil es
die Wappen Ludwigs XIII. und der Anna von Österreich trug, im Jahre 1888
mit 9100 Franks bezahlt.

Aber auch die Einbände spielen bei der Preisbestimmung eine Rolle.
Bücher, die in den Werkstätten berühmter Buchbinder oder nach den Angaben
bekannter Bibliophilen gebunden worden sind, erzielen bei Auktionen einen um
tausende von Franks höher" Preis. Besonders geschätzt sind die in reichem
Renaissancestil gebuuduen Bücher aus der Sammlung des Schatzmeisters
Franz I. von Frankreich, Jean Grolier. Die Einbände wurden nach seine"
eignen Zeichnungen und Angaben von italienischen Meistern angefertigt.
Hundert Jahre nach seinem Tode wurden die mit vielem Verständnis und
großer Mühe gesammelten Bücherschätze versteigert und in alle Winde ver¬
streut. Das Verzeichnis und die Beschreibung dieser Bücher findet man zu¬
sammengestellt in dem Werke eines französischen Bibliophilen Le Roux de Lincy:
RövIuMNöS sur,IöiZ.n Orcliör (Paris, 1866). In Amerika, wo die Bibliophilie
in hoher Blüte steht, hat sich ein eigner Grolier-Klub gebildet. Mehr und
mehr wird so der ursprüngliche Zweck der Bücher aus den Angen verloren,
Äußerlichkeiten sind für den Bibliophilen ausschlaggebend. Exemplare, deren
Rand noch nicht beschnitten ist, stehen ungleich höher im Preise als solche mit
glattem, wen" auch vergoldetem Rande. Und jeder Millimeter Papierrand
mehr erhöht den Wert, ähnlich wie sich bei den Markcnsammlern der Preis



") Zur Einführung in diese "Wissenschaft" dient das neuerschienene Buch von G. Sculer:
Jllustrirtes Handbuch der Lx-Iidris-Kunde. Berlin, Stnrgnrd, lLW,
Bibliophilie

Personen gegangen sind oder gar ihr Wappen oder einige Widmungszeilen
von ihrer Hand tragen, sind viel geschützter, als gleiche Exemplare ohne diesen
Vorzug. Wo handschriftliche Bemerkungen fehlen, geben Bücherzeichen, die auf
die innere Seite der vordern Einbanddecke eingeklebt wurden, Aufschluß über
die Person des früher» Besitzers. Selbst diese Blättchen, die oft kunstvoll
ausgeführt waren, Wappen und Sinnsprüche trugen, die von namhaften
Künstlern entworfen wurden, sind heute Gegenstand eifrigen Sammelus und
eingehenden Studiums. Es hat sich sogar ein Verein gebildet, dessen Zweck
ausschließlich in dem Studium dieser Bücherzeichen besteht, und der seine
eigne Zeitschrift hat.*)

Außer dem schou erwähnte» Olties as l-i Loirminv seines, das besonders
den darin enthaltenen Widmungen der fürstlichen Personen seinen hohen Preis
verdankt, kann hier unter vielen ander» Heliodors ^sMoxic-g, Li^oria (Basel.
1552) genannt werden; das Buch, das sonst durchaus nicht zu den besonders
gesuchten Büchern zählt, wurde seines Einbandes wegen, der das Wappen
Heinrichs II. und das der Diana von Poitiers trug, auf der Auktion Techner
im Jahre 1876 für 12000 Franks nach Amerika verkauft. Ebenso wurde
Thomas Morus vssorixtion ein roz^uns ä'Moxis (Paris, 1550), weil es
die Wappen Ludwigs XIII. und der Anna von Österreich trug, im Jahre 1888
mit 9100 Franks bezahlt.

Aber auch die Einbände spielen bei der Preisbestimmung eine Rolle.
Bücher, die in den Werkstätten berühmter Buchbinder oder nach den Angaben
bekannter Bibliophilen gebunden worden sind, erzielen bei Auktionen einen um
tausende von Franks höher» Preis. Besonders geschätzt sind die in reichem
Renaissancestil gebuuduen Bücher aus der Sammlung des Schatzmeisters
Franz I. von Frankreich, Jean Grolier. Die Einbände wurden nach seine»
eignen Zeichnungen und Angaben von italienischen Meistern angefertigt.
Hundert Jahre nach seinem Tode wurden die mit vielem Verständnis und
großer Mühe gesammelten Bücherschätze versteigert und in alle Winde ver¬
streut. Das Verzeichnis und die Beschreibung dieser Bücher findet man zu¬
sammengestellt in dem Werke eines französischen Bibliophilen Le Roux de Lincy:
RövIuMNöS sur,IöiZ.n Orcliör (Paris, 1866). In Amerika, wo die Bibliophilie
in hoher Blüte steht, hat sich ein eigner Grolier-Klub gebildet. Mehr und
mehr wird so der ursprüngliche Zweck der Bücher aus den Angen verloren,
Äußerlichkeiten sind für den Bibliophilen ausschlaggebend. Exemplare, deren
Rand noch nicht beschnitten ist, stehen ungleich höher im Preise als solche mit
glattem, wen» auch vergoldetem Rande. Und jeder Millimeter Papierrand
mehr erhöht den Wert, ähnlich wie sich bei den Markcnsammlern der Preis



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[0099] Bibliophilie Personen gegangen sind oder gar ihr Wappen oder einige Widmungszeilen von ihrer Hand tragen, sind viel geschützter, als gleiche Exemplare ohne diesen Vorzug. Wo handschriftliche Bemerkungen fehlen, geben Bücherzeichen, die auf die innere Seite der vordern Einbanddecke eingeklebt wurden, Aufschluß über die Person des früher» Besitzers. Selbst diese Blättchen, die oft kunstvoll ausgeführt waren, Wappen und Sinnsprüche trugen, die von namhaften Künstlern entworfen wurden, sind heute Gegenstand eifrigen Sammelus und eingehenden Studiums. Es hat sich sogar ein Verein gebildet, dessen Zweck ausschließlich in dem Studium dieser Bücherzeichen besteht, und der seine eigne Zeitschrift hat.*) Außer dem schou erwähnte» Olties as l-i Loirminv seines, das besonders den darin enthaltenen Widmungen der fürstlichen Personen seinen hohen Preis verdankt, kann hier unter vielen ander» Heliodors ^sMoxic-g, Li^oria (Basel. 1552) genannt werden; das Buch, das sonst durchaus nicht zu den besonders gesuchten Büchern zählt, wurde seines Einbandes wegen, der das Wappen Heinrichs II. und das der Diana von Poitiers trug, auf der Auktion Techner im Jahre 1876 für 12000 Franks nach Amerika verkauft. Ebenso wurde Thomas Morus vssorixtion ein roz^uns ä'Moxis (Paris, 1550), weil es die Wappen Ludwigs XIII. und der Anna von Österreich trug, im Jahre 1888 mit 9100 Franks bezahlt. Aber auch die Einbände spielen bei der Preisbestimmung eine Rolle. Bücher, die in den Werkstätten berühmter Buchbinder oder nach den Angaben bekannter Bibliophilen gebunden worden sind, erzielen bei Auktionen einen um tausende von Franks höher» Preis. Besonders geschätzt sind die in reichem Renaissancestil gebuuduen Bücher aus der Sammlung des Schatzmeisters Franz I. von Frankreich, Jean Grolier. Die Einbände wurden nach seine» eignen Zeichnungen und Angaben von italienischen Meistern angefertigt. Hundert Jahre nach seinem Tode wurden die mit vielem Verständnis und großer Mühe gesammelten Bücherschätze versteigert und in alle Winde ver¬ streut. Das Verzeichnis und die Beschreibung dieser Bücher findet man zu¬ sammengestellt in dem Werke eines französischen Bibliophilen Le Roux de Lincy: RövIuMNöS sur,IöiZ.n Orcliör (Paris, 1866). In Amerika, wo die Bibliophilie in hoher Blüte steht, hat sich ein eigner Grolier-Klub gebildet. Mehr und mehr wird so der ursprüngliche Zweck der Bücher aus den Angen verloren, Äußerlichkeiten sind für den Bibliophilen ausschlaggebend. Exemplare, deren Rand noch nicht beschnitten ist, stehen ungleich höher im Preise als solche mit glattem, wen» auch vergoldetem Rande. Und jeder Millimeter Papierrand mehr erhöht den Wert, ähnlich wie sich bei den Markcnsammlern der Preis ") Zur Einführung in diese „Wissenschaft" dient das neuerschienene Buch von G. Sculer: Jllustrirtes Handbuch der Lx-Iidris-Kunde. Berlin, Stnrgnrd, lLW,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_223583/99>, abgerufen am 08.01.2025.