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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr.

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Bibliophile

Die Ursachen, die den Preis manches Buches in so beispielloser Weise
in die Höhe treiben, finden sich ziemlich vollständig aufgezählt in einem kürzlich
erschienenen Werke von Otto Mühlbrecht, Die Bücherlie bhaberei (Biblio¬
phile--Bibliomcmie) am Ende des neunzehnten Jahrhunderts (Berlin, Putt¬
kammer und Mühlbrecht, 1896; Preis 6 Mark), das neben geschichtlichen
Mitteilungen über die Geschichte des Buchdrucks zahlreiche Beispiele für die
Preissteigerungen bei einzelnen besonders geschätzten Werken enthält. Leider
sind diese Preisangaben über das ganze Buch zerstreut, ebenso wie die Nach¬
richten über berühmte Bibliotheken und Büchersammler, Auktionen und tgi.
Eine übersichtliche Zusammenstellung und Vermehrung dieser Angaben, sowie
die im Vorwort für späterhin zugesagte Vertiefung würde der nächsten Auflage
des verdienstvollen Werkchens, das in seiner jetzigen Gestalt mehr eine Reihe
interessanter Feuilletons als eine kritisch-historische Darstellung bietet, sich auch
zu sehr an seine Quellen, besonders das französische Werkchen von Brünet,
Du xrix clss livrs8 rars" ohl'8 ig, on ein XIX siizols (Bordeaux, 1895) anlehnt,
entschieden zum Vorteil gereichen.")

Die allgemeinste Ursache sür den hohen Preis, der für ein Buch gezahlt
wird, ist wie überall bei Sammelgegenständeu die Seltenheit des Werkes.
Manchmal kommen noch der Einband, früherer Besitzer und andre äußerliche
Umstände hinzu.

Unter den seltnen Büchern nehmen den ersten Rang ein die Inkunabeln
oder Wiegendrucke, die Erzeugnisse aus der frühesten Zeit des Buchdrucks. Unter
den Sammlungen der verschiednen Gattungen seltner Bücher stehen Jnkuuabel-
sammlungeu wissenschaftlich am höchsten. Daher sind ihrer Verzeichnuug und
Beschreibung eine ganze Reihe von Werken gewidmet. Sie bilden den Stolz
jeder Bibliothek und werden meist von den übrigen Druckwerken getrennt auf¬
bewahrt und gezählt. Natürlich sind nicht alle Jnkunabelu -- es gibt etwa
30,000 -- gleich selten. Am geschätztesten sind die vor dem Jahre 1472
gedruckten.

Über den Zeitpunkt, bis zu dem man Druckwerken noch den Namen
Inkunabeln beilegen könne, herrschen verschiedne Ansichten. In der Begrenzung



*) Über die allmähliche Entwicklung des Buchdrucks, Buchhandels, Bibliothekswesens usw,
giebt es eine nach Hunderten zählende Litteratur. Leider giebt es noch kein zusammenfassendes
Handbuch über das gesamte Buchwesen in seiner gegenwärtigen Ausdehnung und geschichtlichen
Entwicklung mit den nötigen Litteraturnngaben. Reichlich, wenn auch von Vollständigkeit weit
entfernt ist der Katalog der Bibliothek des Börsenvereins der deutschen Buchhändler. Auch das
Buch von Mühlbrecht bringt eine t>4 Seiten umfassende "Bibliographie für Bücherliebhaber";
sie ist aber ziemlich unvollständig und etwas willkürlich ausgewählt, eine ganze Reihe wichtiger
Schriften ist zu Gunsten veralteter übergegangen. Dazu sind ganz überflüssigerweise bei einigen
Werken die jedermann leicht zugänglichen, überdies zum Teil veralteten Urteile aus Ebert (All¬
gemeines bibliographisches Lexikon, 1821 bis 1830) und Petzholdt, Lidüotlisv" biblioxmxki"'",
1866) abgedruckt.
Bibliophile

Die Ursachen, die den Preis manches Buches in so beispielloser Weise
in die Höhe treiben, finden sich ziemlich vollständig aufgezählt in einem kürzlich
erschienenen Werke von Otto Mühlbrecht, Die Bücherlie bhaberei (Biblio¬
phile—Bibliomcmie) am Ende des neunzehnten Jahrhunderts (Berlin, Putt¬
kammer und Mühlbrecht, 1896; Preis 6 Mark), das neben geschichtlichen
Mitteilungen über die Geschichte des Buchdrucks zahlreiche Beispiele für die
Preissteigerungen bei einzelnen besonders geschätzten Werken enthält. Leider
sind diese Preisangaben über das ganze Buch zerstreut, ebenso wie die Nach¬
richten über berühmte Bibliotheken und Büchersammler, Auktionen und tgi.
Eine übersichtliche Zusammenstellung und Vermehrung dieser Angaben, sowie
die im Vorwort für späterhin zugesagte Vertiefung würde der nächsten Auflage
des verdienstvollen Werkchens, das in seiner jetzigen Gestalt mehr eine Reihe
interessanter Feuilletons als eine kritisch-historische Darstellung bietet, sich auch
zu sehr an seine Quellen, besonders das französische Werkchen von Brünet,
Du xrix clss livrs8 rars« ohl'8 ig, on ein XIX siizols (Bordeaux, 1895) anlehnt,
entschieden zum Vorteil gereichen.")

Die allgemeinste Ursache sür den hohen Preis, der für ein Buch gezahlt
wird, ist wie überall bei Sammelgegenständeu die Seltenheit des Werkes.
Manchmal kommen noch der Einband, früherer Besitzer und andre äußerliche
Umstände hinzu.

Unter den seltnen Büchern nehmen den ersten Rang ein die Inkunabeln
oder Wiegendrucke, die Erzeugnisse aus der frühesten Zeit des Buchdrucks. Unter
den Sammlungen der verschiednen Gattungen seltner Bücher stehen Jnkuuabel-
sammlungeu wissenschaftlich am höchsten. Daher sind ihrer Verzeichnuug und
Beschreibung eine ganze Reihe von Werken gewidmet. Sie bilden den Stolz
jeder Bibliothek und werden meist von den übrigen Druckwerken getrennt auf¬
bewahrt und gezählt. Natürlich sind nicht alle Jnkunabelu — es gibt etwa
30,000 — gleich selten. Am geschätztesten sind die vor dem Jahre 1472
gedruckten.

Über den Zeitpunkt, bis zu dem man Druckwerken noch den Namen
Inkunabeln beilegen könne, herrschen verschiedne Ansichten. In der Begrenzung



*) Über die allmähliche Entwicklung des Buchdrucks, Buchhandels, Bibliothekswesens usw,
giebt es eine nach Hunderten zählende Litteratur. Leider giebt es noch kein zusammenfassendes
Handbuch über das gesamte Buchwesen in seiner gegenwärtigen Ausdehnung und geschichtlichen
Entwicklung mit den nötigen Litteraturnngaben. Reichlich, wenn auch von Vollständigkeit weit
entfernt ist der Katalog der Bibliothek des Börsenvereins der deutschen Buchhändler. Auch das
Buch von Mühlbrecht bringt eine t>4 Seiten umfassende „Bibliographie für Bücherliebhaber";
sie ist aber ziemlich unvollständig und etwas willkürlich ausgewählt, eine ganze Reihe wichtiger
Schriften ist zu Gunsten veralteter übergegangen. Dazu sind ganz überflüssigerweise bei einigen
Werken die jedermann leicht zugänglichen, überdies zum Teil veralteten Urteile aus Ebert (All¬
gemeines bibliographisches Lexikon, 1821 bis 1830) und Petzholdt, Lidüotlisv» biblioxmxki«'»,
1866) abgedruckt.
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[0092] Bibliophile Die Ursachen, die den Preis manches Buches in so beispielloser Weise in die Höhe treiben, finden sich ziemlich vollständig aufgezählt in einem kürzlich erschienenen Werke von Otto Mühlbrecht, Die Bücherlie bhaberei (Biblio¬ phile—Bibliomcmie) am Ende des neunzehnten Jahrhunderts (Berlin, Putt¬ kammer und Mühlbrecht, 1896; Preis 6 Mark), das neben geschichtlichen Mitteilungen über die Geschichte des Buchdrucks zahlreiche Beispiele für die Preissteigerungen bei einzelnen besonders geschätzten Werken enthält. Leider sind diese Preisangaben über das ganze Buch zerstreut, ebenso wie die Nach¬ richten über berühmte Bibliotheken und Büchersammler, Auktionen und tgi. Eine übersichtliche Zusammenstellung und Vermehrung dieser Angaben, sowie die im Vorwort für späterhin zugesagte Vertiefung würde der nächsten Auflage des verdienstvollen Werkchens, das in seiner jetzigen Gestalt mehr eine Reihe interessanter Feuilletons als eine kritisch-historische Darstellung bietet, sich auch zu sehr an seine Quellen, besonders das französische Werkchen von Brünet, Du xrix clss livrs8 rars« ohl'8 ig, on ein XIX siizols (Bordeaux, 1895) anlehnt, entschieden zum Vorteil gereichen.") Die allgemeinste Ursache sür den hohen Preis, der für ein Buch gezahlt wird, ist wie überall bei Sammelgegenständeu die Seltenheit des Werkes. Manchmal kommen noch der Einband, früherer Besitzer und andre äußerliche Umstände hinzu. Unter den seltnen Büchern nehmen den ersten Rang ein die Inkunabeln oder Wiegendrucke, die Erzeugnisse aus der frühesten Zeit des Buchdrucks. Unter den Sammlungen der verschiednen Gattungen seltner Bücher stehen Jnkuuabel- sammlungeu wissenschaftlich am höchsten. Daher sind ihrer Verzeichnuug und Beschreibung eine ganze Reihe von Werken gewidmet. Sie bilden den Stolz jeder Bibliothek und werden meist von den übrigen Druckwerken getrennt auf¬ bewahrt und gezählt. Natürlich sind nicht alle Jnkunabelu — es gibt etwa 30,000 — gleich selten. Am geschätztesten sind die vor dem Jahre 1472 gedruckten. Über den Zeitpunkt, bis zu dem man Druckwerken noch den Namen Inkunabeln beilegen könne, herrschen verschiedne Ansichten. In der Begrenzung *) Über die allmähliche Entwicklung des Buchdrucks, Buchhandels, Bibliothekswesens usw, giebt es eine nach Hunderten zählende Litteratur. Leider giebt es noch kein zusammenfassendes Handbuch über das gesamte Buchwesen in seiner gegenwärtigen Ausdehnung und geschichtlichen Entwicklung mit den nötigen Litteraturnngaben. Reichlich, wenn auch von Vollständigkeit weit entfernt ist der Katalog der Bibliothek des Börsenvereins der deutschen Buchhändler. Auch das Buch von Mühlbrecht bringt eine t>4 Seiten umfassende „Bibliographie für Bücherliebhaber"; sie ist aber ziemlich unvollständig und etwas willkürlich ausgewählt, eine ganze Reihe wichtiger Schriften ist zu Gunsten veralteter übergegangen. Dazu sind ganz überflüssigerweise bei einigen Werken die jedermann leicht zugänglichen, überdies zum Teil veralteten Urteile aus Ebert (All¬ gemeines bibliographisches Lexikon, 1821 bis 1830) und Petzholdt, Lidüotlisv» biblioxmxki«'», 1866) abgedruckt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_223583/92>, abgerufen am 08.01.2025.