Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr.anwaltschaft wegen Beleidigung öffentliche Klage, so muß der als Zeuge ver¬ Derartige Fälle kommen in der Praxis gar nicht selten vor und werden Es unterliegt hiernach sür mich keinem Zweifel, daß der Auditeur, als So ist es also in Wahrheit um die unerhörten formalen Rechtsverletzungen Wir wenden uns nun zu der zweiten Gruppe von Anschuldigungen, anwaltschaft wegen Beleidigung öffentliche Klage, so muß der als Zeuge ver¬ Derartige Fälle kommen in der Praxis gar nicht selten vor und werden Es unterliegt hiernach sür mich keinem Zweifel, daß der Auditeur, als So ist es also in Wahrheit um die unerhörten formalen Rechtsverletzungen Wir wenden uns nun zu der zweiten Gruppe von Anschuldigungen, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0071" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/223655"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_191" prev="#ID_190"> anwaltschaft wegen Beleidigung öffentliche Klage, so muß der als Zeuge ver¬<lb/> nommene Antragsteller, wenn kein andres gesetzliches Hindernis im Wege steht,<lb/> vereidigt werden. Wird aber nicht die öffentliche Klage, sondern durch den<lb/> Verletzten selbst die Privatklage erhoben, so gestaltet sich die Sache praktisch<lb/> ganz wie im militürgerichtlichen Beleidigungsverfahren. Wie in diesem der<lb/> Denunziant, so wird im Privatklageversahren der Privatkläger nicht vereidigt.<lb/> Setzen wir nun den gleichen Fall wie oben. A soll durch verschiedne selb¬<lb/> ständige Handlungen den B, C und D beleidigt haben. Jeder von ihnen stellt<lb/> deshalb für sich eine Privatklage gegen A an. Es ist völlig unbedenklich und<lb/> unter Juristen gar nicht zu bestreikn, daß in diesem Falle in der Privatklage¬<lb/> sache B wider A der C und D, ebenso in der Sache C wider A der B und D<lb/> und so fort als Zeugen vernommen werden können, und daß sie, falls es ge¬<lb/> schieht, regelmäßig vereidigt werden müssen, während keiner von ihnen in seiner<lb/> eignen Sache als Zeuge gehört wird. Kann doch selbst der Angeschuldigte<lb/> unter Umständen das größte Interesse daran haben, sich in der Sache des B<lb/> gegen ihn auf C und D als Entlastungszeugen zu berufen.</p><lb/> <p xml:id="ID_192"> Derartige Fälle kommen in der Praxis gar nicht selten vor und werden<lb/> regelmäßig und ohne Bedenken in dem hier dargelegten Sinne behandelt. Es<lb/> ist gar nicht abzusehen, weshalb im militärgerichtlichen Verfahren die Stellung<lb/> des Denunzianten noch ungünstiger sein sollte, als es im Privatklageverfahren<lb/> die im übrigen ganz ähnliche des Privatklägers ist. Das Beleidigungsverfahren<lb/> der Militärstrafgesetzordnung behandelt den Antragsteller ebenso wie die Straf¬<lb/> prozeßordnung den Privatkläger nicht als Zeugen, sondern als Partei. Es<lb/> ist deshalb durchaus folgerichtig, daß man seine Parteirolle nicht über ihre<lb/> natürlichen Grenzen ausdehnt, daß man sie da enden läßt, wo es sich nicht<lb/> mehr um die Beleidigung dieses Antragstellers, sondern um die andrer Per¬<lb/> sonen handelt.</p><lb/> <p xml:id="ID_193"> Es unterliegt hiernach sür mich keinem Zweifel, daß der Auditeur, als<lb/> er die Zeugen vereidigte, obwohl sie auch ihrerseits Strafanträge gegen den<lb/> Angeschuldigten gestellt hatten, den § 230 der Militärstrafgesetzordnung nicht<lb/> verletzt hat, vielmehr nur ebenso Verfahren ist, wie in durchaus ähnlichen<lb/> Fällen unsre Schöffengerichte und Strafkammern ausnahmslos verfahren und<lb/> verfahren müssen.</p><lb/> <p xml:id="ID_194"> So ist es also in Wahrheit um die unerhörten formalen Rechtsverletzungen<lb/> bestellt, die Friedmann unsern Mililürjustizbehörden zur Last legt. Nicht ein<lb/> einziger dieser Vorwürfe erweist sich bei unbefangner Prüfung als stichhaltig.</p><lb/> <p xml:id="ID_195" next="#ID_196"> Wir wenden uns nun zu der zweiten Gruppe von Anschuldigungen,<lb/> die es nicht mehr mit der Form, sondern mit dem Stoff der Untersuchung<lb/> zu thun haben. Friedmann will uns nämlich ferner glauben machen, daß die<lb/> Einleitung und Fortführung der Untersuchung gegen seinen Klienten überhaupt<lb/> eine empörende Unbill gewesen sei, daß sich persönliche Feindschaft, Voreiligkeit,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0071]
anwaltschaft wegen Beleidigung öffentliche Klage, so muß der als Zeuge ver¬
nommene Antragsteller, wenn kein andres gesetzliches Hindernis im Wege steht,
vereidigt werden. Wird aber nicht die öffentliche Klage, sondern durch den
Verletzten selbst die Privatklage erhoben, so gestaltet sich die Sache praktisch
ganz wie im militürgerichtlichen Beleidigungsverfahren. Wie in diesem der
Denunziant, so wird im Privatklageversahren der Privatkläger nicht vereidigt.
Setzen wir nun den gleichen Fall wie oben. A soll durch verschiedne selb¬
ständige Handlungen den B, C und D beleidigt haben. Jeder von ihnen stellt
deshalb für sich eine Privatklage gegen A an. Es ist völlig unbedenklich und
unter Juristen gar nicht zu bestreikn, daß in diesem Falle in der Privatklage¬
sache B wider A der C und D, ebenso in der Sache C wider A der B und D
und so fort als Zeugen vernommen werden können, und daß sie, falls es ge¬
schieht, regelmäßig vereidigt werden müssen, während keiner von ihnen in seiner
eignen Sache als Zeuge gehört wird. Kann doch selbst der Angeschuldigte
unter Umständen das größte Interesse daran haben, sich in der Sache des B
gegen ihn auf C und D als Entlastungszeugen zu berufen.
Derartige Fälle kommen in der Praxis gar nicht selten vor und werden
regelmäßig und ohne Bedenken in dem hier dargelegten Sinne behandelt. Es
ist gar nicht abzusehen, weshalb im militärgerichtlichen Verfahren die Stellung
des Denunzianten noch ungünstiger sein sollte, als es im Privatklageverfahren
die im übrigen ganz ähnliche des Privatklägers ist. Das Beleidigungsverfahren
der Militärstrafgesetzordnung behandelt den Antragsteller ebenso wie die Straf¬
prozeßordnung den Privatkläger nicht als Zeugen, sondern als Partei. Es
ist deshalb durchaus folgerichtig, daß man seine Parteirolle nicht über ihre
natürlichen Grenzen ausdehnt, daß man sie da enden läßt, wo es sich nicht
mehr um die Beleidigung dieses Antragstellers, sondern um die andrer Per¬
sonen handelt.
Es unterliegt hiernach sür mich keinem Zweifel, daß der Auditeur, als
er die Zeugen vereidigte, obwohl sie auch ihrerseits Strafanträge gegen den
Angeschuldigten gestellt hatten, den § 230 der Militärstrafgesetzordnung nicht
verletzt hat, vielmehr nur ebenso Verfahren ist, wie in durchaus ähnlichen
Fällen unsre Schöffengerichte und Strafkammern ausnahmslos verfahren und
verfahren müssen.
So ist es also in Wahrheit um die unerhörten formalen Rechtsverletzungen
bestellt, die Friedmann unsern Mililürjustizbehörden zur Last legt. Nicht ein
einziger dieser Vorwürfe erweist sich bei unbefangner Prüfung als stichhaltig.
Wir wenden uns nun zu der zweiten Gruppe von Anschuldigungen,
die es nicht mehr mit der Form, sondern mit dem Stoff der Untersuchung
zu thun haben. Friedmann will uns nämlich ferner glauben machen, daß die
Einleitung und Fortführung der Untersuchung gegen seinen Klienten überhaupt
eine empörende Unbill gewesen sei, daß sich persönliche Feindschaft, Voreiligkeit,
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