Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr.Aus Llara Schumanns Brautzeit wiederholt bittet, über die peinliche Angelegenheit das größte Stillschweigen Zu einer wirklichen Aussöhnung zwischen Schumann und Wieck ist es nie Die Annonce bleibt noch zu suchen. In einer Leipziger Zeitung hat sie wohl kaum gestanden, sonst könnte die Beschaffung des Originals nicht schwer gewesen sei". ^) Hierauf ist dus Gerücht zurückzuführen, Wieck habe eine Schmähschrift auf Schumann veröffentlicht. Das Original befindet sich in dem Besitz des Buchhändlers O. A. Schulz in Leipzig,
der freundlichst erlaubte, eine Abschrift davon zu nehmen. Aus Llara Schumanns Brautzeit wiederholt bittet, über die peinliche Angelegenheit das größte Stillschweigen Zu einer wirklichen Aussöhnung zwischen Schumann und Wieck ist es nie Die Annonce bleibt noch zu suchen. In einer Leipziger Zeitung hat sie wohl kaum gestanden, sonst könnte die Beschaffung des Originals nicht schwer gewesen sei». ^) Hierauf ist dus Gerücht zurückzuführen, Wieck habe eine Schmähschrift auf Schumann veröffentlicht. Das Original befindet sich in dem Besitz des Buchhändlers O. A. Schulz in Leipzig,
der freundlichst erlaubte, eine Abschrift davon zu nehmen. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0528" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/224112"/> <fw type="header" place="top"> Aus Llara Schumanns Brautzeit</fw><lb/> <p xml:id="ID_1580" prev="#ID_1579"> wiederholt bittet, über die peinliche Angelegenheit das größte Stillschweigen<lb/> zu beobachten, hatte Wieck seine Eingabe vom 14. Dezember herumgezeigt,<lb/> fooaß Schumann über ihren Inhalt noch vor dem Termin unterrichtet war.<lb/> Mitte Januar ließ Wieck sogar irgendwo eine Annonce drucken, über die<lb/> Schumann so aufgebracht war, daß er sofort eine zweite Klage gegen ihn an¬<lb/> strengen wollte. „Beifolgend eine Abschrift der Annonce, von der ich Ihnen<lb/> gestern sprach — schreibt er an Einert. Ich ersuche Sie, eine Klage danach<lb/> aufzusetzen. Ist es nötig, das Original jener Annonce beizubringen, so<lb/> will ich sie mir zu verschaffen suchen.") Der Maun glaubt über Gesetz<lb/> und Staat zu stehen; wir müssen ihm einmal zusetzen." Noch dreimal im<lb/> Laufe der nächsten Wochen drängt Schumann zu dieser zweiten Klage, und<lb/> am 26. Februar schreibt er gar: „Wir werden den Alten wider (zum 3ten mal)<lb/> verklagen müssen. Sie glauben es gewiß nicht, was ich Ihnen jetzt sage: Er<lb/> hat seine Schrift ^vom 14. Dezembers lithographiren lassen und verschickt<lb/> sie nach allen Weltgegenden. Gewiß ist das doch ohne Censur geschehen. Ich<lb/> will mich noch genauer erkundigen und Ihnen dann das Nähere melden.""*)</p><lb/> <p xml:id="ID_1581"> Zu einer wirklichen Aussöhnung zwischen Schumann und Wieck ist es nie<lb/> gekommen und konnte es auch uach den erzählten Vorgängen und bei dem<lb/> ganz verschiedenartigen Wesen beider Männer nie kommen. Daß ein Genie<lb/> mit einem Pedanten, ein Mensch voll Herz und Seele mit einem Egoisten,<lb/> ein durch und durch poetischer und künstlerischer Geist mit einem trocknen Ge¬<lb/> schäftsmann, eine feinfühlige, in sich gekehrte adliche Natur mit einem grob¬<lb/> körnigem „Bauer" auskommt, das ist wohl denkbar, solange der Pedant fünfund-<lb/> vierzig und das Genie zwanzig Jahre alt ist, zehn Jahre später aber nicht<lb/> mehr. Nun gar von einem „zärtlichen" Verkehr zwischen ihnen in der spätern<lb/> Dresdner Zeit zu reden, ist einfach lächerlich. Welcher „Zärtlichkeiten" Schu¬<lb/> mann noch nach Jahren seinen Schwiegervater für fähig hielt, zeigt ein Brief,<lb/> den er im Februar 1847 von Prag aus an seinen Freund Reuter in Leipzig<lb/> richtete.""") Clara Schumann hatte im Januar 1847 in Wien und darauf in<lb/> Prag Konzerte gegeben. Da brachten die Leipziger „Signale für die musikalische<lb/> Welt" (1847, Ur. 4) eine angebliche Korrespondenz aus Wien, worin es unter<lb/> andern: hieß: „Clara Schumann hat drei kaum besuchte Konzerte gegeben, das<lb/> vierte war voll, weil die Lind darin sang. In neun Jahren hat sich viel ge¬<lb/> ändert, als Clara Wieck vergöttert, als Clara Schumann ignorirt. Mit Aus¬<lb/> nahme der Wiener Mnsikzeitung haben die übrigen Wiener Blätter die geniale<lb/> Künstlerin vernachlässigt." Hierauf bezieht sich folgender Brief Schumanns:</p><lb/> <note xml:id="FID_64" place="foot"> Die Annonce bleibt noch zu suchen. In einer Leipziger Zeitung hat sie wohl kaum<lb/> gestanden, sonst könnte die Beschaffung des Originals nicht schwer gewesen sei».</note><lb/> <note xml:id="FID_65" place="foot"> ^) Hierauf ist dus Gerücht zurückzuführen, Wieck habe eine Schmähschrift auf Schumann<lb/> veröffentlicht.</note><lb/> <note xml:id="FID_66" place="foot"> Das Original befindet sich in dem Besitz des Buchhändlers O. A. Schulz in Leipzig,<lb/> der freundlichst erlaubte, eine Abschrift davon zu nehmen.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0528]
Aus Llara Schumanns Brautzeit
wiederholt bittet, über die peinliche Angelegenheit das größte Stillschweigen
zu beobachten, hatte Wieck seine Eingabe vom 14. Dezember herumgezeigt,
fooaß Schumann über ihren Inhalt noch vor dem Termin unterrichtet war.
Mitte Januar ließ Wieck sogar irgendwo eine Annonce drucken, über die
Schumann so aufgebracht war, daß er sofort eine zweite Klage gegen ihn an¬
strengen wollte. „Beifolgend eine Abschrift der Annonce, von der ich Ihnen
gestern sprach — schreibt er an Einert. Ich ersuche Sie, eine Klage danach
aufzusetzen. Ist es nötig, das Original jener Annonce beizubringen, so
will ich sie mir zu verschaffen suchen.") Der Maun glaubt über Gesetz
und Staat zu stehen; wir müssen ihm einmal zusetzen." Noch dreimal im
Laufe der nächsten Wochen drängt Schumann zu dieser zweiten Klage, und
am 26. Februar schreibt er gar: „Wir werden den Alten wider (zum 3ten mal)
verklagen müssen. Sie glauben es gewiß nicht, was ich Ihnen jetzt sage: Er
hat seine Schrift ^vom 14. Dezembers lithographiren lassen und verschickt
sie nach allen Weltgegenden. Gewiß ist das doch ohne Censur geschehen. Ich
will mich noch genauer erkundigen und Ihnen dann das Nähere melden.""*)
Zu einer wirklichen Aussöhnung zwischen Schumann und Wieck ist es nie
gekommen und konnte es auch uach den erzählten Vorgängen und bei dem
ganz verschiedenartigen Wesen beider Männer nie kommen. Daß ein Genie
mit einem Pedanten, ein Mensch voll Herz und Seele mit einem Egoisten,
ein durch und durch poetischer und künstlerischer Geist mit einem trocknen Ge¬
schäftsmann, eine feinfühlige, in sich gekehrte adliche Natur mit einem grob¬
körnigem „Bauer" auskommt, das ist wohl denkbar, solange der Pedant fünfund-
vierzig und das Genie zwanzig Jahre alt ist, zehn Jahre später aber nicht
mehr. Nun gar von einem „zärtlichen" Verkehr zwischen ihnen in der spätern
Dresdner Zeit zu reden, ist einfach lächerlich. Welcher „Zärtlichkeiten" Schu¬
mann noch nach Jahren seinen Schwiegervater für fähig hielt, zeigt ein Brief,
den er im Februar 1847 von Prag aus an seinen Freund Reuter in Leipzig
richtete.""") Clara Schumann hatte im Januar 1847 in Wien und darauf in
Prag Konzerte gegeben. Da brachten die Leipziger „Signale für die musikalische
Welt" (1847, Ur. 4) eine angebliche Korrespondenz aus Wien, worin es unter
andern: hieß: „Clara Schumann hat drei kaum besuchte Konzerte gegeben, das
vierte war voll, weil die Lind darin sang. In neun Jahren hat sich viel ge¬
ändert, als Clara Wieck vergöttert, als Clara Schumann ignorirt. Mit Aus¬
nahme der Wiener Mnsikzeitung haben die übrigen Wiener Blätter die geniale
Künstlerin vernachlässigt." Hierauf bezieht sich folgender Brief Schumanns:
Die Annonce bleibt noch zu suchen. In einer Leipziger Zeitung hat sie wohl kaum
gestanden, sonst könnte die Beschaffung des Originals nicht schwer gewesen sei».
^) Hierauf ist dus Gerücht zurückzuführen, Wieck habe eine Schmähschrift auf Schumann
veröffentlicht.
Das Original befindet sich in dem Besitz des Buchhändlers O. A. Schulz in Leipzig,
der freundlichst erlaubte, eine Abschrift davon zu nehmen.
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