Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr.Zur Frauenfrage Hauptsächlich aber wäre es wünschenswert, den Stand der Hebammen nach In rein technischen Verufszweigen, in Telegraphen- und Telephonämtern, Auch sür die Erziehung der weiblichen Jugend könnte man noch viel mehr , Endlich ist es noch ein Feld, das wir im weitesten Umfang der Frauen¬ Justizrat Plant konnte seine Rede bei der Beratung des Familienrechts Zur Frauenfrage Hauptsächlich aber wäre es wünschenswert, den Stand der Hebammen nach In rein technischen Verufszweigen, in Telegraphen- und Telephonämtern, Auch sür die Erziehung der weiblichen Jugend könnte man noch viel mehr , Endlich ist es noch ein Feld, das wir im weitesten Umfang der Frauen¬ Justizrat Plant konnte seine Rede bei der Beratung des Familienrechts <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0381" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/223965"/> <fw type="header" place="top"> Zur Frauenfrage</fw><lb/> <p xml:id="ID_1150" prev="#ID_1149"> Hauptsächlich aber wäre es wünschenswert, den Stand der Hebammen nach<lb/> der wissenschaftlichen Seite zu heben und Frauenärzte dazu vor- und auszu¬<lb/> bilden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1151"> In rein technischen Verufszweigen, in Telegraphen- und Telephonämtern,<lb/> bei Post und Eisenbahn, in kaufmännischen Komptoirs und sonst hat sich die<lb/> Anstellung von Frauen gut bewährt. Nur ist es ein Unrecht, daß die Frauen<lb/> schlechter bezahlt werden als die Männer.</p><lb/> <p xml:id="ID_1152"> Auch sür die Erziehung der weiblichen Jugend könnte man noch viel mehr<lb/> tüchtig geschulte weibliche Kräfte brauchen. Mehr Verwendung solcher Lehr¬<lb/> kräfte würde nicht bloß tausenden von talentvollen strebsamen Mädchen die<lb/> notwendige Versorgung in einer ihren Anlagen und Kräften entsprechenden<lb/> Berufsthätigkeit finden lassen, sie würde auch den gesamten Unterricht in<lb/> niedern und höhern Lehranstalten verbessern.</p><lb/> <p xml:id="ID_1153"> , Endlich ist es noch ein Feld, das wir im weitesten Umfang der Frauen¬<lb/> welt, die der materiellen Versorgung entbehrt, eröffnen möchten, die Armen-<lb/> und Krankenpflege. Noch haben die Diatonisfenhünser viel Raum zur Auf¬<lb/> nahme übrig. Freilich soll nicht Not und Armut, sondern innerer Beruf die<lb/> einzelnen zu dieser schwersten, aber auch schönsten Lebensaufgabe bestimmen;<lb/> denn nur dann wird ihre Erfüllung ebenso der Menschheit nützen, wie sie den<lb/> Betreffenden selbst die höchste innere Befriedigung gewährt. Aber auch für<lb/> Krankheitsfälle, sowie für die spätere Lebenszeit ist da ausreichend gesorgt.<lb/> Gerade die Frau ist ja schon durch ihren Beruf zur Mutter zu den Werken<lb/> opferfreudiger Liebe vorausbestimmt. Unübersehbar aber sind die Lebens-<lb/> verhältnisse, in denen sich gerade heutzutage solche hingebende Liebe bethätigen<lb/> kann. Jedes wahre Frauenleben bewegt sich in fortgesetztem Dienen; es erfüllt<lb/> seine Aufgabe am besten und kommt seinem Ziel am nächsten, wenn es ein<lb/> Kommen und Gehen ist, ein Heben und Tragen, ein Bereiten und Schaffen<lb/> 5ur andre, ein Sichselbstvergessen und Leben in andern. Dies trifft aber<lb/> vielleicht bei keiner andern Frau der Welt in dem Maße zu, wie bei der<lb/> deutschen Frau. Das ist ihr Ruhm und unser Stolz.</p><lb/> <p xml:id="ID_1154" next="#ID_1155"> Justizrat Plant konnte seine Rede bei der Beratung des Familienrechts<lb/> uicht treffender einleiten als mit dem Worte: „Die Gesetzgebung hat eine be¬<lb/> sondre Veranlassung, nicht auf Grund theoretischer Anschauungen oder vorüber¬<lb/> gehender Stimmungen in das bestehende Recht einzugreifen, und am aller¬<lb/> wenigsten bei einem Werk, wie dem vorliegenden, sondern dem zu folgen, was<lb/> meisten den wirklich ans dem Volksleben hervorgcganguen Anschauungen<lb/> entspricht." Es ist nicht wahr, daß die Frau durch dieses Gesetzbuch schwer<lb/> geschädigt werde, baß das Familienrecht ausschließlich Männerrecht auf Kosten<lb/> der Frauen sei. Die Gesetzgeber haben ihre Gründe, weshalb sie nur langsam<lb/> ^ ^'gerud daran gehen, der Frauenwelt gewisse Freiheiten einzurüumcu.<lb/> ^r brauchen und wünschen keine grundsätzlichen Verschiebungen auf diesem</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0381]
Zur Frauenfrage
Hauptsächlich aber wäre es wünschenswert, den Stand der Hebammen nach
der wissenschaftlichen Seite zu heben und Frauenärzte dazu vor- und auszu¬
bilden.
In rein technischen Verufszweigen, in Telegraphen- und Telephonämtern,
bei Post und Eisenbahn, in kaufmännischen Komptoirs und sonst hat sich die
Anstellung von Frauen gut bewährt. Nur ist es ein Unrecht, daß die Frauen
schlechter bezahlt werden als die Männer.
Auch sür die Erziehung der weiblichen Jugend könnte man noch viel mehr
tüchtig geschulte weibliche Kräfte brauchen. Mehr Verwendung solcher Lehr¬
kräfte würde nicht bloß tausenden von talentvollen strebsamen Mädchen die
notwendige Versorgung in einer ihren Anlagen und Kräften entsprechenden
Berufsthätigkeit finden lassen, sie würde auch den gesamten Unterricht in
niedern und höhern Lehranstalten verbessern.
, Endlich ist es noch ein Feld, das wir im weitesten Umfang der Frauen¬
welt, die der materiellen Versorgung entbehrt, eröffnen möchten, die Armen-
und Krankenpflege. Noch haben die Diatonisfenhünser viel Raum zur Auf¬
nahme übrig. Freilich soll nicht Not und Armut, sondern innerer Beruf die
einzelnen zu dieser schwersten, aber auch schönsten Lebensaufgabe bestimmen;
denn nur dann wird ihre Erfüllung ebenso der Menschheit nützen, wie sie den
Betreffenden selbst die höchste innere Befriedigung gewährt. Aber auch für
Krankheitsfälle, sowie für die spätere Lebenszeit ist da ausreichend gesorgt.
Gerade die Frau ist ja schon durch ihren Beruf zur Mutter zu den Werken
opferfreudiger Liebe vorausbestimmt. Unübersehbar aber sind die Lebens-
verhältnisse, in denen sich gerade heutzutage solche hingebende Liebe bethätigen
kann. Jedes wahre Frauenleben bewegt sich in fortgesetztem Dienen; es erfüllt
seine Aufgabe am besten und kommt seinem Ziel am nächsten, wenn es ein
Kommen und Gehen ist, ein Heben und Tragen, ein Bereiten und Schaffen
5ur andre, ein Sichselbstvergessen und Leben in andern. Dies trifft aber
vielleicht bei keiner andern Frau der Welt in dem Maße zu, wie bei der
deutschen Frau. Das ist ihr Ruhm und unser Stolz.
Justizrat Plant konnte seine Rede bei der Beratung des Familienrechts
uicht treffender einleiten als mit dem Worte: „Die Gesetzgebung hat eine be¬
sondre Veranlassung, nicht auf Grund theoretischer Anschauungen oder vorüber¬
gehender Stimmungen in das bestehende Recht einzugreifen, und am aller¬
wenigsten bei einem Werk, wie dem vorliegenden, sondern dem zu folgen, was
meisten den wirklich ans dem Volksleben hervorgcganguen Anschauungen
entspricht." Es ist nicht wahr, daß die Frau durch dieses Gesetzbuch schwer
geschädigt werde, baß das Familienrecht ausschließlich Männerrecht auf Kosten
der Frauen sei. Die Gesetzgeber haben ihre Gründe, weshalb sie nur langsam
^ ^'gerud daran gehen, der Frauenwelt gewisse Freiheiten einzurüumcu.
^r brauchen und wünschen keine grundsätzlichen Verschiebungen auf diesem
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