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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr.

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Die Eröffnung des Donaukanals

den der große binnenländische Donanstaat bequem mit dem Meere in Verbin¬
dung tritt. Zwar hat die österreichisch-ungarische Monarchie schou mit großen
Kosten die Häfen am Adriatischen Meere, Triest und Fiume ausgebaut und zu
ihnen Bahnen über die hohen Alpenrücken geführt, aber das war doch nur ein
künstlicher Notbehelf. Durch sie wollte man, da es vor der Hand keine andre
Möglichkeit zu geben schien, mit dem Weltmärkte wenigstens in einige Be¬
ziehung treten. Wohl sind Schienenwege nach Saloniki, Konstantinopel und
Constanza gebaut, aber diese dienen doch vor allem dem Personen- und Post¬
Verkehr und nur in beschränktem Maße dem Güterverkehr. Der neue breite
Wasserweg, der während des größten Teiles des Jahres eisfrei ist, wird in
ganz andrer Weise auf die Vcrkehrsentwicklung der Donaustaaten und der
Türkei einwirken.

Während bisher die Schiffe der österreichisch-ungarischen Dampfergesellschaft
am Eisernen Thore gewöhnlich acht Monate lang Halt machen mußten, werdeu
jetzt ihre Dampfer den Strom beherrschen. Allerdings müssen sie zuerst den
"uf der unter" Donau bestehenden, fremden Wettbewerb aus dem Felde schlagen.
Das ist vor allem der englische. Waren doch im Jahre 1894 bei der Schiff¬
ahrt auf der untern Donau 733 englische Schiffe mit einem Tonnengehalt
von mehr als einer Million beteiligt! Auf England folgte Griechenland mit
133 Schiffen und einem Gehalt von 180000 Tonnen, erst an dritter Stelle
Österreich-Ungarn mit 65 Schiffen und 65000 Tonnen.

Um den Schiffsverkehr recht rege zu gestalten, und um das reiche Land
Mit seinx" Schützen möglichst weit zu erschließen, hat der ungarische Staat in
letzten Jahren auch das Eisenbahnnetz, das dem örtlichen Verkehre dient,
^hr erweitert und die Flußläufe verbessert; nicht nur an der Donau selbst,
sondern auch an ihren großen Nebenflüssen, wie an der Theiß, der Maros,
^ Bega und der Tench, ist fleißig gearbeitet worden. Auch hat der ebeu
^ichlvssene Reichstag neue Geldsummen zu Flußverbefferungen bewilligt, den
le freie Schiffahrt betreibenden Haudelsschiffeu staatliche Unterstützung gewährt
""d für den Bau ähnlicher Schiffe Unterstützung versprochen und die Er-
^chtung der ungarischen Fluß- und Secschisfahrtsaktieugesellschaft genehmigt.

Daß die österreichisch-ungarische Schiffahrt den fremden Wettbewerb all¬
mählich eins dem Felde schlagen wird, mit diesem Umstände rechnet auch schon
russische Presse. Sie verlangt daher, daß die russische Schwarzmeer-Donau-
^"'Pfschisfahrtsgesellschaft durch den Staat soweit unterstützt werde, daß sie
hon Österreich-Ungarn drohenden Wettbewerb in Serbien und Bulgarien
'e Spitze bieten könne, denn von einer glücklichen Lösung dieser Frage hänge
Politische Verhältnis jeuer slawischen Staaten zu Rußland ab/')



, ) verkehrten neunundneunziq russische Dampfer mit einem Gehalt von 4300V Tonne"
°Ul der untern Donau.
Die Eröffnung des Donaukanals

den der große binnenländische Donanstaat bequem mit dem Meere in Verbin¬
dung tritt. Zwar hat die österreichisch-ungarische Monarchie schou mit großen
Kosten die Häfen am Adriatischen Meere, Triest und Fiume ausgebaut und zu
ihnen Bahnen über die hohen Alpenrücken geführt, aber das war doch nur ein
künstlicher Notbehelf. Durch sie wollte man, da es vor der Hand keine andre
Möglichkeit zu geben schien, mit dem Weltmärkte wenigstens in einige Be¬
ziehung treten. Wohl sind Schienenwege nach Saloniki, Konstantinopel und
Constanza gebaut, aber diese dienen doch vor allem dem Personen- und Post¬
Verkehr und nur in beschränktem Maße dem Güterverkehr. Der neue breite
Wasserweg, der während des größten Teiles des Jahres eisfrei ist, wird in
ganz andrer Weise auf die Vcrkehrsentwicklung der Donaustaaten und der
Türkei einwirken.

Während bisher die Schiffe der österreichisch-ungarischen Dampfergesellschaft
am Eisernen Thore gewöhnlich acht Monate lang Halt machen mußten, werdeu
jetzt ihre Dampfer den Strom beherrschen. Allerdings müssen sie zuerst den
"uf der unter» Donau bestehenden, fremden Wettbewerb aus dem Felde schlagen.
Das ist vor allem der englische. Waren doch im Jahre 1894 bei der Schiff¬
ahrt auf der untern Donau 733 englische Schiffe mit einem Tonnengehalt
von mehr als einer Million beteiligt! Auf England folgte Griechenland mit
133 Schiffen und einem Gehalt von 180000 Tonnen, erst an dritter Stelle
Österreich-Ungarn mit 65 Schiffen und 65000 Tonnen.

Um den Schiffsverkehr recht rege zu gestalten, und um das reiche Land
Mit seinx„ Schützen möglichst weit zu erschließen, hat der ungarische Staat in
letzten Jahren auch das Eisenbahnnetz, das dem örtlichen Verkehre dient,
^hr erweitert und die Flußläufe verbessert; nicht nur an der Donau selbst,
sondern auch an ihren großen Nebenflüssen, wie an der Theiß, der Maros,
^ Bega und der Tench, ist fleißig gearbeitet worden. Auch hat der ebeu
^ichlvssene Reichstag neue Geldsummen zu Flußverbefferungen bewilligt, den
le freie Schiffahrt betreibenden Haudelsschiffeu staatliche Unterstützung gewährt
""d für den Bau ähnlicher Schiffe Unterstützung versprochen und die Er-
^chtung der ungarischen Fluß- und Secschisfahrtsaktieugesellschaft genehmigt.

Daß die österreichisch-ungarische Schiffahrt den fremden Wettbewerb all¬
mählich eins dem Felde schlagen wird, mit diesem Umstände rechnet auch schon
russische Presse. Sie verlangt daher, daß die russische Schwarzmeer-Donau-
^"'Pfschisfahrtsgesellschaft durch den Staat soweit unterstützt werde, daß sie
hon Österreich-Ungarn drohenden Wettbewerb in Serbien und Bulgarien
'e Spitze bieten könne, denn von einer glücklichen Lösung dieser Frage hänge
Politische Verhältnis jeuer slawischen Staaten zu Rußland ab/')



, ) verkehrten neunundneunziq russische Dampfer mit einem Gehalt von 4300V Tonne»
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[0263] Die Eröffnung des Donaukanals den der große binnenländische Donanstaat bequem mit dem Meere in Verbin¬ dung tritt. Zwar hat die österreichisch-ungarische Monarchie schou mit großen Kosten die Häfen am Adriatischen Meere, Triest und Fiume ausgebaut und zu ihnen Bahnen über die hohen Alpenrücken geführt, aber das war doch nur ein künstlicher Notbehelf. Durch sie wollte man, da es vor der Hand keine andre Möglichkeit zu geben schien, mit dem Weltmärkte wenigstens in einige Be¬ ziehung treten. Wohl sind Schienenwege nach Saloniki, Konstantinopel und Constanza gebaut, aber diese dienen doch vor allem dem Personen- und Post¬ Verkehr und nur in beschränktem Maße dem Güterverkehr. Der neue breite Wasserweg, der während des größten Teiles des Jahres eisfrei ist, wird in ganz andrer Weise auf die Vcrkehrsentwicklung der Donaustaaten und der Türkei einwirken. Während bisher die Schiffe der österreichisch-ungarischen Dampfergesellschaft am Eisernen Thore gewöhnlich acht Monate lang Halt machen mußten, werdeu jetzt ihre Dampfer den Strom beherrschen. Allerdings müssen sie zuerst den "uf der unter» Donau bestehenden, fremden Wettbewerb aus dem Felde schlagen. Das ist vor allem der englische. Waren doch im Jahre 1894 bei der Schiff¬ ahrt auf der untern Donau 733 englische Schiffe mit einem Tonnengehalt von mehr als einer Million beteiligt! Auf England folgte Griechenland mit 133 Schiffen und einem Gehalt von 180000 Tonnen, erst an dritter Stelle Österreich-Ungarn mit 65 Schiffen und 65000 Tonnen. Um den Schiffsverkehr recht rege zu gestalten, und um das reiche Land Mit seinx„ Schützen möglichst weit zu erschließen, hat der ungarische Staat in letzten Jahren auch das Eisenbahnnetz, das dem örtlichen Verkehre dient, ^hr erweitert und die Flußläufe verbessert; nicht nur an der Donau selbst, sondern auch an ihren großen Nebenflüssen, wie an der Theiß, der Maros, ^ Bega und der Tench, ist fleißig gearbeitet worden. Auch hat der ebeu ^ichlvssene Reichstag neue Geldsummen zu Flußverbefferungen bewilligt, den le freie Schiffahrt betreibenden Haudelsschiffeu staatliche Unterstützung gewährt ""d für den Bau ähnlicher Schiffe Unterstützung versprochen und die Er- ^chtung der ungarischen Fluß- und Secschisfahrtsaktieugesellschaft genehmigt. Daß die österreichisch-ungarische Schiffahrt den fremden Wettbewerb all¬ mählich eins dem Felde schlagen wird, mit diesem Umstände rechnet auch schon russische Presse. Sie verlangt daher, daß die russische Schwarzmeer-Donau- ^"'Pfschisfahrtsgesellschaft durch den Staat soweit unterstützt werde, daß sie hon Österreich-Ungarn drohenden Wettbewerb in Serbien und Bulgarien 'e Spitze bieten könne, denn von einer glücklichen Lösung dieser Frage hänge Politische Verhältnis jeuer slawischen Staaten zu Rußland ab/') , ) verkehrten neunundneunziq russische Dampfer mit einem Gehalt von 4300V Tonne» °Ul der untern Donau.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_223583/263>, abgerufen am 08.01.2025.