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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Drittes Vierteljahr.

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Litteratur

Textbuch selbst aber hat wesentlich gewonnen und wird in dein neuen, vornehmeren
Gewände seine Anziehungskraft in höchstem Maße geltend machen.

Daß das Buch die Frucht jahrelanger Arbeit ist, geht schon ans der bisherigen
Darlegung hervor. Es stellt sich aber auch auf jeder Seite, in jeder Zeile als
das abgeklärte reife Werk eines auf der vollen Höhe stehende" Meisters dar.
Alles nebensächliche ist übergangen oder höchstens gestreift und angedeutet, die
Hauptentwickluugszüge dagegen werden um so klarer und anschaulicher vorgeführt.
Gerade in der freien übersichtlichen Verarbeitung umfangreichen Materials und in
der Schilderung der treibenden Kräfte und der allgemeinen Grundbedingungen und
Voraussetzungen einer jeden künstlerischen Periode steht Springer unerreicht dn.
Mit sicherm, unbefangnen Blicke weiß er stets deu besondern Eigentümlichkeiten der
verschiednen Kuustströmuugeu und jeweiligen Kunstanschanungen gerecht zu werden.
Dabei ist die Darstellung durchweg fesselnd, und oft erhebt sie sich von einfacher
Auseinandersetzung zu warmer Begeisterung. Daß die neuesten Forschungen
berücksichtigt sind, ist selbstverständlich; zahlreiche Eintragungen, die sich in dem
Handexemplar des Verfassers fanden, konnten benutzt werden: doch haben die
neuen Herausgeber uur das allernotweudigstc geändert und so wenig als möglich
umgestaltet.

Durch die hingebende Arbeit aller Beteiligten ist ein Werk geschaffen worden,
das allen gebildeten deutschen Familien aufs wärmste empfohlen werden kann.


h. L.
Tagesfragen von Eduard von Hartmann. Leipzig, Hermann Haacke, 1896

Die ersten fünf von diesen siebzehn, wenn wir nicht irren, sämtlich schon in
der Gegenwart veröffentlichten Aufsätzen betreffen das Verfassuugsleben des deut¬
schen Reichs und gehen von dem Grundgedanken aus, daß keineswegs die Gefahr
einer Plutokratie, sondern im Gegenteil die der Demokratisirung des Volkes und
des Staates drohe, und daß dieser hauptsächlich durch eine Reform der Volks¬
vertretung entgegengearbeitet werden müsse. Wir glauben nicht an die Gefahr in
dem Sinne, wie sie der Verfasser versteht. Eine gewisse Demokratisirung der Ge¬
sinnung und der Sitten ist allerdings schon längst im Gange, aber gegen die hilft
keine Änderung des Wahlrechts; dagegen könnte nur die Abschaffung der Eisenbahn
und der Verkehrsmittel und eine durchgreifende Änderung des Erwerbslebens helfen.
Die andern Aufsätze betreffen die Jungfernfrage, den Zweikampf, das Spiel, Päda¬
gogische, philosophische und ästhetische Fragen und enthalten viel geistreiche und
nützliche Gedanken, denen wir größtenteils beipflichten.






Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig. -- Druck von Carl Marquart in Leipzig
Litteratur

Textbuch selbst aber hat wesentlich gewonnen und wird in dein neuen, vornehmeren
Gewände seine Anziehungskraft in höchstem Maße geltend machen.

Daß das Buch die Frucht jahrelanger Arbeit ist, geht schon ans der bisherigen
Darlegung hervor. Es stellt sich aber auch auf jeder Seite, in jeder Zeile als
das abgeklärte reife Werk eines auf der vollen Höhe stehende» Meisters dar.
Alles nebensächliche ist übergangen oder höchstens gestreift und angedeutet, die
Hauptentwickluugszüge dagegen werden um so klarer und anschaulicher vorgeführt.
Gerade in der freien übersichtlichen Verarbeitung umfangreichen Materials und in
der Schilderung der treibenden Kräfte und der allgemeinen Grundbedingungen und
Voraussetzungen einer jeden künstlerischen Periode steht Springer unerreicht dn.
Mit sicherm, unbefangnen Blicke weiß er stets deu besondern Eigentümlichkeiten der
verschiednen Kuustströmuugeu und jeweiligen Kunstanschanungen gerecht zu werden.
Dabei ist die Darstellung durchweg fesselnd, und oft erhebt sie sich von einfacher
Auseinandersetzung zu warmer Begeisterung. Daß die neuesten Forschungen
berücksichtigt sind, ist selbstverständlich; zahlreiche Eintragungen, die sich in dem
Handexemplar des Verfassers fanden, konnten benutzt werden: doch haben die
neuen Herausgeber uur das allernotweudigstc geändert und so wenig als möglich
umgestaltet.

Durch die hingebende Arbeit aller Beteiligten ist ein Werk geschaffen worden,
das allen gebildeten deutschen Familien aufs wärmste empfohlen werden kann.


h. L.
Tagesfragen von Eduard von Hartmann. Leipzig, Hermann Haacke, 1896

Die ersten fünf von diesen siebzehn, wenn wir nicht irren, sämtlich schon in
der Gegenwart veröffentlichten Aufsätzen betreffen das Verfassuugsleben des deut¬
schen Reichs und gehen von dem Grundgedanken aus, daß keineswegs die Gefahr
einer Plutokratie, sondern im Gegenteil die der Demokratisirung des Volkes und
des Staates drohe, und daß dieser hauptsächlich durch eine Reform der Volks¬
vertretung entgegengearbeitet werden müsse. Wir glauben nicht an die Gefahr in
dem Sinne, wie sie der Verfasser versteht. Eine gewisse Demokratisirung der Ge¬
sinnung und der Sitten ist allerdings schon längst im Gange, aber gegen die hilft
keine Änderung des Wahlrechts; dagegen könnte nur die Abschaffung der Eisenbahn
und der Verkehrsmittel und eine durchgreifende Änderung des Erwerbslebens helfen.
Die andern Aufsätze betreffen die Jungfernfrage, den Zweikampf, das Spiel, Päda¬
gogische, philosophische und ästhetische Fragen und enthalten viel geistreiche und
nützliche Gedanken, denen wir größtenteils beipflichten.






Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig. — Druck von Carl Marquart in Leipzig
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[0056] Litteratur Textbuch selbst aber hat wesentlich gewonnen und wird in dein neuen, vornehmeren Gewände seine Anziehungskraft in höchstem Maße geltend machen. Daß das Buch die Frucht jahrelanger Arbeit ist, geht schon ans der bisherigen Darlegung hervor. Es stellt sich aber auch auf jeder Seite, in jeder Zeile als das abgeklärte reife Werk eines auf der vollen Höhe stehende» Meisters dar. Alles nebensächliche ist übergangen oder höchstens gestreift und angedeutet, die Hauptentwickluugszüge dagegen werden um so klarer und anschaulicher vorgeführt. Gerade in der freien übersichtlichen Verarbeitung umfangreichen Materials und in der Schilderung der treibenden Kräfte und der allgemeinen Grundbedingungen und Voraussetzungen einer jeden künstlerischen Periode steht Springer unerreicht dn. Mit sicherm, unbefangnen Blicke weiß er stets deu besondern Eigentümlichkeiten der verschiednen Kuustströmuugeu und jeweiligen Kunstanschanungen gerecht zu werden. Dabei ist die Darstellung durchweg fesselnd, und oft erhebt sie sich von einfacher Auseinandersetzung zu warmer Begeisterung. Daß die neuesten Forschungen berücksichtigt sind, ist selbstverständlich; zahlreiche Eintragungen, die sich in dem Handexemplar des Verfassers fanden, konnten benutzt werden: doch haben die neuen Herausgeber uur das allernotweudigstc geändert und so wenig als möglich umgestaltet. Durch die hingebende Arbeit aller Beteiligten ist ein Werk geschaffen worden, das allen gebildeten deutschen Familien aufs wärmste empfohlen werden kann. h. L. Tagesfragen von Eduard von Hartmann. Leipzig, Hermann Haacke, 1896 Die ersten fünf von diesen siebzehn, wenn wir nicht irren, sämtlich schon in der Gegenwart veröffentlichten Aufsätzen betreffen das Verfassuugsleben des deut¬ schen Reichs und gehen von dem Grundgedanken aus, daß keineswegs die Gefahr einer Plutokratie, sondern im Gegenteil die der Demokratisirung des Volkes und des Staates drohe, und daß dieser hauptsächlich durch eine Reform der Volks¬ vertretung entgegengearbeitet werden müsse. Wir glauben nicht an die Gefahr in dem Sinne, wie sie der Verfasser versteht. Eine gewisse Demokratisirung der Ge¬ sinnung und der Sitten ist allerdings schon längst im Gange, aber gegen die hilft keine Änderung des Wahlrechts; dagegen könnte nur die Abschaffung der Eisenbahn und der Verkehrsmittel und eine durchgreifende Änderung des Erwerbslebens helfen. Die andern Aufsätze betreffen die Jungfernfrage, den Zweikampf, das Spiel, Päda¬ gogische, philosophische und ästhetische Fragen und enthalten viel geistreiche und nützliche Gedanken, denen wir größtenteils beipflichten. Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig. — Druck von Carl Marquart in Leipzig

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_222941/56>, abgerufen am 01.09.2024.