Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Drittes Vierteljahr.Die Haustiere und das Wirtschaftsleben der Völker Sir" erklärt, und nahe genug liegt die Erwägung, ob nicht mich heute uoch Gleichzeitig mit der Milchkuh, dem Pfluge und dem Pflugochseu wird Grenzboten III 1890 51
Die Haustiere und das Wirtschaftsleben der Völker Sir» erklärt, und nahe genug liegt die Erwägung, ob nicht mich heute uoch Gleichzeitig mit der Milchkuh, dem Pfluge und dem Pflugochseu wird Grenzboten III 1890 51
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0409" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/223351"/> <fw type="header" place="top"> Die Haustiere und das Wirtschaftsleben der Völker</fw><lb/> <p xml:id="ID_1169" prev="#ID_1168"> Sir» erklärt, und nahe genug liegt die Erwägung, ob nicht mich heute uoch<lb/> in mmichen Fällen religiöse Beweggründe die noch nicht erkannten oder den<lb/> Müssen noch nicht erkennbaren wirtschaftlichen Beweggründe ersetzen müssen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1170" next="#ID_1171"> Gleichzeitig mit der Milchkuh, dem Pfluge und dem Pflugochseu wird<lb/> das vierte Element der Ackerwirtschaft, das Getreide, auf einem andern Wege<lb/> gewonnen. Dem Ackerbau ging als Vorstufe die Gewinnung von eßbaren<lb/> Knollen und Wurzeln und von Gemüsen, durch deu Hackban, wie es Hcchu<lb/> nennt, vorher. nahrhafte große Knollen zu benutzen, lag ja doch weit näher,<lb/> als das mühsame Sammeln von winzigen Körnchen. Erst nachdem man lange<lb/> Zeit hindurch Hackfrüchte und Gemüse angebaut hatte, wurden auch Getreide¬<lb/> gräser angeeignet und nebenbei benutzt. Aus dem Hackbau entwickelte sich auf<lb/> der einen Seite durch die Verbindung mit der Niudviehzucbt und durch die<lb/> vorwaltende Pflege des Getreidebaus die Ackerwirtschaft, auf der andern Seite<lb/> durch Ausbildung der künstlichen Bewässerung der Gartenbau. Hahn erklärt<lb/> den Gartenbau für die höhere Kulturform, der unsre Ackerivirtschaft zuzustreben<lb/> habe. Eine Untcrfvrm des Hackbaus ist der Plautagenbau. Nach meiner<lb/> Definition, schreibt der Verfasser S. 396, „kommt Plautagenban dadurch zu¬<lb/> stande, daß europäisches Kapital und europäische Energie die Kräfte einer An¬<lb/> zahl Hackbnuer im europäischen Interesse zusammenfassen. Es sind wesentlich<lb/> Gewürze und Genußmittel, die durch den Plautagenbau gewonnen werdui<lb/> IHah» vergißt die Baumwolle^. Es beweist recht, wie so sehr schmal die wirt¬<lb/> schaftliche Basis unsers so viel gerühmten Welthandelssystems ist. daß die-<lb/> verhältnismäßig so kleinen Plantagengebiete eigentlich alles hervorbringen müssen,<lb/> was dem Welthandel regelmäßig zu gute kommt. Wenn der Verfasser unter<lb/> regelmäßig so viel wie normal versteht und den heutigen Austausch von Nahrungs¬<lb/> mittel» und Gewcrbeerzeuguisscu zwischen den Kulturvölkern für eine Abnor¬<lb/> mität hält, so stimmen wir ihm einigermaßen bei.^ Die ungeheuern Gebiete<lb/> des Hackbaus produziren mit Ausnahme einiger ohne Anbau gewonnenen Er¬<lb/> zeugnisse des Urwaldes nahezu gar nichts für unsern Handel. Diesem Roh¬<lb/> produkte werden aber zum Teil in so roher und untergeordneter ^ Weise ge-<lb/> wonnen, daß mau sie^ven^uur als Raubbau bezeichne» kann." Der Plautagen¬<lb/> bau habe durch den Zwang zur Verzinsung des darin angelegten Kapitals<lb/> nicht allein eine Sklaverei von solcher Grausamkeit erzeugt, wie sie weder das<lb/> klassische Altertum gelaunt habe, noch der heutige Islam kenne, er trage auch<lb/> uoch einen andern unerfreulichen Charakterzug an sich: die Plantage erzeuge<lb/> bloß Ausfuhrartikel, keine Nahrungsmittel für die Arbeiter; diese müßten also<lb/> mit eingeführtem Getreide genährt werden, weshalb vor unsern Zeiten der<lb/> vollkommnen Verkehrstechuik auf den Plantagen oft Hungersnöte ausgebrochen<lb/> seien. Heute mache sich diese unerfreuliche Seite der Plautagenwirtschaft aufs<lb/> neue bemerkbar. „Unser stark entwickelter Verkehr und die Fortschritte der<lb/> Nahrnngsmittelindnstrie (Konserve» u. tgi.) haben es möglich gemacht, die'</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten III 1890 51</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0409]
Die Haustiere und das Wirtschaftsleben der Völker
Sir» erklärt, und nahe genug liegt die Erwägung, ob nicht mich heute uoch
in mmichen Fällen religiöse Beweggründe die noch nicht erkannten oder den
Müssen noch nicht erkennbaren wirtschaftlichen Beweggründe ersetzen müssen.
Gleichzeitig mit der Milchkuh, dem Pfluge und dem Pflugochseu wird
das vierte Element der Ackerwirtschaft, das Getreide, auf einem andern Wege
gewonnen. Dem Ackerbau ging als Vorstufe die Gewinnung von eßbaren
Knollen und Wurzeln und von Gemüsen, durch deu Hackban, wie es Hcchu
nennt, vorher. nahrhafte große Knollen zu benutzen, lag ja doch weit näher,
als das mühsame Sammeln von winzigen Körnchen. Erst nachdem man lange
Zeit hindurch Hackfrüchte und Gemüse angebaut hatte, wurden auch Getreide¬
gräser angeeignet und nebenbei benutzt. Aus dem Hackbau entwickelte sich auf
der einen Seite durch die Verbindung mit der Niudviehzucbt und durch die
vorwaltende Pflege des Getreidebaus die Ackerwirtschaft, auf der andern Seite
durch Ausbildung der künstlichen Bewässerung der Gartenbau. Hahn erklärt
den Gartenbau für die höhere Kulturform, der unsre Ackerivirtschaft zuzustreben
habe. Eine Untcrfvrm des Hackbaus ist der Plautagenbau. Nach meiner
Definition, schreibt der Verfasser S. 396, „kommt Plautagenban dadurch zu¬
stande, daß europäisches Kapital und europäische Energie die Kräfte einer An¬
zahl Hackbnuer im europäischen Interesse zusammenfassen. Es sind wesentlich
Gewürze und Genußmittel, die durch den Plautagenbau gewonnen werdui
IHah» vergißt die Baumwolle^. Es beweist recht, wie so sehr schmal die wirt¬
schaftliche Basis unsers so viel gerühmten Welthandelssystems ist. daß die-
verhältnismäßig so kleinen Plantagengebiete eigentlich alles hervorbringen müssen,
was dem Welthandel regelmäßig zu gute kommt. Wenn der Verfasser unter
regelmäßig so viel wie normal versteht und den heutigen Austausch von Nahrungs¬
mittel» und Gewcrbeerzeuguisscu zwischen den Kulturvölkern für eine Abnor¬
mität hält, so stimmen wir ihm einigermaßen bei.^ Die ungeheuern Gebiete
des Hackbaus produziren mit Ausnahme einiger ohne Anbau gewonnenen Er¬
zeugnisse des Urwaldes nahezu gar nichts für unsern Handel. Diesem Roh¬
produkte werden aber zum Teil in so roher und untergeordneter ^ Weise ge-
wonnen, daß mau sie^ven^uur als Raubbau bezeichne» kann." Der Plautagen¬
bau habe durch den Zwang zur Verzinsung des darin angelegten Kapitals
nicht allein eine Sklaverei von solcher Grausamkeit erzeugt, wie sie weder das
klassische Altertum gelaunt habe, noch der heutige Islam kenne, er trage auch
uoch einen andern unerfreulichen Charakterzug an sich: die Plantage erzeuge
bloß Ausfuhrartikel, keine Nahrungsmittel für die Arbeiter; diese müßten also
mit eingeführtem Getreide genährt werden, weshalb vor unsern Zeiten der
vollkommnen Verkehrstechuik auf den Plantagen oft Hungersnöte ausgebrochen
seien. Heute mache sich diese unerfreuliche Seite der Plautagenwirtschaft aufs
neue bemerkbar. „Unser stark entwickelter Verkehr und die Fortschritte der
Nahrnngsmittelindnstrie (Konserve» u. tgi.) haben es möglich gemacht, die'
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