Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Drittes Vierteljahr.deutsche Dichter aufgetreten, er hätte kaum Aufmerksamkeit erregt; die gebildeten (Fortsetzung folgt) Volkskunst, Bauernkunst und nationale Architektur eit wir eine Nation geworden sind, kann man auf den verschie¬ Dahin gehört zunächst ein feines kleines Buch, das wir empfehlen möchten: deutsche Dichter aufgetreten, er hätte kaum Aufmerksamkeit erregt; die gebildeten (Fortsetzung folgt) Volkskunst, Bauernkunst und nationale Architektur eit wir eine Nation geworden sind, kann man auf den verschie¬ Dahin gehört zunächst ein feines kleines Buch, das wir empfehlen möchten: <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0383" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/223325"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1094" prev="#ID_1093"> deutsche Dichter aufgetreten, er hätte kaum Aufmerksamkeit erregt; die gebildeten<lb/> wie die sensationssüchtigen Kreise lagen bereits im Banne der fremden Littera¬<lb/> turen, in denen ungeahnte Kräfte zur Entwicklung gelaugt zu sein schienen, die<lb/> nun auf Deutschland einzuwirken und vor allem die Jugend aufzuregen begannen.<lb/> Aus dieser Beschäftigung mit den Fremden wurde dann um die Mitte der<lb/> achtziger Jahre ein neuer Sturm und Drang, die sogenannte Revolution der<lb/> Litteratur, die „Moderne" geboren.</p><lb/> <p xml:id="ID_1095"> (Fortsetzung folgt)</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Volkskunst, Bauernkunst und nationale Architektur</head><lb/> <p xml:id="ID_1096"> eit wir eine Nation geworden sind, kann man auf den verschie¬<lb/> densten Gebieten Bestrebungen wahrnehmen, die dieser Thatsache<lb/> auch im geistigen Leben Ausdruck geben möchten. Zu einer<lb/> neuen Litteratur und einer neuen Kunst sind wir zwar noch<lb/> nicht gekommen. Denn was die schaffenden Geister auf den<lb/> Markt gebracht haben, das läßt das deutsche Volk uach der größrer Zahl seiner<lb/> Angehörigen nicht dafür gelten. Desto mehr sucht man dem, was frühere<lb/> Zeiten geschaffen haben, sofern es für unser heutiges Leben noch brauchbar<lb/> ist und diesem Nationalgefühl entgegenkommt, sich wieder zu nähern und sich<lb/> mit seinen Gedanken darin einzuleben, und was nach dieser Seite hin gebil¬<lb/> dete Männer an sich erfahren und andern in geeigneter Form mitteilen, das<lb/> darf wohl auf Entgegenkommen bei unsern Lesern rechnen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1097" next="#ID_1098"> Dahin gehört zunächst ein feines kleines Buch, das wir empfehlen möchten:<lb/> Volkskunst von Robert Mielke. (Mit 85 Abbildungen. Magdeburg, Nie-<lb/> mann, 1896.) Der Verfasser ist weit gereist und hat in der Kunstthätigkeit<lb/> aller Völker immer die Spuren aufgesucht, in denen sich die nationale Eigen¬<lb/> art des betreffenden Volkes offenbart, möglichst unberührt von künstlich auf¬<lb/> gedrängten Einflüssen. Das hat er dann auf vielfachen Wanderungen durch<lb/> ganz Deutschland auf unsre heimatliche Kunst angewandt und bietet nun die<lb/> vielen Bestandteile der „Bauernkunst" in Wohnung und Hauseinrichtung,<lb/> Geräten und Schmuckgegenständen gesammelt in einem hübsch geschriebnen Büch¬<lb/> lein mit vielen gut gewählten interessanten Abbildungen dar. Auch wer ziem¬<lb/> lich heimisch in diesen Dingen zu sein glaubt, wird immer noch manches neue<lb/> daraus lernen. Es versteht sich fast von selbst, daß der Verfasser ein Gegner<lb/> des Klassizismus ist, und daß er die Renaissance, insofern sie nach Deutschland</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0383]
deutsche Dichter aufgetreten, er hätte kaum Aufmerksamkeit erregt; die gebildeten
wie die sensationssüchtigen Kreise lagen bereits im Banne der fremden Littera¬
turen, in denen ungeahnte Kräfte zur Entwicklung gelaugt zu sein schienen, die
nun auf Deutschland einzuwirken und vor allem die Jugend aufzuregen begannen.
Aus dieser Beschäftigung mit den Fremden wurde dann um die Mitte der
achtziger Jahre ein neuer Sturm und Drang, die sogenannte Revolution der
Litteratur, die „Moderne" geboren.
(Fortsetzung folgt)
Volkskunst, Bauernkunst und nationale Architektur
eit wir eine Nation geworden sind, kann man auf den verschie¬
densten Gebieten Bestrebungen wahrnehmen, die dieser Thatsache
auch im geistigen Leben Ausdruck geben möchten. Zu einer
neuen Litteratur und einer neuen Kunst sind wir zwar noch
nicht gekommen. Denn was die schaffenden Geister auf den
Markt gebracht haben, das läßt das deutsche Volk uach der größrer Zahl seiner
Angehörigen nicht dafür gelten. Desto mehr sucht man dem, was frühere
Zeiten geschaffen haben, sofern es für unser heutiges Leben noch brauchbar
ist und diesem Nationalgefühl entgegenkommt, sich wieder zu nähern und sich
mit seinen Gedanken darin einzuleben, und was nach dieser Seite hin gebil¬
dete Männer an sich erfahren und andern in geeigneter Form mitteilen, das
darf wohl auf Entgegenkommen bei unsern Lesern rechnen.
Dahin gehört zunächst ein feines kleines Buch, das wir empfehlen möchten:
Volkskunst von Robert Mielke. (Mit 85 Abbildungen. Magdeburg, Nie-
mann, 1896.) Der Verfasser ist weit gereist und hat in der Kunstthätigkeit
aller Völker immer die Spuren aufgesucht, in denen sich die nationale Eigen¬
art des betreffenden Volkes offenbart, möglichst unberührt von künstlich auf¬
gedrängten Einflüssen. Das hat er dann auf vielfachen Wanderungen durch
ganz Deutschland auf unsre heimatliche Kunst angewandt und bietet nun die
vielen Bestandteile der „Bauernkunst" in Wohnung und Hauseinrichtung,
Geräten und Schmuckgegenständen gesammelt in einem hübsch geschriebnen Büch¬
lein mit vielen gut gewählten interessanten Abbildungen dar. Auch wer ziem¬
lich heimisch in diesen Dingen zu sein glaubt, wird immer noch manches neue
daraus lernen. Es versteht sich fast von selbst, daß der Verfasser ein Gegner
des Klassizismus ist, und daß er die Renaissance, insofern sie nach Deutschland
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