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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Drittes Vierteljahr.

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Lin Preisausschreiben

Die Annexion des ganzen Landes, die "die großen Deutschen im Rate Friedrich
Wilhelms III." für unbedingt notwendig hielten, ist "die stärkste Rechtfertigung
der Absichten Friedrichs," nur mit dem Unterschiede, "daß den damaligen
Patrioten Deutschland über Preußen ging, wahrend Friedrichs Herz nur für
Preußen schlug."

Lehmann schließt sein geistvolles Buch mit persönlichen Angriffen auf
Naudv, dessen Wissenschaftlichkeit und von", M<zö er -- ohne stichhaltige
Gründe -- anficht, und den er zum Vertreter "einer tendenziös-preußischen
Gesichtsphilosophie" stempelt. Er selbst stellt sich als den tugendhaften,
tapfern Rächer der geschmähten, unglücklichen "antipreußischen Ketzerei" hin,
deren ewigen Wahrheiten er gegen die "Legendenglänbigen" zum Siege ver-
holfen habe.

(Schluß sollte)




Gin preisausschreiben
Adolf Barrels von

AMMI"in allgemeinen bin ich kein Freund von Preisausschreibungen,
und zwar aus folgenden Gründen. Erstens steht gewöhnlich der
Preis in keinem Verhältnis zu der Arbeit, die dafür aufgewendet
wird; wenn sich hundert um einen Preis bewerben, den nur
einer erhalten kann, so ist das vom volkswirtschaftlichen Stand¬
punkt aus eine ungeheure Arbeitsverschwendung, ganz abgesehen davon, daß
die Preise gewöhnlich nicht besonders hoch sind. Zweitens kommt bei den
Preisbewerbungen gewöhnlich nicht viel heraus, zumal wenn künstlerische Auf¬
gaben zu lösen sind; auch der Künstler darf ja ein guter Geschäftsmann sein,
aber das Schaffen in der ausgesprochnen Absicht, einen Gewinn zu erzielen,
ist ohne Zweifel nicht das richtige, und nur in seltnen Fällen wird dabei etwas
wertvolles entstehen. Drittens: die litterarischen Preisausschreibungen sind
insofern geradezu verhängnisvoll, als sie die Zahl der schreibenden Menschen,
die doch, weiß Gott, groß genug ist, noch bedeutend vergrößern; hat die Schrift-
stellerei schon im gewöhnlichen Lauf der Dinge eine verhängnisvolle Ähnlich¬
keit mit einem Glücksspiel, so wird sie durch die Preisausschreibungen ganz
offen zu einem solchen gestempelt, und wer sich einmal an Tintenverschwendnng
gewöhnt hat, der kann meist nicht mehr davon lassen. Diese Mißstände und
Folgen treten selbst bei Preisausschreibungen hervor, die durchaus ernsthafter
Natur sind; meist aber ist ja ein Preisausschreiben, besonders ein litterarisches,
weiter nichts als ein Versuch, billig zu ausgebreiteter Reklame zu kommen.


Lin Preisausschreiben

Die Annexion des ganzen Landes, die „die großen Deutschen im Rate Friedrich
Wilhelms III." für unbedingt notwendig hielten, ist „die stärkste Rechtfertigung
der Absichten Friedrichs," nur mit dem Unterschiede, „daß den damaligen
Patrioten Deutschland über Preußen ging, wahrend Friedrichs Herz nur für
Preußen schlug."

Lehmann schließt sein geistvolles Buch mit persönlichen Angriffen auf
Naudv, dessen Wissenschaftlichkeit und von», M<zö er — ohne stichhaltige
Gründe — anficht, und den er zum Vertreter „einer tendenziös-preußischen
Gesichtsphilosophie" stempelt. Er selbst stellt sich als den tugendhaften,
tapfern Rächer der geschmähten, unglücklichen „antipreußischen Ketzerei" hin,
deren ewigen Wahrheiten er gegen die „Legendenglänbigen" zum Siege ver-
holfen habe.

(Schluß sollte)




Gin preisausschreiben
Adolf Barrels von

AMMI«in allgemeinen bin ich kein Freund von Preisausschreibungen,
und zwar aus folgenden Gründen. Erstens steht gewöhnlich der
Preis in keinem Verhältnis zu der Arbeit, die dafür aufgewendet
wird; wenn sich hundert um einen Preis bewerben, den nur
einer erhalten kann, so ist das vom volkswirtschaftlichen Stand¬
punkt aus eine ungeheure Arbeitsverschwendung, ganz abgesehen davon, daß
die Preise gewöhnlich nicht besonders hoch sind. Zweitens kommt bei den
Preisbewerbungen gewöhnlich nicht viel heraus, zumal wenn künstlerische Auf¬
gaben zu lösen sind; auch der Künstler darf ja ein guter Geschäftsmann sein,
aber das Schaffen in der ausgesprochnen Absicht, einen Gewinn zu erzielen,
ist ohne Zweifel nicht das richtige, und nur in seltnen Fällen wird dabei etwas
wertvolles entstehen. Drittens: die litterarischen Preisausschreibungen sind
insofern geradezu verhängnisvoll, als sie die Zahl der schreibenden Menschen,
die doch, weiß Gott, groß genug ist, noch bedeutend vergrößern; hat die Schrift-
stellerei schon im gewöhnlichen Lauf der Dinge eine verhängnisvolle Ähnlich¬
keit mit einem Glücksspiel, so wird sie durch die Preisausschreibungen ganz
offen zu einem solchen gestempelt, und wer sich einmal an Tintenverschwendnng
gewöhnt hat, der kann meist nicht mehr davon lassen. Diese Mißstände und
Folgen treten selbst bei Preisausschreibungen hervor, die durchaus ernsthafter
Natur sind; meist aber ist ja ein Preisausschreiben, besonders ein litterarisches,
weiter nichts als ein Versuch, billig zu ausgebreiteter Reklame zu kommen.


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[0038] Lin Preisausschreiben Die Annexion des ganzen Landes, die „die großen Deutschen im Rate Friedrich Wilhelms III." für unbedingt notwendig hielten, ist „die stärkste Rechtfertigung der Absichten Friedrichs," nur mit dem Unterschiede, „daß den damaligen Patrioten Deutschland über Preußen ging, wahrend Friedrichs Herz nur für Preußen schlug." Lehmann schließt sein geistvolles Buch mit persönlichen Angriffen auf Naudv, dessen Wissenschaftlichkeit und von», M<zö er — ohne stichhaltige Gründe — anficht, und den er zum Vertreter „einer tendenziös-preußischen Gesichtsphilosophie" stempelt. Er selbst stellt sich als den tugendhaften, tapfern Rächer der geschmähten, unglücklichen „antipreußischen Ketzerei" hin, deren ewigen Wahrheiten er gegen die „Legendenglänbigen" zum Siege ver- holfen habe. (Schluß sollte) Gin preisausschreiben Adolf Barrels von AMMI«in allgemeinen bin ich kein Freund von Preisausschreibungen, und zwar aus folgenden Gründen. Erstens steht gewöhnlich der Preis in keinem Verhältnis zu der Arbeit, die dafür aufgewendet wird; wenn sich hundert um einen Preis bewerben, den nur einer erhalten kann, so ist das vom volkswirtschaftlichen Stand¬ punkt aus eine ungeheure Arbeitsverschwendung, ganz abgesehen davon, daß die Preise gewöhnlich nicht besonders hoch sind. Zweitens kommt bei den Preisbewerbungen gewöhnlich nicht viel heraus, zumal wenn künstlerische Auf¬ gaben zu lösen sind; auch der Künstler darf ja ein guter Geschäftsmann sein, aber das Schaffen in der ausgesprochnen Absicht, einen Gewinn zu erzielen, ist ohne Zweifel nicht das richtige, und nur in seltnen Fällen wird dabei etwas wertvolles entstehen. Drittens: die litterarischen Preisausschreibungen sind insofern geradezu verhängnisvoll, als sie die Zahl der schreibenden Menschen, die doch, weiß Gott, groß genug ist, noch bedeutend vergrößern; hat die Schrift- stellerei schon im gewöhnlichen Lauf der Dinge eine verhängnisvolle Ähnlich¬ keit mit einem Glücksspiel, so wird sie durch die Preisausschreibungen ganz offen zu einem solchen gestempelt, und wer sich einmal an Tintenverschwendnng gewöhnt hat, der kann meist nicht mehr davon lassen. Diese Mißstände und Folgen treten selbst bei Preisausschreibungen hervor, die durchaus ernsthafter Natur sind; meist aber ist ja ein Preisausschreiben, besonders ein litterarisches, weiter nichts als ein Versuch, billig zu ausgebreiteter Reklame zu kommen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_222941/38>, abgerufen am 01.09.2024.