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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Drittes Vierteljahr.

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Die Berliner GeWerbeausstellung

Kremsern bei weitem nicht. Hier sind anfangs bedauerliche Störungen vor¬
gekommen; bei der Benutzung eines Gleises durch mehrere elektrische und
Pferdebahnen ist ja immer ein großer Teil der Linien lahmgelegt, wenn ein
einziger Wagen stecken bleibt. Die Dampfer kommen, so zahlreich sie auch
sind, namentlich des Abends den riesigen Massen gegenüber nicht in Betracht.
Dem Fremden kann, besonders da eine Wagenfahrt durch den Osten Berlins
trotz des guten Pflasters oder vielmehr Asphalts nicht als Genuß angepriesen
werden kann, dringend zu einer Dampferfahrt geraten werden, schon damit er
einmal der Stadtbahn entrinnt, die natürlich nicht durch die glänzendsten Teile
der Hauptstadt gelegt werden konnte.

Um noch die vielumstrittene Platzfrage zu streifen, so ist durch diese Aus¬
stellung schlagend bewiesen, daß der Treptower Park ein großartiges Terrain
ist und auch für eine Weltausstellung groß genug gewesen wäre. Nur schade,
daß die Zufahrtstraßen, außer der Spree selbst, so wenig schön sind. Läge
der Treptower Park im Westen, dort, wo das vielgenannte Witzleben liegt,
so hätte Berlin einen geradezu idealen Aufstellungsplatz. Abgesehen davon,
daß der Stadtbahnverkehr dorthin leichter zu bewältigen gewesen wäre, da er
nur die gerade Strecke der eigentlichen Stadtbahn, nicht, wie bei Treptow,
auch die Ringabzweigung zu befahren gehabt hätte, führen nach dem Westen so
schöne Zufahrtstraßen, und zum größten Teil durch die schönsten Stadteile
und den Tiergarten, daß sich der Wagenverkchr hier ganz anders entwickelt
hätte. Aber der Park von Witzleben ist, das wird wohl jetzt auch seinen
begeistertsten Anhängern klar geworden sein, mit seinem verschlammten See
und mit allem verfügbaren umliegenden Terrain, wenn man nicht gerade über
die Ringbahn nach den Westender Höhen hinauf will, viel zu klein für solche
Veranstaltungen. Die Westender Höhe leidet aber ebenso wie das Tempelhofer
Feld an Wassermangel, der Grünewald liegt zu weit ab und ist auch kaum ge¬
eignet, und damit wäre die Zahl der verfügbaren Plätze, wenn man nicht ein
beliebiges Stück freies Feld nehmen will, so ziemlich erschöpft.

Für die Zukunft ist also die Platzfrage wohl ein für allemal zu Gunsten
von Treptow entschieden, und wenn es auch zu bedauern ist, daß dort nicht schon
jetzt eine deutsch-nationale Ausstellung entstanden ist, so wünschen wir doch
der Berliner GeWerbeausstellung in jeder Beziehung einen vollen Erfolg. Ist
auch für dieses Jahrhundert der Anschluß verpaßt, so wird doch sicher, wenn
wieder einmal von einer großen Ausstellung in Deutschland die Rede ist, der
Treptower Park sie erleben. Möge es dann eine nationale, wenn nicht eine
Weltausstellung sein, die dem auf dem Gebiete des Ausstellungswesens herr¬
schenden Unfug der Zersplitterung einmal ein Ende macht.




Die Berliner GeWerbeausstellung

Kremsern bei weitem nicht. Hier sind anfangs bedauerliche Störungen vor¬
gekommen; bei der Benutzung eines Gleises durch mehrere elektrische und
Pferdebahnen ist ja immer ein großer Teil der Linien lahmgelegt, wenn ein
einziger Wagen stecken bleibt. Die Dampfer kommen, so zahlreich sie auch
sind, namentlich des Abends den riesigen Massen gegenüber nicht in Betracht.
Dem Fremden kann, besonders da eine Wagenfahrt durch den Osten Berlins
trotz des guten Pflasters oder vielmehr Asphalts nicht als Genuß angepriesen
werden kann, dringend zu einer Dampferfahrt geraten werden, schon damit er
einmal der Stadtbahn entrinnt, die natürlich nicht durch die glänzendsten Teile
der Hauptstadt gelegt werden konnte.

Um noch die vielumstrittene Platzfrage zu streifen, so ist durch diese Aus¬
stellung schlagend bewiesen, daß der Treptower Park ein großartiges Terrain
ist und auch für eine Weltausstellung groß genug gewesen wäre. Nur schade,
daß die Zufahrtstraßen, außer der Spree selbst, so wenig schön sind. Läge
der Treptower Park im Westen, dort, wo das vielgenannte Witzleben liegt,
so hätte Berlin einen geradezu idealen Aufstellungsplatz. Abgesehen davon,
daß der Stadtbahnverkehr dorthin leichter zu bewältigen gewesen wäre, da er
nur die gerade Strecke der eigentlichen Stadtbahn, nicht, wie bei Treptow,
auch die Ringabzweigung zu befahren gehabt hätte, führen nach dem Westen so
schöne Zufahrtstraßen, und zum größten Teil durch die schönsten Stadteile
und den Tiergarten, daß sich der Wagenverkchr hier ganz anders entwickelt
hätte. Aber der Park von Witzleben ist, das wird wohl jetzt auch seinen
begeistertsten Anhängern klar geworden sein, mit seinem verschlammten See
und mit allem verfügbaren umliegenden Terrain, wenn man nicht gerade über
die Ringbahn nach den Westender Höhen hinauf will, viel zu klein für solche
Veranstaltungen. Die Westender Höhe leidet aber ebenso wie das Tempelhofer
Feld an Wassermangel, der Grünewald liegt zu weit ab und ist auch kaum ge¬
eignet, und damit wäre die Zahl der verfügbaren Plätze, wenn man nicht ein
beliebiges Stück freies Feld nehmen will, so ziemlich erschöpft.

Für die Zukunft ist also die Platzfrage wohl ein für allemal zu Gunsten
von Treptow entschieden, und wenn es auch zu bedauern ist, daß dort nicht schon
jetzt eine deutsch-nationale Ausstellung entstanden ist, so wünschen wir doch
der Berliner GeWerbeausstellung in jeder Beziehung einen vollen Erfolg. Ist
auch für dieses Jahrhundert der Anschluß verpaßt, so wird doch sicher, wenn
wieder einmal von einer großen Ausstellung in Deutschland die Rede ist, der
Treptower Park sie erleben. Möge es dann eine nationale, wenn nicht eine
Weltausstellung sein, die dem auf dem Gebiete des Ausstellungswesens herr¬
schenden Unfug der Zersplitterung einmal ein Ende macht.




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[0026] Die Berliner GeWerbeausstellung Kremsern bei weitem nicht. Hier sind anfangs bedauerliche Störungen vor¬ gekommen; bei der Benutzung eines Gleises durch mehrere elektrische und Pferdebahnen ist ja immer ein großer Teil der Linien lahmgelegt, wenn ein einziger Wagen stecken bleibt. Die Dampfer kommen, so zahlreich sie auch sind, namentlich des Abends den riesigen Massen gegenüber nicht in Betracht. Dem Fremden kann, besonders da eine Wagenfahrt durch den Osten Berlins trotz des guten Pflasters oder vielmehr Asphalts nicht als Genuß angepriesen werden kann, dringend zu einer Dampferfahrt geraten werden, schon damit er einmal der Stadtbahn entrinnt, die natürlich nicht durch die glänzendsten Teile der Hauptstadt gelegt werden konnte. Um noch die vielumstrittene Platzfrage zu streifen, so ist durch diese Aus¬ stellung schlagend bewiesen, daß der Treptower Park ein großartiges Terrain ist und auch für eine Weltausstellung groß genug gewesen wäre. Nur schade, daß die Zufahrtstraßen, außer der Spree selbst, so wenig schön sind. Läge der Treptower Park im Westen, dort, wo das vielgenannte Witzleben liegt, so hätte Berlin einen geradezu idealen Aufstellungsplatz. Abgesehen davon, daß der Stadtbahnverkehr dorthin leichter zu bewältigen gewesen wäre, da er nur die gerade Strecke der eigentlichen Stadtbahn, nicht, wie bei Treptow, auch die Ringabzweigung zu befahren gehabt hätte, führen nach dem Westen so schöne Zufahrtstraßen, und zum größten Teil durch die schönsten Stadteile und den Tiergarten, daß sich der Wagenverkchr hier ganz anders entwickelt hätte. Aber der Park von Witzleben ist, das wird wohl jetzt auch seinen begeistertsten Anhängern klar geworden sein, mit seinem verschlammten See und mit allem verfügbaren umliegenden Terrain, wenn man nicht gerade über die Ringbahn nach den Westender Höhen hinauf will, viel zu klein für solche Veranstaltungen. Die Westender Höhe leidet aber ebenso wie das Tempelhofer Feld an Wassermangel, der Grünewald liegt zu weit ab und ist auch kaum ge¬ eignet, und damit wäre die Zahl der verfügbaren Plätze, wenn man nicht ein beliebiges Stück freies Feld nehmen will, so ziemlich erschöpft. Für die Zukunft ist also die Platzfrage wohl ein für allemal zu Gunsten von Treptow entschieden, und wenn es auch zu bedauern ist, daß dort nicht schon jetzt eine deutsch-nationale Ausstellung entstanden ist, so wünschen wir doch der Berliner GeWerbeausstellung in jeder Beziehung einen vollen Erfolg. Ist auch für dieses Jahrhundert der Anschluß verpaßt, so wird doch sicher, wenn wieder einmal von einer großen Ausstellung in Deutschland die Rede ist, der Treptower Park sie erleben. Möge es dann eine nationale, wenn nicht eine Weltausstellung sein, die dem auf dem Gebiete des Ausstellungswesens herr¬ schenden Unfug der Zersplitterung einmal ein Ende macht.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_222941/26>, abgerufen am 01.09.2024.