Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Drittes Vierteljahr.Die Berliner GeWerbeausstellung unterdrückt worden, beiß höhere und immer höhere, zuletzt ganz ungeheure Ein Umstand aber, der bei einem solchen Unternehmen stets fehlen sollte, Ein ähnliches Bild wie die Ausstellung selbst boten am Tage der Er¬ Nun, gegenwärtig ist der glänzende Nahmen, der jeden Ausstelluugs- Die Berliner GeWerbeausstellung unterdrückt worden, beiß höhere und immer höhere, zuletzt ganz ungeheure Ein Umstand aber, der bei einem solchen Unternehmen stets fehlen sollte, Ein ähnliches Bild wie die Ausstellung selbst boten am Tage der Er¬ Nun, gegenwärtig ist der glänzende Nahmen, der jeden Ausstelluugs- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0018" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/222960"/> <fw type="header" place="top"> Die Berliner GeWerbeausstellung</fw><lb/> <p xml:id="ID_22" prev="#ID_21"> unterdrückt worden, beiß höhere und immer höhere, zuletzt ganz ungeheure<lb/> Löhne bewilligt wurden. Wohin aber wäre die Sache wohl gekommen, wenn<lb/> der Himmel dem Unternehmen nicht einen besonders gnädigen Winter fast ohne<lb/> strengen Frost und ohne größere Schneefälle beschert hätte? Ein richtiger<lb/> nordischer Winter gleich dem des Jahres 1887/88 hätte das Fertigwerden sicher¬<lb/> lich noch um mehrere Wochen verzögert. Und doch war das auch ein Um¬<lb/> stand, mit dem von Anfang an gerechnet werden mußte.</p><lb/> <p xml:id="ID_23"> Ein Umstand aber, der bei einem solchen Unternehmen stets fehlen sollte,<lb/> der aber leider bei jeder Gelegenheit in höchst bedauerlicher Weise zu Tage<lb/> trat, war die in den wichtigsten Fragen gerade am leidenschaftlichsten der<lb/> Öffentlichkeit preisgegebne Uneinigkeit innerhalb des Arbeitsausschusses. Es<lb/> ist einer der größten Fehler, den die Leitung begehen kann, wenn, wie es<lb/> leider bei der Berliner Gewcrbeausstelluug geschehen ist, die Platzfrage, die<lb/> Beleuchtungsfrage, statt innerhalb der leitenden Kreise erledigt zu werden, der<lb/> leicht erregbaren öffentlichen Meinung als willkommne Zankapfel hingeworfen<lb/> werden und in öffentlichen Volksversammlungen, die nicht immer von un¬<lb/> parteiischen, noch viel weniger immer von sachverständigen Leuten beherrscht<lb/> werden, zu Mehrheitsfragen der großen Menge gemacht werden. Die Gefahr,<lb/> die darin liegt, hat sich offenkundig gezeigt; mehr als einmal drohte das Unter-<lb/> nehmen in wüsten Zeitungs- und Versammlungszänkereien unterzugehen. In<lb/> dieser Beziehung kann sich jede Leitung eines spätern ähnlichen Unternehmens<lb/> hier ein warnendes Beispiel nehmen.</p><lb/> <p xml:id="ID_24"> Ein ähnliches Bild wie die Ausstellung selbst boten am Tage der Er¬<lb/> öffnung wichtige Zufahrtstraßeu und Knotenpunkte des Verkehrs innerhalb der<lb/> Stadt. Aufgerissenes Straßenpflaster Und „Büttelei" sind freilich dem Ber¬<lb/> liner gewohnte Erscheinungen. Wer aber am Eröffnungstage z. B. am Kott-<lb/> bnser Thore, in der Lindcnstrciße und an andern Stellen Gelegenheit hatte,<lb/> zu sehen, wie sich der Verkehr dort staute, wie sich Pferdebahnen, elektrische<lb/> Bahnen und Droschken in beängstigender Weise zwischen dicht gedrängter Volks¬<lb/> menge und Bergen von Pflastersteinen auf schmalen Wegen kreuzten, der kaun<lb/> sich nur wundern, daß dabei kein Unglück geschehen ist, und bedauern, daß<lb/> Konzessionsschwierigkeiten und endloser Instanzenzug dies verschuldet hatten.<lb/> Die Schwierigkeiten, die die elektrischen Bahnen in der guten, um die Schön¬<lb/> heit ihrer Nepräsentationspuukte besorgten Reichshauptstadt haben, spotten jeder<lb/> Beschreibung. Das oberirdische Stromzuführuugsnetz mag ja nicht schön sein,<lb/> es ist aber die beste und billigste Einrichtung, und wie heute kein Mensch<lb/> mehr die Telephvndrähte sieht, so würde sich auch jeder an die Zuführungs-<lb/> drähte der elektrischen Bahnen gewöhnen.</p><lb/> <p xml:id="ID_25" next="#ID_26"> Nun, gegenwärtig ist der glänzende Nahmen, der jeden Ausstelluugs-<lb/> besucher auf den ersten Blick besticht, fertig, und er wird jeden Besucher, auch<lb/> anspruchsvolle, befriedigen, denn an äußerer Schönheit, an Großartigkeit der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0018]
Die Berliner GeWerbeausstellung
unterdrückt worden, beiß höhere und immer höhere, zuletzt ganz ungeheure
Löhne bewilligt wurden. Wohin aber wäre die Sache wohl gekommen, wenn
der Himmel dem Unternehmen nicht einen besonders gnädigen Winter fast ohne
strengen Frost und ohne größere Schneefälle beschert hätte? Ein richtiger
nordischer Winter gleich dem des Jahres 1887/88 hätte das Fertigwerden sicher¬
lich noch um mehrere Wochen verzögert. Und doch war das auch ein Um¬
stand, mit dem von Anfang an gerechnet werden mußte.
Ein Umstand aber, der bei einem solchen Unternehmen stets fehlen sollte,
der aber leider bei jeder Gelegenheit in höchst bedauerlicher Weise zu Tage
trat, war die in den wichtigsten Fragen gerade am leidenschaftlichsten der
Öffentlichkeit preisgegebne Uneinigkeit innerhalb des Arbeitsausschusses. Es
ist einer der größten Fehler, den die Leitung begehen kann, wenn, wie es
leider bei der Berliner Gewcrbeausstelluug geschehen ist, die Platzfrage, die
Beleuchtungsfrage, statt innerhalb der leitenden Kreise erledigt zu werden, der
leicht erregbaren öffentlichen Meinung als willkommne Zankapfel hingeworfen
werden und in öffentlichen Volksversammlungen, die nicht immer von un¬
parteiischen, noch viel weniger immer von sachverständigen Leuten beherrscht
werden, zu Mehrheitsfragen der großen Menge gemacht werden. Die Gefahr,
die darin liegt, hat sich offenkundig gezeigt; mehr als einmal drohte das Unter-
nehmen in wüsten Zeitungs- und Versammlungszänkereien unterzugehen. In
dieser Beziehung kann sich jede Leitung eines spätern ähnlichen Unternehmens
hier ein warnendes Beispiel nehmen.
Ein ähnliches Bild wie die Ausstellung selbst boten am Tage der Er¬
öffnung wichtige Zufahrtstraßeu und Knotenpunkte des Verkehrs innerhalb der
Stadt. Aufgerissenes Straßenpflaster Und „Büttelei" sind freilich dem Ber¬
liner gewohnte Erscheinungen. Wer aber am Eröffnungstage z. B. am Kott-
bnser Thore, in der Lindcnstrciße und an andern Stellen Gelegenheit hatte,
zu sehen, wie sich der Verkehr dort staute, wie sich Pferdebahnen, elektrische
Bahnen und Droschken in beängstigender Weise zwischen dicht gedrängter Volks¬
menge und Bergen von Pflastersteinen auf schmalen Wegen kreuzten, der kaun
sich nur wundern, daß dabei kein Unglück geschehen ist, und bedauern, daß
Konzessionsschwierigkeiten und endloser Instanzenzug dies verschuldet hatten.
Die Schwierigkeiten, die die elektrischen Bahnen in der guten, um die Schön¬
heit ihrer Nepräsentationspuukte besorgten Reichshauptstadt haben, spotten jeder
Beschreibung. Das oberirdische Stromzuführuugsnetz mag ja nicht schön sein,
es ist aber die beste und billigste Einrichtung, und wie heute kein Mensch
mehr die Telephvndrähte sieht, so würde sich auch jeder an die Zuführungs-
drähte der elektrischen Bahnen gewöhnen.
Nun, gegenwärtig ist der glänzende Nahmen, der jeden Ausstelluugs-
besucher auf den ersten Blick besticht, fertig, und er wird jeden Besucher, auch
anspruchsvolle, befriedigen, denn an äußerer Schönheit, an Großartigkeit der
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