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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Drittes Vierteljahr.

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A"r allgemeinen Mehrpflicht

reichlichsten Aufwendung öffentlicher Gelder für die Pariser Weltausstellung
wird bringen müssen, sind ans viele Millionen zu schützen. Dazu kommen die
weitern Millionen, die die dentschen Ausstellungsbesncher in Paris lassen
werden, wenn der deutsche Besuch auch nur dem von 1889 entspricht. Deutsch¬
lands Handel und Gewerbe werden an dem Verlust dieser Millionen nicht
zu Grunde gehen, aber sie können mit Fug und Recht für solche Opfer in der
Reichs- und Staatsverwaltung eine kräftigere und verständnisvollere Vertretung
verlangen, als sie in den letzten Jahren gefunden haben. Sie würden gewiß
recht gern die Erfüllung der Nepräsentationspflicht in Paris den wahren
"Mehrern des Reichs," den vstelbischen Herrn Agrariern, überlassen.




Zur allgemeinen Wehrpflicht

in 30. Hefte der vorjährigen Grenzboten steht ein Aufsatz, der
die allgemeine zweijährige Dienstzeit und damit das Aufgeben
des einjährigen Dienstes befürwortet. So sehr manche in diesem
Aufsatze ausgesprochnen Ansichten zu billigen sind, so scheint mir
doch der Verfasser von dem eigentlichen Grundgedanken unsrer
allgemeinen Wehrpflicht nicht die richtige Auffassung zu haben. Scharnhorsts
Borschläge zur Einführung der allgemeinen Wehrpflicht fußen auf den An¬
sichten, die sein Lehrer, der Graf Wilhelm von Schaumburg-Lippe-Bückeburg,
ausgesprochen hatte. Graf Wilhelm war einer der letzten kleinen deutschen
Fürsten, die nach Art und Ansicht jener Zeit ihrem eignen Degen, ihrem per¬
sönlichen Ruhme dienten. Er hatte seine Dienste Portugal geliehen und das
dortige Heer, namentlich die portugiesische Artillerie, organisirt. In seine
Heimat zurückgekehrt, legte er auf einer Insel des Steinbilder Meeres die kleine
Feste Wilhelmstein an und begründete darin die Militürschnle. in der Scharn-
horst seine Studien machte. Er war aber anch der Verfasser zweier Schriften:
"Die Kunst, einen kleinen Staat gegen eine größere Macht zu verteidigen" und:
U6moirL für 1a. Znerrö ävkonsive. In diesen Schriften sind die Grundsätze der
allgemeinen Wehrpflicht niedergelegt. Graf Wilhelm führte die allgemeine
Wehrpflicht in seinem Lande ein, und Scharnhorst hat sie dann nach seinem
neuen Vaterlande Preußen übertragen.

Der oberste und durch die ganze preußische und jetzt deutsche Heeres-
versassung durchgeführte Grundsatz ist derselbe, den schon Macchiavelli auf¬
gestellt hatte: Jeder Bürger ist Soldat, ist also zum Dienste für das
Vaterland in Krieg und Frieden verpflichtet. Die Schule zur Ausbildung für


A»r allgemeinen Mehrpflicht

reichlichsten Aufwendung öffentlicher Gelder für die Pariser Weltausstellung
wird bringen müssen, sind ans viele Millionen zu schützen. Dazu kommen die
weitern Millionen, die die dentschen Ausstellungsbesncher in Paris lassen
werden, wenn der deutsche Besuch auch nur dem von 1889 entspricht. Deutsch¬
lands Handel und Gewerbe werden an dem Verlust dieser Millionen nicht
zu Grunde gehen, aber sie können mit Fug und Recht für solche Opfer in der
Reichs- und Staatsverwaltung eine kräftigere und verständnisvollere Vertretung
verlangen, als sie in den letzten Jahren gefunden haben. Sie würden gewiß
recht gern die Erfüllung der Nepräsentationspflicht in Paris den wahren
„Mehrern des Reichs," den vstelbischen Herrn Agrariern, überlassen.




Zur allgemeinen Wehrpflicht

in 30. Hefte der vorjährigen Grenzboten steht ein Aufsatz, der
die allgemeine zweijährige Dienstzeit und damit das Aufgeben
des einjährigen Dienstes befürwortet. So sehr manche in diesem
Aufsatze ausgesprochnen Ansichten zu billigen sind, so scheint mir
doch der Verfasser von dem eigentlichen Grundgedanken unsrer
allgemeinen Wehrpflicht nicht die richtige Auffassung zu haben. Scharnhorsts
Borschläge zur Einführung der allgemeinen Wehrpflicht fußen auf den An¬
sichten, die sein Lehrer, der Graf Wilhelm von Schaumburg-Lippe-Bückeburg,
ausgesprochen hatte. Graf Wilhelm war einer der letzten kleinen deutschen
Fürsten, die nach Art und Ansicht jener Zeit ihrem eignen Degen, ihrem per¬
sönlichen Ruhme dienten. Er hatte seine Dienste Portugal geliehen und das
dortige Heer, namentlich die portugiesische Artillerie, organisirt. In seine
Heimat zurückgekehrt, legte er auf einer Insel des Steinbilder Meeres die kleine
Feste Wilhelmstein an und begründete darin die Militürschnle. in der Scharn-
horst seine Studien machte. Er war aber anch der Verfasser zweier Schriften:
»Die Kunst, einen kleinen Staat gegen eine größere Macht zu verteidigen" und:
U6moirL für 1a. Znerrö ävkonsive. In diesen Schriften sind die Grundsätze der
allgemeinen Wehrpflicht niedergelegt. Graf Wilhelm führte die allgemeine
Wehrpflicht in seinem Lande ein, und Scharnhorst hat sie dann nach seinem
neuen Vaterlande Preußen übertragen.

Der oberste und durch die ganze preußische und jetzt deutsche Heeres-
versassung durchgeführte Grundsatz ist derselbe, den schon Macchiavelli auf¬
gestellt hatte: Jeder Bürger ist Soldat, ist also zum Dienste für das
Vaterland in Krieg und Frieden verpflichtet. Die Schule zur Ausbildung für


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[0163] A»r allgemeinen Mehrpflicht reichlichsten Aufwendung öffentlicher Gelder für die Pariser Weltausstellung wird bringen müssen, sind ans viele Millionen zu schützen. Dazu kommen die weitern Millionen, die die dentschen Ausstellungsbesncher in Paris lassen werden, wenn der deutsche Besuch auch nur dem von 1889 entspricht. Deutsch¬ lands Handel und Gewerbe werden an dem Verlust dieser Millionen nicht zu Grunde gehen, aber sie können mit Fug und Recht für solche Opfer in der Reichs- und Staatsverwaltung eine kräftigere und verständnisvollere Vertretung verlangen, als sie in den letzten Jahren gefunden haben. Sie würden gewiß recht gern die Erfüllung der Nepräsentationspflicht in Paris den wahren „Mehrern des Reichs," den vstelbischen Herrn Agrariern, überlassen. Zur allgemeinen Wehrpflicht in 30. Hefte der vorjährigen Grenzboten steht ein Aufsatz, der die allgemeine zweijährige Dienstzeit und damit das Aufgeben des einjährigen Dienstes befürwortet. So sehr manche in diesem Aufsatze ausgesprochnen Ansichten zu billigen sind, so scheint mir doch der Verfasser von dem eigentlichen Grundgedanken unsrer allgemeinen Wehrpflicht nicht die richtige Auffassung zu haben. Scharnhorsts Borschläge zur Einführung der allgemeinen Wehrpflicht fußen auf den An¬ sichten, die sein Lehrer, der Graf Wilhelm von Schaumburg-Lippe-Bückeburg, ausgesprochen hatte. Graf Wilhelm war einer der letzten kleinen deutschen Fürsten, die nach Art und Ansicht jener Zeit ihrem eignen Degen, ihrem per¬ sönlichen Ruhme dienten. Er hatte seine Dienste Portugal geliehen und das dortige Heer, namentlich die portugiesische Artillerie, organisirt. In seine Heimat zurückgekehrt, legte er auf einer Insel des Steinbilder Meeres die kleine Feste Wilhelmstein an und begründete darin die Militürschnle. in der Scharn- horst seine Studien machte. Er war aber anch der Verfasser zweier Schriften: »Die Kunst, einen kleinen Staat gegen eine größere Macht zu verteidigen" und: U6moirL für 1a. Znerrö ävkonsive. In diesen Schriften sind die Grundsätze der allgemeinen Wehrpflicht niedergelegt. Graf Wilhelm führte die allgemeine Wehrpflicht in seinem Lande ein, und Scharnhorst hat sie dann nach seinem neuen Vaterlande Preußen übertragen. Der oberste und durch die ganze preußische und jetzt deutsche Heeres- versassung durchgeführte Grundsatz ist derselbe, den schon Macchiavelli auf¬ gestellt hatte: Jeder Bürger ist Soldat, ist also zum Dienste für das Vaterland in Krieg und Frieden verpflichtet. Die Schule zur Ausbildung für

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_222941/163>, abgerufen am 26.11.2024.