Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Zweites Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches mit der sachlichen Berichterstattung zu beginnen. Kurze Berichte können auf die Die Grenzboten können sich, wie manches andern, auch dieses Erfolges freuen. Jonathan Swifts Bücherschlacht und Verwandtes. Im Januar 1687, An diesem unbedeutenden Machwerke soll nach einer in England geltenden Aber auch Swifts Schrift ist mir in den Nebendingen hie und da witzig, Maßgebliches und Unmaßgebliches mit der sachlichen Berichterstattung zu beginnen. Kurze Berichte können auf die Die Grenzboten können sich, wie manches andern, auch dieses Erfolges freuen. Jonathan Swifts Bücherschlacht und Verwandtes. Im Januar 1687, An diesem unbedeutenden Machwerke soll nach einer in England geltenden Aber auch Swifts Schrift ist mir in den Nebendingen hie und da witzig, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0581" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/222885"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_1687" prev="#ID_1686"> mit der sachlichen Berichterstattung zu beginnen. Kurze Berichte können auf die<lb/> Vorlage selbst gesetzt werden. 5. Bei Eiureichuug von Verzeichnissen, Übersichten<lb/> und Nachweisungen unterbleiben alle Bcgleitberichte, wofern sie nicht einen besondern<lb/> selbständigen Inhalt haben. Es genügt der auf das mit entsprechender Aufschrift<lb/> über den Inhalt des Verzeichnisses usw. zu versehende Schriftstück oder aus<lb/> einen Umschlag zu Setzende Vermerk „Verfügung vom ..." Bei Schriftstücken<lb/> an Einzelbeamte, die eine Behörde vorstellen, ist in der Innen- und Außenadresse<lb/> der Name des Beamten nur baun anzugeben, wenn es sich um persönliche An¬<lb/> gelegenheiten desselben handelt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1688"> Die Grenzboten können sich, wie manches andern, auch dieses Erfolges freuen.<lb/> Die Ausdrucksweise wird mit der Zeit schon auch uoch etwas „klarer und knapper"<lb/> werden.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Jonathan Swifts Bücherschlacht und Verwandtes. </head> <p xml:id="ID_1689"> Im Januar 1687,<lb/> als der Sonnenkönig Ludwig XIV. eben von einer ernsthaften Krankheit genesen<lb/> war, las in der Akademie Charles Perrciult ein Lobgedicht auf den König und<lb/> auf die moderne Zeit mit ihrer großen Kultur; das Altertum und die ihm an¬<lb/> hingen wurden zum Ärger der anwesenden Akademiker Boileau und Racine mit<lb/> deutlicher Mißachtung darin behandelt. Perrault wurde sogleich in einen heftigen<lb/> Streit mit Boileau gezogen und schrieb bald darauf seiue bis auf deu heutigem Tag<lb/> berühmte Parallele zwischen den Alten und den Neuern. Aber noch vorher erschien<lb/> jenes Gedicht im Druck, gleich vorn am Eingaug eiues kleinen Buches, das 1637<lb/> in Paris und im folgenden Jahre in Amsterdam unter dem Titel herauskam:<lb/> Poetische Geschichte des neuerdings zwischen den Alten und den Neuern aus-<lb/> gebrochnen Krieges. Fast zweihundert Jahre lang blieb der Verfasser dieses Buches<lb/> unbekannt. Jetzt weiß man, daß es ein vornehmer Diplomat und Akademiker war,<lb/> de Callisres, von dem wir außerdem noch ein feines Buch über den guten und schlechten<lb/> Ausdruck haben (1693). Jene „poetische Geschichte" endet mit einem Friedensschluß,<lb/> worin dem französischen Klassizismus — Racine und Boileau mit eingeschlossen —<lb/> seine Ebenbürtigkeit mit den Alten aufs neue gewährleistet wird unter einigen un¬<lb/> wesentlichen an die Neuern gemachten Zugeständnissen, die zum Teil im Sinne von<lb/> Perrault siud. Die Sache ist aber inhaltlich ohne jede Bedeutung. Die ausführ¬<lb/> liche Beschreibung des Kampfes mit einer in Kupfer gestochnen Schlachtordnung ist<lb/> meistens völlig abgeschmackt und kaum an einem einzigen Punkte auch nur annähernd<lb/> witzig. Von geschichtlichem Interesse ist aber wohl noch heute für uns, daß in<lb/> dem Friedensverträge griechische und lateinische Verse den „feinen" Nationen ver¬<lb/> boten und den „Gymnasiasten, den Deutschen und andern Völkern des Nordens"<lb/> überlassen werden, denen neben allen andern nichtromanischen Nationen auch das<lb/> Lateiuschreiben solange anheimgegeben wird, „bis sie ihre Muttersprache hinlänglich<lb/> verfeinert haben werden."</p><lb/> <p xml:id="ID_1690"> An diesem unbedeutenden Machwerke soll nach einer in England geltenden<lb/> Meinung (die z. B. noch R. Gnrnett in der großen Encyklopädie als etwas ausgemachtes<lb/> behandelt) Swift mit seiner Büchcrschlacht, die etwa 1697 geschrieben worden ist,<lb/> ein Plagiat verübt haben. Womit diese Ansicht begründet werden könnte, weiß ich<lb/> nicht. Als einziger Anhalt für eine Möglichkeit wäre anzugeben, daß Swifts Buch<lb/> zehn Jahre nach jener Schrift abgefaßt worden ist (erschienen ist sie erst 1704);<lb/> im übrigen aber ist bei Swift alles anders und das meiste, könnte man sagen,<lb/> entgegengesetzt wie bei Callisres.</p><lb/> <p xml:id="ID_1691" next="#ID_1692"> Aber auch Swifts Schrift ist mir in den Nebendingen hie und da witzig,<lb/> als Ganzes aber und in seiner Erfindung — auf den Gestellen der Bibliothek,</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0581]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
mit der sachlichen Berichterstattung zu beginnen. Kurze Berichte können auf die
Vorlage selbst gesetzt werden. 5. Bei Eiureichuug von Verzeichnissen, Übersichten
und Nachweisungen unterbleiben alle Bcgleitberichte, wofern sie nicht einen besondern
selbständigen Inhalt haben. Es genügt der auf das mit entsprechender Aufschrift
über den Inhalt des Verzeichnisses usw. zu versehende Schriftstück oder aus
einen Umschlag zu Setzende Vermerk „Verfügung vom ..." Bei Schriftstücken
an Einzelbeamte, die eine Behörde vorstellen, ist in der Innen- und Außenadresse
der Name des Beamten nur baun anzugeben, wenn es sich um persönliche An¬
gelegenheiten desselben handelt.
Die Grenzboten können sich, wie manches andern, auch dieses Erfolges freuen.
Die Ausdrucksweise wird mit der Zeit schon auch uoch etwas „klarer und knapper"
werden.
Jonathan Swifts Bücherschlacht und Verwandtes. Im Januar 1687,
als der Sonnenkönig Ludwig XIV. eben von einer ernsthaften Krankheit genesen
war, las in der Akademie Charles Perrciult ein Lobgedicht auf den König und
auf die moderne Zeit mit ihrer großen Kultur; das Altertum und die ihm an¬
hingen wurden zum Ärger der anwesenden Akademiker Boileau und Racine mit
deutlicher Mißachtung darin behandelt. Perrault wurde sogleich in einen heftigen
Streit mit Boileau gezogen und schrieb bald darauf seiue bis auf deu heutigem Tag
berühmte Parallele zwischen den Alten und den Neuern. Aber noch vorher erschien
jenes Gedicht im Druck, gleich vorn am Eingaug eiues kleinen Buches, das 1637
in Paris und im folgenden Jahre in Amsterdam unter dem Titel herauskam:
Poetische Geschichte des neuerdings zwischen den Alten und den Neuern aus-
gebrochnen Krieges. Fast zweihundert Jahre lang blieb der Verfasser dieses Buches
unbekannt. Jetzt weiß man, daß es ein vornehmer Diplomat und Akademiker war,
de Callisres, von dem wir außerdem noch ein feines Buch über den guten und schlechten
Ausdruck haben (1693). Jene „poetische Geschichte" endet mit einem Friedensschluß,
worin dem französischen Klassizismus — Racine und Boileau mit eingeschlossen —
seine Ebenbürtigkeit mit den Alten aufs neue gewährleistet wird unter einigen un¬
wesentlichen an die Neuern gemachten Zugeständnissen, die zum Teil im Sinne von
Perrault siud. Die Sache ist aber inhaltlich ohne jede Bedeutung. Die ausführ¬
liche Beschreibung des Kampfes mit einer in Kupfer gestochnen Schlachtordnung ist
meistens völlig abgeschmackt und kaum an einem einzigen Punkte auch nur annähernd
witzig. Von geschichtlichem Interesse ist aber wohl noch heute für uns, daß in
dem Friedensverträge griechische und lateinische Verse den „feinen" Nationen ver¬
boten und den „Gymnasiasten, den Deutschen und andern Völkern des Nordens"
überlassen werden, denen neben allen andern nichtromanischen Nationen auch das
Lateiuschreiben solange anheimgegeben wird, „bis sie ihre Muttersprache hinlänglich
verfeinert haben werden."
An diesem unbedeutenden Machwerke soll nach einer in England geltenden
Meinung (die z. B. noch R. Gnrnett in der großen Encyklopädie als etwas ausgemachtes
behandelt) Swift mit seiner Büchcrschlacht, die etwa 1697 geschrieben worden ist,
ein Plagiat verübt haben. Womit diese Ansicht begründet werden könnte, weiß ich
nicht. Als einziger Anhalt für eine Möglichkeit wäre anzugeben, daß Swifts Buch
zehn Jahre nach jener Schrift abgefaßt worden ist (erschienen ist sie erst 1704);
im übrigen aber ist bei Swift alles anders und das meiste, könnte man sagen,
entgegengesetzt wie bei Callisres.
Aber auch Swifts Schrift ist mir in den Nebendingen hie und da witzig,
als Ganzes aber und in seiner Erfindung — auf den Gestellen der Bibliothek,
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