Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Zweites Vierteljahr.Zur Assessorenfrage in Preußen Vorteile für den Gehaltsbezug den Kreis der Bewerber für die erstern Bezirke Für die Germanisirung ist es allerdings zweckmäßig, bei der Besetzung Unzweifelhaft hat die jetzige Einrichtung, wonach die Gehaltsverhältnisse Zur Assessorenfrage in Preußen Vorteile für den Gehaltsbezug den Kreis der Bewerber für die erstern Bezirke Für die Germanisirung ist es allerdings zweckmäßig, bei der Besetzung Unzweifelhaft hat die jetzige Einrichtung, wonach die Gehaltsverhältnisse <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0117" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/222421"/> <fw type="header" place="top"> Zur Assessorenfrage in Preußen</fw><lb/> <p xml:id="ID_353" prev="#ID_352"> Vorteile für den Gehaltsbezug den Kreis der Bewerber für die erstern Bezirke<lb/> zu erweitern geeignet sind." Daß aber in den östlichen Provinzen ein Mangel<lb/> an Bewerbern bestehe, scheint doch fraglich zu sein. Nach dem Jnstizkalender<lb/> für 1896 beträgt die Zahl der Referendare in Posen 104, in Westfalen 182,<lb/> diese Zahlen entsprechen ungefähr der Bevölkerung beider Provinzen: 1817 349<lb/> und 2973949 (nach der Zählung vom 1. Dezember 1890), ebenso weist der<lb/> Kalender sür Posen an vorübergehend erledigten Nichterstellen nicht mehr auf<lb/> als für jede andre Provinz.</p><lb/> <p xml:id="ID_354"> Für die Germanisirung ist es allerdings zweckmäßig, bei der Besetzung<lb/> der Richterstellen in den östlichen Provinzen die Deutschen zu bevorzugen.<lb/> Aber einerseits fragt es sich, ob der Nachwuchs an Juristen in Posen aus<lb/> einer unverhältnismäßig großen Anzahl von Polen besteht; nach den Namen<lb/> der Referendare zu urteilen, ist es nicht der Fall, und ebenso wenig scheint<lb/> ein unverhältnismäßig großer Teil der angestellten Richter Polen zu sein,<lb/> andrerseits bietet das billige Leben in der östlichen Provinz eine Anziehung,<lb/> die genug Assessoren aus den westlichen und mittlern Provinzen herbeilockt.<lb/> nötigenfalls kann man diese Anziehungskraft durch eine Gehaltszulage für die<lb/> Richter der östlichen Provinzen noch erhöhen, denn besondre Verhältnisse ver¬<lb/> langen besondre Maßnahmen. Die meisten Deutschen bleiben gern in ihrer<lb/> Heimatsprovinz, mit der sie verwachsen sind. Diese berechtigte Eigentümlich¬<lb/> keit kann und mag man den Beamten nehmen, indem man der Verwaltung<lb/> das Recht der Berufung giebt, aber man darf diese berechtigte Eigentümlich¬<lb/> keit nicht dnrch dauernde Nachteile bestrafen.</p><lb/> <p xml:id="ID_355"> Unzweifelhaft hat die jetzige Einrichtung, wonach die Gehaltsverhältnisse<lb/> der Richter erster Instanz nach den einzelnen Provinzen geregelt werden, zu<lb/> großer Ungleichheit geführt. Diese Ungleichheit wird aber gehoben, sobald<lb/> man die Gehaltsverhältnisse dieser Justizbeamten auf Grund des Dienstalters<lb/> nach einem für den ganzen Staat gemeinsamen Besoldungsetat regelt, wie das<lb/> für die Jnstizbeamten der obern Gerichte schon jetzt geschieht.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0117]
Zur Assessorenfrage in Preußen
Vorteile für den Gehaltsbezug den Kreis der Bewerber für die erstern Bezirke
zu erweitern geeignet sind." Daß aber in den östlichen Provinzen ein Mangel
an Bewerbern bestehe, scheint doch fraglich zu sein. Nach dem Jnstizkalender
für 1896 beträgt die Zahl der Referendare in Posen 104, in Westfalen 182,
diese Zahlen entsprechen ungefähr der Bevölkerung beider Provinzen: 1817 349
und 2973949 (nach der Zählung vom 1. Dezember 1890), ebenso weist der
Kalender sür Posen an vorübergehend erledigten Nichterstellen nicht mehr auf
als für jede andre Provinz.
Für die Germanisirung ist es allerdings zweckmäßig, bei der Besetzung
der Richterstellen in den östlichen Provinzen die Deutschen zu bevorzugen.
Aber einerseits fragt es sich, ob der Nachwuchs an Juristen in Posen aus
einer unverhältnismäßig großen Anzahl von Polen besteht; nach den Namen
der Referendare zu urteilen, ist es nicht der Fall, und ebenso wenig scheint
ein unverhältnismäßig großer Teil der angestellten Richter Polen zu sein,
andrerseits bietet das billige Leben in der östlichen Provinz eine Anziehung,
die genug Assessoren aus den westlichen und mittlern Provinzen herbeilockt.
nötigenfalls kann man diese Anziehungskraft durch eine Gehaltszulage für die
Richter der östlichen Provinzen noch erhöhen, denn besondre Verhältnisse ver¬
langen besondre Maßnahmen. Die meisten Deutschen bleiben gern in ihrer
Heimatsprovinz, mit der sie verwachsen sind. Diese berechtigte Eigentümlich¬
keit kann und mag man den Beamten nehmen, indem man der Verwaltung
das Recht der Berufung giebt, aber man darf diese berechtigte Eigentümlich¬
keit nicht dnrch dauernde Nachteile bestrafen.
Unzweifelhaft hat die jetzige Einrichtung, wonach die Gehaltsverhältnisse
der Richter erster Instanz nach den einzelnen Provinzen geregelt werden, zu
großer Ungleichheit geführt. Diese Ungleichheit wird aber gehoben, sobald
man die Gehaltsverhältnisse dieser Justizbeamten auf Grund des Dienstalters
nach einem für den ganzen Staat gemeinsamen Besoldungsetat regelt, wie das
für die Jnstizbeamten der obern Gerichte schon jetzt geschieht.
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