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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr.

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Englands Macht

aufmerksam gemacht, indem er namentlich auch hervorhob, daß der französischen
Flotte ihre rasche Bemannung einen bedeutenden Vorsprung vor der englischen
verschaffen würde. In dem Aufsätze in Heft 34 der Grenzboten von 1895,
wo Wislieenns die Betrachtungen eines sachverständigen Engländers über die
verschiednen bei Eröffnung des Nordostseekanals vertretnen Kriegsschiffe euro¬
päischer Seemächte einer Kritik unterwirft, finden wir schon gewissermaßen eine
Bestätigung dieser Ansicht. . Auch die Vorzüge deutscher Kriegsschiffe vor eng¬
lischen werden von Wislicenus klar und richtig in dem erwähnten Aufsatze her¬
vorgehoben. Wir hören, daß Frankreich das erste Panzerschiff -- 1^ Oloirs --
baute, und daß dieses das Vorbild wurde für das später gebaute erste eng¬
lische Panzerschiff "Warrior," daß "Warrior" aber trotzdem seinem Muster
nachstand. Wir hören ferner, daß jetzt Frankreich und nicht England die besten
Kriegsschiffbaumeister hat. Sogar die kleine deutsche Seemacht ist vorbildlich
für England geworden: sie war es, die zuerst eine Anzahl von Kriegsschiffen,
die zu einem Geschwader zusammengestellt werden und als solches vereinigt
fechten solle", uach gleichem Muster baute, eine Einrichtung, die für die Lei¬
tung der Schiffe im Gefecht gewiß von unberechenbarem Vorteil ist. Auch ein
hoher englischer Seeoffizier hat ans die Entwicklung der deutscheu Seemacht
schon vor Jahren seine Landsleute warnend aufmerksam gemacht, und er hat
Recht gehabt, denn schon jetzt baut Deutschland seine Schiffe selbst und im
eignen Lande, und der erwähnte Vorzug der französischen Flotte vor der eng¬
lischen in der raschem Bemannung trifft für unsre Flotte uoch in erhöhtem
Maße zu. Unser Mobilmachuugsplan sichert der Flotte, dank unsrer vorzüg¬
lichen Landwehrbezirkseinteiluug und unsern geordneten Mcigazinverhältnissen,
wo alles bis zum letzten Tau und Nagel für jedes Schiff abgezählt bereit
liegt, eine ebenso schnelle Kriegsbereitschaft wie unserm Landheere. Hören wir
dagegen, was Lord Rcindolph Churchill in einer Rede an seine Wähler am
3. Juni 1887, also vor noch nicht zehn Jahren, über die Marine Englands
gesagt hat. Die Rede ist gedruckt, und von einem Widerspruch nichts bekannt
geworden. "Als im Jahre 1886 -- erzählt er -- angesichts der schwierigen
politischen Lage Europas auch England vor einer Mobilmachung seiner Flotte
stand, fehlte für die Maschinengeschütze (Revolverkanonen) der Panzerschiffe jeg¬
liche Munition; es war nichts davon in den Magazinen vorhanden. Das ge¬
waltige Panzerschiff "Monarch" kam in den Hafen und hatte zwei neue schwere
Kanonen für seine Türme nötig. Es waren aber keine vorhanden. Wie half
man sich? Man nahm zwei schwere Kanonen, die für die Forts von Spithead
und Portsmouth bestimmt waren und brachte sie an Bord des "Monarch."
Also trotz einer jährlichen Ausgabe von mehr als 30 Millionen Pfund Ster¬
ling für Marinezwecke mußten zwei Forts entwaffnet werden, um einen Panzer
zu bewaffnen. Das Artilleriedepartement im Kriegsministerium konstruirte
1883 oder 1884 die sogenannte 43-Tons-Kmioue und bestellte bei Armstrong


Englands Macht

aufmerksam gemacht, indem er namentlich auch hervorhob, daß der französischen
Flotte ihre rasche Bemannung einen bedeutenden Vorsprung vor der englischen
verschaffen würde. In dem Aufsätze in Heft 34 der Grenzboten von 1895,
wo Wislieenns die Betrachtungen eines sachverständigen Engländers über die
verschiednen bei Eröffnung des Nordostseekanals vertretnen Kriegsschiffe euro¬
päischer Seemächte einer Kritik unterwirft, finden wir schon gewissermaßen eine
Bestätigung dieser Ansicht. . Auch die Vorzüge deutscher Kriegsschiffe vor eng¬
lischen werden von Wislicenus klar und richtig in dem erwähnten Aufsatze her¬
vorgehoben. Wir hören, daß Frankreich das erste Panzerschiff — 1^ Oloirs —
baute, und daß dieses das Vorbild wurde für das später gebaute erste eng¬
lische Panzerschiff „Warrior," daß „Warrior" aber trotzdem seinem Muster
nachstand. Wir hören ferner, daß jetzt Frankreich und nicht England die besten
Kriegsschiffbaumeister hat. Sogar die kleine deutsche Seemacht ist vorbildlich
für England geworden: sie war es, die zuerst eine Anzahl von Kriegsschiffen,
die zu einem Geschwader zusammengestellt werden und als solches vereinigt
fechten solle», uach gleichem Muster baute, eine Einrichtung, die für die Lei¬
tung der Schiffe im Gefecht gewiß von unberechenbarem Vorteil ist. Auch ein
hoher englischer Seeoffizier hat ans die Entwicklung der deutscheu Seemacht
schon vor Jahren seine Landsleute warnend aufmerksam gemacht, und er hat
Recht gehabt, denn schon jetzt baut Deutschland seine Schiffe selbst und im
eignen Lande, und der erwähnte Vorzug der französischen Flotte vor der eng¬
lischen in der raschem Bemannung trifft für unsre Flotte uoch in erhöhtem
Maße zu. Unser Mobilmachuugsplan sichert der Flotte, dank unsrer vorzüg¬
lichen Landwehrbezirkseinteiluug und unsern geordneten Mcigazinverhältnissen,
wo alles bis zum letzten Tau und Nagel für jedes Schiff abgezählt bereit
liegt, eine ebenso schnelle Kriegsbereitschaft wie unserm Landheere. Hören wir
dagegen, was Lord Rcindolph Churchill in einer Rede an seine Wähler am
3. Juni 1887, also vor noch nicht zehn Jahren, über die Marine Englands
gesagt hat. Die Rede ist gedruckt, und von einem Widerspruch nichts bekannt
geworden. „Als im Jahre 1886 — erzählt er — angesichts der schwierigen
politischen Lage Europas auch England vor einer Mobilmachung seiner Flotte
stand, fehlte für die Maschinengeschütze (Revolverkanonen) der Panzerschiffe jeg¬
liche Munition; es war nichts davon in den Magazinen vorhanden. Das ge¬
waltige Panzerschiff »Monarch« kam in den Hafen und hatte zwei neue schwere
Kanonen für seine Türme nötig. Es waren aber keine vorhanden. Wie half
man sich? Man nahm zwei schwere Kanonen, die für die Forts von Spithead
und Portsmouth bestimmt waren und brachte sie an Bord des »Monarch.«
Also trotz einer jährlichen Ausgabe von mehr als 30 Millionen Pfund Ster¬
ling für Marinezwecke mußten zwei Forts entwaffnet werden, um einen Panzer
zu bewaffnen. Das Artilleriedepartement im Kriegsministerium konstruirte
1883 oder 1884 die sogenannte 43-Tons-Kmioue und bestellte bei Armstrong


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[0554] Englands Macht aufmerksam gemacht, indem er namentlich auch hervorhob, daß der französischen Flotte ihre rasche Bemannung einen bedeutenden Vorsprung vor der englischen verschaffen würde. In dem Aufsätze in Heft 34 der Grenzboten von 1895, wo Wislieenns die Betrachtungen eines sachverständigen Engländers über die verschiednen bei Eröffnung des Nordostseekanals vertretnen Kriegsschiffe euro¬ päischer Seemächte einer Kritik unterwirft, finden wir schon gewissermaßen eine Bestätigung dieser Ansicht. . Auch die Vorzüge deutscher Kriegsschiffe vor eng¬ lischen werden von Wislicenus klar und richtig in dem erwähnten Aufsatze her¬ vorgehoben. Wir hören, daß Frankreich das erste Panzerschiff — 1^ Oloirs — baute, und daß dieses das Vorbild wurde für das später gebaute erste eng¬ lische Panzerschiff „Warrior," daß „Warrior" aber trotzdem seinem Muster nachstand. Wir hören ferner, daß jetzt Frankreich und nicht England die besten Kriegsschiffbaumeister hat. Sogar die kleine deutsche Seemacht ist vorbildlich für England geworden: sie war es, die zuerst eine Anzahl von Kriegsschiffen, die zu einem Geschwader zusammengestellt werden und als solches vereinigt fechten solle», uach gleichem Muster baute, eine Einrichtung, die für die Lei¬ tung der Schiffe im Gefecht gewiß von unberechenbarem Vorteil ist. Auch ein hoher englischer Seeoffizier hat ans die Entwicklung der deutscheu Seemacht schon vor Jahren seine Landsleute warnend aufmerksam gemacht, und er hat Recht gehabt, denn schon jetzt baut Deutschland seine Schiffe selbst und im eignen Lande, und der erwähnte Vorzug der französischen Flotte vor der eng¬ lischen in der raschem Bemannung trifft für unsre Flotte uoch in erhöhtem Maße zu. Unser Mobilmachuugsplan sichert der Flotte, dank unsrer vorzüg¬ lichen Landwehrbezirkseinteiluug und unsern geordneten Mcigazinverhältnissen, wo alles bis zum letzten Tau und Nagel für jedes Schiff abgezählt bereit liegt, eine ebenso schnelle Kriegsbereitschaft wie unserm Landheere. Hören wir dagegen, was Lord Rcindolph Churchill in einer Rede an seine Wähler am 3. Juni 1887, also vor noch nicht zehn Jahren, über die Marine Englands gesagt hat. Die Rede ist gedruckt, und von einem Widerspruch nichts bekannt geworden. „Als im Jahre 1886 — erzählt er — angesichts der schwierigen politischen Lage Europas auch England vor einer Mobilmachung seiner Flotte stand, fehlte für die Maschinengeschütze (Revolverkanonen) der Panzerschiffe jeg¬ liche Munition; es war nichts davon in den Magazinen vorhanden. Das ge¬ waltige Panzerschiff »Monarch« kam in den Hafen und hatte zwei neue schwere Kanonen für seine Türme nötig. Es waren aber keine vorhanden. Wie half man sich? Man nahm zwei schwere Kanonen, die für die Forts von Spithead und Portsmouth bestimmt waren und brachte sie an Bord des »Monarch.« Also trotz einer jährlichen Ausgabe von mehr als 30 Millionen Pfund Ster¬ ling für Marinezwecke mußten zwei Forts entwaffnet werden, um einen Panzer zu bewaffnen. Das Artilleriedepartement im Kriegsministerium konstruirte 1883 oder 1884 die sogenannte 43-Tons-Kmioue und bestellte bei Armstrong

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_221645/554>, abgerufen am 01.09.2024.