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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr.

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Englands Macht

nglmid hat sich seit der Schlacht von Waterloo nicht mehr im
europäischen Feldkriege gezeigt, und seit dem Krimfeldznge, der
eigentlich dein Belagerungskriege einzureihen ist, wurde über¬
haupt kein Schuß mehr aus englischen Gewehren oder Geschützen
in Europa gehört. Das ist nun über achtzig und über vierzig
Jahre her. Allerdings vor fünfundzwanzig Jahren, in dem von Gambetta
entzündeten französischen Volkskriege wurde manche englische Feuerwaffe abge¬
feuert, und mancher brave deutsche Wehrmann mußte dafür zur ewigen Heimat
abgehen; aber der Mann, der das tötliche Geschoß aus englischer Waffe ent¬
sandte, war kein Sohn des stolzen Albions, nur der, der die Waffe verkauft
hatte, war, trotz der Neutralität Englands, ein englischer Kaufmann. Und das
ist der Schmerz Englands, daß dieses schöne und bequeme Handelsgeschäft jetzt
in keiner Weise mehr gelingen will. Das achtzehnte Jahrhundert ist ins Meer
der Ewigkeit gesunken, und die schönen Subsidienvecträge, durch die man für
englisches Geld so billig deutsches Blut erkaufte und dafür, wahrend sich die
Völker des europäischen Festlandes rauften, die Schätze Indiens und unerme߬
liche Länderstrecken in fremden Weltteilen einheimste, werden heutzutage nicht
mehr abgeschlossen. Es will auch durchaus nicht mehr gelingen, Russen und
Türken an einander zu Hetzen, vou Chinesen oder Japanern, noch besser von
Chinesen und Japanern Zugestüudnisse als Meistbegünstigter zu erlangen,
Revolutiönchen in Venezuela zur Abrundung englischer angrenzender Gebiete
zu benutzen; ja nicht einmal Bauernrepnbliken konnten bezwungen werden, kurz,
es ist vorbei mit Englands Schacher. Das Kritimnig, mich tus vavss ist
leeres Wortgeklingel.

Woher kommt das? Haben das die Engländer nicht ahnen können? Aller¬
dings, und sie haben es auch geahnt. Schon vor vielen Jahren hat ein eng¬
lischer Seeoffizier sein Vaterland ans die Entwicklung der französischen Flotte


Grenzboten I t896 69


Englands Macht

nglmid hat sich seit der Schlacht von Waterloo nicht mehr im
europäischen Feldkriege gezeigt, und seit dem Krimfeldznge, der
eigentlich dein Belagerungskriege einzureihen ist, wurde über¬
haupt kein Schuß mehr aus englischen Gewehren oder Geschützen
in Europa gehört. Das ist nun über achtzig und über vierzig
Jahre her. Allerdings vor fünfundzwanzig Jahren, in dem von Gambetta
entzündeten französischen Volkskriege wurde manche englische Feuerwaffe abge¬
feuert, und mancher brave deutsche Wehrmann mußte dafür zur ewigen Heimat
abgehen; aber der Mann, der das tötliche Geschoß aus englischer Waffe ent¬
sandte, war kein Sohn des stolzen Albions, nur der, der die Waffe verkauft
hatte, war, trotz der Neutralität Englands, ein englischer Kaufmann. Und das
ist der Schmerz Englands, daß dieses schöne und bequeme Handelsgeschäft jetzt
in keiner Weise mehr gelingen will. Das achtzehnte Jahrhundert ist ins Meer
der Ewigkeit gesunken, und die schönen Subsidienvecträge, durch die man für
englisches Geld so billig deutsches Blut erkaufte und dafür, wahrend sich die
Völker des europäischen Festlandes rauften, die Schätze Indiens und unerme߬
liche Länderstrecken in fremden Weltteilen einheimste, werden heutzutage nicht
mehr abgeschlossen. Es will auch durchaus nicht mehr gelingen, Russen und
Türken an einander zu Hetzen, vou Chinesen oder Japanern, noch besser von
Chinesen und Japanern Zugestüudnisse als Meistbegünstigter zu erlangen,
Revolutiönchen in Venezuela zur Abrundung englischer angrenzender Gebiete
zu benutzen; ja nicht einmal Bauernrepnbliken konnten bezwungen werden, kurz,
es ist vorbei mit Englands Schacher. Das Kritimnig, mich tus vavss ist
leeres Wortgeklingel.

Woher kommt das? Haben das die Engländer nicht ahnen können? Aller¬
dings, und sie haben es auch geahnt. Schon vor vielen Jahren hat ein eng¬
lischer Seeoffizier sein Vaterland ans die Entwicklung der französischen Flotte


Grenzboten I t896 69
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[0553] [Abbildung] Englands Macht nglmid hat sich seit der Schlacht von Waterloo nicht mehr im europäischen Feldkriege gezeigt, und seit dem Krimfeldznge, der eigentlich dein Belagerungskriege einzureihen ist, wurde über¬ haupt kein Schuß mehr aus englischen Gewehren oder Geschützen in Europa gehört. Das ist nun über achtzig und über vierzig Jahre her. Allerdings vor fünfundzwanzig Jahren, in dem von Gambetta entzündeten französischen Volkskriege wurde manche englische Feuerwaffe abge¬ feuert, und mancher brave deutsche Wehrmann mußte dafür zur ewigen Heimat abgehen; aber der Mann, der das tötliche Geschoß aus englischer Waffe ent¬ sandte, war kein Sohn des stolzen Albions, nur der, der die Waffe verkauft hatte, war, trotz der Neutralität Englands, ein englischer Kaufmann. Und das ist der Schmerz Englands, daß dieses schöne und bequeme Handelsgeschäft jetzt in keiner Weise mehr gelingen will. Das achtzehnte Jahrhundert ist ins Meer der Ewigkeit gesunken, und die schönen Subsidienvecträge, durch die man für englisches Geld so billig deutsches Blut erkaufte und dafür, wahrend sich die Völker des europäischen Festlandes rauften, die Schätze Indiens und unerme߬ liche Länderstrecken in fremden Weltteilen einheimste, werden heutzutage nicht mehr abgeschlossen. Es will auch durchaus nicht mehr gelingen, Russen und Türken an einander zu Hetzen, vou Chinesen oder Japanern, noch besser von Chinesen und Japanern Zugestüudnisse als Meistbegünstigter zu erlangen, Revolutiönchen in Venezuela zur Abrundung englischer angrenzender Gebiete zu benutzen; ja nicht einmal Bauernrepnbliken konnten bezwungen werden, kurz, es ist vorbei mit Englands Schacher. Das Kritimnig, mich tus vavss ist leeres Wortgeklingel. Woher kommt das? Haben das die Engländer nicht ahnen können? Aller¬ dings, und sie haben es auch geahnt. Schon vor vielen Jahren hat ein eng¬ lischer Seeoffizier sein Vaterland ans die Entwicklung der französischen Flotte Grenzboten I t896 69

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_221645/553>, abgerufen am 22.11.2024.