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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr.

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Richter und Anwalt


Auch aus dieser Zusammenstellung ergiebt sich der Zug der jüdischen Anwälte
zu den großen Verkehrsmittelpunkten. Prenzlau und Ruppin, in vorzugsweise
landwirtschaftlichen Kreisen, huben keinen jüdischen Anwalt.

Nun über Berlin. Es ist von Interesse, hier zunächst die Zahl der
Richter festzustellen. Einschließlich der Präsidenten und Direktoren sind thätig:

beim Kammergericht.............7S Richter
beim Landgericht und Amtsgericht I (Stadtbezirk) . . . 292 "
beim Landgericht und Amtsgericht II (nähere Vororte) . 52 "
zusammen 419 Richter

Dagegen sind zugelassen:

beim Kammergericht....... 68 Anwälte
beim Landgericht und Amtsgericht 1 . . S21 "
beim Landgericht und Amtsgericht II . . 66 "
zusammen 6SS Anwälte

Die Anzahl der Anwälte übersteigt also die Anzahl der Richter um 236, d. i.
um 56 Prozent, auf 100 Richter kommen 156 Anwälte.

Von den Anwälten des Kammergerichts sind 37 jüdischer Konfession,
also 54 Prozent

beim Landgericht und Amtsgericht I 286, also 54 Prozent
beim Landgericht und Amtsgericht II 31, also 47 Prozent

Die Gesamtzahl der jüdischen Anwälte beträgt 354, also 4,54 Prozent sämtlicher
Anwälte des Staats. Vor Freigebung der Advokatur wurde auf je zwei Richter
durchschnittlich ein Anwalt angestellt; das mag zu eng bemessen gewesen sein,
dem Bedürfnis würde ein Anwalt auf einen Richter genügen, wie sich deutlich
in der zweitgrößten Stadt Preußens, in Breslau zeigt, wo auf 97 Richter
99 Anwälte kommen, ganz unverhältnismäßig ist aber die Anzahl der Anwälte
in Berlin bei dem Landgericht und Amtsgericht I, wo 1,75 Anwälte auf



In Charlottenburg 13 : 5 (37 Prozent).
Richter und Anwalt


Auch aus dieser Zusammenstellung ergiebt sich der Zug der jüdischen Anwälte
zu den großen Verkehrsmittelpunkten. Prenzlau und Ruppin, in vorzugsweise
landwirtschaftlichen Kreisen, huben keinen jüdischen Anwalt.

Nun über Berlin. Es ist von Interesse, hier zunächst die Zahl der
Richter festzustellen. Einschließlich der Präsidenten und Direktoren sind thätig:

beim Kammergericht.............7S Richter
beim Landgericht und Amtsgericht I (Stadtbezirk) . . . 292 „
beim Landgericht und Amtsgericht II (nähere Vororte) . 52 „
zusammen 419 Richter

Dagegen sind zugelassen:

beim Kammergericht....... 68 Anwälte
beim Landgericht und Amtsgericht 1 . . S21 „
beim Landgericht und Amtsgericht II . . 66 „
zusammen 6SS Anwälte

Die Anzahl der Anwälte übersteigt also die Anzahl der Richter um 236, d. i.
um 56 Prozent, auf 100 Richter kommen 156 Anwälte.

Von den Anwälten des Kammergerichts sind 37 jüdischer Konfession,
also 54 Prozent

beim Landgericht und Amtsgericht I 286, also 54 Prozent
beim Landgericht und Amtsgericht II 31, also 47 Prozent

Die Gesamtzahl der jüdischen Anwälte beträgt 354, also 4,54 Prozent sämtlicher
Anwälte des Staats. Vor Freigebung der Advokatur wurde auf je zwei Richter
durchschnittlich ein Anwalt angestellt; das mag zu eng bemessen gewesen sein,
dem Bedürfnis würde ein Anwalt auf einen Richter genügen, wie sich deutlich
in der zweitgrößten Stadt Preußens, in Breslau zeigt, wo auf 97 Richter
99 Anwälte kommen, ganz unverhältnismäßig ist aber die Anzahl der Anwälte
in Berlin bei dem Landgericht und Amtsgericht I, wo 1,75 Anwälte auf



In Charlottenburg 13 : 5 (37 Prozent).
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[0526] Richter und Anwalt Davon am Sitz der Landgerichte Am Sitz von Amts¬ gerichten Laudgerichtsbezirk j ^ insgesamt üdisch insgesamt i insgesamt ndischjüdisch Landgericht II Berlin 44 6g 98 13*) S1 32 Kottbus..... 11 26 1 4 3 Is 9 Frankfurt a, O. . . 20 3 2 11 1 6 22 3 2 1 16 Landsberg a. W, . . 10 26 6 2 4 16 Is 31 6 16 2 8 Prenzlau..... 6 16 22 1 1 Neu-Ruppin.... 7 21 14 3 Auch aus dieser Zusammenstellung ergiebt sich der Zug der jüdischen Anwälte zu den großen Verkehrsmittelpunkten. Prenzlau und Ruppin, in vorzugsweise landwirtschaftlichen Kreisen, huben keinen jüdischen Anwalt. Nun über Berlin. Es ist von Interesse, hier zunächst die Zahl der Richter festzustellen. Einschließlich der Präsidenten und Direktoren sind thätig: beim Kammergericht.............7S Richter beim Landgericht und Amtsgericht I (Stadtbezirk) . . . 292 „ beim Landgericht und Amtsgericht II (nähere Vororte) . 52 „ zusammen 419 Richter Dagegen sind zugelassen: beim Kammergericht....... 68 Anwälte beim Landgericht und Amtsgericht 1 . . S21 „ beim Landgericht und Amtsgericht II . . 66 „ zusammen 6SS Anwälte Die Anzahl der Anwälte übersteigt also die Anzahl der Richter um 236, d. i. um 56 Prozent, auf 100 Richter kommen 156 Anwälte. Von den Anwälten des Kammergerichts sind 37 jüdischer Konfession, also 54 Prozent beim Landgericht und Amtsgericht I 286, also 54 Prozent beim Landgericht und Amtsgericht II 31, also 47 Prozent Die Gesamtzahl der jüdischen Anwälte beträgt 354, also 4,54 Prozent sämtlicher Anwälte des Staats. Vor Freigebung der Advokatur wurde auf je zwei Richter durchschnittlich ein Anwalt angestellt; das mag zu eng bemessen gewesen sein, dem Bedürfnis würde ein Anwalt auf einen Richter genügen, wie sich deutlich in der zweitgrößten Stadt Preußens, in Breslau zeigt, wo auf 97 Richter 99 Anwälte kommen, ganz unverhältnismäßig ist aber die Anzahl der Anwälte in Berlin bei dem Landgericht und Amtsgericht I, wo 1,75 Anwälte auf In Charlottenburg 13 : 5 (37 Prozent).

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_221645/526>, abgerufen am 01.09.2024.