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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr.

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unverblümt ausgesprochen, um was es sich handelte. Ganz in Übereinstimmung
mit Marxens Arbeitswerttheorie wird schon im sechzehnten Jahrhundert be-
hehauptet: Ibs vbolv vggM ok tus doa7 ok tus rsalins risstll ont ok t.b.6
lavours ana vorlas ot tds common xeoxlo. Ein Anonymus von 1649 schreibt:
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aber das wollen wir lieber deutsch hersetzen: Wenn einer 10000 Acres,
10000 Pfund Geld und 10000 Stück Vieh, aber keinen einzigen Arbeiter hätte,
was würde er bei all seinem Reichtum sein, als ein gewöhnlicher Arbeiter?
Ebenso deutlich sind die Aussprüche der Freunde des entstehenden Kapitalismus.
Flctcher of Saltonn, ein berühmter "Liberaler" der zweiten Hälfte des sieb¬
zehnten Jahrhunderts, bekannte offenherzig, das herrliche Gebäude der englischen
Freiheit, d. h. der Freiheit der durch keine starke Königsgewnlt gezügelten
Reichen, könne nur bestehen, wenn die Masse des Volkes zu hoffnungsloser
Sklaverei verdammt bleibe. Im vorigen Jahrhundert wurde allerdings schon
ein bischen geheuchelt. Häufig kehrte in den Schriften der Agrarpolitiker die
Klage wieder über die "Faulheit" der kleinen Pächter; wenn man sie zur
Arbeit haben wollte, entschuldigten sie sich damit, daß sie nicht Zeit hätten,
da sie ihren eignen Acker und ihr eignes Vieh besorgen müßten; man erklärte
es daher für eine durch das Gemeinwohl gebotne Notwendigkeit, sie dadurch
"fleißig" zu machen, daß man ihnen ihren eignen Acker nahm. Da wurden
sie denn schließlich allerdings so fleißig, daß nicht allein die Männer, sondern
auch die Frauen und Kinder bis zum fünften Lebensjahre herunter auf den
Feldern der Großpächter unter der Peitsche des Aufsehers arbeiteten. Eine
andre Art Heuchelei bestand darin, daß man die beiden Ausdrücke Weiden und
Wüsten für ein und dasselbe ausgab -- die Juristen, meint Hasbach, träfe
dabei keine Schuld; sie hätten einfach den Agrariern geglaubt -- und die Ein¬
hegung aller "Wüsten" forderte, um sie urbar und für das Gemeinwohl nutzbar
zu machen; unter diesem Vorwande wurde den kleinen Gemeinfreien und Pächtern
die Nutzung der Gemeinweideu entzogen.

Damit ist auch schou das dritte ausgesprochen: .für die Ansammlung
großer Privatreichtümer bildet das Volkselend die Voraussetzung. Es ist das,
wie man bei Hasbach nachlesen kann, von vielen englischen Beobachtern offen
ausgesprochen worden. Man hat es vor Augen gehabt, wie mit dem Wachstum
des Reichtums der Wenigen das Wachstum der Massenarmut gleichen Schritt
hielt, man hat anch den ursächlichen Zusammenhang deutlich erkannt. Der
Arbeiter, so heißt es oft, darf kein Land bekommen, oder er darf wenigstens
nicht soviel bekommen, daß er selbst Landwirt werden kann, denn dann hört


unverblümt ausgesprochen, um was es sich handelte. Ganz in Übereinstimmung
mit Marxens Arbeitswerttheorie wird schon im sechzehnten Jahrhundert be-
hehauptet: Ibs vbolv vggM ok tus doa7 ok tus rsalins risstll ont ok t.b.6
lavours ana vorlas ot tds common xeoxlo. Ein Anonymus von 1649 schreibt:
vög-led Ma strsngtll M oonntrios g.rs in tdk xoor; lor ins/ av all
Zre^t ana neosssary vorlas, g-na eh.s^ MÄlcg up eilf ing.iinz von)- Anet
strsnAtü ok tus armisL. Und John Bekker 1696: ig.tour ot tus xoor dewZ
tus minss ok tuo rien. . . . ?tlo rioli it^of no otlisr og^ ok livinA, but Kz^
ed.6 labour ok tus ottiers. ^itbout ins Ig.voursrs elle^ og.nnot lxz ri<z^, lor —
aber das wollen wir lieber deutsch hersetzen: Wenn einer 10000 Acres,
10000 Pfund Geld und 10000 Stück Vieh, aber keinen einzigen Arbeiter hätte,
was würde er bei all seinem Reichtum sein, als ein gewöhnlicher Arbeiter?
Ebenso deutlich sind die Aussprüche der Freunde des entstehenden Kapitalismus.
Flctcher of Saltonn, ein berühmter „Liberaler" der zweiten Hälfte des sieb¬
zehnten Jahrhunderts, bekannte offenherzig, das herrliche Gebäude der englischen
Freiheit, d. h. der Freiheit der durch keine starke Königsgewnlt gezügelten
Reichen, könne nur bestehen, wenn die Masse des Volkes zu hoffnungsloser
Sklaverei verdammt bleibe. Im vorigen Jahrhundert wurde allerdings schon
ein bischen geheuchelt. Häufig kehrte in den Schriften der Agrarpolitiker die
Klage wieder über die „Faulheit" der kleinen Pächter; wenn man sie zur
Arbeit haben wollte, entschuldigten sie sich damit, daß sie nicht Zeit hätten,
da sie ihren eignen Acker und ihr eignes Vieh besorgen müßten; man erklärte
es daher für eine durch das Gemeinwohl gebotne Notwendigkeit, sie dadurch
„fleißig" zu machen, daß man ihnen ihren eignen Acker nahm. Da wurden
sie denn schließlich allerdings so fleißig, daß nicht allein die Männer, sondern
auch die Frauen und Kinder bis zum fünften Lebensjahre herunter auf den
Feldern der Großpächter unter der Peitsche des Aufsehers arbeiteten. Eine
andre Art Heuchelei bestand darin, daß man die beiden Ausdrücke Weiden und
Wüsten für ein und dasselbe ausgab — die Juristen, meint Hasbach, träfe
dabei keine Schuld; sie hätten einfach den Agrariern geglaubt — und die Ein¬
hegung aller „Wüsten" forderte, um sie urbar und für das Gemeinwohl nutzbar
zu machen; unter diesem Vorwande wurde den kleinen Gemeinfreien und Pächtern
die Nutzung der Gemeinweideu entzogen.

Damit ist auch schou das dritte ausgesprochen: .für die Ansammlung
großer Privatreichtümer bildet das Volkselend die Voraussetzung. Es ist das,
wie man bei Hasbach nachlesen kann, von vielen englischen Beobachtern offen
ausgesprochen worden. Man hat es vor Augen gehabt, wie mit dem Wachstum
des Reichtums der Wenigen das Wachstum der Massenarmut gleichen Schritt
hielt, man hat anch den ursächlichen Zusammenhang deutlich erkannt. Der
Arbeiter, so heißt es oft, darf kein Land bekommen, oder er darf wenigstens
nicht soviel bekommen, daß er selbst Landwirt werden kann, denn dann hört


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[0509] unverblümt ausgesprochen, um was es sich handelte. Ganz in Übereinstimmung mit Marxens Arbeitswerttheorie wird schon im sechzehnten Jahrhundert be- hehauptet: Ibs vbolv vggM ok tus doa7 ok tus rsalins risstll ont ok t.b.6 lavours ana vorlas ot tds common xeoxlo. Ein Anonymus von 1649 schreibt: vög-led Ma strsngtll M oonntrios g.rs in tdk xoor; lor ins/ av all Zre^t ana neosssary vorlas, g-na eh.s^ MÄlcg up eilf ing.iinz von)- Anet strsnAtü ok tus armisL. Und John Bekker 1696: ig.tour ot tus xoor dewZ tus minss ok tuo rien. . . . ?tlo rioli it^of no otlisr og^ ok livinA, but Kz^ ed.6 labour ok tus ottiers. ^itbout ins Ig.voursrs elle^ og.nnot lxz ri<z^, lor — aber das wollen wir lieber deutsch hersetzen: Wenn einer 10000 Acres, 10000 Pfund Geld und 10000 Stück Vieh, aber keinen einzigen Arbeiter hätte, was würde er bei all seinem Reichtum sein, als ein gewöhnlicher Arbeiter? Ebenso deutlich sind die Aussprüche der Freunde des entstehenden Kapitalismus. Flctcher of Saltonn, ein berühmter „Liberaler" der zweiten Hälfte des sieb¬ zehnten Jahrhunderts, bekannte offenherzig, das herrliche Gebäude der englischen Freiheit, d. h. der Freiheit der durch keine starke Königsgewnlt gezügelten Reichen, könne nur bestehen, wenn die Masse des Volkes zu hoffnungsloser Sklaverei verdammt bleibe. Im vorigen Jahrhundert wurde allerdings schon ein bischen geheuchelt. Häufig kehrte in den Schriften der Agrarpolitiker die Klage wieder über die „Faulheit" der kleinen Pächter; wenn man sie zur Arbeit haben wollte, entschuldigten sie sich damit, daß sie nicht Zeit hätten, da sie ihren eignen Acker und ihr eignes Vieh besorgen müßten; man erklärte es daher für eine durch das Gemeinwohl gebotne Notwendigkeit, sie dadurch „fleißig" zu machen, daß man ihnen ihren eignen Acker nahm. Da wurden sie denn schließlich allerdings so fleißig, daß nicht allein die Männer, sondern auch die Frauen und Kinder bis zum fünften Lebensjahre herunter auf den Feldern der Großpächter unter der Peitsche des Aufsehers arbeiteten. Eine andre Art Heuchelei bestand darin, daß man die beiden Ausdrücke Weiden und Wüsten für ein und dasselbe ausgab — die Juristen, meint Hasbach, träfe dabei keine Schuld; sie hätten einfach den Agrariern geglaubt — und die Ein¬ hegung aller „Wüsten" forderte, um sie urbar und für das Gemeinwohl nutzbar zu machen; unter diesem Vorwande wurde den kleinen Gemeinfreien und Pächtern die Nutzung der Gemeinweideu entzogen. Damit ist auch schou das dritte ausgesprochen: .für die Ansammlung großer Privatreichtümer bildet das Volkselend die Voraussetzung. Es ist das, wie man bei Hasbach nachlesen kann, von vielen englischen Beobachtern offen ausgesprochen worden. Man hat es vor Augen gehabt, wie mit dem Wachstum des Reichtums der Wenigen das Wachstum der Massenarmut gleichen Schritt hielt, man hat anch den ursächlichen Zusammenhang deutlich erkannt. Der Arbeiter, so heißt es oft, darf kein Land bekommen, oder er darf wenigstens nicht soviel bekommen, daß er selbst Landwirt werden kann, denn dann hört

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_221645/509>, abgerufen am 01.09.2024.