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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr.

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Der Kampf in den Dstmarken

lich zu machen und trotzdem den so verstümmelten Menschen zu erhalten als
nützliche schwarze Schachfigur. Das macht die nur geistige, aber doch so that¬
sächliche Gewalt Roms über die Seelen.

In der Endabrechnung des deutschen Volks steht Rom immerdar auf der
linken Seite. Nicht um es zu andern, sagen wir das, sondern damit sich nie¬
mand trügerischen Erwartungen hingebe. Aber du, Rom, hüte dich vor der
blendend weißen Gestalt, vor dem deutschen Erzengel Michael mit den strah¬
lenden, treuen blauen Augen!

Bis jetzt ist freilich, allein durch die geistige Macht Roms, trotz der un¬
bestreitbaren wirtschaftlichen Überlegenheit der Deutschen, trotz des bei weitem
größern Kapitals ihrer kämpfenden Banken, trotz des H.K.T.-Vereins, die Über¬
macht dennoch auf Seiten der Polen.

Könnten linn die neutralen Mächte, die weder zur weißen noch zur
schwarzen Seite gehören, also wohl eine unbestimmte graue Farbe tragen, das
Spiel wenden, wenn sie auf dem Schachbrett bei Weiß stünden?

Die Generalkommission in Bromberg verfährt bei ihrer Besiedlung nach
den Gesetzen von 1890 und 1891. Da diesen Gesetzen der nationale Gesichts¬
punkt fremd ist, so kann ihn auch die Generalkommission nicht berücksichtigen.
Aber auch sonst, wirtschaftlich, ist das Verfahren ein andres als bei jenen An-
siedlungsbcmken, die größtenteils selbst die Unternehmer bei der Besiedlung sind.
Hier dagegen liegt das Besiedlungsunternehmen in der Hand des zerteilenden
Grundbesitzers. Zwischen ihm und dem vorsprechenden Ansiedler vermittelt die
Generalkommission nur, indem sie dem Grundbesitzer, also z. B. auch der gro߬
grundbesitzenden polnischen Bank, das reine Kaufkapital in Rentenbriefen über¬
weist, während die Rente von den Ansiedlern durch die Nentenbank eingezogen
wird. Trotz dieser bloß vermittelnden Stellung vermöchte die Generalkom¬
misston dennoch Einfluß auf die Auswahl der Ansiedler zu gewinnen, da sie
für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Ansiedler, die zugelassen werden
wollen, gewisse Grundsätze zur Anwendung bringen kann. Es ist uns nicht
bekannt, wie weit sie ihren Einfluß hierbei grundsätzlich ausübt. Sie könnte
aber sicherlich, wenn sie wollte, durch geschickte Normirung der Zulassungs¬
bedingungen die Polen thatsächlich ausschließen. Denn "deutsch" und "polnisch"
ist nicht nur ein Unterschied der Sprache, der politischen Partei und des
Glaubensbekenntnisses, sondern auch ein Unterschied der wirtschaftlichen Leistungs¬
fähigkeit. Der polnische Adel hat jahrhundertelang Verschwörungen ange¬
zettelt, und der polnische Bauer ist bis zuletzt thatsächlich der Sklave des Adels¬
gewesen. Diese Thätigkeiten und jene Duldungen konnten keine guten Land¬
wirte hervorbringen.

Sehr strenge Anforderungen würden also die Polen thatsächlich von der
landwirtschaftlichen Ansiedlung fast ganz fernhalten. Aber wir sind nicht
dafür, daß die Generalkommission diesen krummen Weg einschlage. Denn wir


Der Kampf in den Dstmarken

lich zu machen und trotzdem den so verstümmelten Menschen zu erhalten als
nützliche schwarze Schachfigur. Das macht die nur geistige, aber doch so that¬
sächliche Gewalt Roms über die Seelen.

In der Endabrechnung des deutschen Volks steht Rom immerdar auf der
linken Seite. Nicht um es zu andern, sagen wir das, sondern damit sich nie¬
mand trügerischen Erwartungen hingebe. Aber du, Rom, hüte dich vor der
blendend weißen Gestalt, vor dem deutschen Erzengel Michael mit den strah¬
lenden, treuen blauen Augen!

Bis jetzt ist freilich, allein durch die geistige Macht Roms, trotz der un¬
bestreitbaren wirtschaftlichen Überlegenheit der Deutschen, trotz des bei weitem
größern Kapitals ihrer kämpfenden Banken, trotz des H.K.T.-Vereins, die Über¬
macht dennoch auf Seiten der Polen.

Könnten linn die neutralen Mächte, die weder zur weißen noch zur
schwarzen Seite gehören, also wohl eine unbestimmte graue Farbe tragen, das
Spiel wenden, wenn sie auf dem Schachbrett bei Weiß stünden?

Die Generalkommission in Bromberg verfährt bei ihrer Besiedlung nach
den Gesetzen von 1890 und 1891. Da diesen Gesetzen der nationale Gesichts¬
punkt fremd ist, so kann ihn auch die Generalkommission nicht berücksichtigen.
Aber auch sonst, wirtschaftlich, ist das Verfahren ein andres als bei jenen An-
siedlungsbcmken, die größtenteils selbst die Unternehmer bei der Besiedlung sind.
Hier dagegen liegt das Besiedlungsunternehmen in der Hand des zerteilenden
Grundbesitzers. Zwischen ihm und dem vorsprechenden Ansiedler vermittelt die
Generalkommission nur, indem sie dem Grundbesitzer, also z. B. auch der gro߬
grundbesitzenden polnischen Bank, das reine Kaufkapital in Rentenbriefen über¬
weist, während die Rente von den Ansiedlern durch die Nentenbank eingezogen
wird. Trotz dieser bloß vermittelnden Stellung vermöchte die Generalkom¬
misston dennoch Einfluß auf die Auswahl der Ansiedler zu gewinnen, da sie
für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Ansiedler, die zugelassen werden
wollen, gewisse Grundsätze zur Anwendung bringen kann. Es ist uns nicht
bekannt, wie weit sie ihren Einfluß hierbei grundsätzlich ausübt. Sie könnte
aber sicherlich, wenn sie wollte, durch geschickte Normirung der Zulassungs¬
bedingungen die Polen thatsächlich ausschließen. Denn „deutsch" und „polnisch"
ist nicht nur ein Unterschied der Sprache, der politischen Partei und des
Glaubensbekenntnisses, sondern auch ein Unterschied der wirtschaftlichen Leistungs¬
fähigkeit. Der polnische Adel hat jahrhundertelang Verschwörungen ange¬
zettelt, und der polnische Bauer ist bis zuletzt thatsächlich der Sklave des Adels¬
gewesen. Diese Thätigkeiten und jene Duldungen konnten keine guten Land¬
wirte hervorbringen.

Sehr strenge Anforderungen würden also die Polen thatsächlich von der
landwirtschaftlichen Ansiedlung fast ganz fernhalten. Aber wir sind nicht
dafür, daß die Generalkommission diesen krummen Weg einschlage. Denn wir


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[0414] Der Kampf in den Dstmarken lich zu machen und trotzdem den so verstümmelten Menschen zu erhalten als nützliche schwarze Schachfigur. Das macht die nur geistige, aber doch so that¬ sächliche Gewalt Roms über die Seelen. In der Endabrechnung des deutschen Volks steht Rom immerdar auf der linken Seite. Nicht um es zu andern, sagen wir das, sondern damit sich nie¬ mand trügerischen Erwartungen hingebe. Aber du, Rom, hüte dich vor der blendend weißen Gestalt, vor dem deutschen Erzengel Michael mit den strah¬ lenden, treuen blauen Augen! Bis jetzt ist freilich, allein durch die geistige Macht Roms, trotz der un¬ bestreitbaren wirtschaftlichen Überlegenheit der Deutschen, trotz des bei weitem größern Kapitals ihrer kämpfenden Banken, trotz des H.K.T.-Vereins, die Über¬ macht dennoch auf Seiten der Polen. Könnten linn die neutralen Mächte, die weder zur weißen noch zur schwarzen Seite gehören, also wohl eine unbestimmte graue Farbe tragen, das Spiel wenden, wenn sie auf dem Schachbrett bei Weiß stünden? Die Generalkommission in Bromberg verfährt bei ihrer Besiedlung nach den Gesetzen von 1890 und 1891. Da diesen Gesetzen der nationale Gesichts¬ punkt fremd ist, so kann ihn auch die Generalkommission nicht berücksichtigen. Aber auch sonst, wirtschaftlich, ist das Verfahren ein andres als bei jenen An- siedlungsbcmken, die größtenteils selbst die Unternehmer bei der Besiedlung sind. Hier dagegen liegt das Besiedlungsunternehmen in der Hand des zerteilenden Grundbesitzers. Zwischen ihm und dem vorsprechenden Ansiedler vermittelt die Generalkommission nur, indem sie dem Grundbesitzer, also z. B. auch der gro߬ grundbesitzenden polnischen Bank, das reine Kaufkapital in Rentenbriefen über¬ weist, während die Rente von den Ansiedlern durch die Nentenbank eingezogen wird. Trotz dieser bloß vermittelnden Stellung vermöchte die Generalkom¬ misston dennoch Einfluß auf die Auswahl der Ansiedler zu gewinnen, da sie für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Ansiedler, die zugelassen werden wollen, gewisse Grundsätze zur Anwendung bringen kann. Es ist uns nicht bekannt, wie weit sie ihren Einfluß hierbei grundsätzlich ausübt. Sie könnte aber sicherlich, wenn sie wollte, durch geschickte Normirung der Zulassungs¬ bedingungen die Polen thatsächlich ausschließen. Denn „deutsch" und „polnisch" ist nicht nur ein Unterschied der Sprache, der politischen Partei und des Glaubensbekenntnisses, sondern auch ein Unterschied der wirtschaftlichen Leistungs¬ fähigkeit. Der polnische Adel hat jahrhundertelang Verschwörungen ange¬ zettelt, und der polnische Bauer ist bis zuletzt thatsächlich der Sklave des Adels¬ gewesen. Diese Thätigkeiten und jene Duldungen konnten keine guten Land¬ wirte hervorbringen. Sehr strenge Anforderungen würden also die Polen thatsächlich von der landwirtschaftlichen Ansiedlung fast ganz fernhalten. Aber wir sind nicht dafür, daß die Generalkommission diesen krummen Weg einschlage. Denn wir

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_221645/414>, abgerufen am 01.09.2024.