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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr.

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Die Verwirrung in der Schreibung unsrer Straßennamen

gehoben wird: er ist much der Berliner Straße gezogen), aber much Berliner
Straße, ja selbst Berliner Straße." Mehrere geben an, es werde der Unter¬
scheidung halber z. B. "Marien-Platz und Marien-Straße" betont; das ist
auch wieder selbstverständlich; das meinte ich auch nicht, als ich in der An¬
merkung zu Ur. 5 die Frage stellte: "Belone man aber dort etwa auch Hvlsten-
sträße statt Hölstenstraße? Goethestraße statt Goethestrnße? u. ä." Hierauf
haben sehr viele gar nicht, neununddreißig mit Nein geantwortet; acht aber
haben Einzelheiten mitgeteilt. Voppard: "Man betont Binger Gasse, Pastvrs-
Gäßchen, aber sonst Franziskaner Straße u. a. in." Vraunschweig: "Höm-
burger Straße, Möltkestraße usw., aber: Rautheimer Weg, Hohe Stieg." Celle:
"Nein, aber: Aller-Brücke." Hamburg: "Hölstenstraße, Gvcthestraße, aller--
diugs kommt bei einigen Straßen die andre Betonung vor, so: Reichenstraße,
Bäckerstraße, Schmiedesträße." Leipzig: siehe vorher. Mülheim a. d. Ruhr:
"Die alten Straßennamen werden von den gebornen Milcheimern, nament¬
lich in der niederdeutschen Sprache, mit dem Ton ans Straße gesprochen, so
Kettwiger Straße! Dagegen haben neuere Straßen und diese namentlich im
Hochdeutschen und bei Zugezognen den Ton so: Hingbcrgstraße, Heißener
Straße." Trier: "Luxemburger Straße, aber Eurener Weg." Wernigerode:
"Die noch herrschende einheimische Weise legt hier den Ton entschieden aus
Straße: Breite Straße, Miesleber Straße; dagegen Grnbestraße, Förckestraße."
Dabei sei bemerkt, daß man in Bonn den Hofgarten nicht so, sondern Hofgarten
nennt, ebenso den jetzigen Stadtgarten Stadtgarten und den frühern Knäben-
garten .Knabengärten; selbst jetzt, wo die ersten beiden gleichzeitig bestehen, be¬
tont man bei beiden den Garten!"^) or. Presset in Heilbronn schreibt: "In
Ulm erkenne man den "Reingeschmeckten" (Hereingeschmeckten, Zugewanderten)
daran sofort, wenn er Stadtmauer statt ulmisch Stadtmauer spricht."

Die sechste Frage lautete: "Belone man dort Breite Straße oder Breite
Straße? Hohe Straße oder Höhe Straße? u. ä." Das Ergebnis ist ähnlich
wie bei der vorigen Frage; nur siebzehn Vereine geben die richtige Betonung,
dreiundvierzig die falsche an (darunter in Braunschweig sogar Neue Straße,
in Stettin Kürze Straße). In drei Städten kommen beide Betonungen neben
einander vor, in Breslau aber die falsche seltener als die richtige. Aus
Lübeck wird geschrieben: "plattdeutsch wird stets Straße betont." Von Einzel¬
heiten erwähne ich: Annaberg: Am hohen Weg. Eger: Lange Gasse. Heidel¬
berg: Kurzer Buckel. Koblenz: Altengräben, Altenhöf. Meiningen: Hohe
Leite. Neunkirchen: Höhlstraße, Schmaler Weg. Straßburg: Am Hohen
Steg, Auf der grünen Warte. Trier: Neuer Weg. Wernigerode: Breite
Straße, Hohe Warte.

Die siebente Frage lautete: "Heißt es dort Breite Straße oder Breit-



*) I", Harz scheint man alle Ortsnamen so zu betonen. Man sagt much Klausthnl u. a.
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Die Verwirrung in der Schreibung unsrer Straßennamen

gehoben wird: er ist much der Berliner Straße gezogen), aber much Berliner
Straße, ja selbst Berliner Straße." Mehrere geben an, es werde der Unter¬
scheidung halber z. B. „Marien-Platz und Marien-Straße" betont; das ist
auch wieder selbstverständlich; das meinte ich auch nicht, als ich in der An¬
merkung zu Ur. 5 die Frage stellte: „Belone man aber dort etwa auch Hvlsten-
sträße statt Hölstenstraße? Goethestraße statt Goethestrnße? u. ä." Hierauf
haben sehr viele gar nicht, neununddreißig mit Nein geantwortet; acht aber
haben Einzelheiten mitgeteilt. Voppard: „Man betont Binger Gasse, Pastvrs-
Gäßchen, aber sonst Franziskaner Straße u. a. in." Vraunschweig: „Höm-
burger Straße, Möltkestraße usw., aber: Rautheimer Weg, Hohe Stieg." Celle:
„Nein, aber: Aller-Brücke." Hamburg: „Hölstenstraße, Gvcthestraße, aller--
diugs kommt bei einigen Straßen die andre Betonung vor, so: Reichenstraße,
Bäckerstraße, Schmiedesträße." Leipzig: siehe vorher. Mülheim a. d. Ruhr:
„Die alten Straßennamen werden von den gebornen Milcheimern, nament¬
lich in der niederdeutschen Sprache, mit dem Ton ans Straße gesprochen, so
Kettwiger Straße! Dagegen haben neuere Straßen und diese namentlich im
Hochdeutschen und bei Zugezognen den Ton so: Hingbcrgstraße, Heißener
Straße." Trier: „Luxemburger Straße, aber Eurener Weg." Wernigerode:
„Die noch herrschende einheimische Weise legt hier den Ton entschieden aus
Straße: Breite Straße, Miesleber Straße; dagegen Grnbestraße, Förckestraße."
Dabei sei bemerkt, daß man in Bonn den Hofgarten nicht so, sondern Hofgarten
nennt, ebenso den jetzigen Stadtgarten Stadtgarten und den frühern Knäben-
garten .Knabengärten; selbst jetzt, wo die ersten beiden gleichzeitig bestehen, be¬
tont man bei beiden den Garten!"^) or. Presset in Heilbronn schreibt: „In
Ulm erkenne man den »Reingeschmeckten« (Hereingeschmeckten, Zugewanderten)
daran sofort, wenn er Stadtmauer statt ulmisch Stadtmauer spricht."

Die sechste Frage lautete: „Belone man dort Breite Straße oder Breite
Straße? Hohe Straße oder Höhe Straße? u. ä." Das Ergebnis ist ähnlich
wie bei der vorigen Frage; nur siebzehn Vereine geben die richtige Betonung,
dreiundvierzig die falsche an (darunter in Braunschweig sogar Neue Straße,
in Stettin Kürze Straße). In drei Städten kommen beide Betonungen neben
einander vor, in Breslau aber die falsche seltener als die richtige. Aus
Lübeck wird geschrieben: „plattdeutsch wird stets Straße betont." Von Einzel¬
heiten erwähne ich: Annaberg: Am hohen Weg. Eger: Lange Gasse. Heidel¬
berg: Kurzer Buckel. Koblenz: Altengräben, Altenhöf. Meiningen: Hohe
Leite. Neunkirchen: Höhlstraße, Schmaler Weg. Straßburg: Am Hohen
Steg, Auf der grünen Warte. Trier: Neuer Weg. Wernigerode: Breite
Straße, Hohe Warte.

Die siebente Frage lautete: „Heißt es dort Breite Straße oder Breit-



*) I», Harz scheint man alle Ortsnamen so zu betonen. Man sagt much Klausthnl u. a.
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[0329] Die Verwirrung in der Schreibung unsrer Straßennamen gehoben wird: er ist much der Berliner Straße gezogen), aber much Berliner Straße, ja selbst Berliner Straße." Mehrere geben an, es werde der Unter¬ scheidung halber z. B. „Marien-Platz und Marien-Straße" betont; das ist auch wieder selbstverständlich; das meinte ich auch nicht, als ich in der An¬ merkung zu Ur. 5 die Frage stellte: „Belone man aber dort etwa auch Hvlsten- sträße statt Hölstenstraße? Goethestraße statt Goethestrnße? u. ä." Hierauf haben sehr viele gar nicht, neununddreißig mit Nein geantwortet; acht aber haben Einzelheiten mitgeteilt. Voppard: „Man betont Binger Gasse, Pastvrs- Gäßchen, aber sonst Franziskaner Straße u. a. in." Vraunschweig: „Höm- burger Straße, Möltkestraße usw., aber: Rautheimer Weg, Hohe Stieg." Celle: „Nein, aber: Aller-Brücke." Hamburg: „Hölstenstraße, Gvcthestraße, aller-- diugs kommt bei einigen Straßen die andre Betonung vor, so: Reichenstraße, Bäckerstraße, Schmiedesträße." Leipzig: siehe vorher. Mülheim a. d. Ruhr: „Die alten Straßennamen werden von den gebornen Milcheimern, nament¬ lich in der niederdeutschen Sprache, mit dem Ton ans Straße gesprochen, so Kettwiger Straße! Dagegen haben neuere Straßen und diese namentlich im Hochdeutschen und bei Zugezognen den Ton so: Hingbcrgstraße, Heißener Straße." Trier: „Luxemburger Straße, aber Eurener Weg." Wernigerode: „Die noch herrschende einheimische Weise legt hier den Ton entschieden aus Straße: Breite Straße, Miesleber Straße; dagegen Grnbestraße, Förckestraße." Dabei sei bemerkt, daß man in Bonn den Hofgarten nicht so, sondern Hofgarten nennt, ebenso den jetzigen Stadtgarten Stadtgarten und den frühern Knäben- garten .Knabengärten; selbst jetzt, wo die ersten beiden gleichzeitig bestehen, be¬ tont man bei beiden den Garten!"^) or. Presset in Heilbronn schreibt: „In Ulm erkenne man den »Reingeschmeckten« (Hereingeschmeckten, Zugewanderten) daran sofort, wenn er Stadtmauer statt ulmisch Stadtmauer spricht." Die sechste Frage lautete: „Belone man dort Breite Straße oder Breite Straße? Hohe Straße oder Höhe Straße? u. ä." Das Ergebnis ist ähnlich wie bei der vorigen Frage; nur siebzehn Vereine geben die richtige Betonung, dreiundvierzig die falsche an (darunter in Braunschweig sogar Neue Straße, in Stettin Kürze Straße). In drei Städten kommen beide Betonungen neben einander vor, in Breslau aber die falsche seltener als die richtige. Aus Lübeck wird geschrieben: „plattdeutsch wird stets Straße betont." Von Einzel¬ heiten erwähne ich: Annaberg: Am hohen Weg. Eger: Lange Gasse. Heidel¬ berg: Kurzer Buckel. Koblenz: Altengräben, Altenhöf. Meiningen: Hohe Leite. Neunkirchen: Höhlstraße, Schmaler Weg. Straßburg: Am Hohen Steg, Auf der grünen Warte. Trier: Neuer Weg. Wernigerode: Breite Straße, Hohe Warte. Die siebente Frage lautete: „Heißt es dort Breite Straße oder Breit- *) I», Harz scheint man alle Ortsnamen so zu betonen. Man sagt much Klausthnl u. a. Grenzbote» I t»W > >

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_221645/329>, abgerufen am 01.09.2024.