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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr.

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Deutschlands Beziehungen zu Transvaal

ein Herr von Brandes, der schon seit 1856 im Lande ist und schon über fünf¬
undzwanzig Jahre im Dienste der Republik steht.

Mit den Buren stehen die Deutschen im besten Einvernehmen. Dies zeigt
sich am deutlichsten bei der Feier nationaler Festtage, zu denen nicht nur
Bürger erscheinen, sondern anch die ersten Würdenträger der Republik. Wie
warm und anerkennend waren die Worte, die Präsident Krüger am 27. Januar
1895 in seinem Trinkspruch auf unsern Kaiser den Deutschen spendete! "Ich
weiß, was ich den Deutschen schuldig bin. Die deutschen Unterthanen, die
nach Transvaal kamen, als der Staat mit den Eingebornen Schwierigkeiten
hatte, sind immer bereit gewesen, den Staat zu verteidigen. Sie achten und
ehren die Landesgesetze. Das ist der Geist, das Volk, das wir brauchen
köunen, und ich hoffe, daß sich Transvaal immer fester an Deutschland an¬
schließen wird."

Die deutschen Ansiedler sind mit ihrer Lage zufrieden. Dafür spricht
auch der Umstand, daß sich unter den Verhafteten des Nandklubs nur fünf
mit deutschen Namen befinden. Arbeiter und Handwerker können leicht 30 bis
40 Prozent ihres Verdienstes zurücklegen. Die deutschen Handwerker in den
Städten gehören zu den geschicktesten und gesuchtesten. Arbeiter und Farmer
finden sich in beträchtlicher Zahl über das ganze Land zerstreut. Auch der
Ackerbauer hat in der Republik sein gutes Fortkommen. Der Boden ist meist
fruchtbar, und für seine Erzeugnisse findet er in den Minengebieten guten Absatz.
Überall, wo die Deutschen in größerer Anzahl zusammenwohnen, erhalten sie
sich auch ihr Deutschtum.

Ju Johannesburg mögen sich ungefähr dreitausend Deutsche befinden.
Die gesuchtesten Ärzte der Stadt sind Deutsche. In der prächtigen Haupt¬
straße haben deutsche Warenhäuser die größten und schönsten Läden. Die
Geschäfte des Lübecker Rolfes, des Frankfurter Nebel und des Hamburger
Königsberg sind die ersten am Orte. Die letztgenannte Firma hat im ver¬
gangnen Jahre allein für fünf Millionen Mark Waren aus Deutschland ein¬
geführt. Ein großer Teil der Gastwirtschaften befindet sich auch in deutschen
Händen. Wie weit deutscher Einfluß geht, kann man daraus ersehen, daß sich
selbst englische Geschäftshäuser deutsche Leute halten. Natürlich haben sich
unsre Lnndslente hier zu einer Anzahl von Vereinen zusammengeschlossen,
unter denen die Liedertafel und der deutsche Klub die bessern Elemente in sich
vereinigen. Die nationalen Festtage feiern sie in fröhlicher Gemeinschaft. Und
seit Neujahr 1896 haben sie auch eine deutsche Zeitung, die Deutsche Wacht,
die den fünf englischen Blättern gegenüber, die in Johannesburg erscheinen,
die deutschen Interesse" vertritt. Zu verwundern ist nur, daß es noch keine
deutsche Schule giebt.

In Pretoria, das im Gegensatz zu Johannesburg in fruchtbarer Gegend
und inmitten blühender Gärten liegt, sind uuter den sechstausend Einwohnern


Deutschlands Beziehungen zu Transvaal

ein Herr von Brandes, der schon seit 1856 im Lande ist und schon über fünf¬
undzwanzig Jahre im Dienste der Republik steht.

Mit den Buren stehen die Deutschen im besten Einvernehmen. Dies zeigt
sich am deutlichsten bei der Feier nationaler Festtage, zu denen nicht nur
Bürger erscheinen, sondern anch die ersten Würdenträger der Republik. Wie
warm und anerkennend waren die Worte, die Präsident Krüger am 27. Januar
1895 in seinem Trinkspruch auf unsern Kaiser den Deutschen spendete! „Ich
weiß, was ich den Deutschen schuldig bin. Die deutschen Unterthanen, die
nach Transvaal kamen, als der Staat mit den Eingebornen Schwierigkeiten
hatte, sind immer bereit gewesen, den Staat zu verteidigen. Sie achten und
ehren die Landesgesetze. Das ist der Geist, das Volk, das wir brauchen
köunen, und ich hoffe, daß sich Transvaal immer fester an Deutschland an¬
schließen wird."

Die deutschen Ansiedler sind mit ihrer Lage zufrieden. Dafür spricht
auch der Umstand, daß sich unter den Verhafteten des Nandklubs nur fünf
mit deutschen Namen befinden. Arbeiter und Handwerker können leicht 30 bis
40 Prozent ihres Verdienstes zurücklegen. Die deutschen Handwerker in den
Städten gehören zu den geschicktesten und gesuchtesten. Arbeiter und Farmer
finden sich in beträchtlicher Zahl über das ganze Land zerstreut. Auch der
Ackerbauer hat in der Republik sein gutes Fortkommen. Der Boden ist meist
fruchtbar, und für seine Erzeugnisse findet er in den Minengebieten guten Absatz.
Überall, wo die Deutschen in größerer Anzahl zusammenwohnen, erhalten sie
sich auch ihr Deutschtum.

Ju Johannesburg mögen sich ungefähr dreitausend Deutsche befinden.
Die gesuchtesten Ärzte der Stadt sind Deutsche. In der prächtigen Haupt¬
straße haben deutsche Warenhäuser die größten und schönsten Läden. Die
Geschäfte des Lübecker Rolfes, des Frankfurter Nebel und des Hamburger
Königsberg sind die ersten am Orte. Die letztgenannte Firma hat im ver¬
gangnen Jahre allein für fünf Millionen Mark Waren aus Deutschland ein¬
geführt. Ein großer Teil der Gastwirtschaften befindet sich auch in deutschen
Händen. Wie weit deutscher Einfluß geht, kann man daraus ersehen, daß sich
selbst englische Geschäftshäuser deutsche Leute halten. Natürlich haben sich
unsre Lnndslente hier zu einer Anzahl von Vereinen zusammengeschlossen,
unter denen die Liedertafel und der deutsche Klub die bessern Elemente in sich
vereinigen. Die nationalen Festtage feiern sie in fröhlicher Gemeinschaft. Und
seit Neujahr 1896 haben sie auch eine deutsche Zeitung, die Deutsche Wacht,
die den fünf englischen Blättern gegenüber, die in Johannesburg erscheinen,
die deutschen Interesse» vertritt. Zu verwundern ist nur, daß es noch keine
deutsche Schule giebt.

In Pretoria, das im Gegensatz zu Johannesburg in fruchtbarer Gegend
und inmitten blühender Gärten liegt, sind uuter den sechstausend Einwohnern


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[0317] Deutschlands Beziehungen zu Transvaal ein Herr von Brandes, der schon seit 1856 im Lande ist und schon über fünf¬ undzwanzig Jahre im Dienste der Republik steht. Mit den Buren stehen die Deutschen im besten Einvernehmen. Dies zeigt sich am deutlichsten bei der Feier nationaler Festtage, zu denen nicht nur Bürger erscheinen, sondern anch die ersten Würdenträger der Republik. Wie warm und anerkennend waren die Worte, die Präsident Krüger am 27. Januar 1895 in seinem Trinkspruch auf unsern Kaiser den Deutschen spendete! „Ich weiß, was ich den Deutschen schuldig bin. Die deutschen Unterthanen, die nach Transvaal kamen, als der Staat mit den Eingebornen Schwierigkeiten hatte, sind immer bereit gewesen, den Staat zu verteidigen. Sie achten und ehren die Landesgesetze. Das ist der Geist, das Volk, das wir brauchen köunen, und ich hoffe, daß sich Transvaal immer fester an Deutschland an¬ schließen wird." Die deutschen Ansiedler sind mit ihrer Lage zufrieden. Dafür spricht auch der Umstand, daß sich unter den Verhafteten des Nandklubs nur fünf mit deutschen Namen befinden. Arbeiter und Handwerker können leicht 30 bis 40 Prozent ihres Verdienstes zurücklegen. Die deutschen Handwerker in den Städten gehören zu den geschicktesten und gesuchtesten. Arbeiter und Farmer finden sich in beträchtlicher Zahl über das ganze Land zerstreut. Auch der Ackerbauer hat in der Republik sein gutes Fortkommen. Der Boden ist meist fruchtbar, und für seine Erzeugnisse findet er in den Minengebieten guten Absatz. Überall, wo die Deutschen in größerer Anzahl zusammenwohnen, erhalten sie sich auch ihr Deutschtum. Ju Johannesburg mögen sich ungefähr dreitausend Deutsche befinden. Die gesuchtesten Ärzte der Stadt sind Deutsche. In der prächtigen Haupt¬ straße haben deutsche Warenhäuser die größten und schönsten Läden. Die Geschäfte des Lübecker Rolfes, des Frankfurter Nebel und des Hamburger Königsberg sind die ersten am Orte. Die letztgenannte Firma hat im ver¬ gangnen Jahre allein für fünf Millionen Mark Waren aus Deutschland ein¬ geführt. Ein großer Teil der Gastwirtschaften befindet sich auch in deutschen Händen. Wie weit deutscher Einfluß geht, kann man daraus ersehen, daß sich selbst englische Geschäftshäuser deutsche Leute halten. Natürlich haben sich unsre Lnndslente hier zu einer Anzahl von Vereinen zusammengeschlossen, unter denen die Liedertafel und der deutsche Klub die bessern Elemente in sich vereinigen. Die nationalen Festtage feiern sie in fröhlicher Gemeinschaft. Und seit Neujahr 1896 haben sie auch eine deutsche Zeitung, die Deutsche Wacht, die den fünf englischen Blättern gegenüber, die in Johannesburg erscheinen, die deutschen Interesse» vertritt. Zu verwundern ist nur, daß es noch keine deutsche Schule giebt. In Pretoria, das im Gegensatz zu Johannesburg in fruchtbarer Gegend und inmitten blühender Gärten liegt, sind uuter den sechstausend Einwohnern

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_221645/317>, abgerufen am 01.09.2024.