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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr.

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Freiwillige Flottensteuer

begriffen, dann aber nicht bei sich behalten, sondern als eine That wieder aus
sich herausstellen möchten!

Einige Zeitungen wollten wissen, daß es in letzter Zeit mit der Stim¬
mung für die Flotte im Volke besser geworden sei. Ja, Reden sind durchs
Land gerauscht, und wenn es nach der Zahl der Worte ginge, die gesprochen
worden sind, so konnte man sich leicht durch ihren Schwall gedeckt glauben.
Aber es ist eine alte Wahrheit, daß Worte allein noch niemals etwas genutzt,
sondern eher geschadet haben. Denn einen böswilligen Gegner hindert nichts,
das Wort für die That zu nehmen und darnach sein Verhalten einzurichten.
Nur die That kaun uns erretten, und wenn sie der Reichstag nicht auf sich
nehmen will, dann sollte das Volk selbst, geführt von patriotischen Männern,
damit vorgehen. Als in dem ersten punischen Kriege gewaltige Stürme die
besten Flotten Roms vernichtet hatten und Senat und Behörden, verzagt ob
des großen Unglücks, die Hände in den Schoß legten, da nahmen sich reiche
Privatleute der Sache an und gaben die Gelder her, die den Bau einer neuen
Flotte ermöglichten. Soll so etwas bloß in der Geschichte verzeichnet stehen,
um durch die Bewunderung fremder Größe dem Gemüt für den Augenblick
eine wohlthuende Erregung zu bereiten?

Ein kleiner Anlauf zu einer ähnlichen patriotischen That ist ja auch bei
uus in den letzten Wochen gemacht worden. Aber der Vorschlag, durch ein¬
malige freiwillige Gaben die großen Summen zu beschaffen, die in unserm Falle
nötig sind, erinnert doch gar zu sehr an die Verse:

Was soll denn aber nun geschehen? Was kann gethan werden, damit
nicht auch die hier uiedergeschriebuen Worte nur Worte bleiben? Um gerades
Weges zum Ende zu gelangen, so ergeht hiermit an alle patriotischen Männer,
denen die Zukunft des Vaterlands am Herzen liegt, die Aufforderung, sich nicht
mit einer einmaligen Belastung ihres Geldbeutels zu begnügen, sondern, soweit
es notthut, sich für eine Reihe von Jahren zur Zahlung einer bestimmten
Flottensteuer bereit zu erklären. Ich gehe hiermit voran und bin erbötig, bis
der Zweck erreicht ist, jährlich das Viertel von dem, was meine Staatssteuern
betragen, für den Bau von Kreuzern und Panzern einziehen zu lassen. Jeder
deutsche Mann, den Erfahrung und Stellung im Leben dazu befähigen, die
große Sache in die richtigen Wege zu leiten, soll das Recht haben, mich jeder¬
zeit beim Worte zu halten.


Arnold Folle


Grenzbote" I 1et"634
Freiwillige Flottensteuer

begriffen, dann aber nicht bei sich behalten, sondern als eine That wieder aus
sich herausstellen möchten!

Einige Zeitungen wollten wissen, daß es in letzter Zeit mit der Stim¬
mung für die Flotte im Volke besser geworden sei. Ja, Reden sind durchs
Land gerauscht, und wenn es nach der Zahl der Worte ginge, die gesprochen
worden sind, so konnte man sich leicht durch ihren Schwall gedeckt glauben.
Aber es ist eine alte Wahrheit, daß Worte allein noch niemals etwas genutzt,
sondern eher geschadet haben. Denn einen böswilligen Gegner hindert nichts,
das Wort für die That zu nehmen und darnach sein Verhalten einzurichten.
Nur die That kaun uns erretten, und wenn sie der Reichstag nicht auf sich
nehmen will, dann sollte das Volk selbst, geführt von patriotischen Männern,
damit vorgehen. Als in dem ersten punischen Kriege gewaltige Stürme die
besten Flotten Roms vernichtet hatten und Senat und Behörden, verzagt ob
des großen Unglücks, die Hände in den Schoß legten, da nahmen sich reiche
Privatleute der Sache an und gaben die Gelder her, die den Bau einer neuen
Flotte ermöglichten. Soll so etwas bloß in der Geschichte verzeichnet stehen,
um durch die Bewunderung fremder Größe dem Gemüt für den Augenblick
eine wohlthuende Erregung zu bereiten?

Ein kleiner Anlauf zu einer ähnlichen patriotischen That ist ja auch bei
uus in den letzten Wochen gemacht worden. Aber der Vorschlag, durch ein¬
malige freiwillige Gaben die großen Summen zu beschaffen, die in unserm Falle
nötig sind, erinnert doch gar zu sehr an die Verse:

Was soll denn aber nun geschehen? Was kann gethan werden, damit
nicht auch die hier uiedergeschriebuen Worte nur Worte bleiben? Um gerades
Weges zum Ende zu gelangen, so ergeht hiermit an alle patriotischen Männer,
denen die Zukunft des Vaterlands am Herzen liegt, die Aufforderung, sich nicht
mit einer einmaligen Belastung ihres Geldbeutels zu begnügen, sondern, soweit
es notthut, sich für eine Reihe von Jahren zur Zahlung einer bestimmten
Flottensteuer bereit zu erklären. Ich gehe hiermit voran und bin erbötig, bis
der Zweck erreicht ist, jährlich das Viertel von dem, was meine Staatssteuern
betragen, für den Bau von Kreuzern und Panzern einziehen zu lassen. Jeder
deutsche Mann, den Erfahrung und Stellung im Leben dazu befähigen, die
große Sache in die richtigen Wege zu leiten, soll das Recht haben, mich jeder¬
zeit beim Worte zu halten.


Arnold Folle


Grenzbote» I 1et»634
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[0273] Freiwillige Flottensteuer begriffen, dann aber nicht bei sich behalten, sondern als eine That wieder aus sich herausstellen möchten! Einige Zeitungen wollten wissen, daß es in letzter Zeit mit der Stim¬ mung für die Flotte im Volke besser geworden sei. Ja, Reden sind durchs Land gerauscht, und wenn es nach der Zahl der Worte ginge, die gesprochen worden sind, so konnte man sich leicht durch ihren Schwall gedeckt glauben. Aber es ist eine alte Wahrheit, daß Worte allein noch niemals etwas genutzt, sondern eher geschadet haben. Denn einen böswilligen Gegner hindert nichts, das Wort für die That zu nehmen und darnach sein Verhalten einzurichten. Nur die That kaun uns erretten, und wenn sie der Reichstag nicht auf sich nehmen will, dann sollte das Volk selbst, geführt von patriotischen Männern, damit vorgehen. Als in dem ersten punischen Kriege gewaltige Stürme die besten Flotten Roms vernichtet hatten und Senat und Behörden, verzagt ob des großen Unglücks, die Hände in den Schoß legten, da nahmen sich reiche Privatleute der Sache an und gaben die Gelder her, die den Bau einer neuen Flotte ermöglichten. Soll so etwas bloß in der Geschichte verzeichnet stehen, um durch die Bewunderung fremder Größe dem Gemüt für den Augenblick eine wohlthuende Erregung zu bereiten? Ein kleiner Anlauf zu einer ähnlichen patriotischen That ist ja auch bei uus in den letzten Wochen gemacht worden. Aber der Vorschlag, durch ein¬ malige freiwillige Gaben die großen Summen zu beschaffen, die in unserm Falle nötig sind, erinnert doch gar zu sehr an die Verse: Was soll denn aber nun geschehen? Was kann gethan werden, damit nicht auch die hier uiedergeschriebuen Worte nur Worte bleiben? Um gerades Weges zum Ende zu gelangen, so ergeht hiermit an alle patriotischen Männer, denen die Zukunft des Vaterlands am Herzen liegt, die Aufforderung, sich nicht mit einer einmaligen Belastung ihres Geldbeutels zu begnügen, sondern, soweit es notthut, sich für eine Reihe von Jahren zur Zahlung einer bestimmten Flottensteuer bereit zu erklären. Ich gehe hiermit voran und bin erbötig, bis der Zweck erreicht ist, jährlich das Viertel von dem, was meine Staatssteuern betragen, für den Bau von Kreuzern und Panzern einziehen zu lassen. Jeder deutsche Mann, den Erfahrung und Stellung im Leben dazu befähigen, die große Sache in die richtigen Wege zu leiten, soll das Recht haben, mich jeder¬ zeit beim Worte zu halten. Arnold Folle Grenzbote» I 1et»634

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_221645/273>, abgerufen am 27.11.2024.