Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Kunst

haben, zu sammeln und zu veröffentlichen. Der erste von den fünf stattlichen
Bänden der Sammlung*) ist schon im Juni 1872 erschienen, der letzte im
März 1879, als alle rechtlichen Folgen der großen Ereignisse endgiltig geregelt
waren. Deutschland hat nichts ähnliches geschaffen. Mit dem großen General¬
stabswerk ist aber doch die Sache nicht abgethan. Wer sich heute über die
rechtlichen Umwälzungen, die der Friedensschluß zur Folge hatte, unterrichten
will, ist darauf angewiesen, an allen Ecken und Enden das zusammenzusuchen,
was in dieser oder jener Form hie oder da veröffentlicht worden ist. Die
besiegte und gedemütigte französische Nation hat es für ihre Pflicht gehalten,
einen Rechenschaftsbericht über ihr Mißgeschick zu erstatten; die siegreiche, neu
geeinigte deutsche Nation denkt darüber anders, gerade als wenn neben den
kriegerischen Erfolgen nicht auch ein nationaler Erfolg, die Wiedererrichtung
des deutschen Reichs errungen worden wäre. Das alte deutsche Reich hatte
wenigstens seine Reichskanzleien, die kurmainzische für das Reich deutscher
Zunge, die kurtrierische für die Lande welscher Zunge; die Urkunden dieser
Kanzleien des Reiches sind freilich 1806 nach allen Richtungen zerstreut worden.
Nach Wiederherstellung des deutschen Reiches sollte mau doch daran denken, ein
deutsches Reichsarchiv, und zwar zunächst sür die Urkunden zu errichten, die
sich auf die großen Ereignisse beziehen, deren Gedenktage wir jetzt -- nach
fünfundzwanzig Jahren -- feiern.




Die Kunst Theodor Duimchen Erzählung von(Fortsetzung)

üblich war das Werk fertig geworden und nnn schon sast vor
einem Monat abgeschickt. Zwei Wochen lang hatte Vcmrile nichts
gethan. Ganze Tage war er in den Waldungen umhergestreift,
stundenlang hatte er uuter den Bäumen gelegen, sich von den
Vögeln etwas vorsingen lassen und die Tiere des Waldes be¬
lauscht. Gegen Abend hatte er sich dann in immer enger wer¬
denden Kreisen der Bank genähert, an die er den ganzen Tag dachte.

Eines Abends erzählte er Erika lachend von einer merkwürdigen Erschei-



") Rovuoil (los traitos, oonvontions, lois, äserstiS ot Älltrss S,otv8 roi^eilf ü, 1a. Mix
!>,v<zö l'^lIomÄg'ruz. Der Herausgeber ist der damalige Gesandte de Villefort. Selbst
das kleine Land Luxemburg hat aus Aulas; seiner Neugestaltung nach dem Erlöschen des
Hauses Nassau-Oranien eine Sammlung der Rechtsguellen sür seine internationalen Be¬
ziehungen veranstaltet, die 1891 vom Regierungsrat und Generalsekretär P. Ruppert ver¬
öffentlicht worden ist: 1>s (krärä DnvKö as I^xomdour^ all-us hos rülu-lions intsrn^tioiuüos.
Die Kunst

haben, zu sammeln und zu veröffentlichen. Der erste von den fünf stattlichen
Bänden der Sammlung*) ist schon im Juni 1872 erschienen, der letzte im
März 1879, als alle rechtlichen Folgen der großen Ereignisse endgiltig geregelt
waren. Deutschland hat nichts ähnliches geschaffen. Mit dem großen General¬
stabswerk ist aber doch die Sache nicht abgethan. Wer sich heute über die
rechtlichen Umwälzungen, die der Friedensschluß zur Folge hatte, unterrichten
will, ist darauf angewiesen, an allen Ecken und Enden das zusammenzusuchen,
was in dieser oder jener Form hie oder da veröffentlicht worden ist. Die
besiegte und gedemütigte französische Nation hat es für ihre Pflicht gehalten,
einen Rechenschaftsbericht über ihr Mißgeschick zu erstatten; die siegreiche, neu
geeinigte deutsche Nation denkt darüber anders, gerade als wenn neben den
kriegerischen Erfolgen nicht auch ein nationaler Erfolg, die Wiedererrichtung
des deutschen Reichs errungen worden wäre. Das alte deutsche Reich hatte
wenigstens seine Reichskanzleien, die kurmainzische für das Reich deutscher
Zunge, die kurtrierische für die Lande welscher Zunge; die Urkunden dieser
Kanzleien des Reiches sind freilich 1806 nach allen Richtungen zerstreut worden.
Nach Wiederherstellung des deutschen Reiches sollte mau doch daran denken, ein
deutsches Reichsarchiv, und zwar zunächst sür die Urkunden zu errichten, die
sich auf die großen Ereignisse beziehen, deren Gedenktage wir jetzt — nach
fünfundzwanzig Jahren — feiern.




Die Kunst Theodor Duimchen Erzählung von(Fortsetzung)

üblich war das Werk fertig geworden und nnn schon sast vor
einem Monat abgeschickt. Zwei Wochen lang hatte Vcmrile nichts
gethan. Ganze Tage war er in den Waldungen umhergestreift,
stundenlang hatte er uuter den Bäumen gelegen, sich von den
Vögeln etwas vorsingen lassen und die Tiere des Waldes be¬
lauscht. Gegen Abend hatte er sich dann in immer enger wer¬
denden Kreisen der Bank genähert, an die er den ganzen Tag dachte.

Eines Abends erzählte er Erika lachend von einer merkwürdigen Erschei-



") Rovuoil (los traitos, oonvontions, lois, äserstiS ot Älltrss S,otv8 roi^eilf ü, 1a. Mix
!>,v<zö l'^lIomÄg'ruz. Der Herausgeber ist der damalige Gesandte de Villefort. Selbst
das kleine Land Luxemburg hat aus Aulas; seiner Neugestaltung nach dem Erlöschen des
Hauses Nassau-Oranien eine Sammlung der Rechtsguellen sür seine internationalen Be¬
ziehungen veranstaltet, die 1891 vom Regierungsrat und Generalsekretär P. Ruppert ver¬
öffentlicht worden ist: 1>s (krärä DnvKö as I^xomdour^ all-us hos rülu-lions intsrn^tioiuüos.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0246" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/221892"/>
          <fw type="header" place="top"> Die Kunst</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_748" prev="#ID_747"> haben, zu sammeln und zu veröffentlichen. Der erste von den fünf stattlichen<lb/>
Bänden der Sammlung*) ist schon im Juni 1872 erschienen, der letzte im<lb/>
März 1879, als alle rechtlichen Folgen der großen Ereignisse endgiltig geregelt<lb/>
waren. Deutschland hat nichts ähnliches geschaffen. Mit dem großen General¬<lb/>
stabswerk ist aber doch die Sache nicht abgethan. Wer sich heute über die<lb/>
rechtlichen Umwälzungen, die der Friedensschluß zur Folge hatte, unterrichten<lb/>
will, ist darauf angewiesen, an allen Ecken und Enden das zusammenzusuchen,<lb/>
was in dieser oder jener Form hie oder da veröffentlicht worden ist. Die<lb/>
besiegte und gedemütigte französische Nation hat es für ihre Pflicht gehalten,<lb/>
einen Rechenschaftsbericht über ihr Mißgeschick zu erstatten; die siegreiche, neu<lb/>
geeinigte deutsche Nation denkt darüber anders, gerade als wenn neben den<lb/>
kriegerischen Erfolgen nicht auch ein nationaler Erfolg, die Wiedererrichtung<lb/>
des deutschen Reichs errungen worden wäre. Das alte deutsche Reich hatte<lb/>
wenigstens seine Reichskanzleien, die kurmainzische für das Reich deutscher<lb/>
Zunge, die kurtrierische für die Lande welscher Zunge; die Urkunden dieser<lb/>
Kanzleien des Reiches sind freilich 1806 nach allen Richtungen zerstreut worden.<lb/>
Nach Wiederherstellung des deutschen Reiches sollte mau doch daran denken, ein<lb/>
deutsches Reichsarchiv, und zwar zunächst sür die Urkunden zu errichten, die<lb/>
sich auf die großen Ereignisse beziehen, deren Gedenktage wir jetzt &#x2014; nach<lb/>
fünfundzwanzig Jahren &#x2014; feiern.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Die Kunst <note type="byline"> Theodor Duimchen </note> Erzählung von(Fortsetzung)</head><lb/>
          <p xml:id="ID_749"> üblich war das Werk fertig geworden und nnn schon sast vor<lb/>
einem Monat abgeschickt. Zwei Wochen lang hatte Vcmrile nichts<lb/>
gethan. Ganze Tage war er in den Waldungen umhergestreift,<lb/>
stundenlang hatte er uuter den Bäumen gelegen, sich von den<lb/>
Vögeln etwas vorsingen lassen und die Tiere des Waldes be¬<lb/>
lauscht. Gegen Abend hatte er sich dann in immer enger wer¬<lb/>
denden Kreisen der Bank genähert, an die er den ganzen Tag dachte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_750" next="#ID_751"> Eines Abends erzählte er Erika lachend von einer merkwürdigen Erschei-</p><lb/>
          <note xml:id="FID_35" place="foot"> ") Rovuoil (los traitos, oonvontions, lois, äserstiS ot Älltrss S,otv8 roi^eilf ü, 1a. Mix<lb/>
!&gt;,v&lt;zö l'^lIomÄg'ruz. Der Herausgeber ist der damalige Gesandte de Villefort. Selbst<lb/>
das kleine Land Luxemburg hat aus Aulas; seiner Neugestaltung nach dem Erlöschen des<lb/>
Hauses Nassau-Oranien eine Sammlung der Rechtsguellen sür seine internationalen Be¬<lb/>
ziehungen veranstaltet, die 1891 vom Regierungsrat und Generalsekretär P. Ruppert ver¬<lb/>
öffentlicht worden ist: 1&gt;s (krärä DnvKö as I^xomdour^ all-us hos rülu-lions intsrn^tioiuüos.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0246] Die Kunst haben, zu sammeln und zu veröffentlichen. Der erste von den fünf stattlichen Bänden der Sammlung*) ist schon im Juni 1872 erschienen, der letzte im März 1879, als alle rechtlichen Folgen der großen Ereignisse endgiltig geregelt waren. Deutschland hat nichts ähnliches geschaffen. Mit dem großen General¬ stabswerk ist aber doch die Sache nicht abgethan. Wer sich heute über die rechtlichen Umwälzungen, die der Friedensschluß zur Folge hatte, unterrichten will, ist darauf angewiesen, an allen Ecken und Enden das zusammenzusuchen, was in dieser oder jener Form hie oder da veröffentlicht worden ist. Die besiegte und gedemütigte französische Nation hat es für ihre Pflicht gehalten, einen Rechenschaftsbericht über ihr Mißgeschick zu erstatten; die siegreiche, neu geeinigte deutsche Nation denkt darüber anders, gerade als wenn neben den kriegerischen Erfolgen nicht auch ein nationaler Erfolg, die Wiedererrichtung des deutschen Reichs errungen worden wäre. Das alte deutsche Reich hatte wenigstens seine Reichskanzleien, die kurmainzische für das Reich deutscher Zunge, die kurtrierische für die Lande welscher Zunge; die Urkunden dieser Kanzleien des Reiches sind freilich 1806 nach allen Richtungen zerstreut worden. Nach Wiederherstellung des deutschen Reiches sollte mau doch daran denken, ein deutsches Reichsarchiv, und zwar zunächst sür die Urkunden zu errichten, die sich auf die großen Ereignisse beziehen, deren Gedenktage wir jetzt — nach fünfundzwanzig Jahren — feiern. Die Kunst Theodor Duimchen Erzählung von(Fortsetzung) üblich war das Werk fertig geworden und nnn schon sast vor einem Monat abgeschickt. Zwei Wochen lang hatte Vcmrile nichts gethan. Ganze Tage war er in den Waldungen umhergestreift, stundenlang hatte er uuter den Bäumen gelegen, sich von den Vögeln etwas vorsingen lassen und die Tiere des Waldes be¬ lauscht. Gegen Abend hatte er sich dann in immer enger wer¬ denden Kreisen der Bank genähert, an die er den ganzen Tag dachte. Eines Abends erzählte er Erika lachend von einer merkwürdigen Erschei- ") Rovuoil (los traitos, oonvontions, lois, äserstiS ot Älltrss S,otv8 roi^eilf ü, 1a. Mix !>,v<zö l'^lIomÄg'ruz. Der Herausgeber ist der damalige Gesandte de Villefort. Selbst das kleine Land Luxemburg hat aus Aulas; seiner Neugestaltung nach dem Erlöschen des Hauses Nassau-Oranien eine Sammlung der Rechtsguellen sür seine internationalen Be¬ ziehungen veranstaltet, die 1891 vom Regierungsrat und Generalsekretär P. Ruppert ver¬ öffentlicht worden ist: 1>s (krärä DnvKö as I^xomdour^ all-us hos rülu-lions intsrn^tioiuüos.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_221645
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_221645/246
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_221645/246>, abgerufen am 01.09.2024.