Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches doppeln. Mit innerm Jubel nahm er es wahr. Die letzten feinen Aus¬ (Fortsetzung folgt) Maßgebliches und Unmaßgebliches Das Ergebnis der vorigen Neichstcigswoche. Die patriotischen Er¬ Die mittelparteiliche und ein Teil der konservativen Presse hatten sich in Er¬ Maßgebliches und Unmaßgebliches doppeln. Mit innerm Jubel nahm er es wahr. Die letzten feinen Aus¬ (Fortsetzung folgt) Maßgebliches und Unmaßgebliches Das Ergebnis der vorigen Neichstcigswoche. Die patriotischen Er¬ Die mittelparteiliche und ein Teil der konservativen Presse hatten sich in Er¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0208" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/221854"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_641" prev="#ID_640"> doppeln. Mit innerm Jubel nahm er es wahr. Die letzten feinen Aus¬<lb/> arbeitungen gelangen ihm in einem Maße, wie er es sich selbst nie zugetraut<lb/> hatte. Kleine! dir gehört die Hälfte des Preises, wenn ich ihn bekomme! so<lb/> dachte er, und so hatte er ihr auch gesagt. ^ ,> ></p><lb/> <p xml:id="ID_642"> (Fortsetzung folgt)</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Maßgebliches und Unmaßgebliches</head><lb/> <div n="2"> <head> Das Ergebnis der vorigen Neichstcigswoche.</head> <p xml:id="ID_643"> Die patriotischen Er¬<lb/> innerungsfeste des abgelaufneu Halbjahrs Waren schön und erhebend, aber es ist<lb/> doch gut, daß die Anlasse zu ihnen ein Ende nehmen. In Erinnerungen lebt der<lb/> Greis, der Mann lebt in der Gegenwart, der Jüngling in der Zukunft; ein Volk,<lb/> das nicht untergehen will, muß Mann und Jüngling zugleich sein und darf nicht<lb/> dem greisenhafter Geschmack verfallen, ausschließlich in den Erinnerungen einer<lb/> großen Vergangenheit zu schwelgen. Auch sind wir Deutschen in der Zeit von<lb/> 1864 bis 1871 nicht so glücklich oder so unglücklich gewesen wie die Holländer,<lb/> denen ihr heroisches Jahrhundert so viel eingetragen hat, daß sie seitdem den Rentner<lb/> unter den Völkern spielen können. Daß nun die Sprechhallen der Volksvertre¬<lb/> tungen die Orte nicht sind, wo ein Volk vorzugsweise die wiedergewonnene Jugend¬<lb/> kraft beweisen kaun, leuchtet ein; man muß schon zufrieden sein, wenn darin kein<lb/> Unheil angerichtet und einige nützliche Arbeit gethan wird. In beiden Beziehungen<lb/> aber hat der Reichstag nicht allein seit Neujahr leidlich seine Schuldigkeit gethan,<lb/> sondern auch vorige Woche ein paar Entscheidungen getroffen, die beweisen, daß er<lb/> sich nicht von der Bahn eines besonnenen, wenn auch sehr langsamen und bedäch¬<lb/> tigen Fortschritts abdrängen läßt.</p><lb/> <p xml:id="ID_644"> Die mittelparteiliche und ein Teil der konservativen Presse hatten sich in Er¬<lb/> manglung einer nützlichem Beschäftigung eine Zeit lang auf die Bekämpfung der<lb/> Revolution verlegt und sich in einen solchen heiligen Eifer hineingeschrieben, daß sie<lb/> zu guterletzt schon die Forderung, es solle von Staats wegen noch mehr als bisher<lb/> im Arbeiterschutz geleistet werden, für revolutionär erklärten. Man mußte also er¬<lb/> warten, daß sich am 15. Januar, als der Abgeordnete Hitze seine arbeiterfreund¬<lb/> liche Resolution einbrachte, auf der rechten Seite des Hauses ein Sturm der Ent¬<lb/> rüstung gegen den „Revolutionär" erheben werde. Aber siehe da, alle Welt stimmte<lb/> ihm bei, den Freiherrn von Stumm nicht ausgenommen, der nur eine kleine Ände¬<lb/> rung vorschlug und keins von den bösen Worten, die ihm nachgesagt werden, ge¬<lb/> sprochen haben wollte. Die Resolution wurde einstimmig angenommen. Entweder<lb/> also ist die letzten Monate hindurch der Draht abgerissen gewesen zwischen den<lb/> Zeitungsschreibern und ihren Auftraggebern, oder diese Herren haben sich die Sache<lb/> überlegt und sind ruhiger geworden. Alle erkennen an, daß ein Teil der cirmern<lb/> Klassen unter großen Mißständen leidet, die gehoben werden müssen, wenn nicht<lb/> die Nation im ganzen dadurch geschädigt werden soll, und weiter wollen und sagen<lb/> wir ja auch nichts; ob eine wichtige Wahrheit dank der Sozialdemokratie oder trotz<lb/> ihr anerkannt wird, darauf kommt nichts an.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0208]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
doppeln. Mit innerm Jubel nahm er es wahr. Die letzten feinen Aus¬
arbeitungen gelangen ihm in einem Maße, wie er es sich selbst nie zugetraut
hatte. Kleine! dir gehört die Hälfte des Preises, wenn ich ihn bekomme! so
dachte er, und so hatte er ihr auch gesagt. ^ ,> >
(Fortsetzung folgt)
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Das Ergebnis der vorigen Neichstcigswoche. Die patriotischen Er¬
innerungsfeste des abgelaufneu Halbjahrs Waren schön und erhebend, aber es ist
doch gut, daß die Anlasse zu ihnen ein Ende nehmen. In Erinnerungen lebt der
Greis, der Mann lebt in der Gegenwart, der Jüngling in der Zukunft; ein Volk,
das nicht untergehen will, muß Mann und Jüngling zugleich sein und darf nicht
dem greisenhafter Geschmack verfallen, ausschließlich in den Erinnerungen einer
großen Vergangenheit zu schwelgen. Auch sind wir Deutschen in der Zeit von
1864 bis 1871 nicht so glücklich oder so unglücklich gewesen wie die Holländer,
denen ihr heroisches Jahrhundert so viel eingetragen hat, daß sie seitdem den Rentner
unter den Völkern spielen können. Daß nun die Sprechhallen der Volksvertre¬
tungen die Orte nicht sind, wo ein Volk vorzugsweise die wiedergewonnene Jugend¬
kraft beweisen kaun, leuchtet ein; man muß schon zufrieden sein, wenn darin kein
Unheil angerichtet und einige nützliche Arbeit gethan wird. In beiden Beziehungen
aber hat der Reichstag nicht allein seit Neujahr leidlich seine Schuldigkeit gethan,
sondern auch vorige Woche ein paar Entscheidungen getroffen, die beweisen, daß er
sich nicht von der Bahn eines besonnenen, wenn auch sehr langsamen und bedäch¬
tigen Fortschritts abdrängen läßt.
Die mittelparteiliche und ein Teil der konservativen Presse hatten sich in Er¬
manglung einer nützlichem Beschäftigung eine Zeit lang auf die Bekämpfung der
Revolution verlegt und sich in einen solchen heiligen Eifer hineingeschrieben, daß sie
zu guterletzt schon die Forderung, es solle von Staats wegen noch mehr als bisher
im Arbeiterschutz geleistet werden, für revolutionär erklärten. Man mußte also er¬
warten, daß sich am 15. Januar, als der Abgeordnete Hitze seine arbeiterfreund¬
liche Resolution einbrachte, auf der rechten Seite des Hauses ein Sturm der Ent¬
rüstung gegen den „Revolutionär" erheben werde. Aber siehe da, alle Welt stimmte
ihm bei, den Freiherrn von Stumm nicht ausgenommen, der nur eine kleine Ände¬
rung vorschlug und keins von den bösen Worten, die ihm nachgesagt werden, ge¬
sprochen haben wollte. Die Resolution wurde einstimmig angenommen. Entweder
also ist die letzten Monate hindurch der Draht abgerissen gewesen zwischen den
Zeitungsschreibern und ihren Auftraggebern, oder diese Herren haben sich die Sache
überlegt und sind ruhiger geworden. Alle erkennen an, daß ein Teil der cirmern
Klassen unter großen Mißständen leidet, die gehoben werden müssen, wenn nicht
die Nation im ganzen dadurch geschädigt werden soll, und weiter wollen und sagen
wir ja auch nichts; ob eine wichtige Wahrheit dank der Sozialdemokratie oder trotz
ihr anerkannt wird, darauf kommt nichts an.
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