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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr.

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Aus den Denkwürdigkeiten des luxemburgischen Ministers Servais

Luxemburg vertreten hatte. Damals befand sich die französische Ostbcchngesell-
schnft, die, dem Wunsche Frankreichs folgend, den Betrieb der Wilhelm-
Luxemburgbahnen unternommen hatte, in mißlicher Lage; vergeblich bewarb
sich die Wilhelm-Luxemburggesellschaft, deren Aktien weit unter Pari standen,
in Frankreich um eine staatliche Garantie eines Reineinkommens von drei Mil¬
lionen Franken. Eine bekannte Finanzgrvße in Paris, Baron de H., wie ihn
Servais sehr durchsichtig bezeichnet, der die meisten Obligationen und Aktien
der Gesellschaft in den Händen hatte, quälte damals die luxemburgische Ne¬
gierung um einen Zuschuß von 2400000 Franken für den Bau von zwei ein¬
träglichen Linien des Prinz-Heinrich bahnen'tzes von Esch nach Albus und von
Diekirch nach Echternach. Servais bezweifelt, daß die ernsthafte Absicht der
Durchführung bestanden habe. Man befürchtete damals sogar, daß die Wilhelm-
Luxemburggesellschaft sich nicht mehr werde halten können. Gelegentlich einer
Unterredung mit Baron H. gab Servais diesen: unbequemen Gesuchsteller einen
Rat, der nicht näher erörtert wird, den wir aber um so mehr berechtigt sind
uns nach dem Satze ?ost> lloo, srgo xroxter lloe zu erklären, als der Erzähler
hinzufügt, Baron H. habe aus diesem Ratschläge für die Gesellschaft großen
Nutzen gezogen. Baron H. machte, fährt Servais fort, dem Grafen Bismarck
das Anerbieten, den Betrieb dieser Bahnen für Preußen zu übernehmen.
Im Besitz eines Schriftstücks, das die Bereitwilligkeit des Bundeskanzlers,
auf den Vorschlag einzugehen, ausdrückte, bewarb sich darauf Baron H. in
Paris -- und diesmal mit Erfolg -- um die wiederholt abgeschlagne Zins¬
garantie für das Unternehme" der französischen Ostbahngesellschaft, die den
Betrieb der Wilhelm-Luxemburgbahnen übernommen hatte. Baron H. kam
dann auf die Konzession für die zwei Linien der Prinz-Heinrichbahnen nie
wieder zurück, stellte seine sonst so häufigen Besuche beim Prinzen-Statt¬
halter ein, soll aber durch das Steigen seiner Aktien und Obligationen
Millionen gewonnen haben. Um den Bau der Linie Esch-Albus hatte sich
inzwischen der Belgier Philippart beworben; die Konzession wurde erteilt;
Luxemburg gewährte als staatliche Unterstützung Bergwerkskonzessionen. Die
Ostbahngesellschaft und die Wilhelm-Luxemburggesellschaft klagten vor den
Gerichten, weil sie in den früher versprochuen Zugeständnissen gekürzt worden
seien; die Negierung gewann den Prozeß in zweiter Instanz; die französische
Regierung hatte sich wegen der übernommnen Zinsgarantie in dem Prozeß
zur Intervention entschließen müssen. Die luxemburgische Regierung war
ungefähr gleichzeitig genötigt gewesen, die Abberufung des französischen Vize-
konsnls zu verlangen, der allzu unverfroren für den Anschluß an Frankreich
thätig war und die Presse gegen die Landesregierung benutzte. Nach einigem
Zögern wurde er abberufen. Servais wurde damals verdächtigt, mit Preußen
im Einverständnis zu sein. Aber gerade damals hatte er mit Preußen schwierige
Nuseiuandersetzungen wegen der in der Londoner Konferenz beschlossenen


Aus den Denkwürdigkeiten des luxemburgischen Ministers Servais

Luxemburg vertreten hatte. Damals befand sich die französische Ostbcchngesell-
schnft, die, dem Wunsche Frankreichs folgend, den Betrieb der Wilhelm-
Luxemburgbahnen unternommen hatte, in mißlicher Lage; vergeblich bewarb
sich die Wilhelm-Luxemburggesellschaft, deren Aktien weit unter Pari standen,
in Frankreich um eine staatliche Garantie eines Reineinkommens von drei Mil¬
lionen Franken. Eine bekannte Finanzgrvße in Paris, Baron de H., wie ihn
Servais sehr durchsichtig bezeichnet, der die meisten Obligationen und Aktien
der Gesellschaft in den Händen hatte, quälte damals die luxemburgische Ne¬
gierung um einen Zuschuß von 2400000 Franken für den Bau von zwei ein¬
träglichen Linien des Prinz-Heinrich bahnen'tzes von Esch nach Albus und von
Diekirch nach Echternach. Servais bezweifelt, daß die ernsthafte Absicht der
Durchführung bestanden habe. Man befürchtete damals sogar, daß die Wilhelm-
Luxemburggesellschaft sich nicht mehr werde halten können. Gelegentlich einer
Unterredung mit Baron H. gab Servais diesen: unbequemen Gesuchsteller einen
Rat, der nicht näher erörtert wird, den wir aber um so mehr berechtigt sind
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hinzufügt, Baron H. habe aus diesem Ratschläge für die Gesellschaft großen
Nutzen gezogen. Baron H. machte, fährt Servais fort, dem Grafen Bismarck
das Anerbieten, den Betrieb dieser Bahnen für Preußen zu übernehmen.
Im Besitz eines Schriftstücks, das die Bereitwilligkeit des Bundeskanzlers,
auf den Vorschlag einzugehen, ausdrückte, bewarb sich darauf Baron H. in
Paris — und diesmal mit Erfolg — um die wiederholt abgeschlagne Zins¬
garantie für das Unternehme» der französischen Ostbahngesellschaft, die den
Betrieb der Wilhelm-Luxemburgbahnen übernommen hatte. Baron H. kam
dann auf die Konzession für die zwei Linien der Prinz-Heinrichbahnen nie
wieder zurück, stellte seine sonst so häufigen Besuche beim Prinzen-Statt¬
halter ein, soll aber durch das Steigen seiner Aktien und Obligationen
Millionen gewonnen haben. Um den Bau der Linie Esch-Albus hatte sich
inzwischen der Belgier Philippart beworben; die Konzession wurde erteilt;
Luxemburg gewährte als staatliche Unterstützung Bergwerkskonzessionen. Die
Ostbahngesellschaft und die Wilhelm-Luxemburggesellschaft klagten vor den
Gerichten, weil sie in den früher versprochuen Zugeständnissen gekürzt worden
seien; die Negierung gewann den Prozeß in zweiter Instanz; die französische
Regierung hatte sich wegen der übernommnen Zinsgarantie in dem Prozeß
zur Intervention entschließen müssen. Die luxemburgische Regierung war
ungefähr gleichzeitig genötigt gewesen, die Abberufung des französischen Vize-
konsnls zu verlangen, der allzu unverfroren für den Anschluß an Frankreich
thätig war und die Presse gegen die Landesregierung benutzte. Nach einigem
Zögern wurde er abberufen. Servais wurde damals verdächtigt, mit Preußen
im Einverständnis zu sein. Aber gerade damals hatte er mit Preußen schwierige
Nuseiuandersetzungen wegen der in der Londoner Konferenz beschlossenen


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[0190] Aus den Denkwürdigkeiten des luxemburgischen Ministers Servais Luxemburg vertreten hatte. Damals befand sich die französische Ostbcchngesell- schnft, die, dem Wunsche Frankreichs folgend, den Betrieb der Wilhelm- Luxemburgbahnen unternommen hatte, in mißlicher Lage; vergeblich bewarb sich die Wilhelm-Luxemburggesellschaft, deren Aktien weit unter Pari standen, in Frankreich um eine staatliche Garantie eines Reineinkommens von drei Mil¬ lionen Franken. Eine bekannte Finanzgrvße in Paris, Baron de H., wie ihn Servais sehr durchsichtig bezeichnet, der die meisten Obligationen und Aktien der Gesellschaft in den Händen hatte, quälte damals die luxemburgische Ne¬ gierung um einen Zuschuß von 2400000 Franken für den Bau von zwei ein¬ träglichen Linien des Prinz-Heinrich bahnen'tzes von Esch nach Albus und von Diekirch nach Echternach. Servais bezweifelt, daß die ernsthafte Absicht der Durchführung bestanden habe. Man befürchtete damals sogar, daß die Wilhelm- Luxemburggesellschaft sich nicht mehr werde halten können. Gelegentlich einer Unterredung mit Baron H. gab Servais diesen: unbequemen Gesuchsteller einen Rat, der nicht näher erörtert wird, den wir aber um so mehr berechtigt sind uns nach dem Satze ?ost> lloo, srgo xroxter lloe zu erklären, als der Erzähler hinzufügt, Baron H. habe aus diesem Ratschläge für die Gesellschaft großen Nutzen gezogen. Baron H. machte, fährt Servais fort, dem Grafen Bismarck das Anerbieten, den Betrieb dieser Bahnen für Preußen zu übernehmen. Im Besitz eines Schriftstücks, das die Bereitwilligkeit des Bundeskanzlers, auf den Vorschlag einzugehen, ausdrückte, bewarb sich darauf Baron H. in Paris — und diesmal mit Erfolg — um die wiederholt abgeschlagne Zins¬ garantie für das Unternehme» der französischen Ostbahngesellschaft, die den Betrieb der Wilhelm-Luxemburgbahnen übernommen hatte. Baron H. kam dann auf die Konzession für die zwei Linien der Prinz-Heinrichbahnen nie wieder zurück, stellte seine sonst so häufigen Besuche beim Prinzen-Statt¬ halter ein, soll aber durch das Steigen seiner Aktien und Obligationen Millionen gewonnen haben. Um den Bau der Linie Esch-Albus hatte sich inzwischen der Belgier Philippart beworben; die Konzession wurde erteilt; Luxemburg gewährte als staatliche Unterstützung Bergwerkskonzessionen. Die Ostbahngesellschaft und die Wilhelm-Luxemburggesellschaft klagten vor den Gerichten, weil sie in den früher versprochuen Zugeständnissen gekürzt worden seien; die Negierung gewann den Prozeß in zweiter Instanz; die französische Regierung hatte sich wegen der übernommnen Zinsgarantie in dem Prozeß zur Intervention entschließen müssen. Die luxemburgische Regierung war ungefähr gleichzeitig genötigt gewesen, die Abberufung des französischen Vize- konsnls zu verlangen, der allzu unverfroren für den Anschluß an Frankreich thätig war und die Presse gegen die Landesregierung benutzte. Nach einigem Zögern wurde er abberufen. Servais wurde damals verdächtigt, mit Preußen im Einverständnis zu sein. Aber gerade damals hatte er mit Preußen schwierige Nuseiuandersetzungen wegen der in der Londoner Konferenz beschlossenen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_221645/190>, abgerufen am 01.09.2024.