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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr.

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behandeln, Rücksicht nimmt und sie zu einander in Beziehung zu setzen sucht.
Aber freilich, die Entwürfe sind ja von zwei verschiednen Kommissionen aus¬
gearbeitet worden. Wie sich die Gerichte einmal diesem Überfluß von gesetz¬
licher Regelung desselben Stoffs gegenüber verhalten werden? Wir fürchten,
daß für unlautern Wettbewerb allein das Sondergesetz Anwendung findet und
was durch dieses uicht getroffen wird, auch fernerhin als erlaubt gelten wird,
wenn es auch unter die Bestimmungen des bürgerlichen Gesetzbuchs fällt-




Die Sittlichkeit auf dem Lande")

le Konferenz, auf der Wagners Vortrag gehalten wurde, hat
an die evangelischen Landpfarrer Fragebogen verschickt, von
denen selbstverständlich nur der kleinere Teil ausgefüllt zurück¬
gekehrt ist. Die Bearbeitung der aus Westdeutschland eingehenden
hat Wagner selbst übernommen; in die der ostdeutschen (ein¬
schließlich Holsteins, des Königreichs und der Provinz Sachsen und Anhalts)
haben sich Wittenberg, der in letzter Zeit viel genannte Liegnitzer Vereins¬
geistliche, und Dr. Hückstüdt geteilt. Ur. 3 und 4 stehen in keiner Verbindung
mit diesem Unternehmen; wir reihen sie hier nur an, weil sie als Schilde¬
rungen des Vauerncharakters und des Bauernlebens überhaupt doch auch diese
Seite darstellen. Ur. 3 ist ein liebenswürdiges, kleines, feines Büchlein, das
"als Handreichung für Kandidaten und junge Geistliche" diesen gute Dienste
erweisen wird. Ur. 4 aber ist ein Werk von großer Bedeutung, eine um¬
fassende und auf den Grund gehende Darstellung des bäuerlichen Lebens und
der bäuerlichen Sitte und Sprache, der Gedanken- und Empfindungswelt des
Landvolks und seiner äußern Erscheinung. Obwohl sich der Verfasser auf den
kleinen Volks Stamm beschränkt, den er fünfzig Jahre lang studirt hat, und



1. Die Sittlichkeit auf dem Lande. Vortrag, gehalten auf der sechsten allge¬
meinen Konferenz der deutschen Sittlichkeitsvereinc von Pastor C. Wagner in Pritzerbe
(Mark). Verlag der deutschen Sittlichkeitsvereiue (A. Dartsch), Berlin, 1394, -- 2. Die
geschlechtlich sittlichen Verhältnisse der Landbewohner im deutschen Reiche.
1. Band, Ostdeutschland, bearbeitet von Pastor H, Wittenberg (Liegnitz) und or. E, Hück-
städt (Poseritz aus Rügen). Leipzig, Reinhold Werther, 189S. -- 3. Meine Erlebnisse
und Beobachtungen als Dorfpastor von Paul Gerade. Magdeburg, A. Rathke,
1895. -- 4. Zur bäuerlichen Glaubens- und Sittenlehre. Bon einem thüringischen
Landpfarrer. Dritte, vermehrte Auflage. Gotha, Gustav Schloßmann, 189S.
Die Sittlichkeit auf dem Lande

behandeln, Rücksicht nimmt und sie zu einander in Beziehung zu setzen sucht.
Aber freilich, die Entwürfe sind ja von zwei verschiednen Kommissionen aus¬
gearbeitet worden. Wie sich die Gerichte einmal diesem Überfluß von gesetz¬
licher Regelung desselben Stoffs gegenüber verhalten werden? Wir fürchten,
daß für unlautern Wettbewerb allein das Sondergesetz Anwendung findet und
was durch dieses uicht getroffen wird, auch fernerhin als erlaubt gelten wird,
wenn es auch unter die Bestimmungen des bürgerlichen Gesetzbuchs fällt-




Die Sittlichkeit auf dem Lande")

le Konferenz, auf der Wagners Vortrag gehalten wurde, hat
an die evangelischen Landpfarrer Fragebogen verschickt, von
denen selbstverständlich nur der kleinere Teil ausgefüllt zurück¬
gekehrt ist. Die Bearbeitung der aus Westdeutschland eingehenden
hat Wagner selbst übernommen; in die der ostdeutschen (ein¬
schließlich Holsteins, des Königreichs und der Provinz Sachsen und Anhalts)
haben sich Wittenberg, der in letzter Zeit viel genannte Liegnitzer Vereins¬
geistliche, und Dr. Hückstüdt geteilt. Ur. 3 und 4 stehen in keiner Verbindung
mit diesem Unternehmen; wir reihen sie hier nur an, weil sie als Schilde¬
rungen des Vauerncharakters und des Bauernlebens überhaupt doch auch diese
Seite darstellen. Ur. 3 ist ein liebenswürdiges, kleines, feines Büchlein, das
„als Handreichung für Kandidaten und junge Geistliche" diesen gute Dienste
erweisen wird. Ur. 4 aber ist ein Werk von großer Bedeutung, eine um¬
fassende und auf den Grund gehende Darstellung des bäuerlichen Lebens und
der bäuerlichen Sitte und Sprache, der Gedanken- und Empfindungswelt des
Landvolks und seiner äußern Erscheinung. Obwohl sich der Verfasser auf den
kleinen Volks Stamm beschränkt, den er fünfzig Jahre lang studirt hat, und



1. Die Sittlichkeit auf dem Lande. Vortrag, gehalten auf der sechsten allge¬
meinen Konferenz der deutschen Sittlichkeitsvereinc von Pastor C. Wagner in Pritzerbe
(Mark). Verlag der deutschen Sittlichkeitsvereiue (A. Dartsch), Berlin, 1394, — 2. Die
geschlechtlich sittlichen Verhältnisse der Landbewohner im deutschen Reiche.
1. Band, Ostdeutschland, bearbeitet von Pastor H, Wittenberg (Liegnitz) und or. E, Hück-
städt (Poseritz aus Rügen). Leipzig, Reinhold Werther, 189S. — 3. Meine Erlebnisse
und Beobachtungen als Dorfpastor von Paul Gerade. Magdeburg, A. Rathke,
1895. — 4. Zur bäuerlichen Glaubens- und Sittenlehre. Bon einem thüringischen
Landpfarrer. Dritte, vermehrte Auflage. Gotha, Gustav Schloßmann, 189S.
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[0178] Die Sittlichkeit auf dem Lande behandeln, Rücksicht nimmt und sie zu einander in Beziehung zu setzen sucht. Aber freilich, die Entwürfe sind ja von zwei verschiednen Kommissionen aus¬ gearbeitet worden. Wie sich die Gerichte einmal diesem Überfluß von gesetz¬ licher Regelung desselben Stoffs gegenüber verhalten werden? Wir fürchten, daß für unlautern Wettbewerb allein das Sondergesetz Anwendung findet und was durch dieses uicht getroffen wird, auch fernerhin als erlaubt gelten wird, wenn es auch unter die Bestimmungen des bürgerlichen Gesetzbuchs fällt- Die Sittlichkeit auf dem Lande") le Konferenz, auf der Wagners Vortrag gehalten wurde, hat an die evangelischen Landpfarrer Fragebogen verschickt, von denen selbstverständlich nur der kleinere Teil ausgefüllt zurück¬ gekehrt ist. Die Bearbeitung der aus Westdeutschland eingehenden hat Wagner selbst übernommen; in die der ostdeutschen (ein¬ schließlich Holsteins, des Königreichs und der Provinz Sachsen und Anhalts) haben sich Wittenberg, der in letzter Zeit viel genannte Liegnitzer Vereins¬ geistliche, und Dr. Hückstüdt geteilt. Ur. 3 und 4 stehen in keiner Verbindung mit diesem Unternehmen; wir reihen sie hier nur an, weil sie als Schilde¬ rungen des Vauerncharakters und des Bauernlebens überhaupt doch auch diese Seite darstellen. Ur. 3 ist ein liebenswürdiges, kleines, feines Büchlein, das „als Handreichung für Kandidaten und junge Geistliche" diesen gute Dienste erweisen wird. Ur. 4 aber ist ein Werk von großer Bedeutung, eine um¬ fassende und auf den Grund gehende Darstellung des bäuerlichen Lebens und der bäuerlichen Sitte und Sprache, der Gedanken- und Empfindungswelt des Landvolks und seiner äußern Erscheinung. Obwohl sich der Verfasser auf den kleinen Volks Stamm beschränkt, den er fünfzig Jahre lang studirt hat, und 1. Die Sittlichkeit auf dem Lande. Vortrag, gehalten auf der sechsten allge¬ meinen Konferenz der deutschen Sittlichkeitsvereinc von Pastor C. Wagner in Pritzerbe (Mark). Verlag der deutschen Sittlichkeitsvereiue (A. Dartsch), Berlin, 1394, — 2. Die geschlechtlich sittlichen Verhältnisse der Landbewohner im deutschen Reiche. 1. Band, Ostdeutschland, bearbeitet von Pastor H, Wittenberg (Liegnitz) und or. E, Hück- städt (Poseritz aus Rügen). Leipzig, Reinhold Werther, 189S. — 3. Meine Erlebnisse und Beobachtungen als Dorfpastor von Paul Gerade. Magdeburg, A. Rathke, 1895. — 4. Zur bäuerlichen Glaubens- und Sittenlehre. Bon einem thüringischen Landpfarrer. Dritte, vermehrte Auflage. Gotha, Gustav Schloßmann, 189S.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_221645/178>, abgerufen am 01.09.2024.