Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Viertes Vierteljahr.verfehlter Anschluß gehörigen, sondern auch am Biertische etwas Lastendes, es war immei, als ob er Da waren noch ein paar seiner Verwandten, seine alte Mutter, die ein Heinrich Hering fühlte sich nicht behaglich, und so oft ihm auch seiue (Fortsetzung folgt) verfehlter Anschluß gehörigen, sondern auch am Biertische etwas Lastendes, es war immei, als ob er Da waren noch ein paar seiner Verwandten, seine alte Mutter, die ein Heinrich Hering fühlte sich nicht behaglich, und so oft ihm auch seiue (Fortsetzung folgt) <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0055" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/221031"/> <fw type="header" place="top"> verfehlter Anschluß</fw><lb/> <p xml:id="ID_132" prev="#ID_131"> gehörigen, sondern auch am Biertische etwas Lastendes, es war immei, als ob er<lb/> eigentlich sagte: Ich bin Herr Krause, der es so weit gebracht hat, der die<lb/> Welt kennt,' der in seiner Fabrik die besten Einrichtungen hat, der den besten<lb/> Zucker produzirt, der euch alle in die Tasche steckt, der euch schont und mit<lb/> eurer Minderwertigkeit und Einfalt Mitleid hat, und der mehr sagen könnte,<lb/> wenn er wollte. So rieb er sich im Grunde fortwährend an seinen Neben¬<lb/> menschen, und jetzt auch wieder, wo man einem frühen ländlichen Abendessen<lb/> zusprach, an der Familie Hering.</p><lb/> <p xml:id="ID_133"> Da waren noch ein paar seiner Verwandten, seine alte Mutter, die ein<lb/> wenig den Eindruck machte, als sollte sie das bescheidne, aber rechtliche Her¬<lb/> kommen des großen Herrn Krause illustriren, da war sein Schwager, ein ver¬<lb/> stimmter Nealschuloberlehrer, der sich keine Mühe gab, seine ueidvolle Be¬<lb/> wunderung der Krausischen Wohlhabenheit zu verhehlen, und dessen Gattin,<lb/> Krauses Schwester, eine kinderlose, vertrocknete Frau mit scharfen Augen, die<lb/> wenig sagte, aber auf alles genau acht gab und ab und zu ihrer Schwieger¬<lb/> mutter etwas ins Ohr flüsterte, da war der Apotheker Krause, ein Witwer,<lb/> der eine große Anstaltsapotheke verwaltete und, obgleich er selbst in guten Ver¬<lb/> hältnissen lebte, doch zu seinem Bruder aufsah, als Hütte er ihm Leben, Ge¬<lb/> sundheit und sein Auskomme» zu verdanken, da war schließlich Fritz Krause,<lb/> der Familie Einziger, ein dicker, junger Landwirt von großem Appetit, wenig<lb/> Worten und geringem Verständnis für seines Vaters Eigenart. Herr Krause<lb/> führte fast allein das Wort, aber seine gute Laune zündete nicht so recht.</p><lb/> <p xml:id="ID_134"> Heinrich Hering fühlte sich nicht behaglich, und so oft ihm auch seiue<lb/> gute Mutter einen aufmunternden Blick zuwarf, fiel er doch stets nach einem<lb/> kurzen Anlauf wieder in sein ablehnendes Wesen zurück. Er verstand es von<lb/> Haus aus nicht, sich populär zu machen, und hier umsoweniger, wo ihm die<lb/> Patrvnisirende Weise des Onkels zuwider war. So fühlte er sich wie erlöst,<lb/> als man endlich aufstand, und die Kousine sich erbot, ihm den Garten und<lb/> die Fabrikanlagen zu zeigen. Verhältnismäßig freudig ging er darauf ein, er<lb/> ging mit ihr voraus, der Oberlehrer Peters mit dem jungen Ökonomen<lb/> trotteten hinterdrein.</p><lb/> <p xml:id="ID_135"> (Fortsetzung folgt)</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0055]
verfehlter Anschluß
gehörigen, sondern auch am Biertische etwas Lastendes, es war immei, als ob er
eigentlich sagte: Ich bin Herr Krause, der es so weit gebracht hat, der die
Welt kennt,' der in seiner Fabrik die besten Einrichtungen hat, der den besten
Zucker produzirt, der euch alle in die Tasche steckt, der euch schont und mit
eurer Minderwertigkeit und Einfalt Mitleid hat, und der mehr sagen könnte,
wenn er wollte. So rieb er sich im Grunde fortwährend an seinen Neben¬
menschen, und jetzt auch wieder, wo man einem frühen ländlichen Abendessen
zusprach, an der Familie Hering.
Da waren noch ein paar seiner Verwandten, seine alte Mutter, die ein
wenig den Eindruck machte, als sollte sie das bescheidne, aber rechtliche Her¬
kommen des großen Herrn Krause illustriren, da war sein Schwager, ein ver¬
stimmter Nealschuloberlehrer, der sich keine Mühe gab, seine ueidvolle Be¬
wunderung der Krausischen Wohlhabenheit zu verhehlen, und dessen Gattin,
Krauses Schwester, eine kinderlose, vertrocknete Frau mit scharfen Augen, die
wenig sagte, aber auf alles genau acht gab und ab und zu ihrer Schwieger¬
mutter etwas ins Ohr flüsterte, da war der Apotheker Krause, ein Witwer,
der eine große Anstaltsapotheke verwaltete und, obgleich er selbst in guten Ver¬
hältnissen lebte, doch zu seinem Bruder aufsah, als Hütte er ihm Leben, Ge¬
sundheit und sein Auskomme» zu verdanken, da war schließlich Fritz Krause,
der Familie Einziger, ein dicker, junger Landwirt von großem Appetit, wenig
Worten und geringem Verständnis für seines Vaters Eigenart. Herr Krause
führte fast allein das Wort, aber seine gute Laune zündete nicht so recht.
Heinrich Hering fühlte sich nicht behaglich, und so oft ihm auch seiue
gute Mutter einen aufmunternden Blick zuwarf, fiel er doch stets nach einem
kurzen Anlauf wieder in sein ablehnendes Wesen zurück. Er verstand es von
Haus aus nicht, sich populär zu machen, und hier umsoweniger, wo ihm die
Patrvnisirende Weise des Onkels zuwider war. So fühlte er sich wie erlöst,
als man endlich aufstand, und die Kousine sich erbot, ihm den Garten und
die Fabrikanlagen zu zeigen. Verhältnismäßig freudig ging er darauf ein, er
ging mit ihr voraus, der Oberlehrer Peters mit dem jungen Ökonomen
trotteten hinterdrein.
(Fortsetzung folgt)
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