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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Viertes Vierteljahr.

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Selbstverständlich, schmunzelte die "South Improvement Compagnie." Ich
sehe, wir verstehen uns. Die Sache wird sich also machen.

Der Gedanke, sich mit einem scheinbaren Jnteressengegner zusammenzuthun
um die ahnungslosen Zeitgenossen gemeinschaftlich auszubeuten, ist jedem
amerikanischen Gemüt süß: die erste Eisenbahn und die "South Improvement
Compagnie" vertrugen sich also. Es wurde ein Kontrakt geschlossen, der die
Bahn verpflichtete: erstens, den Frachttarif für Petroleum zu verdoppeln, sobald
als und solange als die beiden Konkurrenzlinien das auch thäten, zweitens, der
"South Improvement Compagnie" in Anerkennung der Opfer, die sie in gemein¬
schaftlichem Interesse für das Petroleumgeschäft bringe, bei jedem Quartal¬
schluß die Hälfte aller für Petroleum verdienten Frachten zurückzuvergüten,
drittens, die "South Improvement Compagnie" auch sonst immer möglichst zu
unterstützen; dagegen versprach die "South Improvement Compagnie," möglichst
große Petroleumladungen der Bahn zuzuweisen, ohne daß sie aber etwa ver¬
pflichtet wäre, andern Eisenbahnen nichts zu geben.

Plausibel, nicht? Und liest sich ganz gesetzlich, ehrlich und anständig.

Beide Teile zeichneten, kniffen das linke Auge ein, indem sie sich lächelnd
ansahen, und -- suook uaucls toAötuvr.

Welches die erste Bahn war, die auf den Köder anbiß, weiß man nicht
genau, man weiß nur, daß alle drei ungefähr gleichzeitig darauf hineinfielen.
Keine hatte natürlich eine Ahnung davon, daß sie alle von Herrn Rocke-
feller genau in derselben Weise angebunden waren. Alle drei wunderten sich
über seinen "Einfluß" und freuten sich, wie schnell und sicher eine Einigung
dahin erzielt wurde, daß alle drei Linien den Frachttarif für Petroleum ver¬
doppelten.

Nur sehr allmählich ging den Bahnen auf, wie die Sache lag. Aber die
Verträge waren gut gemacht, unter den dreizehn Gründern der "South Im¬
provement Compagnie" war ein Advokat. Und die Bahnen mußten ja schweigen,
man hätte die Unterzeichner gelyncht, wenn sie mit der geheimen Absprache
herausgerückt wären. Auch verloren sie durchaus nichts gegen früher, und das
Geschäft vereinfachte sich wirklich. Und dann, was für ein Kerl war doch
Herr Rockefeller! Der mußte ja eine Macht in Petroleum werden, mit dem
im Bunde konnte man die kleinen Linien, die nach dem Ölgebiet vorzurücken
begannen, schon kleinkriegen!

Die praktische Folge der Übereinkunft war, daß die "South Improvement
Compagnie" durchschnittlich einen Dollar Fracht für das Barret Petroleum
weniger zahlte als alle andern, und außerdem an jedem von andern verladnen
Barret Petroleum denselben Dollar verdiente.

Das Petroleumgeschäft war damals noch klein, die Produktion betrug
nur 18000 Faß täglich, sie verdoppelte sich zwar rasch, verdreifachte und ver¬
vierfachte sich, zunächst aber konnte die "South Improvement Compagnie" als


Selbstverständlich, schmunzelte die „South Improvement Compagnie." Ich
sehe, wir verstehen uns. Die Sache wird sich also machen.

Der Gedanke, sich mit einem scheinbaren Jnteressengegner zusammenzuthun
um die ahnungslosen Zeitgenossen gemeinschaftlich auszubeuten, ist jedem
amerikanischen Gemüt süß: die erste Eisenbahn und die „South Improvement
Compagnie" vertrugen sich also. Es wurde ein Kontrakt geschlossen, der die
Bahn verpflichtete: erstens, den Frachttarif für Petroleum zu verdoppeln, sobald
als und solange als die beiden Konkurrenzlinien das auch thäten, zweitens, der
„South Improvement Compagnie" in Anerkennung der Opfer, die sie in gemein¬
schaftlichem Interesse für das Petroleumgeschäft bringe, bei jedem Quartal¬
schluß die Hälfte aller für Petroleum verdienten Frachten zurückzuvergüten,
drittens, die „South Improvement Compagnie" auch sonst immer möglichst zu
unterstützen; dagegen versprach die „South Improvement Compagnie," möglichst
große Petroleumladungen der Bahn zuzuweisen, ohne daß sie aber etwa ver¬
pflichtet wäre, andern Eisenbahnen nichts zu geben.

Plausibel, nicht? Und liest sich ganz gesetzlich, ehrlich und anständig.

Beide Teile zeichneten, kniffen das linke Auge ein, indem sie sich lächelnd
ansahen, und — suook uaucls toAötuvr.

Welches die erste Bahn war, die auf den Köder anbiß, weiß man nicht
genau, man weiß nur, daß alle drei ungefähr gleichzeitig darauf hineinfielen.
Keine hatte natürlich eine Ahnung davon, daß sie alle von Herrn Rocke-
feller genau in derselben Weise angebunden waren. Alle drei wunderten sich
über seinen „Einfluß" und freuten sich, wie schnell und sicher eine Einigung
dahin erzielt wurde, daß alle drei Linien den Frachttarif für Petroleum ver¬
doppelten.

Nur sehr allmählich ging den Bahnen auf, wie die Sache lag. Aber die
Verträge waren gut gemacht, unter den dreizehn Gründern der „South Im¬
provement Compagnie" war ein Advokat. Und die Bahnen mußten ja schweigen,
man hätte die Unterzeichner gelyncht, wenn sie mit der geheimen Absprache
herausgerückt wären. Auch verloren sie durchaus nichts gegen früher, und das
Geschäft vereinfachte sich wirklich. Und dann, was für ein Kerl war doch
Herr Rockefeller! Der mußte ja eine Macht in Petroleum werden, mit dem
im Bunde konnte man die kleinen Linien, die nach dem Ölgebiet vorzurücken
begannen, schon kleinkriegen!

Die praktische Folge der Übereinkunft war, daß die „South Improvement
Compagnie" durchschnittlich einen Dollar Fracht für das Barret Petroleum
weniger zahlte als alle andern, und außerdem an jedem von andern verladnen
Barret Petroleum denselben Dollar verdiente.

Das Petroleumgeschäft war damals noch klein, die Produktion betrug
nur 18000 Faß täglich, sie verdoppelte sich zwar rasch, verdreifachte und ver¬
vierfachte sich, zunächst aber konnte die „South Improvement Compagnie" als


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[0378] Selbstverständlich, schmunzelte die „South Improvement Compagnie." Ich sehe, wir verstehen uns. Die Sache wird sich also machen. Der Gedanke, sich mit einem scheinbaren Jnteressengegner zusammenzuthun um die ahnungslosen Zeitgenossen gemeinschaftlich auszubeuten, ist jedem amerikanischen Gemüt süß: die erste Eisenbahn und die „South Improvement Compagnie" vertrugen sich also. Es wurde ein Kontrakt geschlossen, der die Bahn verpflichtete: erstens, den Frachttarif für Petroleum zu verdoppeln, sobald als und solange als die beiden Konkurrenzlinien das auch thäten, zweitens, der „South Improvement Compagnie" in Anerkennung der Opfer, die sie in gemein¬ schaftlichem Interesse für das Petroleumgeschäft bringe, bei jedem Quartal¬ schluß die Hälfte aller für Petroleum verdienten Frachten zurückzuvergüten, drittens, die „South Improvement Compagnie" auch sonst immer möglichst zu unterstützen; dagegen versprach die „South Improvement Compagnie," möglichst große Petroleumladungen der Bahn zuzuweisen, ohne daß sie aber etwa ver¬ pflichtet wäre, andern Eisenbahnen nichts zu geben. Plausibel, nicht? Und liest sich ganz gesetzlich, ehrlich und anständig. Beide Teile zeichneten, kniffen das linke Auge ein, indem sie sich lächelnd ansahen, und — suook uaucls toAötuvr. Welches die erste Bahn war, die auf den Köder anbiß, weiß man nicht genau, man weiß nur, daß alle drei ungefähr gleichzeitig darauf hineinfielen. Keine hatte natürlich eine Ahnung davon, daß sie alle von Herrn Rocke- feller genau in derselben Weise angebunden waren. Alle drei wunderten sich über seinen „Einfluß" und freuten sich, wie schnell und sicher eine Einigung dahin erzielt wurde, daß alle drei Linien den Frachttarif für Petroleum ver¬ doppelten. Nur sehr allmählich ging den Bahnen auf, wie die Sache lag. Aber die Verträge waren gut gemacht, unter den dreizehn Gründern der „South Im¬ provement Compagnie" war ein Advokat. Und die Bahnen mußten ja schweigen, man hätte die Unterzeichner gelyncht, wenn sie mit der geheimen Absprache herausgerückt wären. Auch verloren sie durchaus nichts gegen früher, und das Geschäft vereinfachte sich wirklich. Und dann, was für ein Kerl war doch Herr Rockefeller! Der mußte ja eine Macht in Petroleum werden, mit dem im Bunde konnte man die kleinen Linien, die nach dem Ölgebiet vorzurücken begannen, schon kleinkriegen! Die praktische Folge der Übereinkunft war, daß die „South Improvement Compagnie" durchschnittlich einen Dollar Fracht für das Barret Petroleum weniger zahlte als alle andern, und außerdem an jedem von andern verladnen Barret Petroleum denselben Dollar verdiente. Das Petroleumgeschäft war damals noch klein, die Produktion betrug nur 18000 Faß täglich, sie verdoppelte sich zwar rasch, verdreifachte und ver¬ vierfachte sich, zunächst aber konnte die „South Improvement Compagnie" als

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220975/378>, abgerufen am 25.07.2024.