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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

fassung gewonnen hatte, hat sie förmliche Anklage erhoben mit dem an das Land¬
gericht gerichteten Antrag, gegen die Tochter wegen Meineids, gegen die Mutter
wegen Anstiftung dazu vor dem Schwurgericht das Hauptverfahrcu zu eröffnen.
Nun waren drei bewährte Mitglieder des Landgerichts, die sogenannte Anklage¬
kammer, berufen, über die Zulassung oder Zurückweisung der Anklage zu entscheide".
Keiner von ihnen hat den der ganzen Beschuldigung anhaftenden rechtlichen Fehler
entdeckt, der Beschluß der Kammer ist, wie das so oft geschieht, ergangen, uuter
einfachem Anschluß an die Anklage der Staatsanwaltschaft.

Der geschilderte Gang der Sache hätte aber nun immer noch nicht einen Aus-
gang mit einem gegen Gesetz und Recht verstoßenden Urteil zu nehmen brauchen.
Vor dem Schwurgericht mußte freilich der Fall nun zum Auftrag gebracht werden.
Zum Vorsitzenden eines SchwurgerichtShvfes sollen nur die besten Köpfe, erfahrene
Praktiker von umfassenden Wissen und durchdringendem Blick berufen werden. Im
vorliegenden Falle hätte aber gar uicht einmal ein hervorragender Jurist dazu ge¬
hört, den Rechtsirrtum, an dem die Anklage litt, zu erkennen. Der einmal rechts¬
kräftig vorliegende Eröffunngsbeschluß mußte allerdings zunächst durch die vou dem
Gerichtsvorsitzendcn zu entwerfende Fragstellung erschöpft werden. Aber der Vor¬
sitzende hat es einerseits in der Hand, durch Angliederung von Hilfsfragen eine
verfcchrne Sache wieder ius richtige Gleis zu bringen; andrerseits hat er mit seiner
Rechtsbelehruug, wenn er dieser Aufgabe gewachsen ist, einen so maßgebenden Ein¬
fluß auf die Geschwornen, daß es beinahe ausgeschlossen ist, daß diese eine Hand¬
lung für strafbar erklären sollten, von der ihnen der Vorsitzende dargelegt hat, daß
sie nicht unter das Strafgesetz fällt. Wenn dies wirklich einmal vorkommt, dann
ist dem Schwnrgcrichtshof durch das Gesetz das Recht gegeben, den Schuldsprnch
als dem Recht zuwiderlaufend zu verwerfen und die Sache zur nochmaligen Ver¬
handlung vor das nächste Schwurgericht zu verweisen.

Was nun den hier in Frage kommenden Fall anlangt, so ist der Ausgnug
der gewesen, daß die Geschwornen sowohl bei der Tochter die Frage, ob sie einen
Zeugenmeineid begangen habe, als bei der Mutter die Frage, ob sie der Anstiftung
zum Meineide schuldig sei, bejaht haben. Die Mutter ist zu acht Jahren Zuchthaus
verurteilt worden, die Tochter einer Verurteilung zu längerer Freiheitsstrafe wahr¬
scheinlich deshalb entgangen, weil bei ihr die wegen ihrer Jugend notwendige Neben¬
frage wegen der Einsicht in die Strafbarkeit ihrer Handlung verneint worden war.
Gegen sie ist deshalb auf Unterbringung in eine Besseruugsaustalt erkannt worden.

An diesem mit dem geltenden Recht in Widerspruch stehenden Ausgang einer
keineswegs unwichtigen Strafsache hat auch das Reichsgericht, wie aus dem Bericht
hervorgeht, nichts ändern können, weil es durch die Feststellungen des Geschwornen-
wahrspruchs gebunden war. Helfen kann hier nur noch die Gnadeuinstanz.

Herbeigeführt worden ist aber, abgesehen von dem der Sache vou Anfang
um anhaftenden Fehler, das falsche Urteil offenbar nnr durch die rechtliche Be¬
handlung der Sache vor den Geschwornen. Wären diese dahin belehrt worden,
daß die Tochter wegen ihrer Eidesunmttndigkeit gar keinen Meineid begehen konnte,
daß folglich bei der Mutter Anstiftung zum Meineide strafrechtlich ganz undenkbar
sei, so darf zu Ehren ihres Pflichtgefühls und ihrer Gewissenhaftigkeit angenommen
werden, daß sie nun und nimmermehr zu dem Wahrspruch gelangt wären, den sie
abgegeben haben. Und hätte im Anschluß an eine solche Rechtsbelehrnng der Vor¬
sitzende in Bezug auf die Mutter die Hilfsfrage gestellt, ob sie das Vergehen des
§159 des Strafgesetzbuchs begangen habe, so würden gewiß ganz sachgemäß die
Geschwornen diese Frage bejaht und auf diese Weise die Mutter der -- wesentlich


Grenzboten IV 189S 13
Maßgebliches und Unmaßgebliches

fassung gewonnen hatte, hat sie förmliche Anklage erhoben mit dem an das Land¬
gericht gerichteten Antrag, gegen die Tochter wegen Meineids, gegen die Mutter
wegen Anstiftung dazu vor dem Schwurgericht das Hauptverfahrcu zu eröffnen.
Nun waren drei bewährte Mitglieder des Landgerichts, die sogenannte Anklage¬
kammer, berufen, über die Zulassung oder Zurückweisung der Anklage zu entscheide».
Keiner von ihnen hat den der ganzen Beschuldigung anhaftenden rechtlichen Fehler
entdeckt, der Beschluß der Kammer ist, wie das so oft geschieht, ergangen, uuter
einfachem Anschluß an die Anklage der Staatsanwaltschaft.

Der geschilderte Gang der Sache hätte aber nun immer noch nicht einen Aus-
gang mit einem gegen Gesetz und Recht verstoßenden Urteil zu nehmen brauchen.
Vor dem Schwurgericht mußte freilich der Fall nun zum Auftrag gebracht werden.
Zum Vorsitzenden eines SchwurgerichtShvfes sollen nur die besten Köpfe, erfahrene
Praktiker von umfassenden Wissen und durchdringendem Blick berufen werden. Im
vorliegenden Falle hätte aber gar uicht einmal ein hervorragender Jurist dazu ge¬
hört, den Rechtsirrtum, an dem die Anklage litt, zu erkennen. Der einmal rechts¬
kräftig vorliegende Eröffunngsbeschluß mußte allerdings zunächst durch die vou dem
Gerichtsvorsitzendcn zu entwerfende Fragstellung erschöpft werden. Aber der Vor¬
sitzende hat es einerseits in der Hand, durch Angliederung von Hilfsfragen eine
verfcchrne Sache wieder ius richtige Gleis zu bringen; andrerseits hat er mit seiner
Rechtsbelehruug, wenn er dieser Aufgabe gewachsen ist, einen so maßgebenden Ein¬
fluß auf die Geschwornen, daß es beinahe ausgeschlossen ist, daß diese eine Hand¬
lung für strafbar erklären sollten, von der ihnen der Vorsitzende dargelegt hat, daß
sie nicht unter das Strafgesetz fällt. Wenn dies wirklich einmal vorkommt, dann
ist dem Schwnrgcrichtshof durch das Gesetz das Recht gegeben, den Schuldsprnch
als dem Recht zuwiderlaufend zu verwerfen und die Sache zur nochmaligen Ver¬
handlung vor das nächste Schwurgericht zu verweisen.

Was nun den hier in Frage kommenden Fall anlangt, so ist der Ausgnug
der gewesen, daß die Geschwornen sowohl bei der Tochter die Frage, ob sie einen
Zeugenmeineid begangen habe, als bei der Mutter die Frage, ob sie der Anstiftung
zum Meineide schuldig sei, bejaht haben. Die Mutter ist zu acht Jahren Zuchthaus
verurteilt worden, die Tochter einer Verurteilung zu längerer Freiheitsstrafe wahr¬
scheinlich deshalb entgangen, weil bei ihr die wegen ihrer Jugend notwendige Neben¬
frage wegen der Einsicht in die Strafbarkeit ihrer Handlung verneint worden war.
Gegen sie ist deshalb auf Unterbringung in eine Besseruugsaustalt erkannt worden.

An diesem mit dem geltenden Recht in Widerspruch stehenden Ausgang einer
keineswegs unwichtigen Strafsache hat auch das Reichsgericht, wie aus dem Bericht
hervorgeht, nichts ändern können, weil es durch die Feststellungen des Geschwornen-
wahrspruchs gebunden war. Helfen kann hier nur noch die Gnadeuinstanz.

Herbeigeführt worden ist aber, abgesehen von dem der Sache vou Anfang
um anhaftenden Fehler, das falsche Urteil offenbar nnr durch die rechtliche Be¬
handlung der Sache vor den Geschwornen. Wären diese dahin belehrt worden,
daß die Tochter wegen ihrer Eidesunmttndigkeit gar keinen Meineid begehen konnte,
daß folglich bei der Mutter Anstiftung zum Meineide strafrechtlich ganz undenkbar
sei, so darf zu Ehren ihres Pflichtgefühls und ihrer Gewissenhaftigkeit angenommen
werden, daß sie nun und nimmermehr zu dem Wahrspruch gelangt wären, den sie
abgegeben haben. Und hätte im Anschluß an eine solche Rechtsbelehrnng der Vor¬
sitzende in Bezug auf die Mutter die Hilfsfrage gestellt, ob sie das Vergehen des
§159 des Strafgesetzbuchs begangen habe, so würden gewiß ganz sachgemäß die
Geschwornen diese Frage bejaht und auf diese Weise die Mutter der — wesentlich


Grenzboten IV 189S 13
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[0105] Maßgebliches und Unmaßgebliches fassung gewonnen hatte, hat sie förmliche Anklage erhoben mit dem an das Land¬ gericht gerichteten Antrag, gegen die Tochter wegen Meineids, gegen die Mutter wegen Anstiftung dazu vor dem Schwurgericht das Hauptverfahrcu zu eröffnen. Nun waren drei bewährte Mitglieder des Landgerichts, die sogenannte Anklage¬ kammer, berufen, über die Zulassung oder Zurückweisung der Anklage zu entscheide». Keiner von ihnen hat den der ganzen Beschuldigung anhaftenden rechtlichen Fehler entdeckt, der Beschluß der Kammer ist, wie das so oft geschieht, ergangen, uuter einfachem Anschluß an die Anklage der Staatsanwaltschaft. Der geschilderte Gang der Sache hätte aber nun immer noch nicht einen Aus- gang mit einem gegen Gesetz und Recht verstoßenden Urteil zu nehmen brauchen. Vor dem Schwurgericht mußte freilich der Fall nun zum Auftrag gebracht werden. Zum Vorsitzenden eines SchwurgerichtShvfes sollen nur die besten Köpfe, erfahrene Praktiker von umfassenden Wissen und durchdringendem Blick berufen werden. Im vorliegenden Falle hätte aber gar uicht einmal ein hervorragender Jurist dazu ge¬ hört, den Rechtsirrtum, an dem die Anklage litt, zu erkennen. Der einmal rechts¬ kräftig vorliegende Eröffunngsbeschluß mußte allerdings zunächst durch die vou dem Gerichtsvorsitzendcn zu entwerfende Fragstellung erschöpft werden. Aber der Vor¬ sitzende hat es einerseits in der Hand, durch Angliederung von Hilfsfragen eine verfcchrne Sache wieder ius richtige Gleis zu bringen; andrerseits hat er mit seiner Rechtsbelehruug, wenn er dieser Aufgabe gewachsen ist, einen so maßgebenden Ein¬ fluß auf die Geschwornen, daß es beinahe ausgeschlossen ist, daß diese eine Hand¬ lung für strafbar erklären sollten, von der ihnen der Vorsitzende dargelegt hat, daß sie nicht unter das Strafgesetz fällt. Wenn dies wirklich einmal vorkommt, dann ist dem Schwnrgcrichtshof durch das Gesetz das Recht gegeben, den Schuldsprnch als dem Recht zuwiderlaufend zu verwerfen und die Sache zur nochmaligen Ver¬ handlung vor das nächste Schwurgericht zu verweisen. Was nun den hier in Frage kommenden Fall anlangt, so ist der Ausgnug der gewesen, daß die Geschwornen sowohl bei der Tochter die Frage, ob sie einen Zeugenmeineid begangen habe, als bei der Mutter die Frage, ob sie der Anstiftung zum Meineide schuldig sei, bejaht haben. Die Mutter ist zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt worden, die Tochter einer Verurteilung zu längerer Freiheitsstrafe wahr¬ scheinlich deshalb entgangen, weil bei ihr die wegen ihrer Jugend notwendige Neben¬ frage wegen der Einsicht in die Strafbarkeit ihrer Handlung verneint worden war. Gegen sie ist deshalb auf Unterbringung in eine Besseruugsaustalt erkannt worden. An diesem mit dem geltenden Recht in Widerspruch stehenden Ausgang einer keineswegs unwichtigen Strafsache hat auch das Reichsgericht, wie aus dem Bericht hervorgeht, nichts ändern können, weil es durch die Feststellungen des Geschwornen- wahrspruchs gebunden war. Helfen kann hier nur noch die Gnadeuinstanz. Herbeigeführt worden ist aber, abgesehen von dem der Sache vou Anfang um anhaftenden Fehler, das falsche Urteil offenbar nnr durch die rechtliche Be¬ handlung der Sache vor den Geschwornen. Wären diese dahin belehrt worden, daß die Tochter wegen ihrer Eidesunmttndigkeit gar keinen Meineid begehen konnte, daß folglich bei der Mutter Anstiftung zum Meineide strafrechtlich ganz undenkbar sei, so darf zu Ehren ihres Pflichtgefühls und ihrer Gewissenhaftigkeit angenommen werden, daß sie nun und nimmermehr zu dem Wahrspruch gelangt wären, den sie abgegeben haben. Und hätte im Anschluß an eine solche Rechtsbelehrnng der Vor¬ sitzende in Bezug auf die Mutter die Hilfsfrage gestellt, ob sie das Vergehen des §159 des Strafgesetzbuchs begangen habe, so würden gewiß ganz sachgemäß die Geschwornen diese Frage bejaht und auf diese Weise die Mutter der — wesentlich Grenzboten IV 189S 13

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220975/105>, abgerufen am 24.08.2024.