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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr.

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Englische Ausfälle gegen den deutschen Ilriegsschiffbau

tonnen. Das ist ein großer Unterschied, der beim Kampfe gegen große Panzer¬
schlachtschiffe unsern Schiffen sehr zu gute kommt. An Schnellfenergeschützen
hat Heimdall acht 8,8 Centimeter-Kanonen, die je 10 Schuß in der Minute
feuern und dabei zusammen 600 Kilogramm Stahlmasse werfen, sowie acht
Maschinengewehre nach Maximscher Art, die einen ununterbrochnem Strahl
sehr kleiner Geschosse, etwa 100 in der Minute feuern; Pick Hein hat zwei
lange 15 Centimeter-Kauonen, die je 5 Schuß in der Minute geben und dabei
zusammen 510 Kilogramm Stahlmasse werfen, ferner sechs 7,5 Centimeter-
Schnellfeuerkcmonen, die bei je 10 Schuß in der Minute zusammen 258 Kilo¬
gramm Stahl werfen, und schließlich noch sechs 3,7 Centimeter-Schnellfeuer¬
kanonen, die etwa 20 Schuß in der Minute abgeben können. Auch wenn man
auf jeder Seite das leichteste Kaliber wegläßt, ist doch die Schußzahl bei
Heimdall in dem gleichen Zeitraum größer als bei Pick Hein, nämlich
80 Schuß in der Minute gegen 70. Aus allem folgt, daß Heimdalls Artillerie
schwerere Panzerzicle durchschlagen und mehr leichte Geschosse gegen schwach
geschützte Schisfsteile in gleicher Zeit abgeben kann, als die Bewaffnung des
Pick Hein. Aber der Unterschied ist nicht groß, und Pick Hein kann deshalb
auch als ein treffliches Schiff seiner Art bezeichnet werden, obwohl die in
Bezug auf die Größe der Bestreichungswinkel günstig stehenden 21 Centimeter-
und 15 Centimeter-Kanonen viel geringern Freibord haben als die Geschütze
des Heimdall.

Die Times ist aber auch mit der Geschützaufstellung unsrer Siegfried¬
klasse nicht zufrieden. Sie sagt: "Die Aufstellung der beiden andern Panzer¬
geschütze in zwei seitlichen Brustwehren (deren Stirnpanzer gemeinschaftlich ist
und von Bord zu Bord läuft) statt in einem Brustwehrturm mittschiffs hat
ohne Zweifel gewisse Vorteile und paßt vielleicht gut für die taktischen Grund¬
sätze der leitenden deutschen Fachmänner; aber sie hat auch schwere Nachteile.
Sie muß das Gewicht im Verhältnis zur bestimmten Bewaffnung vermehren,
und obgleich die Schwalbennester (die Ausbuchtungen der großen vorder"
Brustwehr) genügend hoch über der Wasserlinie liegen, so scheint es doch mög¬
lich, daß diese Ausbauten bei schwerer See die Fahrt des Schiffs sehr auf¬
halten und die Kanonen so stark mit Sprühwasser bedecken, daß genaues Zielen
sehr schwer oder gar unmöglich werden könnte."

Darauf erwidern wir: Setzt man beide Geschütze dicht neben einander
auf derselben Drehscheibe in einen Brustwehrturm, so spart man natürlich
Panzergewicht; bei Siegfried und den andern sieben steht jede der beiden vordern
27 Centimeter-Kanonen auf einer besondern Drehscheibe, jedes Geschütz kann
also unabhängig von dem andern zielen und feuern. Beschädigungen an dem
einen Geschütz machen das andre noch nicht kampfunfähig. Dazu kommt der
Vorteil, daß beim Buggefecht, solange die Gegner auf einander zudampfen,
der breite Brustwchrturm alle dahinter liegenden Schisfsteile, auch den größten


Englische Ausfälle gegen den deutschen Ilriegsschiffbau

tonnen. Das ist ein großer Unterschied, der beim Kampfe gegen große Panzer¬
schlachtschiffe unsern Schiffen sehr zu gute kommt. An Schnellfenergeschützen
hat Heimdall acht 8,8 Centimeter-Kanonen, die je 10 Schuß in der Minute
feuern und dabei zusammen 600 Kilogramm Stahlmasse werfen, sowie acht
Maschinengewehre nach Maximscher Art, die einen ununterbrochnem Strahl
sehr kleiner Geschosse, etwa 100 in der Minute feuern; Pick Hein hat zwei
lange 15 Centimeter-Kauonen, die je 5 Schuß in der Minute geben und dabei
zusammen 510 Kilogramm Stahlmasse werfen, ferner sechs 7,5 Centimeter-
Schnellfeuerkcmonen, die bei je 10 Schuß in der Minute zusammen 258 Kilo¬
gramm Stahl werfen, und schließlich noch sechs 3,7 Centimeter-Schnellfeuer¬
kanonen, die etwa 20 Schuß in der Minute abgeben können. Auch wenn man
auf jeder Seite das leichteste Kaliber wegläßt, ist doch die Schußzahl bei
Heimdall in dem gleichen Zeitraum größer als bei Pick Hein, nämlich
80 Schuß in der Minute gegen 70. Aus allem folgt, daß Heimdalls Artillerie
schwerere Panzerzicle durchschlagen und mehr leichte Geschosse gegen schwach
geschützte Schisfsteile in gleicher Zeit abgeben kann, als die Bewaffnung des
Pick Hein. Aber der Unterschied ist nicht groß, und Pick Hein kann deshalb
auch als ein treffliches Schiff seiner Art bezeichnet werden, obwohl die in
Bezug auf die Größe der Bestreichungswinkel günstig stehenden 21 Centimeter-
und 15 Centimeter-Kanonen viel geringern Freibord haben als die Geschütze
des Heimdall.

Die Times ist aber auch mit der Geschützaufstellung unsrer Siegfried¬
klasse nicht zufrieden. Sie sagt: „Die Aufstellung der beiden andern Panzer¬
geschütze in zwei seitlichen Brustwehren (deren Stirnpanzer gemeinschaftlich ist
und von Bord zu Bord läuft) statt in einem Brustwehrturm mittschiffs hat
ohne Zweifel gewisse Vorteile und paßt vielleicht gut für die taktischen Grund¬
sätze der leitenden deutschen Fachmänner; aber sie hat auch schwere Nachteile.
Sie muß das Gewicht im Verhältnis zur bestimmten Bewaffnung vermehren,
und obgleich die Schwalbennester (die Ausbuchtungen der großen vorder»
Brustwehr) genügend hoch über der Wasserlinie liegen, so scheint es doch mög¬
lich, daß diese Ausbauten bei schwerer See die Fahrt des Schiffs sehr auf¬
halten und die Kanonen so stark mit Sprühwasser bedecken, daß genaues Zielen
sehr schwer oder gar unmöglich werden könnte."

Darauf erwidern wir: Setzt man beide Geschütze dicht neben einander
auf derselben Drehscheibe in einen Brustwehrturm, so spart man natürlich
Panzergewicht; bei Siegfried und den andern sieben steht jede der beiden vordern
27 Centimeter-Kanonen auf einer besondern Drehscheibe, jedes Geschütz kann
also unabhängig von dem andern zielen und feuern. Beschädigungen an dem
einen Geschütz machen das andre noch nicht kampfunfähig. Dazu kommt der
Vorteil, daß beim Buggefecht, solange die Gegner auf einander zudampfen,
der breite Brustwchrturm alle dahinter liegenden Schisfsteile, auch den größten


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[0358] Englische Ausfälle gegen den deutschen Ilriegsschiffbau tonnen. Das ist ein großer Unterschied, der beim Kampfe gegen große Panzer¬ schlachtschiffe unsern Schiffen sehr zu gute kommt. An Schnellfenergeschützen hat Heimdall acht 8,8 Centimeter-Kanonen, die je 10 Schuß in der Minute feuern und dabei zusammen 600 Kilogramm Stahlmasse werfen, sowie acht Maschinengewehre nach Maximscher Art, die einen ununterbrochnem Strahl sehr kleiner Geschosse, etwa 100 in der Minute feuern; Pick Hein hat zwei lange 15 Centimeter-Kauonen, die je 5 Schuß in der Minute geben und dabei zusammen 510 Kilogramm Stahlmasse werfen, ferner sechs 7,5 Centimeter- Schnellfeuerkcmonen, die bei je 10 Schuß in der Minute zusammen 258 Kilo¬ gramm Stahl werfen, und schließlich noch sechs 3,7 Centimeter-Schnellfeuer¬ kanonen, die etwa 20 Schuß in der Minute abgeben können. Auch wenn man auf jeder Seite das leichteste Kaliber wegläßt, ist doch die Schußzahl bei Heimdall in dem gleichen Zeitraum größer als bei Pick Hein, nämlich 80 Schuß in der Minute gegen 70. Aus allem folgt, daß Heimdalls Artillerie schwerere Panzerzicle durchschlagen und mehr leichte Geschosse gegen schwach geschützte Schisfsteile in gleicher Zeit abgeben kann, als die Bewaffnung des Pick Hein. Aber der Unterschied ist nicht groß, und Pick Hein kann deshalb auch als ein treffliches Schiff seiner Art bezeichnet werden, obwohl die in Bezug auf die Größe der Bestreichungswinkel günstig stehenden 21 Centimeter- und 15 Centimeter-Kanonen viel geringern Freibord haben als die Geschütze des Heimdall. Die Times ist aber auch mit der Geschützaufstellung unsrer Siegfried¬ klasse nicht zufrieden. Sie sagt: „Die Aufstellung der beiden andern Panzer¬ geschütze in zwei seitlichen Brustwehren (deren Stirnpanzer gemeinschaftlich ist und von Bord zu Bord läuft) statt in einem Brustwehrturm mittschiffs hat ohne Zweifel gewisse Vorteile und paßt vielleicht gut für die taktischen Grund¬ sätze der leitenden deutschen Fachmänner; aber sie hat auch schwere Nachteile. Sie muß das Gewicht im Verhältnis zur bestimmten Bewaffnung vermehren, und obgleich die Schwalbennester (die Ausbuchtungen der großen vorder» Brustwehr) genügend hoch über der Wasserlinie liegen, so scheint es doch mög¬ lich, daß diese Ausbauten bei schwerer See die Fahrt des Schiffs sehr auf¬ halten und die Kanonen so stark mit Sprühwasser bedecken, daß genaues Zielen sehr schwer oder gar unmöglich werden könnte." Darauf erwidern wir: Setzt man beide Geschütze dicht neben einander auf derselben Drehscheibe in einen Brustwehrturm, so spart man natürlich Panzergewicht; bei Siegfried und den andern sieben steht jede der beiden vordern 27 Centimeter-Kanonen auf einer besondern Drehscheibe, jedes Geschütz kann also unabhängig von dem andern zielen und feuern. Beschädigungen an dem einen Geschütz machen das andre noch nicht kampfunfähig. Dazu kommt der Vorteil, daß beim Buggefecht, solange die Gegner auf einander zudampfen, der breite Brustwchrturm alle dahinter liegenden Schisfsteile, auch den größten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220325/358>, abgerufen am 28.07.2024.