Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr.Englische Ausfälle gegen den deutschen Ariegsschiffbau schritten werden darf, ohne daß andre Anordnungen, z. B. die Stärke und Englische Ausfälle gegen den deutschen Ariegsschiffbau schritten werden darf, ohne daß andre Anordnungen, z. B. die Stärke und <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0357" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/220683"/> <fw type="header" place="top"> Englische Ausfälle gegen den deutschen Ariegsschiffbau</fw><lb/> <p xml:id="ID_1524" prev="#ID_1523" next="#ID_1525"> schritten werden darf, ohne daß andre Anordnungen, z. B. die Stärke und<lb/> Verteilung der Panzerung, oder die Größe des Kohlenvorrath, umgestoßen<lb/> werden müssen, so würde bei einer Vergrößerung des Kalibers der Schnell¬<lb/> feuerkanonen, wie sie der Engländer wünscht, die Zahl dieser Kanonen be¬<lb/> schränkt werden müssen. Das hat aber viele Nachteile. Unter sonst gleichen<lb/> Verhältnissen, mit gleich guten Schützen u. s. w. ist der im Vorteil, dessen<lb/> Schnellladegeschütze in einer bestimmten Zeit die größere Zahl von Geschossen<lb/> gegen die ungepanzerten und leicht gepanzerten Schiffsteile des Gegners<lb/> schleudern können, auch wenn die geschleuderte Stahlmasse nur ebenso viel<lb/> wiegt und keine größere Geschoßarbeit leistet als die der Schnellladegeschütze<lb/> des Gegners. Um das zu verstehen, sei ein mittleres Schiff der Siegsriedklasse,<lb/> Heimdall (1892), mit dem ungefähr gleich großen niederländischen Panzerschiff<lb/> Pick Hein (1894) verglichen. Beide Schiffe machen 16 Seemeilen Fahrt, wozu<lb/> Heimdall 4800, Pick Hein 4500 Pferdekraft braucht; das Nullspant (d. h. die<lb/> größte Querschiffsflüche) des deutschen Schiffs ist nämlich etwas größer, weil es<lb/> bei gleicher Breite wie das holländische 0,3 Meter mehr Tiefgang hat, nämlich<lb/> 5,4 Meter. Die Panzerung unsers Schiffs ist schwerer, der Gürtelpanzcr ist<lb/> nicht nur breiter, sondern auch 9 Centimeter stärker; das auf dem Gürtel liegende<lb/> gewölbte Panzerdeck ist bei beiden Schiffen gleich stark. Der Stoff der Panzerung,<lb/> Stahl, ist bei beideu wahrscheinlich von ganz gleicher Güte; Krupps berühmten<lb/> Nickelstahlpanzer bekommen nur Odin und Ägir, vielleicht auch der noch im<lb/> Bau begriffene Cortenaer, ein Schwesterschiff des Pick Hein, und der eben¬<lb/> falls fertige Evertsen. Die Panzergeschütze sind bei-Siegfried und den übrigen<lb/> deutschen durch eine große vordere Panzerbrustwehr, die sich an beiden Schiffs-<lb/> seitcn nach Art der Schwalbennester herausbaucht, und durch einen halb so<lb/> großen Vrustwehrturm auf dem Achterdeck geschützt; diese Brustwehren sind<lb/> 20 Centimeter stark. Pick Hein und die beiden andern Holländer haben nur<lb/> die beiden vordern Panzergeschütze, die dicht neben einander auf gemeinschaft¬<lb/> licher Drehscheibe stehen, mit einem Brustwehrturm geschützt, der etwa Zweidrittel<lb/> der Schisfsbreite hat, und dessen Panzer 24 Centimeter stark ist. Die ge¬<lb/> panzerten Kommandotürme, die Panzerschachte für die Förderung des Schie߬<lb/> bedarfs in die Brustwehrtürme werdeu bei Heimdall und Pick Hein gleich<lb/> sein. Der ganze Panzer der holländischen Schiffe ist leichter als der der<lb/> deutschen. Damit wird der Unterschied in der Größe von Heimdall und Pick<lb/> Hein, der nur 100 Tonnen beträgt, reichlich gedeckt. Betrachtet man um den<lb/> wichtigsten Teil jedes Kriegsschiffs, die Bewaffnung, so zeigt sich die Über¬<lb/> legenheit unsrer Schiffe besonders bei den Panzergeschützen. Heimdall hat<lb/> drei 30 Kaliber lange 24 Centimeter-Kanonen, die bei einer Lage eine<lb/> Stahlgeschvßmnsse von 645 Kilogramm werfen und dabei die Arbeit von<lb/> 8382 Metertonnen leisten; die drei langen 21 Centimeter-Panzergeschütze des<lb/> Pick Hein werfen nur 420 Kilogramm Stahl und leisten dabei 6012 Meter-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0357]
Englische Ausfälle gegen den deutschen Ariegsschiffbau
schritten werden darf, ohne daß andre Anordnungen, z. B. die Stärke und
Verteilung der Panzerung, oder die Größe des Kohlenvorrath, umgestoßen
werden müssen, so würde bei einer Vergrößerung des Kalibers der Schnell¬
feuerkanonen, wie sie der Engländer wünscht, die Zahl dieser Kanonen be¬
schränkt werden müssen. Das hat aber viele Nachteile. Unter sonst gleichen
Verhältnissen, mit gleich guten Schützen u. s. w. ist der im Vorteil, dessen
Schnellladegeschütze in einer bestimmten Zeit die größere Zahl von Geschossen
gegen die ungepanzerten und leicht gepanzerten Schiffsteile des Gegners
schleudern können, auch wenn die geschleuderte Stahlmasse nur ebenso viel
wiegt und keine größere Geschoßarbeit leistet als die der Schnellladegeschütze
des Gegners. Um das zu verstehen, sei ein mittleres Schiff der Siegsriedklasse,
Heimdall (1892), mit dem ungefähr gleich großen niederländischen Panzerschiff
Pick Hein (1894) verglichen. Beide Schiffe machen 16 Seemeilen Fahrt, wozu
Heimdall 4800, Pick Hein 4500 Pferdekraft braucht; das Nullspant (d. h. die
größte Querschiffsflüche) des deutschen Schiffs ist nämlich etwas größer, weil es
bei gleicher Breite wie das holländische 0,3 Meter mehr Tiefgang hat, nämlich
5,4 Meter. Die Panzerung unsers Schiffs ist schwerer, der Gürtelpanzcr ist
nicht nur breiter, sondern auch 9 Centimeter stärker; das auf dem Gürtel liegende
gewölbte Panzerdeck ist bei beiden Schiffen gleich stark. Der Stoff der Panzerung,
Stahl, ist bei beideu wahrscheinlich von ganz gleicher Güte; Krupps berühmten
Nickelstahlpanzer bekommen nur Odin und Ägir, vielleicht auch der noch im
Bau begriffene Cortenaer, ein Schwesterschiff des Pick Hein, und der eben¬
falls fertige Evertsen. Die Panzergeschütze sind bei-Siegfried und den übrigen
deutschen durch eine große vordere Panzerbrustwehr, die sich an beiden Schiffs-
seitcn nach Art der Schwalbennester herausbaucht, und durch einen halb so
großen Vrustwehrturm auf dem Achterdeck geschützt; diese Brustwehren sind
20 Centimeter stark. Pick Hein und die beiden andern Holländer haben nur
die beiden vordern Panzergeschütze, die dicht neben einander auf gemeinschaft¬
licher Drehscheibe stehen, mit einem Brustwehrturm geschützt, der etwa Zweidrittel
der Schisfsbreite hat, und dessen Panzer 24 Centimeter stark ist. Die ge¬
panzerten Kommandotürme, die Panzerschachte für die Förderung des Schie߬
bedarfs in die Brustwehrtürme werdeu bei Heimdall und Pick Hein gleich
sein. Der ganze Panzer der holländischen Schiffe ist leichter als der der
deutschen. Damit wird der Unterschied in der Größe von Heimdall und Pick
Hein, der nur 100 Tonnen beträgt, reichlich gedeckt. Betrachtet man um den
wichtigsten Teil jedes Kriegsschiffs, die Bewaffnung, so zeigt sich die Über¬
legenheit unsrer Schiffe besonders bei den Panzergeschützen. Heimdall hat
drei 30 Kaliber lange 24 Centimeter-Kanonen, die bei einer Lage eine
Stahlgeschvßmnsse von 645 Kilogramm werfen und dabei die Arbeit von
8382 Metertonnen leisten; die drei langen 21 Centimeter-Panzergeschütze des
Pick Hein werfen nur 420 Kilogramm Stahl und leisten dabei 6012 Meter-
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