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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr.

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Das Kapital von Aarl Marx

können wir hier nicht eingehen. Aber ein paar seiner Aussprüche über das
Grundeigentum, an denen die Bodenbesitzreformer Freude haben werden, wollen
wir doch mitteilen. Marx unterscheidet die Differentialrente, wie sie Ricardo
nachgewiesen hat, und die Monopolrente. Qualitätswein z. B. wirft dem
Eigentümer des Bodens, auf dem er wächst, eine hohe Rente ab, weil sich
die reichen Weintrinker überbieten, um von dem nur in beschränkter Menge
vorhandnen Getränk einen Teil an sich zu bringen. "Hier schafft also der
Monopolpreis die Rente. Umgekehrt würde die Rente den Monopolpreis
schaffen, wenn Getreide nicht nur über seinen Produktionspreis, sondern auch
über seinen Wert verkauft würde ^Wert ------ Kostenpreis > Mehrwert oder
Kostenpreis dem normalen Profits infolge der Schranke, die das Grund¬
eigentum der rentelosen Anlage von Kapital auf unbebauten Boden zieht.
^Ansiedler, die den Boden eigenhändig bebauen, brauchen keine Rente.) Daß
es nur der Titel einer Anzahl von Personen auf das Eigentum am Erdball
ist, der sie befähigt, einen Teil der Mehrarbeit der Gesellschaft sich als Tribut
anzueignen, und mit der Entwicklung der Produktion sich in stets steigendem
Maß anzueignen, wird durch den Umstand verdeckt, daß die kapitalisirte Rente,
also eben dieser kapitalisirte Tribut als Preis des Bodens erscheint und dieser
daher wie jeder andre Handelsartikel verkauft werden kann. Für den Käufer
erscheint daher sein Anspruch auf die Rente nicht als umsonst erhalten, und
ohne die Arbeit, das Risiko und den Unternehmungsgeist des Kapitals um¬
sonst erhalten, sondern als zu seinem Äquivalent bezahlt. Ihm erscheint die
Rente nur als Zins des Kapitals, womit er den Boden und damit den
Anspruch auf die Rente erkauft hat. Ganz so erscheint einem Sklavenhalter,
der einen Neger gekauft hat, sein Eigentum an dem Neger nicht durch die
Institution der Sklaverei, sondern durch Kauf und Verkauf von Ware er¬
worben. Aber der Titel selbst wird durch den Kauf nicht erzeugt, sondern
nur übertragen. Der Titel muß da sein, bevor er erkauft werden kann, und
so wenig wie ein Verkauf, kann eine Reihe von solchen Verkäufen, ihre be¬
ständige Wiederholung, diesen Titel schaffen. Was ihn überhaupt geschaffen
hat, waren die Produktionsverhältnisse. Sobald diese auf einem Punkt an¬
gelangt sind, wo sie sich umHäuten müssen, fällt die materielle, die ökonomisch
und historisch berechtigte, die aus dem Prozeß der gesellschaftlichen Lebens¬
erzeugung entspringende Quelle des Titels und aller auf ihm begründeten
Transaktionen weg. Vom Standpunkt einer höhern ökonomischen Gesellschafts¬
formation wird das Privateigentum einzelner Individuen am Erdball ganz
so abgeschmackt erscheinen, wie das Privateigentum eines Menschen an einem
andern Menschen. Selbst eine ganze Gesellschaft, eine Nation, ja alle gleich¬
zeitigen Gesellschaften zusammengenommen sind nicht Eigentümer der Erde.
Sie sind nur ihre Besitzer, ihre Nutznießer und haben sie als voni xatrgs
tÄmiliÄL den nachfolgenden Generationen verbessert zu hinterlassen."


Das Kapital von Aarl Marx

können wir hier nicht eingehen. Aber ein paar seiner Aussprüche über das
Grundeigentum, an denen die Bodenbesitzreformer Freude haben werden, wollen
wir doch mitteilen. Marx unterscheidet die Differentialrente, wie sie Ricardo
nachgewiesen hat, und die Monopolrente. Qualitätswein z. B. wirft dem
Eigentümer des Bodens, auf dem er wächst, eine hohe Rente ab, weil sich
die reichen Weintrinker überbieten, um von dem nur in beschränkter Menge
vorhandnen Getränk einen Teil an sich zu bringen. „Hier schafft also der
Monopolpreis die Rente. Umgekehrt würde die Rente den Monopolpreis
schaffen, wenn Getreide nicht nur über seinen Produktionspreis, sondern auch
über seinen Wert verkauft würde ^Wert ------ Kostenpreis > Mehrwert oder
Kostenpreis dem normalen Profits infolge der Schranke, die das Grund¬
eigentum der rentelosen Anlage von Kapital auf unbebauten Boden zieht.
^Ansiedler, die den Boden eigenhändig bebauen, brauchen keine Rente.) Daß
es nur der Titel einer Anzahl von Personen auf das Eigentum am Erdball
ist, der sie befähigt, einen Teil der Mehrarbeit der Gesellschaft sich als Tribut
anzueignen, und mit der Entwicklung der Produktion sich in stets steigendem
Maß anzueignen, wird durch den Umstand verdeckt, daß die kapitalisirte Rente,
also eben dieser kapitalisirte Tribut als Preis des Bodens erscheint und dieser
daher wie jeder andre Handelsartikel verkauft werden kann. Für den Käufer
erscheint daher sein Anspruch auf die Rente nicht als umsonst erhalten, und
ohne die Arbeit, das Risiko und den Unternehmungsgeist des Kapitals um¬
sonst erhalten, sondern als zu seinem Äquivalent bezahlt. Ihm erscheint die
Rente nur als Zins des Kapitals, womit er den Boden und damit den
Anspruch auf die Rente erkauft hat. Ganz so erscheint einem Sklavenhalter,
der einen Neger gekauft hat, sein Eigentum an dem Neger nicht durch die
Institution der Sklaverei, sondern durch Kauf und Verkauf von Ware er¬
worben. Aber der Titel selbst wird durch den Kauf nicht erzeugt, sondern
nur übertragen. Der Titel muß da sein, bevor er erkauft werden kann, und
so wenig wie ein Verkauf, kann eine Reihe von solchen Verkäufen, ihre be¬
ständige Wiederholung, diesen Titel schaffen. Was ihn überhaupt geschaffen
hat, waren die Produktionsverhältnisse. Sobald diese auf einem Punkt an¬
gelangt sind, wo sie sich umHäuten müssen, fällt die materielle, die ökonomisch
und historisch berechtigte, die aus dem Prozeß der gesellschaftlichen Lebens¬
erzeugung entspringende Quelle des Titels und aller auf ihm begründeten
Transaktionen weg. Vom Standpunkt einer höhern ökonomischen Gesellschafts¬
formation wird das Privateigentum einzelner Individuen am Erdball ganz
so abgeschmackt erscheinen, wie das Privateigentum eines Menschen an einem
andern Menschen. Selbst eine ganze Gesellschaft, eine Nation, ja alle gleich¬
zeitigen Gesellschaften zusammengenommen sind nicht Eigentümer der Erde.
Sie sind nur ihre Besitzer, ihre Nutznießer und haben sie als voni xatrgs
tÄmiliÄL den nachfolgenden Generationen verbessert zu hinterlassen."


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[0142] Das Kapital von Aarl Marx können wir hier nicht eingehen. Aber ein paar seiner Aussprüche über das Grundeigentum, an denen die Bodenbesitzreformer Freude haben werden, wollen wir doch mitteilen. Marx unterscheidet die Differentialrente, wie sie Ricardo nachgewiesen hat, und die Monopolrente. Qualitätswein z. B. wirft dem Eigentümer des Bodens, auf dem er wächst, eine hohe Rente ab, weil sich die reichen Weintrinker überbieten, um von dem nur in beschränkter Menge vorhandnen Getränk einen Teil an sich zu bringen. „Hier schafft also der Monopolpreis die Rente. Umgekehrt würde die Rente den Monopolpreis schaffen, wenn Getreide nicht nur über seinen Produktionspreis, sondern auch über seinen Wert verkauft würde ^Wert ------ Kostenpreis > Mehrwert oder Kostenpreis dem normalen Profits infolge der Schranke, die das Grund¬ eigentum der rentelosen Anlage von Kapital auf unbebauten Boden zieht. ^Ansiedler, die den Boden eigenhändig bebauen, brauchen keine Rente.) Daß es nur der Titel einer Anzahl von Personen auf das Eigentum am Erdball ist, der sie befähigt, einen Teil der Mehrarbeit der Gesellschaft sich als Tribut anzueignen, und mit der Entwicklung der Produktion sich in stets steigendem Maß anzueignen, wird durch den Umstand verdeckt, daß die kapitalisirte Rente, also eben dieser kapitalisirte Tribut als Preis des Bodens erscheint und dieser daher wie jeder andre Handelsartikel verkauft werden kann. Für den Käufer erscheint daher sein Anspruch auf die Rente nicht als umsonst erhalten, und ohne die Arbeit, das Risiko und den Unternehmungsgeist des Kapitals um¬ sonst erhalten, sondern als zu seinem Äquivalent bezahlt. Ihm erscheint die Rente nur als Zins des Kapitals, womit er den Boden und damit den Anspruch auf die Rente erkauft hat. Ganz so erscheint einem Sklavenhalter, der einen Neger gekauft hat, sein Eigentum an dem Neger nicht durch die Institution der Sklaverei, sondern durch Kauf und Verkauf von Ware er¬ worben. Aber der Titel selbst wird durch den Kauf nicht erzeugt, sondern nur übertragen. Der Titel muß da sein, bevor er erkauft werden kann, und so wenig wie ein Verkauf, kann eine Reihe von solchen Verkäufen, ihre be¬ ständige Wiederholung, diesen Titel schaffen. Was ihn überhaupt geschaffen hat, waren die Produktionsverhältnisse. Sobald diese auf einem Punkt an¬ gelangt sind, wo sie sich umHäuten müssen, fällt die materielle, die ökonomisch und historisch berechtigte, die aus dem Prozeß der gesellschaftlichen Lebens¬ erzeugung entspringende Quelle des Titels und aller auf ihm begründeten Transaktionen weg. Vom Standpunkt einer höhern ökonomischen Gesellschafts¬ formation wird das Privateigentum einzelner Individuen am Erdball ganz so abgeschmackt erscheinen, wie das Privateigentum eines Menschen an einem andern Menschen. Selbst eine ganze Gesellschaft, eine Nation, ja alle gleich¬ zeitigen Gesellschaften zusammengenommen sind nicht Eigentümer der Erde. Sie sind nur ihre Besitzer, ihre Nutznießer und haben sie als voni xatrgs tÄmiliÄL den nachfolgenden Generationen verbessert zu hinterlassen."

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220325/142>, abgerufen am 28.07.2024.