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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr.

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Eiserne Brücken

mengt würden, die dann einer einmaligen Analyse zu unterwerfen wäre. Als
Kontrolle könnte später eine zweite Untersuchung dienen, deren Durchschnitts¬
probe von verschiednen Teilen der vollendeten Brücke zu nehmen wäre. Auf
diese Weise brauchten überhaupt nur zwei Untersuchungen stattzufinden, aus
denen sich das Vorhandensein schädlicher Beimengungen schon beurteilen ließe.

Was endlich die Prüfung der fertigen Brücken betrifft, so weichen, wie
wir schon gesehen haben, die Ansichten über das zulässige Gewicht, womit die
Brücken bei der Übernahme zum Betriebe zu belasten sind, von einander ab.
Einige Sachverständige scheinen hierbei die gesetzlichen Bestimmungen für die
Prüfung der Dampfkessel zur Richtschnur genommen zu haben, wonach noch
ein gewisses Übergewicht über die höchste Last, die die Brücke wirklich zu tragen
hat, gefordert werden müßte; andre halten die höchste Last für vollkommen
ausreichend für die Belastungsprobe.

Nach den Ausführungsbestimmungen der deutschen Gewerbeordnung ist die
Prüfung von Dampfkesseln mit Wasserdruck vorgeschrieben, wobei der Druck
unsrer Atmosphäre -- ein Kilogramm auf den Quadratcentimeter -- als Einheit
angenommen wird. Kessel, die für eine Dampfspannung von nicht mehr als
fünf Atmosphären Druck (von dem natürlichen Atmosphärendruck abgesehen)
bestimmt sind und konzessionirt werden sollen, müssen mit dem zweifachen Be¬
trage des beabsichtigte" Drucks geprüft werden, alle übrigen Kessel dagegen
mit einem Druck, der den beabsichtigten Druck nur um fünf Atmosphären über¬
steigt. In Prozenten ausgedrückt, beträgt daher der Überdruck im ersten Falle
(also für einen Konzessionsdruck bis zu 5 Atmosphären bei doppeltem Prü¬
fungsdruck) 100 Prozent. Im zweiten Falle vermindert sich dagegen der
Überdruck, je höher der Druck konzessionirt werden soll, so daß er:

für 6 Atmosphären (Konzessionsdruck) bei 11 Atmosphären (Prüsungsdruck) nur 82,33 Prozent
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u. s. w. beträgt, über zehn Atmosphären Konzessionsdruck geht man bei ge¬
wöhnlichen Dampfkesseln, einschließlich der Lokomotiven, selten hinaus. Wes¬
halb dieser Unterschied in der Prüfung der Kessel gemacht wird, und weshalb nicht
für alle Kessel ein Überdruck von 50 Prozent vorgeschrieben ist, wodurch an¬
nähernd derselbe Zweck erreicht werden würde, ist mir nicht recht erklärlich.
Vielleicht beruht die Vorschrift nur auf einem alten Herkommen, aber sie läßt
doch erkennen, daß es bedenklich erschienen sein muß, den ursprünglichen hohen
Überdruck von 100 Prozent für alle Kessel beizubehalten, ohne Zweifel, weil
diese sonst zu stark belastet und hierdurch in die Gefahr, zu explodiren, gebracht
werden, oder, wie sich der Arbeiter ausdrückt, einen "Kraals" bekommen würden.
Wer weiß, ob nicht in dem hohen Prüfungsdruck, auch wenn er scheinbar gut


Eiserne Brücken

mengt würden, die dann einer einmaligen Analyse zu unterwerfen wäre. Als
Kontrolle könnte später eine zweite Untersuchung dienen, deren Durchschnitts¬
probe von verschiednen Teilen der vollendeten Brücke zu nehmen wäre. Auf
diese Weise brauchten überhaupt nur zwei Untersuchungen stattzufinden, aus
denen sich das Vorhandensein schädlicher Beimengungen schon beurteilen ließe.

Was endlich die Prüfung der fertigen Brücken betrifft, so weichen, wie
wir schon gesehen haben, die Ansichten über das zulässige Gewicht, womit die
Brücken bei der Übernahme zum Betriebe zu belasten sind, von einander ab.
Einige Sachverständige scheinen hierbei die gesetzlichen Bestimmungen für die
Prüfung der Dampfkessel zur Richtschnur genommen zu haben, wonach noch
ein gewisses Übergewicht über die höchste Last, die die Brücke wirklich zu tragen
hat, gefordert werden müßte; andre halten die höchste Last für vollkommen
ausreichend für die Belastungsprobe.

Nach den Ausführungsbestimmungen der deutschen Gewerbeordnung ist die
Prüfung von Dampfkesseln mit Wasserdruck vorgeschrieben, wobei der Druck
unsrer Atmosphäre — ein Kilogramm auf den Quadratcentimeter — als Einheit
angenommen wird. Kessel, die für eine Dampfspannung von nicht mehr als
fünf Atmosphären Druck (von dem natürlichen Atmosphärendruck abgesehen)
bestimmt sind und konzessionirt werden sollen, müssen mit dem zweifachen Be¬
trage des beabsichtigte« Drucks geprüft werden, alle übrigen Kessel dagegen
mit einem Druck, der den beabsichtigten Druck nur um fünf Atmosphären über¬
steigt. In Prozenten ausgedrückt, beträgt daher der Überdruck im ersten Falle
(also für einen Konzessionsdruck bis zu 5 Atmosphären bei doppeltem Prü¬
fungsdruck) 100 Prozent. Im zweiten Falle vermindert sich dagegen der
Überdruck, je höher der Druck konzessionirt werden soll, so daß er:

für 6 Atmosphären (Konzessionsdruck) bei 11 Atmosphären (Prüsungsdruck) nur 82,33 Prozent
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u. s. w. beträgt, über zehn Atmosphären Konzessionsdruck geht man bei ge¬
wöhnlichen Dampfkesseln, einschließlich der Lokomotiven, selten hinaus. Wes¬
halb dieser Unterschied in der Prüfung der Kessel gemacht wird, und weshalb nicht
für alle Kessel ein Überdruck von 50 Prozent vorgeschrieben ist, wodurch an¬
nähernd derselbe Zweck erreicht werden würde, ist mir nicht recht erklärlich.
Vielleicht beruht die Vorschrift nur auf einem alten Herkommen, aber sie läßt
doch erkennen, daß es bedenklich erschienen sein muß, den ursprünglichen hohen
Überdruck von 100 Prozent für alle Kessel beizubehalten, ohne Zweifel, weil
diese sonst zu stark belastet und hierdurch in die Gefahr, zu explodiren, gebracht
werden, oder, wie sich der Arbeiter ausdrückt, einen „Kraals" bekommen würden.
Wer weiß, ob nicht in dem hohen Prüfungsdruck, auch wenn er scheinbar gut


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220325/130>, abgerufen am 28.07.2024.