Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Eiserne Brücken

East-Riverdrahtseilhängebrücke zwischen Newyork und Brooklyn mit 488 Metern
Spannweite erwähnen -- bisher noch kein Zeichen der Brüchigkeit haben er¬
kennen lassen, so darf man daraus Wohl schließen, daß sie sehr stark und aus
vorzüglichem Material (vielleicht Holzkohleneisen) ausgeführt sind; sie sind
aber noch zu neu, um schon Spuren des Verfalls zu zeigen. Die älteste
Hängebrücke soll die 1741 (?) vollendete Winchbrücke über den Tees in Eng¬
land sein.

In der Erkenntnis der Gefahr, die den Hängebrücken mit geraden Fahr-
bnhnträgern innewohnt, hat man in neuerer Zeit angefangen, diese Träger
als flache, nach oben gerichtete Bogen zu konstruiren und sie gegen feste Pfeiler
zu spannen, sodaß sich die Last in den so entstehenden "versteiften Hänge¬
brücken" zwischen Trüger und Tragseile verteilt. Auf diese Weise soll z. B.
die von dem Ingenieur Lindenthal entworfne Hudsonbrücke zwischen New-
York und Newjerseh cinsgeführt werden. Der mittlere Bogen dieser Brücke
erhält die Spannweite von 615 Metern (nach andern sogar 940 Meter) und
einen größten senkrechten Abstand von 41 Metern über dem Wasserspiegel.
Nebenbei bemerkt, werden dabei vier Tragkabel von je 1,2 Meter Stärke (aus
18000 Stahldrähten von 6^ Millimeter Dicke bestehend) verwendet, die über
vier je 180 Meter hohe Stahltürme laufen.,

Eine weitere Sicherheit für versteifte Hängebrücken wird selbstverständlich
erreicht, wenn die bogenförmigen Fahrbcchntrüger weniger flach konstruirt oder,
was in den meisten Fällen dasselbe sagen will, die Spannweiten verringert
werden, wobei freilich die Aufführung eiuer größern Anzahl von festen Wider¬
lagern (Pfeilern) unvermeidlich ist. Für die von dem Ingenieur Vuchwald
entworfne versteifte Kabelbrücke bei Hamburg ist eine größte Spannweite von
420 Metern und ein größter Abstand vom Wasserspiegel von 45 Metern in
Aussicht genommen worden, während die Spannweite der im Entwurf preis¬
gekrönten Donaubrücke in Budapest nur 320 Meter betragen wird; die Kabel
dieser Donaubrücke bestehen aus je 14000 Stück parallel mit einander
laufenden, je vier Millimeter starken Stahldrähten, die zum Schutz gegen Ver¬
rostung mit drei Millimeter starkem verzinkten Eisendraht umwickelt werden.

Es liegt auf der Hand, daß die versteiften Hängebrücken für große Spann¬
weiten den nicht zu bestreitenden Vorzug der schnellern Ausführung und der
Billigkeit haben, indem die Tragseile in verhältnismüßig kurzer Zeit ange-
bracht und hiernach als Hilfsmittel bei der Aufstellung der Fahrbahutrüger
benutzt werden können, sodaß weitere Baugerüste entbehrlich werden. Auch
die Brücke über den Firth of Forth bei Edinburgh (Schottland), die von den
Ingenieuren John Fowler und Benjamin Baker als feste Bogenträgerbrücke
mit zwei Mitteljochen von je 521 Metern Spannweite entworfen war und
vor etwa zwei Jahren vollendet worden ist, mußte wegen des Schiffsverkehrs
ohne Baugerüste aufgeführt werden. Hier wurde jedoch ein andres Verfahren


Eiserne Brücken

East-Riverdrahtseilhängebrücke zwischen Newyork und Brooklyn mit 488 Metern
Spannweite erwähnen — bisher noch kein Zeichen der Brüchigkeit haben er¬
kennen lassen, so darf man daraus Wohl schließen, daß sie sehr stark und aus
vorzüglichem Material (vielleicht Holzkohleneisen) ausgeführt sind; sie sind
aber noch zu neu, um schon Spuren des Verfalls zu zeigen. Die älteste
Hängebrücke soll die 1741 (?) vollendete Winchbrücke über den Tees in Eng¬
land sein.

In der Erkenntnis der Gefahr, die den Hängebrücken mit geraden Fahr-
bnhnträgern innewohnt, hat man in neuerer Zeit angefangen, diese Träger
als flache, nach oben gerichtete Bogen zu konstruiren und sie gegen feste Pfeiler
zu spannen, sodaß sich die Last in den so entstehenden „versteiften Hänge¬
brücken" zwischen Trüger und Tragseile verteilt. Auf diese Weise soll z. B.
die von dem Ingenieur Lindenthal entworfne Hudsonbrücke zwischen New-
York und Newjerseh cinsgeführt werden. Der mittlere Bogen dieser Brücke
erhält die Spannweite von 615 Metern (nach andern sogar 940 Meter) und
einen größten senkrechten Abstand von 41 Metern über dem Wasserspiegel.
Nebenbei bemerkt, werden dabei vier Tragkabel von je 1,2 Meter Stärke (aus
18000 Stahldrähten von 6^ Millimeter Dicke bestehend) verwendet, die über
vier je 180 Meter hohe Stahltürme laufen.,

Eine weitere Sicherheit für versteifte Hängebrücken wird selbstverständlich
erreicht, wenn die bogenförmigen Fahrbcchntrüger weniger flach konstruirt oder,
was in den meisten Fällen dasselbe sagen will, die Spannweiten verringert
werden, wobei freilich die Aufführung eiuer größern Anzahl von festen Wider¬
lagern (Pfeilern) unvermeidlich ist. Für die von dem Ingenieur Vuchwald
entworfne versteifte Kabelbrücke bei Hamburg ist eine größte Spannweite von
420 Metern und ein größter Abstand vom Wasserspiegel von 45 Metern in
Aussicht genommen worden, während die Spannweite der im Entwurf preis¬
gekrönten Donaubrücke in Budapest nur 320 Meter betragen wird; die Kabel
dieser Donaubrücke bestehen aus je 14000 Stück parallel mit einander
laufenden, je vier Millimeter starken Stahldrähten, die zum Schutz gegen Ver¬
rostung mit drei Millimeter starkem verzinkten Eisendraht umwickelt werden.

Es liegt auf der Hand, daß die versteiften Hängebrücken für große Spann¬
weiten den nicht zu bestreitenden Vorzug der schnellern Ausführung und der
Billigkeit haben, indem die Tragseile in verhältnismüßig kurzer Zeit ange-
bracht und hiernach als Hilfsmittel bei der Aufstellung der Fahrbahutrüger
benutzt werden können, sodaß weitere Baugerüste entbehrlich werden. Auch
die Brücke über den Firth of Forth bei Edinburgh (Schottland), die von den
Ingenieuren John Fowler und Benjamin Baker als feste Bogenträgerbrücke
mit zwei Mitteljochen von je 521 Metern Spannweite entworfen war und
vor etwa zwei Jahren vollendet worden ist, mußte wegen des Schiffsverkehrs
ohne Baugerüste aufgeführt werden. Hier wurde jedoch ein andres Verfahren


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0125" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/220451"/>
          <fw type="header" place="top"> Eiserne Brücken</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_484" prev="#ID_483"> East-Riverdrahtseilhängebrücke zwischen Newyork und Brooklyn mit 488 Metern<lb/>
Spannweite erwähnen &#x2014; bisher noch kein Zeichen der Brüchigkeit haben er¬<lb/>
kennen lassen, so darf man daraus Wohl schließen, daß sie sehr stark und aus<lb/>
vorzüglichem Material (vielleicht Holzkohleneisen) ausgeführt sind; sie sind<lb/>
aber noch zu neu, um schon Spuren des Verfalls zu zeigen. Die älteste<lb/>
Hängebrücke soll die 1741 (?) vollendete Winchbrücke über den Tees in Eng¬<lb/>
land sein.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_485"> In der Erkenntnis der Gefahr, die den Hängebrücken mit geraden Fahr-<lb/>
bnhnträgern innewohnt, hat man in neuerer Zeit angefangen, diese Träger<lb/>
als flache, nach oben gerichtete Bogen zu konstruiren und sie gegen feste Pfeiler<lb/>
zu spannen, sodaß sich die Last in den so entstehenden &#x201E;versteiften Hänge¬<lb/>
brücken" zwischen Trüger und Tragseile verteilt. Auf diese Weise soll z. B.<lb/>
die von dem Ingenieur Lindenthal entworfne Hudsonbrücke zwischen New-<lb/>
York und Newjerseh cinsgeführt werden. Der mittlere Bogen dieser Brücke<lb/>
erhält die Spannweite von 615 Metern (nach andern sogar 940 Meter) und<lb/>
einen größten senkrechten Abstand von 41 Metern über dem Wasserspiegel.<lb/>
Nebenbei bemerkt, werden dabei vier Tragkabel von je 1,2 Meter Stärke (aus<lb/>
18000 Stahldrähten von 6^ Millimeter Dicke bestehend) verwendet, die über<lb/>
vier je 180 Meter hohe Stahltürme laufen.,</p><lb/>
          <p xml:id="ID_486"> Eine weitere Sicherheit für versteifte Hängebrücken wird selbstverständlich<lb/>
erreicht, wenn die bogenförmigen Fahrbcchntrüger weniger flach konstruirt oder,<lb/>
was in den meisten Fällen dasselbe sagen will, die Spannweiten verringert<lb/>
werden, wobei freilich die Aufführung eiuer größern Anzahl von festen Wider¬<lb/>
lagern (Pfeilern) unvermeidlich ist. Für die von dem Ingenieur Vuchwald<lb/>
entworfne versteifte Kabelbrücke bei Hamburg ist eine größte Spannweite von<lb/>
420 Metern und ein größter Abstand vom Wasserspiegel von 45 Metern in<lb/>
Aussicht genommen worden, während die Spannweite der im Entwurf preis¬<lb/>
gekrönten Donaubrücke in Budapest nur 320 Meter betragen wird; die Kabel<lb/>
dieser Donaubrücke bestehen aus je 14000 Stück parallel mit einander<lb/>
laufenden, je vier Millimeter starken Stahldrähten, die zum Schutz gegen Ver¬<lb/>
rostung mit drei Millimeter starkem verzinkten Eisendraht umwickelt werden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_487" next="#ID_488"> Es liegt auf der Hand, daß die versteiften Hängebrücken für große Spann¬<lb/>
weiten den nicht zu bestreitenden Vorzug der schnellern Ausführung und der<lb/>
Billigkeit haben, indem die Tragseile in verhältnismüßig kurzer Zeit ange-<lb/>
bracht und hiernach als Hilfsmittel bei der Aufstellung der Fahrbahutrüger<lb/>
benutzt werden können, sodaß weitere Baugerüste entbehrlich werden. Auch<lb/>
die Brücke über den Firth of Forth bei Edinburgh (Schottland), die von den<lb/>
Ingenieuren John Fowler und Benjamin Baker als feste Bogenträgerbrücke<lb/>
mit zwei Mitteljochen von je 521 Metern Spannweite entworfen war und<lb/>
vor etwa zwei Jahren vollendet worden ist, mußte wegen des Schiffsverkehrs<lb/>
ohne Baugerüste aufgeführt werden. Hier wurde jedoch ein andres Verfahren</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0125] Eiserne Brücken East-Riverdrahtseilhängebrücke zwischen Newyork und Brooklyn mit 488 Metern Spannweite erwähnen — bisher noch kein Zeichen der Brüchigkeit haben er¬ kennen lassen, so darf man daraus Wohl schließen, daß sie sehr stark und aus vorzüglichem Material (vielleicht Holzkohleneisen) ausgeführt sind; sie sind aber noch zu neu, um schon Spuren des Verfalls zu zeigen. Die älteste Hängebrücke soll die 1741 (?) vollendete Winchbrücke über den Tees in Eng¬ land sein. In der Erkenntnis der Gefahr, die den Hängebrücken mit geraden Fahr- bnhnträgern innewohnt, hat man in neuerer Zeit angefangen, diese Träger als flache, nach oben gerichtete Bogen zu konstruiren und sie gegen feste Pfeiler zu spannen, sodaß sich die Last in den so entstehenden „versteiften Hänge¬ brücken" zwischen Trüger und Tragseile verteilt. Auf diese Weise soll z. B. die von dem Ingenieur Lindenthal entworfne Hudsonbrücke zwischen New- York und Newjerseh cinsgeführt werden. Der mittlere Bogen dieser Brücke erhält die Spannweite von 615 Metern (nach andern sogar 940 Meter) und einen größten senkrechten Abstand von 41 Metern über dem Wasserspiegel. Nebenbei bemerkt, werden dabei vier Tragkabel von je 1,2 Meter Stärke (aus 18000 Stahldrähten von 6^ Millimeter Dicke bestehend) verwendet, die über vier je 180 Meter hohe Stahltürme laufen., Eine weitere Sicherheit für versteifte Hängebrücken wird selbstverständlich erreicht, wenn die bogenförmigen Fahrbcchntrüger weniger flach konstruirt oder, was in den meisten Fällen dasselbe sagen will, die Spannweiten verringert werden, wobei freilich die Aufführung eiuer größern Anzahl von festen Wider¬ lagern (Pfeilern) unvermeidlich ist. Für die von dem Ingenieur Vuchwald entworfne versteifte Kabelbrücke bei Hamburg ist eine größte Spannweite von 420 Metern und ein größter Abstand vom Wasserspiegel von 45 Metern in Aussicht genommen worden, während die Spannweite der im Entwurf preis¬ gekrönten Donaubrücke in Budapest nur 320 Meter betragen wird; die Kabel dieser Donaubrücke bestehen aus je 14000 Stück parallel mit einander laufenden, je vier Millimeter starken Stahldrähten, die zum Schutz gegen Ver¬ rostung mit drei Millimeter starkem verzinkten Eisendraht umwickelt werden. Es liegt auf der Hand, daß die versteiften Hängebrücken für große Spann¬ weiten den nicht zu bestreitenden Vorzug der schnellern Ausführung und der Billigkeit haben, indem die Tragseile in verhältnismüßig kurzer Zeit ange- bracht und hiernach als Hilfsmittel bei der Aufstellung der Fahrbahutrüger benutzt werden können, sodaß weitere Baugerüste entbehrlich werden. Auch die Brücke über den Firth of Forth bei Edinburgh (Schottland), die von den Ingenieuren John Fowler und Benjamin Baker als feste Bogenträgerbrücke mit zwei Mitteljochen von je 521 Metern Spannweite entworfen war und vor etwa zwei Jahren vollendet worden ist, mußte wegen des Schiffsverkehrs ohne Baugerüste aufgeführt werden. Hier wurde jedoch ein andres Verfahren

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220325
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220325/125
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220325/125>, abgerufen am 28.07.2024.