Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr.Der erste Beste Da schaukelte sich auch schon Hans am untersten Ast und sprang herunter, Sind Sie des Deuwels? rief Mamselling, ganz empört. Seit wann Na, ein Stündchen magh schon sein, erwiderte er lachend und streckte und Und warum haben Sie nich einen Laut von sich gegeben? Warum Ich auch nicht, Ollsching, hauen Sie mich nur nicht gleich, ich wollte ja Gott bewahre, sagte die Alte gemütlich. Seit wann denn? Und warum? Seit wann? Seit Olims Zeiten, wie ich merke. Und warum? Weil Sie Den Traum blättern Sie mich doch mal vor. Will ich auch. Der Deuwel trau euch Frauensleuten. Da hab ich mir Versteh ich, Hansing. Hansing, min oll Jünging -- sie faßte ihn am Hans nickte und lächelte wieder. Ick gläuw dar ok, Ollsching, sagte (Fortsetzung folgt) Der erste Beste Da schaukelte sich auch schon Hans am untersten Ast und sprang herunter, Sind Sie des Deuwels? rief Mamselling, ganz empört. Seit wann Na, ein Stündchen magh schon sein, erwiderte er lachend und streckte und Und warum haben Sie nich einen Laut von sich gegeben? Warum Ich auch nicht, Ollsching, hauen Sie mich nur nicht gleich, ich wollte ja Gott bewahre, sagte die Alte gemütlich. Seit wann denn? Und warum? Seit wann? Seit Olims Zeiten, wie ich merke. Und warum? Weil Sie Den Traum blättern Sie mich doch mal vor. Will ich auch. Der Deuwel trau euch Frauensleuten. Da hab ich mir Versteh ich, Hansing. Hansing, min oll Jünging — sie faßte ihn am Hans nickte und lächelte wieder. Ick gläuw dar ok, Ollsching, sagte (Fortsetzung folgt) <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0106" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/220432"/> <fw type="header" place="top"> Der erste Beste</fw><lb/> <p xml:id="ID_418"> Da schaukelte sich auch schon Hans am untersten Ast und sprang herunter,<lb/> von der Bank ins Gras.</p><lb/> <p xml:id="ID_419"> Sind Sie des Deuwels? rief Mamselling, ganz empört. Seit wann<lb/> hocken Sie denn da oben?</p><lb/> <p xml:id="ID_420"> Na, ein Stündchen magh schon sein, erwiderte er lachend und streckte und<lb/> dehnte die steifgesesscnen Glieder. Ich wollte mir einen Hut voll mitnehmen;<lb/> da kamt ihr beiden mit euern Körben daher und fingt an, Bohnen zu pflücken,<lb/> beinahe unter mir. Ich hätte euch mit Kirschen werfen können.</p><lb/> <p xml:id="ID_421"> Und warum haben Sie nich einen Laut von sich gegeben? Warum<lb/> blieben Sie so heimtückisch da oben sitzen? Können Sie das passend finden?<lb/> Ich nich.</p><lb/> <p xml:id="ID_422"> Ich auch nicht, Ollsching, hauen Sie mich nur nicht gleich, ich wollte ja<lb/> rufen. Wie ihr euch da so stillschweigend von mir wegpflücktet, da dachte ich:<lb/> wenn sie sich wieder herangepflückt haben, dann mach ich ihnen einen kleinen<lb/> Schreck und bombardire sie mit einer Hand voll Kirschen. Aber ihr kamt mir<lb/> nicht nahe genug, ihr bliebe stehen und schwatztet ein Weilchen. Dann hörte<lb/> ich plötzlich meinen Namen, das reizte natürlich meine — Wißbegier, und ich<lb/> fing an aufzupassen wie ein Luchs. Und was hörte ich da für Bekenntnisse?<lb/> Was erlebte ich für Enttäuschungen? Er sprang von der Bank in die Höhe,<lb/> auf der er sich niedergelassen hatte, stellte sich breitbeinig vor Mamselling hin<lb/> und sprühte sie aus seineu braunen Augen an: Wissen Sie, daß Sie ein ganz<lb/> entsetzliches, altes Scheusal sind?</p><lb/> <p xml:id="ID_423"> Gott bewahre, sagte die Alte gemütlich. Seit wann denn? Und warum?</p><lb/> <p xml:id="ID_424"> Seit wann? Seit Olims Zeiten, wie ich merke. Und warum? Weil Sie<lb/> mich um meinen schönsten Traum betrogen haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_425"> Den Traum blättern Sie mich doch mal vor.</p><lb/> <p xml:id="ID_426"> Will ich auch. Der Deuwel trau euch Frauensleuten. Da hab ich mir<lb/> all mein Lebtag gedacht: der Hans ist doch ihr Liebling, über den Hans geht<lb/> ihr nichts. Und schließlich bin ichs gar nicht, sondern mein Bruder, dem Sie<lb/> Ihre unglückliche Liebe zugewendet haben, für den Sie seit vierundzwanzig<lb/> Jahren glühen. nette Dinge! Ich wollte schon dazwischenfahren. Aber dann<lb/> kamt ihr auf die Christine. Ollsching — na, und da saß ich denn still, ver¬<lb/> stehen Sie. Und dann kam der Fritz dazu, und da geriet ich aus der Weich-<lb/> mütigkeit in die Freudigkeit.</p><lb/> <p xml:id="ID_427"> Versteh ich, Hansing. Hansing, min oll Jünging — sie faßte ihn am<lb/> Rockknopf und zog ihn ein bischen daran — ick glüuw — dann winkte sie<lb/> mit Schulter und Augen nach dem Hause hinüber und sah ihn lächelnd an.</p><lb/> <p xml:id="ID_428"> Hans nickte und lächelte wieder. Ick gläuw dar ok, Ollsching, sagte<lb/> er leise.</p><lb/> <p xml:id="ID_429"> (Fortsetzung folgt)</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0106]
Der erste Beste
Da schaukelte sich auch schon Hans am untersten Ast und sprang herunter,
von der Bank ins Gras.
Sind Sie des Deuwels? rief Mamselling, ganz empört. Seit wann
hocken Sie denn da oben?
Na, ein Stündchen magh schon sein, erwiderte er lachend und streckte und
dehnte die steifgesesscnen Glieder. Ich wollte mir einen Hut voll mitnehmen;
da kamt ihr beiden mit euern Körben daher und fingt an, Bohnen zu pflücken,
beinahe unter mir. Ich hätte euch mit Kirschen werfen können.
Und warum haben Sie nich einen Laut von sich gegeben? Warum
blieben Sie so heimtückisch da oben sitzen? Können Sie das passend finden?
Ich nich.
Ich auch nicht, Ollsching, hauen Sie mich nur nicht gleich, ich wollte ja
rufen. Wie ihr euch da so stillschweigend von mir wegpflücktet, da dachte ich:
wenn sie sich wieder herangepflückt haben, dann mach ich ihnen einen kleinen
Schreck und bombardire sie mit einer Hand voll Kirschen. Aber ihr kamt mir
nicht nahe genug, ihr bliebe stehen und schwatztet ein Weilchen. Dann hörte
ich plötzlich meinen Namen, das reizte natürlich meine — Wißbegier, und ich
fing an aufzupassen wie ein Luchs. Und was hörte ich da für Bekenntnisse?
Was erlebte ich für Enttäuschungen? Er sprang von der Bank in die Höhe,
auf der er sich niedergelassen hatte, stellte sich breitbeinig vor Mamselling hin
und sprühte sie aus seineu braunen Augen an: Wissen Sie, daß Sie ein ganz
entsetzliches, altes Scheusal sind?
Gott bewahre, sagte die Alte gemütlich. Seit wann denn? Und warum?
Seit wann? Seit Olims Zeiten, wie ich merke. Und warum? Weil Sie
mich um meinen schönsten Traum betrogen haben.
Den Traum blättern Sie mich doch mal vor.
Will ich auch. Der Deuwel trau euch Frauensleuten. Da hab ich mir
all mein Lebtag gedacht: der Hans ist doch ihr Liebling, über den Hans geht
ihr nichts. Und schließlich bin ichs gar nicht, sondern mein Bruder, dem Sie
Ihre unglückliche Liebe zugewendet haben, für den Sie seit vierundzwanzig
Jahren glühen. nette Dinge! Ich wollte schon dazwischenfahren. Aber dann
kamt ihr auf die Christine. Ollsching — na, und da saß ich denn still, ver¬
stehen Sie. Und dann kam der Fritz dazu, und da geriet ich aus der Weich-
mütigkeit in die Freudigkeit.
Versteh ich, Hansing. Hansing, min oll Jünging — sie faßte ihn am
Rockknopf und zog ihn ein bischen daran — ick glüuw — dann winkte sie
mit Schulter und Augen nach dem Hause hinüber und sah ihn lächelnd an.
Hans nickte und lächelte wieder. Ick gläuw dar ok, Ollsching, sagte
er leise.
(Fortsetzung folgt)
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |