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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Zweites Vierteljahr.

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Schutzmittel gegen den Bcmschwindel

den Spekulanten hindern, das seiner Höhe nach teilweise fingirte Kaufgeld
schon vor der Erteilung der Bnukonzession eintragen zu lassen und sich so das
Vorrecht vor den Handwerkern zu sichern? Sein Bundesgenosse, der Bau¬
unternehmer, den er in der Hand hat, gewiß nicht!

Nicht anders steht es mit den Schöneberger oder richtiger Haberlandschen
Vorschlägen. Gewiß ist den Handwerkern nicht genug Vorsicht anzuempfehlen,
auch soll nicht geleugnet werden, daß die Handwerkerkammer als Infor¬
mationsstelle für die Handwerker in gewissem Maße segensreich wirken
könnte. Sie würde das aber doch immer nur in so beschränktem Maße thun
können, daß sich von ihr eine merkliche Zurückdrängung oder gar eine Beseitigung
des Bauschwindels nicht hoffen ließe. Denn sein Tummelplatz ist vor allein
die Großstadt. Wenn sich dort das geschäftliche Getriebe an sich schon schwer
übersehen läßt, so steigert sich diese Schwierigkeit zur Unmöglichkeit auf einem
Gebiete, wo täglich neue fragwürdige Existenzen auftauchen und verschwinden.
Eine Statistik über Wechselproteste, Zahlungseinstellungen u. s. w., die auch
nur einigermaßen auf Vollständigkeit und Zuverlässigkeit Anspruch machen
könnte, ist hier ausgeschlossen. Die Eintragung in das Handelsregister wäre
keine ausreichende Bürgschaft für die Kreditwürdigkeit des Bauunternehmers,
auch dann nicht, wenn sie von dem "Nachweise" eines Bcirvcrmvgens von
fünftausend Mark abhängig gemacht würde. Denn der Grundstückspekulant,
"der schon so viel für ihn gethan, daß ihm zu thun fast nichts mehr übrig
bleibt," wird dem Unternehmer auch noch die fünftausend Mark vom Vormittag
auf den Nachmittag leihen, damit er sie dem Negisterrichter vorzeigen kann.
Gewiß ist es serner richtig, daß der Bauunternehmer, der, weil er den Offen¬
barungseid geleistet hat, "nichts mehr haben darf," zum Betriebe seiner Ge¬
schäfte seine Ehefrau und im Notfalle sogar seiue minderjährigen Kinder
vorschiebt. Meint man aber wirklich den Mann durch das Verbot der
Eintragung der Ehefrau und Minderjähriger in das Handelsregister in
Verlegenheit zu bringen? Er hat ja Brüder, Vettern und gute Freunde
genug, die für einen Hundertmarkschein gern in die Bresche springen. Der
Vorschlag, den Unternehmer, der das Baugcld, das zivilrechtlich sein Eigen¬
tum ist, nicht bestimmungsgemäß verwendet, wegen Unterschlagung zu bestrafen,
ist nicht der Berücksichtigung wert, weil er dem logischen und juristisch-tech¬
nischen Begriff der Unterschlagung widerspricht. Er trifft auch den Kern der
Sache nicht, weil er sich nicht gegen den Urheber des Bauschwiudels, den
Geldgeber wendet, der ja dem Unternehmer gar nicht so viel Geld giebt, daß
er davon die Handwerker vollständig bezahlen könnte. Die Verpflichtung des
Geldgebers, die Handwerkerkammer über das Konto des Bauunternehmers zu
unterrichten, könnte allerdings dann von Nutzen sein, wenn gleichzeitig die
Gewähr dafür gegeben werden könnte, daß der Unternehmer das Geld hinterher
nicht anderweit verwendete. Eine solche Gefahr liegt aber im Hinblick auf


Schutzmittel gegen den Bcmschwindel

den Spekulanten hindern, das seiner Höhe nach teilweise fingirte Kaufgeld
schon vor der Erteilung der Bnukonzession eintragen zu lassen und sich so das
Vorrecht vor den Handwerkern zu sichern? Sein Bundesgenosse, der Bau¬
unternehmer, den er in der Hand hat, gewiß nicht!

Nicht anders steht es mit den Schöneberger oder richtiger Haberlandschen
Vorschlägen. Gewiß ist den Handwerkern nicht genug Vorsicht anzuempfehlen,
auch soll nicht geleugnet werden, daß die Handwerkerkammer als Infor¬
mationsstelle für die Handwerker in gewissem Maße segensreich wirken
könnte. Sie würde das aber doch immer nur in so beschränktem Maße thun
können, daß sich von ihr eine merkliche Zurückdrängung oder gar eine Beseitigung
des Bauschwindels nicht hoffen ließe. Denn sein Tummelplatz ist vor allein
die Großstadt. Wenn sich dort das geschäftliche Getriebe an sich schon schwer
übersehen läßt, so steigert sich diese Schwierigkeit zur Unmöglichkeit auf einem
Gebiete, wo täglich neue fragwürdige Existenzen auftauchen und verschwinden.
Eine Statistik über Wechselproteste, Zahlungseinstellungen u. s. w., die auch
nur einigermaßen auf Vollständigkeit und Zuverlässigkeit Anspruch machen
könnte, ist hier ausgeschlossen. Die Eintragung in das Handelsregister wäre
keine ausreichende Bürgschaft für die Kreditwürdigkeit des Bauunternehmers,
auch dann nicht, wenn sie von dem „Nachweise" eines Bcirvcrmvgens von
fünftausend Mark abhängig gemacht würde. Denn der Grundstückspekulant,
„der schon so viel für ihn gethan, daß ihm zu thun fast nichts mehr übrig
bleibt," wird dem Unternehmer auch noch die fünftausend Mark vom Vormittag
auf den Nachmittag leihen, damit er sie dem Negisterrichter vorzeigen kann.
Gewiß ist es serner richtig, daß der Bauunternehmer, der, weil er den Offen¬
barungseid geleistet hat, „nichts mehr haben darf," zum Betriebe seiner Ge¬
schäfte seine Ehefrau und im Notfalle sogar seiue minderjährigen Kinder
vorschiebt. Meint man aber wirklich den Mann durch das Verbot der
Eintragung der Ehefrau und Minderjähriger in das Handelsregister in
Verlegenheit zu bringen? Er hat ja Brüder, Vettern und gute Freunde
genug, die für einen Hundertmarkschein gern in die Bresche springen. Der
Vorschlag, den Unternehmer, der das Baugcld, das zivilrechtlich sein Eigen¬
tum ist, nicht bestimmungsgemäß verwendet, wegen Unterschlagung zu bestrafen,
ist nicht der Berücksichtigung wert, weil er dem logischen und juristisch-tech¬
nischen Begriff der Unterschlagung widerspricht. Er trifft auch den Kern der
Sache nicht, weil er sich nicht gegen den Urheber des Bauschwiudels, den
Geldgeber wendet, der ja dem Unternehmer gar nicht so viel Geld giebt, daß
er davon die Handwerker vollständig bezahlen könnte. Die Verpflichtung des
Geldgebers, die Handwerkerkammer über das Konto des Bauunternehmers zu
unterrichten, könnte allerdings dann von Nutzen sein, wenn gleichzeitig die
Gewähr dafür gegeben werden könnte, daß der Unternehmer das Geld hinterher
nicht anderweit verwendete. Eine solche Gefahr liegt aber im Hinblick auf


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_219675/548>, abgerufen am 22.12.2024.