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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Zweites Vierteljahr.

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Schutzmittel gegen den Vauschwindel

s muß die Freunde des Handwerks mit Genugthuung erfüllen,
daß die Vorkämpfer seines gesetzlichen Schutzes gegen das Grund-
stückspekulantentum und die mit ihm verbündeten und ihm Unter¬
thanen mittellosen Bauunternehmer gegenüber der spröden Zurück¬
haltung der Regierung und der Gesetzbnchskommission nicht er¬
lahmen. Aber so anerkennenswert diese Bemühungen sind, die, gestützt von
der öffentlichen Meinung, schließlich über juristisch und wirtschaftlich in sich
unbegründete Bedenken den Sieg davontragen werden, so erweisen sich doch
vielfach die Vorschläge als zur Erreichung des anzustrebenden Zieles un¬
zulänglich.

So ist vor einiger Zeit in Hildesheim auf Veranlassung der dortigen
Handelskammer eine Versammlung von Vertretern der umliegenden Handels-
kammerbczirke abgehalten worden, um gesetzgeberische Maßnahmen gegen den
Bauschwindel zu besprechen. Nach lebhafter Debatte faßte man eine Reso¬
lution, die eine Gesetzgebung befürwortete, wonach "sämtliche beim Neubau
eines Gebündes beteiligten Handwerker, Lieferanten und Arbeiter nach der
baupolizeilichen Gebrauchsabnahme binnen angemessener Frist wegen ihrer durch
Lieferung von Materialien und Arbeiten entstandnen Forderungen ein Recht
auf Eintragung im Grundbuche haben, und die so entstandnen Hypotheken bei
Gleichberechtigung unter einander ein Vorzugsrecht vor allen andern dinglichen
Belastungen mit Ausnahme derer, die vor Erteilung der Baukonzession ein¬
getragen sind oder auf öffentlichen Titeln beruhen, genießen sollen." Die Bau-
Polizei soll gehalten sein, von jedem von ihr genehmigten Neubau der Grnnd-
buchbehörde Nachricht zu geben, die wieder ihrerseits den Hypothekengläubigeru
Anzeige zu machen hat.


Grenzboten II 1895 68


Schutzmittel gegen den Vauschwindel

s muß die Freunde des Handwerks mit Genugthuung erfüllen,
daß die Vorkämpfer seines gesetzlichen Schutzes gegen das Grund-
stückspekulantentum und die mit ihm verbündeten und ihm Unter¬
thanen mittellosen Bauunternehmer gegenüber der spröden Zurück¬
haltung der Regierung und der Gesetzbnchskommission nicht er¬
lahmen. Aber so anerkennenswert diese Bemühungen sind, die, gestützt von
der öffentlichen Meinung, schließlich über juristisch und wirtschaftlich in sich
unbegründete Bedenken den Sieg davontragen werden, so erweisen sich doch
vielfach die Vorschläge als zur Erreichung des anzustrebenden Zieles un¬
zulänglich.

So ist vor einiger Zeit in Hildesheim auf Veranlassung der dortigen
Handelskammer eine Versammlung von Vertretern der umliegenden Handels-
kammerbczirke abgehalten worden, um gesetzgeberische Maßnahmen gegen den
Bauschwindel zu besprechen. Nach lebhafter Debatte faßte man eine Reso¬
lution, die eine Gesetzgebung befürwortete, wonach „sämtliche beim Neubau
eines Gebündes beteiligten Handwerker, Lieferanten und Arbeiter nach der
baupolizeilichen Gebrauchsabnahme binnen angemessener Frist wegen ihrer durch
Lieferung von Materialien und Arbeiten entstandnen Forderungen ein Recht
auf Eintragung im Grundbuche haben, und die so entstandnen Hypotheken bei
Gleichberechtigung unter einander ein Vorzugsrecht vor allen andern dinglichen
Belastungen mit Ausnahme derer, die vor Erteilung der Baukonzession ein¬
getragen sind oder auf öffentlichen Titeln beruhen, genießen sollen." Die Bau-
Polizei soll gehalten sein, von jedem von ihr genehmigten Neubau der Grnnd-
buchbehörde Nachricht zu geben, die wieder ihrerseits den Hypothekengläubigeru
Anzeige zu machen hat.


Grenzboten II 1895 68
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[0545] [Abbildung] Schutzmittel gegen den Vauschwindel s muß die Freunde des Handwerks mit Genugthuung erfüllen, daß die Vorkämpfer seines gesetzlichen Schutzes gegen das Grund- stückspekulantentum und die mit ihm verbündeten und ihm Unter¬ thanen mittellosen Bauunternehmer gegenüber der spröden Zurück¬ haltung der Regierung und der Gesetzbnchskommission nicht er¬ lahmen. Aber so anerkennenswert diese Bemühungen sind, die, gestützt von der öffentlichen Meinung, schließlich über juristisch und wirtschaftlich in sich unbegründete Bedenken den Sieg davontragen werden, so erweisen sich doch vielfach die Vorschläge als zur Erreichung des anzustrebenden Zieles un¬ zulänglich. So ist vor einiger Zeit in Hildesheim auf Veranlassung der dortigen Handelskammer eine Versammlung von Vertretern der umliegenden Handels- kammerbczirke abgehalten worden, um gesetzgeberische Maßnahmen gegen den Bauschwindel zu besprechen. Nach lebhafter Debatte faßte man eine Reso¬ lution, die eine Gesetzgebung befürwortete, wonach „sämtliche beim Neubau eines Gebündes beteiligten Handwerker, Lieferanten und Arbeiter nach der baupolizeilichen Gebrauchsabnahme binnen angemessener Frist wegen ihrer durch Lieferung von Materialien und Arbeiten entstandnen Forderungen ein Recht auf Eintragung im Grundbuche haben, und die so entstandnen Hypotheken bei Gleichberechtigung unter einander ein Vorzugsrecht vor allen andern dinglichen Belastungen mit Ausnahme derer, die vor Erteilung der Baukonzession ein¬ getragen sind oder auf öffentlichen Titeln beruhen, genießen sollen." Die Bau- Polizei soll gehalten sein, von jedem von ihr genehmigten Neubau der Grnnd- buchbehörde Nachricht zu geben, die wieder ihrerseits den Hypothekengläubigeru Anzeige zu machen hat. Grenzboten II 1895 68

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_219675/545>, abgerufen am 25.08.2024.