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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Zweites Vierteljahr.

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Dienstreisen

von 30 Mark schwerlich einen Groschen erübrigen. Wenn einzelne hohe Be¬
amte den Zweck, um dessen willen ihnen hohe Tagegelder bewilligt werden,
vernachlässigen, um einen Teil des Geldes zurückzulegen, so wird es immer
wieder möglich sein, durch allgemeine Erinnerungen oder durch geeignete
Vorstellungen in? einzelnen Fall die richtige Praxis wieder zur Geltung zu
bringen. Das Ergebnis unsrer Prüfung der in den großer" deutschen Staaten
wie im Reich bestehenden Bestimmungen ist also, daß die Tagegelder im wesent¬
lichen richtig, der Billigkeit und dem praktischen Bedürfnis entsprechend ge¬
regelt sind.

Zu einem ganz andern Ergebnis kommt man hinsichtlich des Ersatzes
der Reisekosten (oder Fuhrkosten). Hier stehen sich innerhalb des Gebiets der
deutschen Staaten zwei Verfahren gegenüber. Preußen, das Reich für seine
Beamte, ferner Elsaß-Lothringen und endlich die Heeresverwaltung haben auch
hier, wie bei den Tagegeldern, Panschzcchlungen eingeführt, nur daß diese hier
nicht für den Tag, sondern für den Kilometer der zurückgelegten Entfernung
berechnet werden. Für jeden Kilometer wird ein bestimmter Betrag gewährt,
der hier aber nicht nur nach der Rangstufe der Beamten, sondern auch nach
dem weitern Maßstab, ob die Strecke mit Eisenbahn oder Dampfschiff zurück¬
gelegt werden konnte oder nicht, verschieden bemessen ist, in dem letzten Fall
natürlich wesentlich hoher. Die Gesetzgebung der sämtlichen deutschen Mittel-
stacitcn dagegen gewährt als Entschädigung für Reisekosten nur den wirklich
aufgewendeten Betrag. Seine Berechnung ist bei Reisen, die mit der Eisenbahn
oder andern öffentlichen Verkehrsanstalten gemacht werden -- also bei der
großen Mehrzahl aller Dienstreisen --, sehr einfach, da der Preis der Fahr¬
karten aus den Kursbüchern zu ersehen, nötigenfalls bei den betreffenden
Verkehrsanstalten leicht zu erfahren ist; es bedarf dann nur noch der Be¬
stimmung, welche Fahrklasse die einzelnen Veamtenklassen zu benutzen berechtigt
sind. Das badische Gesetz enthält dann noch die weitern Vorschriften, daß
die obersten Beamtenklassen berechtigt sind, sich anstatt der Personenpost eines
Privatwagens zu bedienen, und daß die Unterbeamten gehalten sind, Ent¬
fernungen bis zu fünf Kilometer zu Fuß zurückzulegen, wenn keine öffentliche
Fahrverbinduug besteht. Bei der Benutzung von Privatfuhrwerk siud die
Beamten verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, daß sie nicht mehr als den
ortsüblichen Preis zahlen, und einen Nachweis der geleisteten Zahlung bei¬
zubringen. Alle diese Bestimmungen haben den Zweck, den sie auch im wesent¬
lichen erreichen, daß die Beamten in einer ihren Verhältnissen entsprechenden
(standesgemäßen) Weise die Reise zurücklegen, und daß sie hierfür den vollen
Betrag, aber auch nur den Betrag erstattet erhalten, den sie dafür aus¬
gegeben haben.

Das Verfahren in Preußen ist ganz anders. Hier sind die Entschädigungs¬
sätze für den Kilometer so hoch berechnet, daß -- insbesondre für die Eisen-


Dienstreisen

von 30 Mark schwerlich einen Groschen erübrigen. Wenn einzelne hohe Be¬
amte den Zweck, um dessen willen ihnen hohe Tagegelder bewilligt werden,
vernachlässigen, um einen Teil des Geldes zurückzulegen, so wird es immer
wieder möglich sein, durch allgemeine Erinnerungen oder durch geeignete
Vorstellungen in? einzelnen Fall die richtige Praxis wieder zur Geltung zu
bringen. Das Ergebnis unsrer Prüfung der in den großer» deutschen Staaten
wie im Reich bestehenden Bestimmungen ist also, daß die Tagegelder im wesent¬
lichen richtig, der Billigkeit und dem praktischen Bedürfnis entsprechend ge¬
regelt sind.

Zu einem ganz andern Ergebnis kommt man hinsichtlich des Ersatzes
der Reisekosten (oder Fuhrkosten). Hier stehen sich innerhalb des Gebiets der
deutschen Staaten zwei Verfahren gegenüber. Preußen, das Reich für seine
Beamte, ferner Elsaß-Lothringen und endlich die Heeresverwaltung haben auch
hier, wie bei den Tagegeldern, Panschzcchlungen eingeführt, nur daß diese hier
nicht für den Tag, sondern für den Kilometer der zurückgelegten Entfernung
berechnet werden. Für jeden Kilometer wird ein bestimmter Betrag gewährt,
der hier aber nicht nur nach der Rangstufe der Beamten, sondern auch nach
dem weitern Maßstab, ob die Strecke mit Eisenbahn oder Dampfschiff zurück¬
gelegt werden konnte oder nicht, verschieden bemessen ist, in dem letzten Fall
natürlich wesentlich hoher. Die Gesetzgebung der sämtlichen deutschen Mittel-
stacitcn dagegen gewährt als Entschädigung für Reisekosten nur den wirklich
aufgewendeten Betrag. Seine Berechnung ist bei Reisen, die mit der Eisenbahn
oder andern öffentlichen Verkehrsanstalten gemacht werden — also bei der
großen Mehrzahl aller Dienstreisen —, sehr einfach, da der Preis der Fahr¬
karten aus den Kursbüchern zu ersehen, nötigenfalls bei den betreffenden
Verkehrsanstalten leicht zu erfahren ist; es bedarf dann nur noch der Be¬
stimmung, welche Fahrklasse die einzelnen Veamtenklassen zu benutzen berechtigt
sind. Das badische Gesetz enthält dann noch die weitern Vorschriften, daß
die obersten Beamtenklassen berechtigt sind, sich anstatt der Personenpost eines
Privatwagens zu bedienen, und daß die Unterbeamten gehalten sind, Ent¬
fernungen bis zu fünf Kilometer zu Fuß zurückzulegen, wenn keine öffentliche
Fahrverbinduug besteht. Bei der Benutzung von Privatfuhrwerk siud die
Beamten verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, daß sie nicht mehr als den
ortsüblichen Preis zahlen, und einen Nachweis der geleisteten Zahlung bei¬
zubringen. Alle diese Bestimmungen haben den Zweck, den sie auch im wesent¬
lichen erreichen, daß die Beamten in einer ihren Verhältnissen entsprechenden
(standesgemäßen) Weise die Reise zurücklegen, und daß sie hierfür den vollen
Betrag, aber auch nur den Betrag erstattet erhalten, den sie dafür aus¬
gegeben haben.

Das Verfahren in Preußen ist ganz anders. Hier sind die Entschädigungs¬
sätze für den Kilometer so hoch berechnet, daß — insbesondre für die Eisen-


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[0410] Dienstreisen von 30 Mark schwerlich einen Groschen erübrigen. Wenn einzelne hohe Be¬ amte den Zweck, um dessen willen ihnen hohe Tagegelder bewilligt werden, vernachlässigen, um einen Teil des Geldes zurückzulegen, so wird es immer wieder möglich sein, durch allgemeine Erinnerungen oder durch geeignete Vorstellungen in? einzelnen Fall die richtige Praxis wieder zur Geltung zu bringen. Das Ergebnis unsrer Prüfung der in den großer» deutschen Staaten wie im Reich bestehenden Bestimmungen ist also, daß die Tagegelder im wesent¬ lichen richtig, der Billigkeit und dem praktischen Bedürfnis entsprechend ge¬ regelt sind. Zu einem ganz andern Ergebnis kommt man hinsichtlich des Ersatzes der Reisekosten (oder Fuhrkosten). Hier stehen sich innerhalb des Gebiets der deutschen Staaten zwei Verfahren gegenüber. Preußen, das Reich für seine Beamte, ferner Elsaß-Lothringen und endlich die Heeresverwaltung haben auch hier, wie bei den Tagegeldern, Panschzcchlungen eingeführt, nur daß diese hier nicht für den Tag, sondern für den Kilometer der zurückgelegten Entfernung berechnet werden. Für jeden Kilometer wird ein bestimmter Betrag gewährt, der hier aber nicht nur nach der Rangstufe der Beamten, sondern auch nach dem weitern Maßstab, ob die Strecke mit Eisenbahn oder Dampfschiff zurück¬ gelegt werden konnte oder nicht, verschieden bemessen ist, in dem letzten Fall natürlich wesentlich hoher. Die Gesetzgebung der sämtlichen deutschen Mittel- stacitcn dagegen gewährt als Entschädigung für Reisekosten nur den wirklich aufgewendeten Betrag. Seine Berechnung ist bei Reisen, die mit der Eisenbahn oder andern öffentlichen Verkehrsanstalten gemacht werden — also bei der großen Mehrzahl aller Dienstreisen —, sehr einfach, da der Preis der Fahr¬ karten aus den Kursbüchern zu ersehen, nötigenfalls bei den betreffenden Verkehrsanstalten leicht zu erfahren ist; es bedarf dann nur noch der Be¬ stimmung, welche Fahrklasse die einzelnen Veamtenklassen zu benutzen berechtigt sind. Das badische Gesetz enthält dann noch die weitern Vorschriften, daß die obersten Beamtenklassen berechtigt sind, sich anstatt der Personenpost eines Privatwagens zu bedienen, und daß die Unterbeamten gehalten sind, Ent¬ fernungen bis zu fünf Kilometer zu Fuß zurückzulegen, wenn keine öffentliche Fahrverbinduug besteht. Bei der Benutzung von Privatfuhrwerk siud die Beamten verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, daß sie nicht mehr als den ortsüblichen Preis zahlen, und einen Nachweis der geleisteten Zahlung bei¬ zubringen. Alle diese Bestimmungen haben den Zweck, den sie auch im wesent¬ lichen erreichen, daß die Beamten in einer ihren Verhältnissen entsprechenden (standesgemäßen) Weise die Reise zurücklegen, und daß sie hierfür den vollen Betrag, aber auch nur den Betrag erstattet erhalten, den sie dafür aus¬ gegeben haben. Das Verfahren in Preußen ist ganz anders. Hier sind die Entschädigungs¬ sätze für den Kilometer so hoch berechnet, daß — insbesondre für die Eisen-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_219675/410>, abgerufen am 22.12.2024.