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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Erstes Vierteljahr.

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Die Römer in der Dobrudscha

fertigt worden. Über den Pfeilern und Metopen erhob sich ein 65 Centimeter
hoher als Fries behandelter Architmv. Ans diesem wieder ruhte ein Sims
von 67 Centimetern Höhe und einer Ausladung von 36 Centimetern. Er
bereitete in seiner wuchtigen Ausführung auf den Zinnenkranz vor, der den
cylindrischen Teil des Aufbaues abschloß. Über dem Gesims erhob sich eine
fast meterhohe Brustwehr, über die in Abständen von 1,3 Meter etwa 40 Zinnen
emporragten. Jede dieser Zinnen zeigte die fast lebensgroße Reliefdarstellung
eines an einen Vanen gebundnen Dakers, ebenfalls in roher, aber interessant
realistischer Arbeit.

Hinter der Brustwehr begann das Dach, das den Betonkegel deckte,
etwa 6 Meter hoch, kegelförmig emporzusteigen. Es bestand aus schuppen-
förmig übercinmidergreifenden Steinplatten, die mit Klammern verbunden waren.
Über dem Dach erhob sich, aus der Mitte des Vetoneylinders emporsteigend,
ein 4 Meter hoher sechseckiger, mit Eckpfeilern verzierter Aufbau; auf zwei
Feldern des ihn umgebenden sechsseitigen Mantels war die schon erwähnte
Bau- und Weihinschrift in großen, weithin sichtbaren Buchstaben eingemeißelt.
Diesen sechseckigen Aufbau krönte außer dem Sims ein fast meterhoher Waffen¬
fries, die Basis für das Tropcium selbst. Von diesem hat Niemann genügende
Bruchstücke gefunden, um es mit Sicherheit rekonstruiren zu können. Es war
ein Steinkoloß von etwa 12 Meter Höhe. Den Baumstamm, an dem die
Waffen aufgehängt waren, bildeten vier aufeinandergestellte ovale Trommeln
von je 2 Meter Durchmesser, darauf erhob sich, aus zwei Blöcken gearbeitet,
der Panzer, dessen Reliefdarstellungen u. a. Trajan zeigten, wie er die Daler
niederreitet, am obern Teil des Panzers waren nach vorn und hinten je ein
Paar riesenhafte Schilde, unter dem Panzer am Baumstamm ebenso viel Bein¬
schienen befestigt, das Ganze krönte ein Helm, der leider nicht aufgefunden
worden ist. Das Ganze, der zinnengekrönte Steinturin, überragt von dem
altarähnlichen sechsseitigen Aufbau, auf dem das kolossale Siegeszeichen ruhte,
hatte eine Höhe von 33 bis 34 Meter, also die doppelte Höhe eines drei¬
stöckigen Hauses.

Zu seinen Füßen sah das kolossale Denkmal jahrhundertelang ein gewisses
römisch-griechisches Kulturleben erblühen, das wenigstens eine Zeit lang dieser
jetzt so stillen Einöde etwas mehr Leben verliehen haben muß. Außer andern
Städten in der Dobrndscha entstand auch am südwestlichen AbHange der Höhe,
auf der das Siegesdenkmal thront, an dem Bächlein, das von dem heutigen
Adamklissi ins Thal von Urluja niederrinnt, eine kleine Römerstadt, die von
dem Siegesdenkmal den stolzen Namen Tropcium Trajani annahm. Die erste
Kenntnis von dieser Stadt kam durch den vortrefflichen Reisebericht des Haupt¬
manns Freiherrn von Vincke*) zu uns. Darin heißt es nach einer Besprechung



") "Das Karassuthal zwischen der Donau unterhalb Rassova und dem Schwarzen Meere
Die Römer in der Dobrudscha

fertigt worden. Über den Pfeilern und Metopen erhob sich ein 65 Centimeter
hoher als Fries behandelter Architmv. Ans diesem wieder ruhte ein Sims
von 67 Centimetern Höhe und einer Ausladung von 36 Centimetern. Er
bereitete in seiner wuchtigen Ausführung auf den Zinnenkranz vor, der den
cylindrischen Teil des Aufbaues abschloß. Über dem Gesims erhob sich eine
fast meterhohe Brustwehr, über die in Abständen von 1,3 Meter etwa 40 Zinnen
emporragten. Jede dieser Zinnen zeigte die fast lebensgroße Reliefdarstellung
eines an einen Vanen gebundnen Dakers, ebenfalls in roher, aber interessant
realistischer Arbeit.

Hinter der Brustwehr begann das Dach, das den Betonkegel deckte,
etwa 6 Meter hoch, kegelförmig emporzusteigen. Es bestand aus schuppen-
förmig übercinmidergreifenden Steinplatten, die mit Klammern verbunden waren.
Über dem Dach erhob sich, aus der Mitte des Vetoneylinders emporsteigend,
ein 4 Meter hoher sechseckiger, mit Eckpfeilern verzierter Aufbau; auf zwei
Feldern des ihn umgebenden sechsseitigen Mantels war die schon erwähnte
Bau- und Weihinschrift in großen, weithin sichtbaren Buchstaben eingemeißelt.
Diesen sechseckigen Aufbau krönte außer dem Sims ein fast meterhoher Waffen¬
fries, die Basis für das Tropcium selbst. Von diesem hat Niemann genügende
Bruchstücke gefunden, um es mit Sicherheit rekonstruiren zu können. Es war
ein Steinkoloß von etwa 12 Meter Höhe. Den Baumstamm, an dem die
Waffen aufgehängt waren, bildeten vier aufeinandergestellte ovale Trommeln
von je 2 Meter Durchmesser, darauf erhob sich, aus zwei Blöcken gearbeitet,
der Panzer, dessen Reliefdarstellungen u. a. Trajan zeigten, wie er die Daler
niederreitet, am obern Teil des Panzers waren nach vorn und hinten je ein
Paar riesenhafte Schilde, unter dem Panzer am Baumstamm ebenso viel Bein¬
schienen befestigt, das Ganze krönte ein Helm, der leider nicht aufgefunden
worden ist. Das Ganze, der zinnengekrönte Steinturin, überragt von dem
altarähnlichen sechsseitigen Aufbau, auf dem das kolossale Siegeszeichen ruhte,
hatte eine Höhe von 33 bis 34 Meter, also die doppelte Höhe eines drei¬
stöckigen Hauses.

Zu seinen Füßen sah das kolossale Denkmal jahrhundertelang ein gewisses
römisch-griechisches Kulturleben erblühen, das wenigstens eine Zeit lang dieser
jetzt so stillen Einöde etwas mehr Leben verliehen haben muß. Außer andern
Städten in der Dobrndscha entstand auch am südwestlichen AbHange der Höhe,
auf der das Siegesdenkmal thront, an dem Bächlein, das von dem heutigen
Adamklissi ins Thal von Urluja niederrinnt, eine kleine Römerstadt, die von
dem Siegesdenkmal den stolzen Namen Tropcium Trajani annahm. Die erste
Kenntnis von dieser Stadt kam durch den vortrefflichen Reisebericht des Haupt¬
manns Freiherrn von Vincke*) zu uns. Darin heißt es nach einer Besprechung



") „Das Karassuthal zwischen der Donau unterhalb Rassova und dem Schwarzen Meere
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[0585] Die Römer in der Dobrudscha fertigt worden. Über den Pfeilern und Metopen erhob sich ein 65 Centimeter hoher als Fries behandelter Architmv. Ans diesem wieder ruhte ein Sims von 67 Centimetern Höhe und einer Ausladung von 36 Centimetern. Er bereitete in seiner wuchtigen Ausführung auf den Zinnenkranz vor, der den cylindrischen Teil des Aufbaues abschloß. Über dem Gesims erhob sich eine fast meterhohe Brustwehr, über die in Abständen von 1,3 Meter etwa 40 Zinnen emporragten. Jede dieser Zinnen zeigte die fast lebensgroße Reliefdarstellung eines an einen Vanen gebundnen Dakers, ebenfalls in roher, aber interessant realistischer Arbeit. Hinter der Brustwehr begann das Dach, das den Betonkegel deckte, etwa 6 Meter hoch, kegelförmig emporzusteigen. Es bestand aus schuppen- förmig übercinmidergreifenden Steinplatten, die mit Klammern verbunden waren. Über dem Dach erhob sich, aus der Mitte des Vetoneylinders emporsteigend, ein 4 Meter hoher sechseckiger, mit Eckpfeilern verzierter Aufbau; auf zwei Feldern des ihn umgebenden sechsseitigen Mantels war die schon erwähnte Bau- und Weihinschrift in großen, weithin sichtbaren Buchstaben eingemeißelt. Diesen sechseckigen Aufbau krönte außer dem Sims ein fast meterhoher Waffen¬ fries, die Basis für das Tropcium selbst. Von diesem hat Niemann genügende Bruchstücke gefunden, um es mit Sicherheit rekonstruiren zu können. Es war ein Steinkoloß von etwa 12 Meter Höhe. Den Baumstamm, an dem die Waffen aufgehängt waren, bildeten vier aufeinandergestellte ovale Trommeln von je 2 Meter Durchmesser, darauf erhob sich, aus zwei Blöcken gearbeitet, der Panzer, dessen Reliefdarstellungen u. a. Trajan zeigten, wie er die Daler niederreitet, am obern Teil des Panzers waren nach vorn und hinten je ein Paar riesenhafte Schilde, unter dem Panzer am Baumstamm ebenso viel Bein¬ schienen befestigt, das Ganze krönte ein Helm, der leider nicht aufgefunden worden ist. Das Ganze, der zinnengekrönte Steinturin, überragt von dem altarähnlichen sechsseitigen Aufbau, auf dem das kolossale Siegeszeichen ruhte, hatte eine Höhe von 33 bis 34 Meter, also die doppelte Höhe eines drei¬ stöckigen Hauses. Zu seinen Füßen sah das kolossale Denkmal jahrhundertelang ein gewisses römisch-griechisches Kulturleben erblühen, das wenigstens eine Zeit lang dieser jetzt so stillen Einöde etwas mehr Leben verliehen haben muß. Außer andern Städten in der Dobrndscha entstand auch am südwestlichen AbHange der Höhe, auf der das Siegesdenkmal thront, an dem Bächlein, das von dem heutigen Adamklissi ins Thal von Urluja niederrinnt, eine kleine Römerstadt, die von dem Siegesdenkmal den stolzen Namen Tropcium Trajani annahm. Die erste Kenntnis von dieser Stadt kam durch den vortrefflichen Reisebericht des Haupt¬ manns Freiherrn von Vincke*) zu uns. Darin heißt es nach einer Besprechung ") „Das Karassuthal zwischen der Donau unterhalb Rassova und dem Schwarzen Meere

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_219001/585>, abgerufen am 25.08.2024.