Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Erstes Vierteljahr.Die Römer in der Dobrudscha thatkräftigen Baumeister voraus, wobei man an den Griechen Apollodor, den Wir wenden uns nun zur Geschichte des Bauwerks und zu einer Charakte¬ Grenzboten I 1895 72
Die Römer in der Dobrudscha thatkräftigen Baumeister voraus, wobei man an den Griechen Apollodor, den Wir wenden uns nun zur Geschichte des Bauwerks und zu einer Charakte¬ Grenzboten I 1895 72
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0583" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/219585"/> <fw type="header" place="top"> Die Römer in der Dobrudscha</fw><lb/> <p xml:id="ID_1781" prev="#ID_1780"> thatkräftigen Baumeister voraus, wobei man an den Griechen Apollodor, den<lb/> Schöpfer der vielbewunderten steinernen Donaubrücke bei Turm Severin und<lb/> des herrlichen Trajansforums in Rom, gedacht hat, es setzt aber auch tausende<lb/> von fleißigen Händen, die Mitwirkung eines ganzen Geniekorps voraus, zumal<lb/> da in diesen Jahren, wie wir sehen werden, auch uoch andre großartige An¬<lb/> lagen in der Dobrudscha geschaffen wurden. Auffällig bleibt der Standort<lb/> des Denkmals, da sich doch die Hauptthaten des dakischen Kriegs viel weiter<lb/> westlich, in Siebenbürgen, abgespielt haben. Doch ist die Geschichte des Daker-<lb/> kriegs bei dem Mangel jeder schriftlichen Überlieferung — wir waren bis jetzt<lb/> lediglich auf die Reliefs der Trajanssäule in Rom angewiesen — so dunkel,<lb/> daß wir gar uicht wissen können, ob nicht auch wichtige Kämpfe in der Do¬<lb/> brudscha stattgefunden habe», wenn nicht mit den Dakern selbst, so doch mit<lb/> ihren nördlichen Bundesgenossen. Oder wurden vielleicht Neste des unglück¬<lb/> lichen Volks nach dem Kriege in der Dobrudscha angesiedelt? Vor allem aber<lb/> darf man nicht vergessen, daß diese Landschaft eine der wichtigsten Einbruchs¬<lb/> stellen der nordischen Barbaren war: hier sollte ihnen von weithin leuchtender<lb/> Höhe das stolze Siegesdenkmal entgegenschimmern als eine eindringliche War¬<lb/> nung vor dein Kampfe mit den furchtbaren Waffen der Römer.</p><lb/> <p xml:id="ID_1782" next="#ID_1783"> Wir wenden uns nun zur Geschichte des Bauwerks und zu einer Charakte¬<lb/> ristik seiner wichtigern Teile. Das Steinmaterial dazu war an Ort und Stelle<lb/> nicht zu haben. Man hat aber zwei Stunden von Adcimklissi entfernt, im<lb/> Thale von Enidsche, die Steinbrüche aufgefunden, aus denen die braven Sol¬<lb/> daten die ungeheuern Kalksteinblöcke herbeigeschafft haben. Es bleibt der Phan¬<lb/> tasie überlassen, sich das geschäftige Treiben auszumalen, das sich damals auf<lb/> den Wink des mächtigen Kaisers in dieser stillen Steppenlandschaft entfaltete.<lb/> Das Hauptstück des Baues aber war keineswegs der riesige Turm, der davon<lb/> übrig geblieben ist. sondern das Siegeszeichen, dem dieser Turm als Basis<lb/> diente, das eigentliche Trvpäum. Es ist eine uralte Vorstellung, daß die<lb/> Seele des crschlagnen Feindes die Möglichkeit sich zu rächen verliert, wenn<lb/> man den Körper verstümmelt, vor allem aber, wenn man ihn der Waffen be¬<lb/> raubt. „An sichtbarer Stelle des Schlachtfeldes wird aus Steinen ein Hügel<lb/> zusammengetragen, ein Pfahl auf ihm errichtet, über eine Querstange die er¬<lb/> beutete Rüstung des Toten, Hemd oder Panzer aufgehängt, Schwert, Schild<lb/> und Lanze wie im Leben daran befestigt, der Helm dem Pfahlende übergestülpt<lb/> als Krönung. Wie eine Vogelscheuche im Saatfelde, wie ein Galgen auf der<lb/> Richtstätte soll dieser Kriegerschemen Schrecken verbreiten und zugleich den<lb/> siegverleihenden Gott ehren, dem man die Gefangnen vor dem Tropcium zum<lb/> Opfer abschlachtet. Das Motiv solcher Siegeszeichen, die auch der Feind<lb/> heilig hielt und nur die Zeit zerstörte, hat die Kunst dann in dauernde Denk¬<lb/> male von Stein oder Erz übertragen, in mannichfachen Zeitformen gesteigert<lb/> und weiter gebildet, seltener in griechischer, um so häufiger in römischer Zeit,</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten I 1895 72</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0583]
Die Römer in der Dobrudscha
thatkräftigen Baumeister voraus, wobei man an den Griechen Apollodor, den
Schöpfer der vielbewunderten steinernen Donaubrücke bei Turm Severin und
des herrlichen Trajansforums in Rom, gedacht hat, es setzt aber auch tausende
von fleißigen Händen, die Mitwirkung eines ganzen Geniekorps voraus, zumal
da in diesen Jahren, wie wir sehen werden, auch uoch andre großartige An¬
lagen in der Dobrudscha geschaffen wurden. Auffällig bleibt der Standort
des Denkmals, da sich doch die Hauptthaten des dakischen Kriegs viel weiter
westlich, in Siebenbürgen, abgespielt haben. Doch ist die Geschichte des Daker-
kriegs bei dem Mangel jeder schriftlichen Überlieferung — wir waren bis jetzt
lediglich auf die Reliefs der Trajanssäule in Rom angewiesen — so dunkel,
daß wir gar uicht wissen können, ob nicht auch wichtige Kämpfe in der Do¬
brudscha stattgefunden habe», wenn nicht mit den Dakern selbst, so doch mit
ihren nördlichen Bundesgenossen. Oder wurden vielleicht Neste des unglück¬
lichen Volks nach dem Kriege in der Dobrudscha angesiedelt? Vor allem aber
darf man nicht vergessen, daß diese Landschaft eine der wichtigsten Einbruchs¬
stellen der nordischen Barbaren war: hier sollte ihnen von weithin leuchtender
Höhe das stolze Siegesdenkmal entgegenschimmern als eine eindringliche War¬
nung vor dein Kampfe mit den furchtbaren Waffen der Römer.
Wir wenden uns nun zur Geschichte des Bauwerks und zu einer Charakte¬
ristik seiner wichtigern Teile. Das Steinmaterial dazu war an Ort und Stelle
nicht zu haben. Man hat aber zwei Stunden von Adcimklissi entfernt, im
Thale von Enidsche, die Steinbrüche aufgefunden, aus denen die braven Sol¬
daten die ungeheuern Kalksteinblöcke herbeigeschafft haben. Es bleibt der Phan¬
tasie überlassen, sich das geschäftige Treiben auszumalen, das sich damals auf
den Wink des mächtigen Kaisers in dieser stillen Steppenlandschaft entfaltete.
Das Hauptstück des Baues aber war keineswegs der riesige Turm, der davon
übrig geblieben ist. sondern das Siegeszeichen, dem dieser Turm als Basis
diente, das eigentliche Trvpäum. Es ist eine uralte Vorstellung, daß die
Seele des crschlagnen Feindes die Möglichkeit sich zu rächen verliert, wenn
man den Körper verstümmelt, vor allem aber, wenn man ihn der Waffen be¬
raubt. „An sichtbarer Stelle des Schlachtfeldes wird aus Steinen ein Hügel
zusammengetragen, ein Pfahl auf ihm errichtet, über eine Querstange die er¬
beutete Rüstung des Toten, Hemd oder Panzer aufgehängt, Schwert, Schild
und Lanze wie im Leben daran befestigt, der Helm dem Pfahlende übergestülpt
als Krönung. Wie eine Vogelscheuche im Saatfelde, wie ein Galgen auf der
Richtstätte soll dieser Kriegerschemen Schrecken verbreiten und zugleich den
siegverleihenden Gott ehren, dem man die Gefangnen vor dem Tropcium zum
Opfer abschlachtet. Das Motiv solcher Siegeszeichen, die auch der Feind
heilig hielt und nur die Zeit zerstörte, hat die Kunst dann in dauernde Denk¬
male von Stein oder Erz übertragen, in mannichfachen Zeitformen gesteigert
und weiter gebildet, seltener in griechischer, um so häufiger in römischer Zeit,
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