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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Erstes Vierteljahr.

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Der Gesetzentwurf zur Bekämpfung unlautern Wettbewerbs

muß dazu uoch die Kosten bezahlen. Entspricht das wohl dem Zweck der
Sache?

Nur ließe sich etwa die Frage stellen, ob nicht böse Absicht oder wenigstens
ein Verschulden nötig sei, um den Verklagten für schadenersatzpflichtig zu halten.
Auf diesen Schadenersatz wird es aber oft dem Kläger gar nicht oder doch
viel weniger ankommen, als darauf, daß der Verklagte nicht mehr von der
täuschenden Bezeichnung Gebrauch macht. Überdies läßt sich auch jenem
Bedenken damit begegnen, daß man die Klage überhaupt an eine von
seiten des Klägers zu stellende Aufforderung zur Beseitigung der täuschenden
Bezeichnung knüpft. Diese Beschränkung empfiehlt sich noch aus einem andern
Grunde. Die Frage, ob eine gewühlte Bezeichnung den Interessen eines
andern Gewerbtreibenden zu nahe trete, wird mitunter recht zweifelhaft sein,
und Prozesse dieser Art werden deshalb leicht einen gehässigen Charakter an¬
nehmen. Knüpfe man nun den Prozeß an eine Aufforderung zur Beseitigung
der angeblich verletzenden Bezeichnung, so kann dies dazu dienen, solche Pro¬
zesse im Keime zu ersticken. Von dem Zeitpunkt dieser Aufforderung an könnte
man dann auch, wenn sie unbefolgt bliebe, unbedenklich die Schadenersatzpflicht
eintreten lassen. Darnach würde sich der 6 etwa folgendermaßen gestalten:

Wer im geschäftlichen Verkehr einen Namen, eine Firma oder die besondre
Bezeichnung eines Erwerbsgeschäfts in einer Weise benutzt, die geeignet ist, Ver¬
wechslungen mit dem Ruinen, der Firma oder der Bezeichnung eines Erwerbs¬
geschäfts hervorzurufen, deren sich ein andrer befugterweise bedient, hat auf Ver¬
langen des letztern diese Benutzung einzustellen. Kommt er der darauf gerichteten
Aufforderung des andern nicht nach, so kann dieser auf Unterlassung der mi߬
bräuchlichen Benutzung Klage erheben, auch Ersatz des ihm vom Zeitpunkte der
Aufforderung an entstandnen Schadens beanspruchen.

Noch sei wiederholt auch auf die Frage hingewiesen, ob es sich nicht
empfehle, die Verfolgbarkeit eines solchen Anspruchs auf eine kurze Zeit zu
beschränken. Hat jemand schon jahrelang eine gewisse Bezeichnung geführt,
ohne daß der andre dagegen Einspruch erhoben hat, so wird es stets etwas
sehr gehässiges haben, wenn dieser erst jetzt geltend macht, daß er die Be¬
zeichnung nicht zu dulden brauche, und wenn er dann gar noch für die ganze
lange Zeit, wo der andre die Bezeichnung unangefochten geführt hat, Ent¬
schädigung beanspruchen dürfte. Man muß Ansprüche, die auf bloßer Billig¬
keit (useMtAs) beruhen, nicht übertreiben.

Der neue Entwurf hat auch den Schutz wider Verrat von Geschäfts-
uud Betriebsgeheimnissen durch Gehilfen des Geschäftes in seinen Bereich ge¬
zogen, einen Gegenstand, den auch ich in meinem Aufsatz als wünschenswert
bezeichnet, aber da er nicht zum unlautern Wettbetrieb im eigentlichen Sinne
gehört, nicht näher behandelt habe. Der 7 des Entwurfs lautet:

Wer Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse, die ihm als Angestellten, Arbeiter
oder Lehrling eines Geschäftsbetriebs vermöge des Dienstverhältnisses anvertraut


Der Gesetzentwurf zur Bekämpfung unlautern Wettbewerbs

muß dazu uoch die Kosten bezahlen. Entspricht das wohl dem Zweck der
Sache?

Nur ließe sich etwa die Frage stellen, ob nicht böse Absicht oder wenigstens
ein Verschulden nötig sei, um den Verklagten für schadenersatzpflichtig zu halten.
Auf diesen Schadenersatz wird es aber oft dem Kläger gar nicht oder doch
viel weniger ankommen, als darauf, daß der Verklagte nicht mehr von der
täuschenden Bezeichnung Gebrauch macht. Überdies läßt sich auch jenem
Bedenken damit begegnen, daß man die Klage überhaupt an eine von
seiten des Klägers zu stellende Aufforderung zur Beseitigung der täuschenden
Bezeichnung knüpft. Diese Beschränkung empfiehlt sich noch aus einem andern
Grunde. Die Frage, ob eine gewühlte Bezeichnung den Interessen eines
andern Gewerbtreibenden zu nahe trete, wird mitunter recht zweifelhaft sein,
und Prozesse dieser Art werden deshalb leicht einen gehässigen Charakter an¬
nehmen. Knüpfe man nun den Prozeß an eine Aufforderung zur Beseitigung
der angeblich verletzenden Bezeichnung, so kann dies dazu dienen, solche Pro¬
zesse im Keime zu ersticken. Von dem Zeitpunkt dieser Aufforderung an könnte
man dann auch, wenn sie unbefolgt bliebe, unbedenklich die Schadenersatzpflicht
eintreten lassen. Darnach würde sich der 6 etwa folgendermaßen gestalten:

Wer im geschäftlichen Verkehr einen Namen, eine Firma oder die besondre
Bezeichnung eines Erwerbsgeschäfts in einer Weise benutzt, die geeignet ist, Ver¬
wechslungen mit dem Ruinen, der Firma oder der Bezeichnung eines Erwerbs¬
geschäfts hervorzurufen, deren sich ein andrer befugterweise bedient, hat auf Ver¬
langen des letztern diese Benutzung einzustellen. Kommt er der darauf gerichteten
Aufforderung des andern nicht nach, so kann dieser auf Unterlassung der mi߬
bräuchlichen Benutzung Klage erheben, auch Ersatz des ihm vom Zeitpunkte der
Aufforderung an entstandnen Schadens beanspruchen.

Noch sei wiederholt auch auf die Frage hingewiesen, ob es sich nicht
empfehle, die Verfolgbarkeit eines solchen Anspruchs auf eine kurze Zeit zu
beschränken. Hat jemand schon jahrelang eine gewisse Bezeichnung geführt,
ohne daß der andre dagegen Einspruch erhoben hat, so wird es stets etwas
sehr gehässiges haben, wenn dieser erst jetzt geltend macht, daß er die Be¬
zeichnung nicht zu dulden brauche, und wenn er dann gar noch für die ganze
lange Zeit, wo der andre die Bezeichnung unangefochten geführt hat, Ent¬
schädigung beanspruchen dürfte. Man muß Ansprüche, die auf bloßer Billig¬
keit (useMtAs) beruhen, nicht übertreiben.

Der neue Entwurf hat auch den Schutz wider Verrat von Geschäfts-
uud Betriebsgeheimnissen durch Gehilfen des Geschäftes in seinen Bereich ge¬
zogen, einen Gegenstand, den auch ich in meinem Aufsatz als wünschenswert
bezeichnet, aber da er nicht zum unlautern Wettbetrieb im eigentlichen Sinne
gehört, nicht näher behandelt habe. Der 7 des Entwurfs lautet:

Wer Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse, die ihm als Angestellten, Arbeiter
oder Lehrling eines Geschäftsbetriebs vermöge des Dienstverhältnisses anvertraut


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[0167] Der Gesetzentwurf zur Bekämpfung unlautern Wettbewerbs muß dazu uoch die Kosten bezahlen. Entspricht das wohl dem Zweck der Sache? Nur ließe sich etwa die Frage stellen, ob nicht böse Absicht oder wenigstens ein Verschulden nötig sei, um den Verklagten für schadenersatzpflichtig zu halten. Auf diesen Schadenersatz wird es aber oft dem Kläger gar nicht oder doch viel weniger ankommen, als darauf, daß der Verklagte nicht mehr von der täuschenden Bezeichnung Gebrauch macht. Überdies läßt sich auch jenem Bedenken damit begegnen, daß man die Klage überhaupt an eine von seiten des Klägers zu stellende Aufforderung zur Beseitigung der täuschenden Bezeichnung knüpft. Diese Beschränkung empfiehlt sich noch aus einem andern Grunde. Die Frage, ob eine gewühlte Bezeichnung den Interessen eines andern Gewerbtreibenden zu nahe trete, wird mitunter recht zweifelhaft sein, und Prozesse dieser Art werden deshalb leicht einen gehässigen Charakter an¬ nehmen. Knüpfe man nun den Prozeß an eine Aufforderung zur Beseitigung der angeblich verletzenden Bezeichnung, so kann dies dazu dienen, solche Pro¬ zesse im Keime zu ersticken. Von dem Zeitpunkt dieser Aufforderung an könnte man dann auch, wenn sie unbefolgt bliebe, unbedenklich die Schadenersatzpflicht eintreten lassen. Darnach würde sich der 6 etwa folgendermaßen gestalten: Wer im geschäftlichen Verkehr einen Namen, eine Firma oder die besondre Bezeichnung eines Erwerbsgeschäfts in einer Weise benutzt, die geeignet ist, Ver¬ wechslungen mit dem Ruinen, der Firma oder der Bezeichnung eines Erwerbs¬ geschäfts hervorzurufen, deren sich ein andrer befugterweise bedient, hat auf Ver¬ langen des letztern diese Benutzung einzustellen. Kommt er der darauf gerichteten Aufforderung des andern nicht nach, so kann dieser auf Unterlassung der mi߬ bräuchlichen Benutzung Klage erheben, auch Ersatz des ihm vom Zeitpunkte der Aufforderung an entstandnen Schadens beanspruchen. Noch sei wiederholt auch auf die Frage hingewiesen, ob es sich nicht empfehle, die Verfolgbarkeit eines solchen Anspruchs auf eine kurze Zeit zu beschränken. Hat jemand schon jahrelang eine gewisse Bezeichnung geführt, ohne daß der andre dagegen Einspruch erhoben hat, so wird es stets etwas sehr gehässiges haben, wenn dieser erst jetzt geltend macht, daß er die Be¬ zeichnung nicht zu dulden brauche, und wenn er dann gar noch für die ganze lange Zeit, wo der andre die Bezeichnung unangefochten geführt hat, Ent¬ schädigung beanspruchen dürfte. Man muß Ansprüche, die auf bloßer Billig¬ keit (useMtAs) beruhen, nicht übertreiben. Der neue Entwurf hat auch den Schutz wider Verrat von Geschäfts- uud Betriebsgeheimnissen durch Gehilfen des Geschäftes in seinen Bereich ge¬ zogen, einen Gegenstand, den auch ich in meinem Aufsatz als wünschenswert bezeichnet, aber da er nicht zum unlautern Wettbetrieb im eigentlichen Sinne gehört, nicht näher behandelt habe. Der 7 des Entwurfs lautet: Wer Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse, die ihm als Angestellten, Arbeiter oder Lehrling eines Geschäftsbetriebs vermöge des Dienstverhältnisses anvertraut

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_219001/167>, abgerufen am 23.07.2024.