Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Zur Erinnerung an Wilhelm Siier

zollen gegen die fremden Länder, die natürlich für diese ein großes Unglück sein
würden, zu hindern, zu diesem Zweck u. a. auch die Handelsbeziehungen zu den
englischen Kolonien eifrig zu Pflegen und damit große Interessen in diesen
selbst gegen jene Pläne zu schaffe". "Auf dem Gebiete der Kolonialpolitik
aber wird Deutschland hoffentlich auch noch einmal in die Lage kommen, für
einen großen deutschen Kolonialbesitz aus Englands Politik die richtigen Lehren
zu ziehen." Die wichtigste dieser Lehren würde nach unsrer Meinung die sein,
daß sich Deutschland davor hüten müsse, die Existenz seines Volkes auf eine
überseeische Grundlage zu stellen, und daß, wenn sein Vvlkswachstnm die Ver¬
breiterung der Grundlage zur unabweisbaren Notwendigkeit macht, das hierfür
erforderliche Kolonialgebiet auf unserm Festlande zu suchen sei. Daß wir das
Heil nicht auf den Wegen Englands, nicht in der Verwandlung Deutschlands
in einen Industrie- und Handelsstaat zu suche" haben, scheint auch Fuchs zu
meinen, de"" der Schlußsatz seines Buches lautet: "Weiter aber wird man
aus der Betrachtung der englischen Handelspolitik in dieser Periode vielleicht
auch lerne", daß den Fragen der Handelspolitik allein überhaupt nicht die
große Bedeutung mehr innewohnt, wie man gewöhnlich annimmt, und daß sie
heute gegenüber den großen Problemen der nationalen Organisation der Pro¬
duktion und der Arbeit verhältnismäßig in den Hintergrund trete"."




Zur Erinnerung an Wilhelm ^eier
H, A. Lier von

er Berliner Kunst unter Friedrich Wilhelm III. und Friedrich
Wilhelm IV. hat, wie jedermann weiß, Karl Friedrich Schinkel
das Gepräge seines Geistes und Willens aufgedrückt. Doch
war sein Einfluß, der sich noch lange Jahre nach seinem Tode
mächtig erwies, schon bei seinen Lebzeiten nicht unbestritten.
Schon die Zeitgenossen tadelten an seinen Schöpfungen, daß sie zu kalt und
gemessen seien, und vermißten an ihnen die Berücksichtigung des malerischen
Elements. Offen freilich wagte sich der Widerspruch gegen den gestrengen
Meister nicht leicht hervor, aber es darf doch nicht übersehen werden, daß die
romantische Richtung auch in Berlin neben Schinkels antikisirenden Be¬
strebungen eifrige Anhänger hatte, und daß sie sogar an der unter seiner Leitung
stehenden Bauschule vertreten war.


Zur Erinnerung an Wilhelm Siier

zollen gegen die fremden Länder, die natürlich für diese ein großes Unglück sein
würden, zu hindern, zu diesem Zweck u. a. auch die Handelsbeziehungen zu den
englischen Kolonien eifrig zu Pflegen und damit große Interessen in diesen
selbst gegen jene Pläne zu schaffe». „Auf dem Gebiete der Kolonialpolitik
aber wird Deutschland hoffentlich auch noch einmal in die Lage kommen, für
einen großen deutschen Kolonialbesitz aus Englands Politik die richtigen Lehren
zu ziehen." Die wichtigste dieser Lehren würde nach unsrer Meinung die sein,
daß sich Deutschland davor hüten müsse, die Existenz seines Volkes auf eine
überseeische Grundlage zu stellen, und daß, wenn sein Vvlkswachstnm die Ver¬
breiterung der Grundlage zur unabweisbaren Notwendigkeit macht, das hierfür
erforderliche Kolonialgebiet auf unserm Festlande zu suchen sei. Daß wir das
Heil nicht auf den Wegen Englands, nicht in der Verwandlung Deutschlands
in einen Industrie- und Handelsstaat zu suche» haben, scheint auch Fuchs zu
meinen, de»» der Schlußsatz seines Buches lautet: „Weiter aber wird man
aus der Betrachtung der englischen Handelspolitik in dieser Periode vielleicht
auch lerne», daß den Fragen der Handelspolitik allein überhaupt nicht die
große Bedeutung mehr innewohnt, wie man gewöhnlich annimmt, und daß sie
heute gegenüber den großen Problemen der nationalen Organisation der Pro¬
duktion und der Arbeit verhältnismäßig in den Hintergrund trete»."




Zur Erinnerung an Wilhelm ^eier
H, A. Lier von

er Berliner Kunst unter Friedrich Wilhelm III. und Friedrich
Wilhelm IV. hat, wie jedermann weiß, Karl Friedrich Schinkel
das Gepräge seines Geistes und Willens aufgedrückt. Doch
war sein Einfluß, der sich noch lange Jahre nach seinem Tode
mächtig erwies, schon bei seinen Lebzeiten nicht unbestritten.
Schon die Zeitgenossen tadelten an seinen Schöpfungen, daß sie zu kalt und
gemessen seien, und vermißten an ihnen die Berücksichtigung des malerischen
Elements. Offen freilich wagte sich der Widerspruch gegen den gestrengen
Meister nicht leicht hervor, aber es darf doch nicht übersehen werden, daß die
romantische Richtung auch in Berlin neben Schinkels antikisirenden Be¬
strebungen eifrige Anhänger hatte, und daß sie sogar an der unter seiner Leitung
stehenden Bauschule vertreten war.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0064" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/215788"/>
          <fw type="header" place="top"> Zur Erinnerung an Wilhelm Siier</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_158" prev="#ID_157"> zollen gegen die fremden Länder, die natürlich für diese ein großes Unglück sein<lb/>
würden, zu hindern, zu diesem Zweck u. a. auch die Handelsbeziehungen zu den<lb/>
englischen Kolonien eifrig zu Pflegen und damit große Interessen in diesen<lb/>
selbst gegen jene Pläne zu schaffe». &#x201E;Auf dem Gebiete der Kolonialpolitik<lb/>
aber wird Deutschland hoffentlich auch noch einmal in die Lage kommen, für<lb/>
einen großen deutschen Kolonialbesitz aus Englands Politik die richtigen Lehren<lb/>
zu ziehen." Die wichtigste dieser Lehren würde nach unsrer Meinung die sein,<lb/>
daß sich Deutschland davor hüten müsse, die Existenz seines Volkes auf eine<lb/>
überseeische Grundlage zu stellen, und daß, wenn sein Vvlkswachstnm die Ver¬<lb/>
breiterung der Grundlage zur unabweisbaren Notwendigkeit macht, das hierfür<lb/>
erforderliche Kolonialgebiet auf unserm Festlande zu suchen sei. Daß wir das<lb/>
Heil nicht auf den Wegen Englands, nicht in der Verwandlung Deutschlands<lb/>
in einen Industrie- und Handelsstaat zu suche» haben, scheint auch Fuchs zu<lb/>
meinen, de»» der Schlußsatz seines Buches lautet: &#x201E;Weiter aber wird man<lb/>
aus der Betrachtung der englischen Handelspolitik in dieser Periode vielleicht<lb/>
auch lerne», daß den Fragen der Handelspolitik allein überhaupt nicht die<lb/>
große Bedeutung mehr innewohnt, wie man gewöhnlich annimmt, und daß sie<lb/>
heute gegenüber den großen Problemen der nationalen Organisation der Pro¬<lb/>
duktion und der Arbeit verhältnismäßig in den Hintergrund trete»."</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Zur Erinnerung an Wilhelm ^eier<lb/><note type="byline"> H, A. Lier</note> von </head><lb/>
          <p xml:id="ID_159"> er Berliner Kunst unter Friedrich Wilhelm III. und Friedrich<lb/>
Wilhelm IV. hat, wie jedermann weiß, Karl Friedrich Schinkel<lb/>
das Gepräge seines Geistes und Willens aufgedrückt. Doch<lb/>
war sein Einfluß, der sich noch lange Jahre nach seinem Tode<lb/>
mächtig erwies, schon bei seinen Lebzeiten nicht unbestritten.<lb/>
Schon die Zeitgenossen tadelten an seinen Schöpfungen, daß sie zu kalt und<lb/>
gemessen seien, und vermißten an ihnen die Berücksichtigung des malerischen<lb/>
Elements. Offen freilich wagte sich der Widerspruch gegen den gestrengen<lb/>
Meister nicht leicht hervor, aber es darf doch nicht übersehen werden, daß die<lb/>
romantische Richtung auch in Berlin neben Schinkels antikisirenden Be¬<lb/>
strebungen eifrige Anhänger hatte, und daß sie sogar an der unter seiner Leitung<lb/>
stehenden Bauschule vertreten war.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0064] Zur Erinnerung an Wilhelm Siier zollen gegen die fremden Länder, die natürlich für diese ein großes Unglück sein würden, zu hindern, zu diesem Zweck u. a. auch die Handelsbeziehungen zu den englischen Kolonien eifrig zu Pflegen und damit große Interessen in diesen selbst gegen jene Pläne zu schaffe». „Auf dem Gebiete der Kolonialpolitik aber wird Deutschland hoffentlich auch noch einmal in die Lage kommen, für einen großen deutschen Kolonialbesitz aus Englands Politik die richtigen Lehren zu ziehen." Die wichtigste dieser Lehren würde nach unsrer Meinung die sein, daß sich Deutschland davor hüten müsse, die Existenz seines Volkes auf eine überseeische Grundlage zu stellen, und daß, wenn sein Vvlkswachstnm die Ver¬ breiterung der Grundlage zur unabweisbaren Notwendigkeit macht, das hierfür erforderliche Kolonialgebiet auf unserm Festlande zu suchen sei. Daß wir das Heil nicht auf den Wegen Englands, nicht in der Verwandlung Deutschlands in einen Industrie- und Handelsstaat zu suche» haben, scheint auch Fuchs zu meinen, de»» der Schlußsatz seines Buches lautet: „Weiter aber wird man aus der Betrachtung der englischen Handelspolitik in dieser Periode vielleicht auch lerne», daß den Fragen der Handelspolitik allein überhaupt nicht die große Bedeutung mehr innewohnt, wie man gewöhnlich annimmt, und daß sie heute gegenüber den großen Problemen der nationalen Organisation der Pro¬ duktion und der Arbeit verhältnismäßig in den Hintergrund trete»." Zur Erinnerung an Wilhelm ^eier H, A. Lier von er Berliner Kunst unter Friedrich Wilhelm III. und Friedrich Wilhelm IV. hat, wie jedermann weiß, Karl Friedrich Schinkel das Gepräge seines Geistes und Willens aufgedrückt. Doch war sein Einfluß, der sich noch lange Jahre nach seinem Tode mächtig erwies, schon bei seinen Lebzeiten nicht unbestritten. Schon die Zeitgenossen tadelten an seinen Schöpfungen, daß sie zu kalt und gemessen seien, und vermißten an ihnen die Berücksichtigung des malerischen Elements. Offen freilich wagte sich der Widerspruch gegen den gestrengen Meister nicht leicht hervor, aber es darf doch nicht übersehen werden, daß die romantische Richtung auch in Berlin neben Schinkels antikisirenden Be¬ strebungen eifrige Anhänger hatte, und daß sie sogar an der unter seiner Leitung stehenden Bauschule vertreten war.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215723/64
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215723/64>, abgerufen am 22.07.2024.