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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr.

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Mehr Kreuzer!

Ozean unter Hinzurechnung der Nordsee etwa 36 schnelle, tüchtige Kreuzer
erforderlich sind, um die gefährlichsten Punkte zu decken. Will man zur größern
Sicherheit eine ganze Wegstrecke, etwa vom Kap Lizard bis zur Höhe des
Wendekreises des Krebses "abpatrvullireu" lassen, so sind noch mehr Kreuzer
nötig. Mau messe nur die Lauge der zu schützenden Strecken und bedenke,
über welche Zahl von angreifenden Kreuzern Frankreich verfügt. Jenseits der
Linie laufen die Schiffswege nach verschiednen Richtungen aus einander; hier¬
durch wird die Gefahr kleiner, da es im südatlantischen Ozean für den Feind
nicht mehr so lohnend ist, auf Handelsschiffe Jagd zu machen. Aber auch
dort giebt es Punkte, wo wir Kreuzer brauchen könnten, namentlich für den
Schutz des Dampferverkehrs an der südamerikanischen Küste. Unsre alten
.Kreuzer, die im Frieden vollzählig in allen Meeren verteilt sind, werden sich
natürlich dort, wo sie gerade sind, so gut als möglich am Schutze des Handels
beteiligen. In diesem Jahre ist ein Geschwader von drei Kreuzern dritter Klasse
unterwegs, das verschiedne Meere besucht; in Westafrika ist ein Kreuzer vierter
Klasse und ein Kanonenboot. In Ostafrika ist ein Kreuzer vierter Klasse sta-
tionirt, einer ist auf dem Wege dorthin. Den Gewässern Ostasiens aber haben
nur zwei Kanonenboote zugeteilt werden können, die natürlich gegen die
russischen und französischen Krenzerflotten dort ganz ohnmächtig sind. Was
soll also im Kriege aus unserm regen Handelsverkehr mit China, mit Japan,
mit den indischen ReiShäfeu werden? Gerade dort in Ostasien ist auf einem
kleinen Raume eine bedeutende Zahl von deutschen Dampfern und Seglern
beschäftigt. Hätten wir mehr Kreuzer, so würde diese wichtige Station schon
in Friedenszeiten mit einem kräftigen Geschwader gedeckt sein; denn der weite
Weg macht eine solche Fürsorge nötig. Unsre Südseebcsitzungen werden zur
Zeit von zwei Kreuzern vierter Klasse bewacht, eine Macht, die kaum für den
Frieden ausreicht. In den südamerikanischen Gewässern ist nur ein Kreuzer
dritter Klasse vorhanden. Ein Mitarbeiter der Grenzboten hat vor kurzem
einmal (1892 IV. S. 241) unsrer Marine den Vorwarf gemacht, daß sie ihre
Pflichten im Frieden, den Schutz deutscher Interessen im Auslande, nicht ge¬
hörig erfülle. Hätte er die Flotteuliste zur Hand gehabt und die Verteilung
unsrer wenigen alten Kreuzer studirt, so würde er gefunden haben, daß die
schwache Vertretung der deutschen Flagge sowohl in Chile, wie bei den ko-
lumbischen Festlichkeiten nur an der Schwäche unsrer Kreuzerslottc lag. Es
wäre also richtig gewesen, diesen Vorwurf den Neichsboten zu machen, die
jahraus jahrein die Kreuzerkorvetten oder, wie sie jetzt heißen, Kreuzer dritter
Klasse, nnr als geduldige Streichobjekte betrachten.

Im Mittelmeer werden hoffentlich unsre Vnndesgenossen imstande sein,
die feindlichen Kreuzer- und Panzerflotten mit solchem Erfolge zu bekämpfen,
daß der Verkehr unsrer Handelsdampfcr durch den Suezkanal nicht gestört
wird. Vielleicht wird ein italienisches Kreuzergeschwader auch noch den Schutz


Mehr Kreuzer!

Ozean unter Hinzurechnung der Nordsee etwa 36 schnelle, tüchtige Kreuzer
erforderlich sind, um die gefährlichsten Punkte zu decken. Will man zur größern
Sicherheit eine ganze Wegstrecke, etwa vom Kap Lizard bis zur Höhe des
Wendekreises des Krebses „abpatrvullireu" lassen, so sind noch mehr Kreuzer
nötig. Mau messe nur die Lauge der zu schützenden Strecken und bedenke,
über welche Zahl von angreifenden Kreuzern Frankreich verfügt. Jenseits der
Linie laufen die Schiffswege nach verschiednen Richtungen aus einander; hier¬
durch wird die Gefahr kleiner, da es im südatlantischen Ozean für den Feind
nicht mehr so lohnend ist, auf Handelsschiffe Jagd zu machen. Aber auch
dort giebt es Punkte, wo wir Kreuzer brauchen könnten, namentlich für den
Schutz des Dampferverkehrs an der südamerikanischen Küste. Unsre alten
.Kreuzer, die im Frieden vollzählig in allen Meeren verteilt sind, werden sich
natürlich dort, wo sie gerade sind, so gut als möglich am Schutze des Handels
beteiligen. In diesem Jahre ist ein Geschwader von drei Kreuzern dritter Klasse
unterwegs, das verschiedne Meere besucht; in Westafrika ist ein Kreuzer vierter
Klasse und ein Kanonenboot. In Ostafrika ist ein Kreuzer vierter Klasse sta-
tionirt, einer ist auf dem Wege dorthin. Den Gewässern Ostasiens aber haben
nur zwei Kanonenboote zugeteilt werden können, die natürlich gegen die
russischen und französischen Krenzerflotten dort ganz ohnmächtig sind. Was
soll also im Kriege aus unserm regen Handelsverkehr mit China, mit Japan,
mit den indischen ReiShäfeu werden? Gerade dort in Ostasien ist auf einem
kleinen Raume eine bedeutende Zahl von deutschen Dampfern und Seglern
beschäftigt. Hätten wir mehr Kreuzer, so würde diese wichtige Station schon
in Friedenszeiten mit einem kräftigen Geschwader gedeckt sein; denn der weite
Weg macht eine solche Fürsorge nötig. Unsre Südseebcsitzungen werden zur
Zeit von zwei Kreuzern vierter Klasse bewacht, eine Macht, die kaum für den
Frieden ausreicht. In den südamerikanischen Gewässern ist nur ein Kreuzer
dritter Klasse vorhanden. Ein Mitarbeiter der Grenzboten hat vor kurzem
einmal (1892 IV. S. 241) unsrer Marine den Vorwarf gemacht, daß sie ihre
Pflichten im Frieden, den Schutz deutscher Interessen im Auslande, nicht ge¬
hörig erfülle. Hätte er die Flotteuliste zur Hand gehabt und die Verteilung
unsrer wenigen alten Kreuzer studirt, so würde er gefunden haben, daß die
schwache Vertretung der deutschen Flagge sowohl in Chile, wie bei den ko-
lumbischen Festlichkeiten nur an der Schwäche unsrer Kreuzerslottc lag. Es
wäre also richtig gewesen, diesen Vorwurf den Neichsboten zu machen, die
jahraus jahrein die Kreuzerkorvetten oder, wie sie jetzt heißen, Kreuzer dritter
Klasse, nnr als geduldige Streichobjekte betrachten.

Im Mittelmeer werden hoffentlich unsre Vnndesgenossen imstande sein,
die feindlichen Kreuzer- und Panzerflotten mit solchem Erfolge zu bekämpfen,
daß der Verkehr unsrer Handelsdampfcr durch den Suezkanal nicht gestört
wird. Vielleicht wird ein italienisches Kreuzergeschwader auch noch den Schutz


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[0578] Mehr Kreuzer! Ozean unter Hinzurechnung der Nordsee etwa 36 schnelle, tüchtige Kreuzer erforderlich sind, um die gefährlichsten Punkte zu decken. Will man zur größern Sicherheit eine ganze Wegstrecke, etwa vom Kap Lizard bis zur Höhe des Wendekreises des Krebses „abpatrvullireu" lassen, so sind noch mehr Kreuzer nötig. Mau messe nur die Lauge der zu schützenden Strecken und bedenke, über welche Zahl von angreifenden Kreuzern Frankreich verfügt. Jenseits der Linie laufen die Schiffswege nach verschiednen Richtungen aus einander; hier¬ durch wird die Gefahr kleiner, da es im südatlantischen Ozean für den Feind nicht mehr so lohnend ist, auf Handelsschiffe Jagd zu machen. Aber auch dort giebt es Punkte, wo wir Kreuzer brauchen könnten, namentlich für den Schutz des Dampferverkehrs an der südamerikanischen Küste. Unsre alten .Kreuzer, die im Frieden vollzählig in allen Meeren verteilt sind, werden sich natürlich dort, wo sie gerade sind, so gut als möglich am Schutze des Handels beteiligen. In diesem Jahre ist ein Geschwader von drei Kreuzern dritter Klasse unterwegs, das verschiedne Meere besucht; in Westafrika ist ein Kreuzer vierter Klasse und ein Kanonenboot. In Ostafrika ist ein Kreuzer vierter Klasse sta- tionirt, einer ist auf dem Wege dorthin. Den Gewässern Ostasiens aber haben nur zwei Kanonenboote zugeteilt werden können, die natürlich gegen die russischen und französischen Krenzerflotten dort ganz ohnmächtig sind. Was soll also im Kriege aus unserm regen Handelsverkehr mit China, mit Japan, mit den indischen ReiShäfeu werden? Gerade dort in Ostasien ist auf einem kleinen Raume eine bedeutende Zahl von deutschen Dampfern und Seglern beschäftigt. Hätten wir mehr Kreuzer, so würde diese wichtige Station schon in Friedenszeiten mit einem kräftigen Geschwader gedeckt sein; denn der weite Weg macht eine solche Fürsorge nötig. Unsre Südseebcsitzungen werden zur Zeit von zwei Kreuzern vierter Klasse bewacht, eine Macht, die kaum für den Frieden ausreicht. In den südamerikanischen Gewässern ist nur ein Kreuzer dritter Klasse vorhanden. Ein Mitarbeiter der Grenzboten hat vor kurzem einmal (1892 IV. S. 241) unsrer Marine den Vorwarf gemacht, daß sie ihre Pflichten im Frieden, den Schutz deutscher Interessen im Auslande, nicht ge¬ hörig erfülle. Hätte er die Flotteuliste zur Hand gehabt und die Verteilung unsrer wenigen alten Kreuzer studirt, so würde er gefunden haben, daß die schwache Vertretung der deutschen Flagge sowohl in Chile, wie bei den ko- lumbischen Festlichkeiten nur an der Schwäche unsrer Kreuzerslottc lag. Es wäre also richtig gewesen, diesen Vorwurf den Neichsboten zu machen, die jahraus jahrein die Kreuzerkorvetten oder, wie sie jetzt heißen, Kreuzer dritter Klasse, nnr als geduldige Streichobjekte betrachten. Im Mittelmeer werden hoffentlich unsre Vnndesgenossen imstande sein, die feindlichen Kreuzer- und Panzerflotten mit solchem Erfolge zu bekämpfen, daß der Verkehr unsrer Handelsdampfcr durch den Suezkanal nicht gestört wird. Vielleicht wird ein italienisches Kreuzergeschwader auch noch den Schutz

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215723/578>, abgerufen am 22.07.2024.