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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr.

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Mehr Kreuzer!

stark befestigten und guten Hafen von Pointe ü. Piere, ferner der Hafen Fort
de France auf Martinique bedroht unsre Westindiensahrer. Cayenne ist eben¬
falls befestigt und als Kohlenplatz für jene Kreuzer passend, die unsern Dampfer¬
verkehr mit Nordbrasilien stören sollen. Unter dem Kap Verde, also in nächster
Nähe der gleichnamigen Inseln, liegt die gut befestigte Reede von Goroe; der
Hafen von Libreville im Gabunflnsse hat Bedeutung als Kohlenplatz. Im
Indischen Meere sind die befestigten Ankerplätze der Insel Rouillon, besonders
Se. Denis von Bedeutung; als Kohlenplätze eignen sich die Komoreninsel
Mayotta und Nozzi-V<Z an der nordwestliche Madagaskars. Auch die Insel
Um-Amsterdam, die kürzlich von den Franzosen in Besitz genommen worden
ist, kann als Kohlenplatz dienen. Von den indochinesischen Häfen ist das gut
befestigte Saigon der wichtigste Platz. Gleichen Wert hat die starke Seefestung
Wladiwostok für die sibirische Flotte Rußlands. In der Südsee hat Frankreich noch
zwei befestigte Häfen, den von nunca auf Neukaledonien und den von Papiete
auf Tahiti. Wir haben keine brauchbaren oder gar geschützten Kohlenplätze in
unsern Kolonien. Das schadet auch nichts; denn wir können mit großer Wahr¬
scheinlichkeit darauf rechnen, daß uns England und die meisten andern neu¬
tralen Staaten den Kohlenkauf in allen Häfen, freilich zu erhöhten Preisen,
erlauben werden.

Nun zeichne man sich auf der Übersichtskarte die Seewege ein, die von
den Dampfern und Seglern der Handelsflotten eingeschlagen werden. Bei den
Dampfern ist der Weg übers Meer meistens die kürzeste Entfernung zwischen
den Endpunkten, für große Strecken also auf der Merkatorkarte nicht etwa eine
gerade Linie, sondern die Kurve des größten Kreises. Man benutze einen
Globus und einen Zwirnfaden, um sich das klar zu machen. Für die Segler
beeinflussen die herrschenden Winde den Weg; deshalb ist z. B. der Seglerweg
nach Ostindien ein ganz andrer, als der der rückkehrenden Ostindienfnhrer.
Genaue Rontenkarten sür Segler und Dampfer findet man in den Segelhand¬
büchern des atlantischen und des indischen Ozeans, die von der deutschen See¬
warte herausgegeben worden sind.

Am Ausgange des englischen Kanals zwischen den Scilly-Jnseln und der
Insel Ouessant ist der Knotenpunkt aller Seewege. Dort wird also der See¬
raub, den man höflicher Kaperei nennt, am einträglichsten sein. Vorsichtiger¬
weise haben die Franzosen in nächster Nähe dieses Fangplatzes ihren stärksten
Kriegshafen, Brest, angelegt. Wollen wir uns so nahe bei dieser Seefeste
zeigen, daß wir unsre rückkehrenden Handelsschiffe, von denen viele noch ein
Vierteljahr nach dem Ausbruch eines Kriegs von der Gefahr nichts ahnen,
schützen können, so muß es schon mit einem sehr krästigen Geschwader sein;
denn hier sind die besten feindlichen Kreuzer zu bekämpfen. Dazu sind schnelle
und stark bewaffnete Panzerkreuzer erforderlich, die auch dem Kampfe mit einem
feindlichen Panzergeschwader nicht auszuweichen brauchen. Je mehr Panzer-


Mehr Kreuzer!

stark befestigten und guten Hafen von Pointe ü. Piere, ferner der Hafen Fort
de France auf Martinique bedroht unsre Westindiensahrer. Cayenne ist eben¬
falls befestigt und als Kohlenplatz für jene Kreuzer passend, die unsern Dampfer¬
verkehr mit Nordbrasilien stören sollen. Unter dem Kap Verde, also in nächster
Nähe der gleichnamigen Inseln, liegt die gut befestigte Reede von Goroe; der
Hafen von Libreville im Gabunflnsse hat Bedeutung als Kohlenplatz. Im
Indischen Meere sind die befestigten Ankerplätze der Insel Rouillon, besonders
Se. Denis von Bedeutung; als Kohlenplätze eignen sich die Komoreninsel
Mayotta und Nozzi-V<Z an der nordwestliche Madagaskars. Auch die Insel
Um-Amsterdam, die kürzlich von den Franzosen in Besitz genommen worden
ist, kann als Kohlenplatz dienen. Von den indochinesischen Häfen ist das gut
befestigte Saigon der wichtigste Platz. Gleichen Wert hat die starke Seefestung
Wladiwostok für die sibirische Flotte Rußlands. In der Südsee hat Frankreich noch
zwei befestigte Häfen, den von nunca auf Neukaledonien und den von Papiete
auf Tahiti. Wir haben keine brauchbaren oder gar geschützten Kohlenplätze in
unsern Kolonien. Das schadet auch nichts; denn wir können mit großer Wahr¬
scheinlichkeit darauf rechnen, daß uns England und die meisten andern neu¬
tralen Staaten den Kohlenkauf in allen Häfen, freilich zu erhöhten Preisen,
erlauben werden.

Nun zeichne man sich auf der Übersichtskarte die Seewege ein, die von
den Dampfern und Seglern der Handelsflotten eingeschlagen werden. Bei den
Dampfern ist der Weg übers Meer meistens die kürzeste Entfernung zwischen
den Endpunkten, für große Strecken also auf der Merkatorkarte nicht etwa eine
gerade Linie, sondern die Kurve des größten Kreises. Man benutze einen
Globus und einen Zwirnfaden, um sich das klar zu machen. Für die Segler
beeinflussen die herrschenden Winde den Weg; deshalb ist z. B. der Seglerweg
nach Ostindien ein ganz andrer, als der der rückkehrenden Ostindienfnhrer.
Genaue Rontenkarten sür Segler und Dampfer findet man in den Segelhand¬
büchern des atlantischen und des indischen Ozeans, die von der deutschen See¬
warte herausgegeben worden sind.

Am Ausgange des englischen Kanals zwischen den Scilly-Jnseln und der
Insel Ouessant ist der Knotenpunkt aller Seewege. Dort wird also der See¬
raub, den man höflicher Kaperei nennt, am einträglichsten sein. Vorsichtiger¬
weise haben die Franzosen in nächster Nähe dieses Fangplatzes ihren stärksten
Kriegshafen, Brest, angelegt. Wollen wir uns so nahe bei dieser Seefeste
zeigen, daß wir unsre rückkehrenden Handelsschiffe, von denen viele noch ein
Vierteljahr nach dem Ausbruch eines Kriegs von der Gefahr nichts ahnen,
schützen können, so muß es schon mit einem sehr krästigen Geschwader sein;
denn hier sind die besten feindlichen Kreuzer zu bekämpfen. Dazu sind schnelle
und stark bewaffnete Panzerkreuzer erforderlich, die auch dem Kampfe mit einem
feindlichen Panzergeschwader nicht auszuweichen brauchen. Je mehr Panzer-


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[0576] Mehr Kreuzer! stark befestigten und guten Hafen von Pointe ü. Piere, ferner der Hafen Fort de France auf Martinique bedroht unsre Westindiensahrer. Cayenne ist eben¬ falls befestigt und als Kohlenplatz für jene Kreuzer passend, die unsern Dampfer¬ verkehr mit Nordbrasilien stören sollen. Unter dem Kap Verde, also in nächster Nähe der gleichnamigen Inseln, liegt die gut befestigte Reede von Goroe; der Hafen von Libreville im Gabunflnsse hat Bedeutung als Kohlenplatz. Im Indischen Meere sind die befestigten Ankerplätze der Insel Rouillon, besonders Se. Denis von Bedeutung; als Kohlenplätze eignen sich die Komoreninsel Mayotta und Nozzi-V<Z an der nordwestliche Madagaskars. Auch die Insel Um-Amsterdam, die kürzlich von den Franzosen in Besitz genommen worden ist, kann als Kohlenplatz dienen. Von den indochinesischen Häfen ist das gut befestigte Saigon der wichtigste Platz. Gleichen Wert hat die starke Seefestung Wladiwostok für die sibirische Flotte Rußlands. In der Südsee hat Frankreich noch zwei befestigte Häfen, den von nunca auf Neukaledonien und den von Papiete auf Tahiti. Wir haben keine brauchbaren oder gar geschützten Kohlenplätze in unsern Kolonien. Das schadet auch nichts; denn wir können mit großer Wahr¬ scheinlichkeit darauf rechnen, daß uns England und die meisten andern neu¬ tralen Staaten den Kohlenkauf in allen Häfen, freilich zu erhöhten Preisen, erlauben werden. Nun zeichne man sich auf der Übersichtskarte die Seewege ein, die von den Dampfern und Seglern der Handelsflotten eingeschlagen werden. Bei den Dampfern ist der Weg übers Meer meistens die kürzeste Entfernung zwischen den Endpunkten, für große Strecken also auf der Merkatorkarte nicht etwa eine gerade Linie, sondern die Kurve des größten Kreises. Man benutze einen Globus und einen Zwirnfaden, um sich das klar zu machen. Für die Segler beeinflussen die herrschenden Winde den Weg; deshalb ist z. B. der Seglerweg nach Ostindien ein ganz andrer, als der der rückkehrenden Ostindienfnhrer. Genaue Rontenkarten sür Segler und Dampfer findet man in den Segelhand¬ büchern des atlantischen und des indischen Ozeans, die von der deutschen See¬ warte herausgegeben worden sind. Am Ausgange des englischen Kanals zwischen den Scilly-Jnseln und der Insel Ouessant ist der Knotenpunkt aller Seewege. Dort wird also der See¬ raub, den man höflicher Kaperei nennt, am einträglichsten sein. Vorsichtiger¬ weise haben die Franzosen in nächster Nähe dieses Fangplatzes ihren stärksten Kriegshafen, Brest, angelegt. Wollen wir uns so nahe bei dieser Seefeste zeigen, daß wir unsre rückkehrenden Handelsschiffe, von denen viele noch ein Vierteljahr nach dem Ausbruch eines Kriegs von der Gefahr nichts ahnen, schützen können, so muß es schon mit einem sehr krästigen Geschwader sein; denn hier sind die besten feindlichen Kreuzer zu bekämpfen. Dazu sind schnelle und stark bewaffnete Panzerkreuzer erforderlich, die auch dem Kampfe mit einem feindlichen Panzergeschwader nicht auszuweichen brauchen. Je mehr Panzer-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215723/576>, abgerufen am 22.07.2024.