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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr.

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Lie Aussicht^" der Reichsstvuoru

von fast 7 Millionen Mark anlangt, hat vor dem Höchsteiukommen des Höchst-
gestellten im Lande Halt gemacht. Da wir hier eigentlich die Reichssteuern
im Auge haben, so lassen wir das preußische Gesetz vom 24. Juni 1891
unerörtert, das dem König und den selbständigen Mitgliedern des königlichen,
sowie des fürstlich hvhenzollernschen Hauses nach altem Herkommen Befreiung
von der Einkommensteuer gewährt. Erwähnt sei nur, daß dasselbe Gesetz,
das den in Preußen einverleibten vormaligen Neichsnnmittelbaren die ihnen
bis dahin verbliebne Steuerfreiheit entzieht, den Mitgliedern des vormals
hannoverschen Königshauses, des vormals knrhessischen und vormals herzoglich
nassauischen Fürstenhauses dieselbe Ausnahmestellung aufs neue einräumt.

In sämtlichen Bundesstaaten mit fürstlichem Oberhaupte wiederholt sich
diese Ansunhmestellung, die den heutigen sozialpolitischen Begriffen nur wenig
mehr entspricht und daher eine Bevorzugung oder Begünstigung von zweifel¬
haftem Werte bedeutet. Sie besteht also im deutscheu Reiche zweiundzwnnzig
mal. Hat die Reichsstatistik diese Thatsache nicht wahrzunehmen? Darf das
Reich darin nicht eine noch ungefaßte, ungeschwächte und ergiebige Steuer-
anelle sehen?

Wir sind keine Einschätzungsbehörde sür die fürstlichen Staatsoberhäupter
des Reichs. Nur beispielsweise also seien einige jener -- wie sich das bezüg¬
liche württembergische Gesetz ausdrückt -- Berufseinkommen vorgeführt, wie sie
in Gestalt von Anteil am Ertrage der Staatsdomänen, von Dotation oder
von Zivilliste in den Budgets der Staaten veröffentlicht werden.

Dem Großherzog von Oldenburg stehen als "Beiträge zu den Gebühr¬
nissen des großherzoglichen Hauses aus dein Herzogtum Oldenburg und den
Fürstentümern Lübeck und Birkenfeld" 255000 Mark zu. Der Fürst vou
Lippe-Detiuold hat ein Jahreseinkommen von 600000 Mark. Der Herzog von
Koburg-Gotha bezieht aus den Domäneukassen der beiden Länder 612255 Mark.
Die "Hofkasse" des Herzogs von Braunschweig, gegenwärtig zur Verfügung
des Regenten, erhält 1125323 Mark aus der dortigen "Kammerkasse." In
Württemberg betragen Zivilliste und Apanagen 205930" Mark; in Sachsen
der "Bedarf des königlichen Hauses" und die Apanagen 3332036 Mark.
In Baiern belaufen sich Zivilliste, Reichsverwesung, Apanagen "u. s. w." ans
5403986 Mark. Das Einkommen des Königs von Preußen besteht aus einer
Rente von 8985839, einer Dotation von 8000000, zusammen 16985839 Mark,
das ist 5 Millionen Mark mehr, als die Einkünfte der Königin von England,
die unter Hinzurechnung der den Prinzen und Prinzessinnen des königlichen
Hauses vom Parlament bewilligten Apanagen 597 592 Pfund Sterling -----
11951894 Mark betragen. Dabei sind noch nicht in Anschlag gebracht in
Preußen die Ertrüge der unter Verwaltung der Hofkammer stehenden könig¬
lichen Familiengüter und des Krontresors; nicht mitgerechnet ist die Rente
von 240000 Mark, die dem Herzog von Koburg-Gotha aus dein 1834 er-


Lie Aussicht^» der Reichsstvuoru

von fast 7 Millionen Mark anlangt, hat vor dem Höchsteiukommen des Höchst-
gestellten im Lande Halt gemacht. Da wir hier eigentlich die Reichssteuern
im Auge haben, so lassen wir das preußische Gesetz vom 24. Juni 1891
unerörtert, das dem König und den selbständigen Mitgliedern des königlichen,
sowie des fürstlich hvhenzollernschen Hauses nach altem Herkommen Befreiung
von der Einkommensteuer gewährt. Erwähnt sei nur, daß dasselbe Gesetz,
das den in Preußen einverleibten vormaligen Neichsnnmittelbaren die ihnen
bis dahin verbliebne Steuerfreiheit entzieht, den Mitgliedern des vormals
hannoverschen Königshauses, des vormals knrhessischen und vormals herzoglich
nassauischen Fürstenhauses dieselbe Ausnahmestellung aufs neue einräumt.

In sämtlichen Bundesstaaten mit fürstlichem Oberhaupte wiederholt sich
diese Ansunhmestellung, die den heutigen sozialpolitischen Begriffen nur wenig
mehr entspricht und daher eine Bevorzugung oder Begünstigung von zweifel¬
haftem Werte bedeutet. Sie besteht also im deutscheu Reiche zweiundzwnnzig
mal. Hat die Reichsstatistik diese Thatsache nicht wahrzunehmen? Darf das
Reich darin nicht eine noch ungefaßte, ungeschwächte und ergiebige Steuer-
anelle sehen?

Wir sind keine Einschätzungsbehörde sür die fürstlichen Staatsoberhäupter
des Reichs. Nur beispielsweise also seien einige jener — wie sich das bezüg¬
liche württembergische Gesetz ausdrückt — Berufseinkommen vorgeführt, wie sie
in Gestalt von Anteil am Ertrage der Staatsdomänen, von Dotation oder
von Zivilliste in den Budgets der Staaten veröffentlicht werden.

Dem Großherzog von Oldenburg stehen als „Beiträge zu den Gebühr¬
nissen des großherzoglichen Hauses aus dein Herzogtum Oldenburg und den
Fürstentümern Lübeck und Birkenfeld" 255000 Mark zu. Der Fürst vou
Lippe-Detiuold hat ein Jahreseinkommen von 600000 Mark. Der Herzog von
Koburg-Gotha bezieht aus den Domäneukassen der beiden Länder 612255 Mark.
Die „Hofkasse" des Herzogs von Braunschweig, gegenwärtig zur Verfügung
des Regenten, erhält 1125323 Mark aus der dortigen „Kammerkasse." In
Württemberg betragen Zivilliste und Apanagen 205930» Mark; in Sachsen
der „Bedarf des königlichen Hauses" und die Apanagen 3332036 Mark.
In Baiern belaufen sich Zivilliste, Reichsverwesung, Apanagen „u. s. w." ans
5403986 Mark. Das Einkommen des Königs von Preußen besteht aus einer
Rente von 8985839, einer Dotation von 8000000, zusammen 16985839 Mark,
das ist 5 Millionen Mark mehr, als die Einkünfte der Königin von England,
die unter Hinzurechnung der den Prinzen und Prinzessinnen des königlichen
Hauses vom Parlament bewilligten Apanagen 597 592 Pfund Sterling -----
11951894 Mark betragen. Dabei sind noch nicht in Anschlag gebracht in
Preußen die Ertrüge der unter Verwaltung der Hofkammer stehenden könig¬
lichen Familiengüter und des Krontresors; nicht mitgerechnet ist die Rente
von 240000 Mark, die dem Herzog von Koburg-Gotha aus dein 1834 er-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215723/349>, abgerufen am 22.07.2024.