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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr.

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Teuer uni? wohlfeil

verhält, die den größten Teil des Volkseinkommens ausmachen, so sind aller¬
dings die meisten Kleiderstoffe aus dem angeführten Grunde billiger geworden;
die meisten, sagen wir, nicht alle, weil Tuch seinen Preis so ziemlich behauptet.
Stiefel und Schuhe werden eher teurer als billiger. Die Wohnung wird stetig
teurer. Bei den Nahrungsmitteln ist zwischen den animalischen und den vege¬
tabilischen zu unterscheiden. Die erstem behaupten nicht allein ihren Preis,
sondern werden eher teurer als billiger. Im Handwörterbuch für Staats¬
wissenschaften, Band 3, S. 566 ff. finden wir folgende Angaben. Der Preis
des Rindfleisches und Schweinefleisches, in Pfennigen für 1 Kilogramm aus¬
gedrückt, ist in der Zeit von 1811 bis 1890 gestiegen in Berlin von 89 und
90 auf 126 und 144, in Halle vou 77 und 96 auf 126 und 135 Pfennige.
In deu Jahren 1861 bis 1890 ist der Preis beider Fleischsorten gestiegen:
in 165 Städten Preußens von 88 und 105 auf 117 und 128, in Baden von
121 und 125 auf 136 und 141, in Wien von 103 und 125 auf 136 und
141, in Frankreich (wo der Nachweis bloß bis 1887 reicht) der des Rind¬
fleisches von 111 auf 149 Pfennige, während Schweinefleisch, wie am Anfang
der Periode, auf 122 steht.

Sauerbeck und Soetbeer haben die Preise untersucht -- der eine von 45 Ar¬
tikeln für London, der andre von 114 für Hamburg; Sauerbeck setzt die Durch¬
schnittspreise der Periode 1867 bis 1877, Soetbeer die von 1847 bis 1850
-- 100, und beide berechnen darnach die Verhältniszahlen der Fleischpreise wie
der Durchschnittspreise jener 45 und 114 Artikel sür die Jahre vor und nach
jener Periode. Sauerbeck findet für London einen mäßigen Preisrückgang der
animalischen Nahrungsmittel von 90 in den Jahren 1818 bis 1827 aus 82
im Jahre 1890 (höchster Preis 104 im Jahre 1884, also nach 1873) und
für die Gesamtheit der in Betracht kommenden Waren von 111 (das zugleich
der höchste Preis ist) auf 73. Nach Soetbeer ist der Durchschnittspreis aller
Produkte der Viehzucht und Fischerei von 100 im Jahre 1847 auf 130 im
Jahre 1888 und für die sämtlichen 114 Artikel von 100 auf 102 gestiegen.
Für Ochsenfleisch, Kalbfleisch, Hammelfleisch und Schweinefleisch besonders lauten
die Zahlen des Jahres 1890: 158, 186, 147, 148.

Was das Getreide anlangt, so ist der Preis für 1000 Kilogramm Roggen
in Preußen von 151,8 Mark im Jahre 1816 auf 167 Mark im Jahre 1890
gestiegen; deu höchsten Durchschnittspreis von 170,8 Mark ergeben die Jahre
1871 bis 1875. Vou einem stetigen Fallen nach 1873 ist keine Rede; der
Preis steigt und fällt nach wie vor 1873 und wie zu allen Zeiten nach dem
wechselnden Erntcausfall, In England allerdings ist der Weizenpreis, obwohl
unter großen Schwankungen, seit 1816 stetig und bedeutend gefallen, nämlich
von 364 auf 147,8 Mark. Man muß aber auch bedenken, erstens, daß in
England wegen des enormen Reichtums der reichen Leute, worin es bis um
die Mitte des Jahrhunderts eine Ausnahmestellung in der Welt einnahm, der


Grenzboten III 1893 75
Teuer uni? wohlfeil

verhält, die den größten Teil des Volkseinkommens ausmachen, so sind aller¬
dings die meisten Kleiderstoffe aus dem angeführten Grunde billiger geworden;
die meisten, sagen wir, nicht alle, weil Tuch seinen Preis so ziemlich behauptet.
Stiefel und Schuhe werden eher teurer als billiger. Die Wohnung wird stetig
teurer. Bei den Nahrungsmitteln ist zwischen den animalischen und den vege¬
tabilischen zu unterscheiden. Die erstem behaupten nicht allein ihren Preis,
sondern werden eher teurer als billiger. Im Handwörterbuch für Staats¬
wissenschaften, Band 3, S. 566 ff. finden wir folgende Angaben. Der Preis
des Rindfleisches und Schweinefleisches, in Pfennigen für 1 Kilogramm aus¬
gedrückt, ist in der Zeit von 1811 bis 1890 gestiegen in Berlin von 89 und
90 auf 126 und 144, in Halle vou 77 und 96 auf 126 und 135 Pfennige.
In deu Jahren 1861 bis 1890 ist der Preis beider Fleischsorten gestiegen:
in 165 Städten Preußens von 88 und 105 auf 117 und 128, in Baden von
121 und 125 auf 136 und 141, in Wien von 103 und 125 auf 136 und
141, in Frankreich (wo der Nachweis bloß bis 1887 reicht) der des Rind¬
fleisches von 111 auf 149 Pfennige, während Schweinefleisch, wie am Anfang
der Periode, auf 122 steht.

Sauerbeck und Soetbeer haben die Preise untersucht — der eine von 45 Ar¬
tikeln für London, der andre von 114 für Hamburg; Sauerbeck setzt die Durch¬
schnittspreise der Periode 1867 bis 1877, Soetbeer die von 1847 bis 1850
— 100, und beide berechnen darnach die Verhältniszahlen der Fleischpreise wie
der Durchschnittspreise jener 45 und 114 Artikel sür die Jahre vor und nach
jener Periode. Sauerbeck findet für London einen mäßigen Preisrückgang der
animalischen Nahrungsmittel von 90 in den Jahren 1818 bis 1827 aus 82
im Jahre 1890 (höchster Preis 104 im Jahre 1884, also nach 1873) und
für die Gesamtheit der in Betracht kommenden Waren von 111 (das zugleich
der höchste Preis ist) auf 73. Nach Soetbeer ist der Durchschnittspreis aller
Produkte der Viehzucht und Fischerei von 100 im Jahre 1847 auf 130 im
Jahre 1888 und für die sämtlichen 114 Artikel von 100 auf 102 gestiegen.
Für Ochsenfleisch, Kalbfleisch, Hammelfleisch und Schweinefleisch besonders lauten
die Zahlen des Jahres 1890: 158, 186, 147, 148.

Was das Getreide anlangt, so ist der Preis für 1000 Kilogramm Roggen
in Preußen von 151,8 Mark im Jahre 1816 auf 167 Mark im Jahre 1890
gestiegen; deu höchsten Durchschnittspreis von 170,8 Mark ergeben die Jahre
1871 bis 1875. Vou einem stetigen Fallen nach 1873 ist keine Rede; der
Preis steigt und fällt nach wie vor 1873 und wie zu allen Zeiten nach dem
wechselnden Erntcausfall, In England allerdings ist der Weizenpreis, obwohl
unter großen Schwankungen, seit 1816 stetig und bedeutend gefallen, nämlich
von 364 auf 147,8 Mark. Man muß aber auch bedenken, erstens, daß in
England wegen des enormen Reichtums der reichen Leute, worin es bis um
die Mitte des Jahrhunderts eine Ausnahmestellung in der Welt einnahm, der


Grenzboten III 1893 75
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[0601] Teuer uni? wohlfeil verhält, die den größten Teil des Volkseinkommens ausmachen, so sind aller¬ dings die meisten Kleiderstoffe aus dem angeführten Grunde billiger geworden; die meisten, sagen wir, nicht alle, weil Tuch seinen Preis so ziemlich behauptet. Stiefel und Schuhe werden eher teurer als billiger. Die Wohnung wird stetig teurer. Bei den Nahrungsmitteln ist zwischen den animalischen und den vege¬ tabilischen zu unterscheiden. Die erstem behaupten nicht allein ihren Preis, sondern werden eher teurer als billiger. Im Handwörterbuch für Staats¬ wissenschaften, Band 3, S. 566 ff. finden wir folgende Angaben. Der Preis des Rindfleisches und Schweinefleisches, in Pfennigen für 1 Kilogramm aus¬ gedrückt, ist in der Zeit von 1811 bis 1890 gestiegen in Berlin von 89 und 90 auf 126 und 144, in Halle vou 77 und 96 auf 126 und 135 Pfennige. In deu Jahren 1861 bis 1890 ist der Preis beider Fleischsorten gestiegen: in 165 Städten Preußens von 88 und 105 auf 117 und 128, in Baden von 121 und 125 auf 136 und 141, in Wien von 103 und 125 auf 136 und 141, in Frankreich (wo der Nachweis bloß bis 1887 reicht) der des Rind¬ fleisches von 111 auf 149 Pfennige, während Schweinefleisch, wie am Anfang der Periode, auf 122 steht. Sauerbeck und Soetbeer haben die Preise untersucht — der eine von 45 Ar¬ tikeln für London, der andre von 114 für Hamburg; Sauerbeck setzt die Durch¬ schnittspreise der Periode 1867 bis 1877, Soetbeer die von 1847 bis 1850 — 100, und beide berechnen darnach die Verhältniszahlen der Fleischpreise wie der Durchschnittspreise jener 45 und 114 Artikel sür die Jahre vor und nach jener Periode. Sauerbeck findet für London einen mäßigen Preisrückgang der animalischen Nahrungsmittel von 90 in den Jahren 1818 bis 1827 aus 82 im Jahre 1890 (höchster Preis 104 im Jahre 1884, also nach 1873) und für die Gesamtheit der in Betracht kommenden Waren von 111 (das zugleich der höchste Preis ist) auf 73. Nach Soetbeer ist der Durchschnittspreis aller Produkte der Viehzucht und Fischerei von 100 im Jahre 1847 auf 130 im Jahre 1888 und für die sämtlichen 114 Artikel von 100 auf 102 gestiegen. Für Ochsenfleisch, Kalbfleisch, Hammelfleisch und Schweinefleisch besonders lauten die Zahlen des Jahres 1890: 158, 186, 147, 148. Was das Getreide anlangt, so ist der Preis für 1000 Kilogramm Roggen in Preußen von 151,8 Mark im Jahre 1816 auf 167 Mark im Jahre 1890 gestiegen; deu höchsten Durchschnittspreis von 170,8 Mark ergeben die Jahre 1871 bis 1875. Vou einem stetigen Fallen nach 1873 ist keine Rede; der Preis steigt und fällt nach wie vor 1873 und wie zu allen Zeiten nach dem wechselnden Erntcausfall, In England allerdings ist der Weizenpreis, obwohl unter großen Schwankungen, seit 1816 stetig und bedeutend gefallen, nämlich von 364 auf 147,8 Mark. Man muß aber auch bedenken, erstens, daß in England wegen des enormen Reichtums der reichen Leute, worin es bis um die Mitte des Jahrhunderts eine Ausnahmestellung in der Welt einnahm, der Grenzboten III 1893 75

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215089/601>, abgerufen am 24.11.2024.