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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr.

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Quirles Aingsley als Dichter und Sozicilreformer

steiler wie Kingsley mit dieser Reisebeschreibung ein höchst interessantes Werk
geliefert hat. Was er in 'Wohl.vvg.rÄ Jto! aus Phantasie und Nachbildung
schildert, das hatte er nun mit eignen Rügen gesehen. Mit lebhaften, oft
glühenden Farben malt er die tropischen Landschaften, die Küsten und Ge-
birgsszenericn. Von großer Anschaulichkeit und feinem Humor sind seine Bilder
von Port of Spain und San Josef, von der Savanna von Arigo, von
den Berglandschaften und von dem Pflanzen-, Tier- und Völkerleben auf
Trinidad.

Nach seiner Rückkehr übernahm Kingsley das Amt eines Domherrn, er
wurde Canvnikus vou Ehester und im Jahre 187Z Canvnikns von Westminster
Abbey. Ein Jahr später machte er eine Reise nach Nordamerika. In Colorado
erkrankte er. Seitdem blieb seine Gesundheit erschüttert. Im August 1874
kam er nach Eversleh zurück. Dort starb er am 23. Januar 1875.

Seine Schaffenskraft war schon in seinem letzten Roman erlahmt. Nur
in seinen I'ross IclMs tritt noch zuweilen der frühere Schwung, die alte
Phantasie und der Zauber feiner Sprache hervor. Die sozialen Kämpfe ver¬
loren nach und nach an Interesse für ihn. Seine Reformbestrebungen ließ er
ruhen, dövg.u8ö elle voMvA wor arg not, ut, lor tllonr. Er faud unter den
Arbeitern nicht die Selbstaufopferung, die nach seiner Ansicht der einzige Grund
ist, auf dem das Wohl der Gesellschaft dauernd beruhen kann. Die Ent¬
täuschungen hatten ihn ermüdet, er sehnte sich nach dem stillen Frieden der
Kunst, und die lyrische Poesie war der freundliche Tempel, wo er schließlich
Trost und Erquickung vou den Mühseligkeiten seines Berufes und deu Auf-
regungen der sozialen und kirchlichen Kämpfe fand.

Auch in seinen lyrischen Gedichten treten die beiden Hauptzüge seiner
Romane unverkennbar hervor: der dramatische und der tendenziöse. Keine
Dichtungsart war dafür geeigneter als die Ballade. So schildert er in der
Ballade Ins Lack Lquirs, die in dein Roman löWt vorkommt, das Elend
und die Klagen eines armen Weibes, deren Manu als Wilderer erschossen
worden ist. Der Groll gegen die unbarmherzigen Großgrundbesitzer bricht
auch hier mit aller Gewalt hervor:

Als Gegenstück zur heiligen Elisabeth schrieb er das Gedicht Lsiut Naura.
Keine Dichtung hat ihn mehr begeistert als diese; er hielt sie für das tiefste
und reinste aller seiner Gedichte. Er wollte darin, wie er selber sagt, den
höchsten geistigen Adel in der größten Einfachheit eines jungen Landmädchens
darstellen: öxlüdit tluz nark^r elsmsnt, not ont/ trse trou eine völidat vllivll


Quirles Aingsley als Dichter und Sozicilreformer

steiler wie Kingsley mit dieser Reisebeschreibung ein höchst interessantes Werk
geliefert hat. Was er in 'Wohl.vvg.rÄ Jto! aus Phantasie und Nachbildung
schildert, das hatte er nun mit eignen Rügen gesehen. Mit lebhaften, oft
glühenden Farben malt er die tropischen Landschaften, die Küsten und Ge-
birgsszenericn. Von großer Anschaulichkeit und feinem Humor sind seine Bilder
von Port of Spain und San Josef, von der Savanna von Arigo, von
den Berglandschaften und von dem Pflanzen-, Tier- und Völkerleben auf
Trinidad.

Nach seiner Rückkehr übernahm Kingsley das Amt eines Domherrn, er
wurde Canvnikus vou Ehester und im Jahre 187Z Canvnikns von Westminster
Abbey. Ein Jahr später machte er eine Reise nach Nordamerika. In Colorado
erkrankte er. Seitdem blieb seine Gesundheit erschüttert. Im August 1874
kam er nach Eversleh zurück. Dort starb er am 23. Januar 1875.

Seine Schaffenskraft war schon in seinem letzten Roman erlahmt. Nur
in seinen I'ross IclMs tritt noch zuweilen der frühere Schwung, die alte
Phantasie und der Zauber feiner Sprache hervor. Die sozialen Kämpfe ver¬
loren nach und nach an Interesse für ihn. Seine Reformbestrebungen ließ er
ruhen, dövg.u8ö elle voMvA wor arg not, ut, lor tllonr. Er faud unter den
Arbeitern nicht die Selbstaufopferung, die nach seiner Ansicht der einzige Grund
ist, auf dem das Wohl der Gesellschaft dauernd beruhen kann. Die Ent¬
täuschungen hatten ihn ermüdet, er sehnte sich nach dem stillen Frieden der
Kunst, und die lyrische Poesie war der freundliche Tempel, wo er schließlich
Trost und Erquickung vou den Mühseligkeiten seines Berufes und deu Auf-
regungen der sozialen und kirchlichen Kämpfe fand.

Auch in seinen lyrischen Gedichten treten die beiden Hauptzüge seiner
Romane unverkennbar hervor: der dramatische und der tendenziöse. Keine
Dichtungsart war dafür geeigneter als die Ballade. So schildert er in der
Ballade Ins Lack Lquirs, die in dein Roman löWt vorkommt, das Elend
und die Klagen eines armen Weibes, deren Manu als Wilderer erschossen
worden ist. Der Groll gegen die unbarmherzigen Großgrundbesitzer bricht
auch hier mit aller Gewalt hervor:

Als Gegenstück zur heiligen Elisabeth schrieb er das Gedicht Lsiut Naura.
Keine Dichtung hat ihn mehr begeistert als diese; er hielt sie für das tiefste
und reinste aller seiner Gedichte. Er wollte darin, wie er selber sagt, den
höchsten geistigen Adel in der größten Einfachheit eines jungen Landmädchens
darstellen: öxlüdit tluz nark^r elsmsnt, not ont/ trse trou eine völidat vllivll


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215089/532>, abgerufen am 23.11.2024.